|
Antiglobalisierung |
|
ArbeiterInnenbewegung |
|
Bildungspolitik |
|
Frauenbewegung |
|
Imperialismus
& Krieg |
|
International |
|
Kanton
Zürich |
|
Marxismus |
|
Umweltpolitik |
|
Startseite |
|
Über
uns |
|
Agenda |
|
Zeitung |
|
Literatur |
|
Links |
|
Kontakt |
Schwerpunke
/ Kampagnen |
|
Bilaterale
II |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Eine
Wirtschaft, die vom Untergang bedroht
ist? |
Immer
wenn die „Wirtschaftskapitäne“
und ihre Regierungsgehilfen eine neue
Gegenreform durchsetzen wollen, dann malen
sie den Teufel an die Wand. Zehntausende
von Arbeitsplätzen drohen ihrer Meinung
nach verloren zu gehen, wenn „das
souveräne Volk“ den strengen
Ratschlägen der Unternehmer und des
Bundesrats nicht folgt.
Wie ist es aber möglich, dass es
heute in der Schweiz überhaupt noch
Arbeitslose gibt, obwohl der Souverän
doch immer wieder Arbeitsplätze gerettet
hat, in dem er „richtig entschieden“
hat, dank der stets vorherrschenden subtilen
Falschinformation ? Schauen wir uns einige
Fakten an. |
|
zurück
zum Inhaltsverzeichnis |
|
Eine
aktuelle Studie des KOF-Instituts an der
ETH Zürich zeigt, dass sie schweizerische
Wirtschaft im Bereich der Innovationen
führend bleibt und vor Deutschland,
Schweden und Finnland liegt (Neue
Zürcher Zeitung, 20.April und
1./2. Mai 2004).
Schlechte Entscheide der grossen Finanz-
und Industrieunternehmen haben diesen
Vorsprung allerdings manchmal in Frage
gestellt (Basler Zeitung, 30. April 2004).
Das Bundesamt für Statistik schreibt:
„Die Schweiz gehört im
Innovationsbereich zu den führenden
europäischen Ländern.“
(23. Dezember 2004)
Die Rentabilität des helvetischen
Kapitals droht in nächster Zeit kaum
einzubrechen. Aber die Wirtschafsführer
wollen ihre Vorteile einfach noch ausbauen.
Sie möchten Kontingente von intelligenten
„Köpfen“ bilden, die
anderswo auf Kosten des Herkunftslandes
ausgebildet wurden, und diese in die Schweiz
holen.Anders gesagt wollen sie den Exodus
der gebildeten Arbeitskräfte aus
den Ländern der Dritten Welt (brain
drain) unterstützen. Dadurch
werden die Ressourcen gewisser peripherer
Länder weiter geschwächt.
Die bilateralen Verträge ermöglichen
auch eine Reduktion der Importzölle,
zum Beispiel auf Produkte, die in ausgelagerter
Produktion im Ausland hergestellt werden.10
Ausserdem möchten unsere Wirtschaftsführer
sich in einem grossen Pool von Arbeitskräften
mit bescheidenen Löhnen bedienen
können – sei es in der Industrie,
in den verschiedenen Dienstleistungsbereichen
oder auf dem Bau.
Die Wettbewerbsfähigkeit einer kapitalistischen
Wirtschaft zu gestalten, heisst nichts
anderes als optimale Bedingungen herzustellen,
um sich den durch die gesellschaftliche
Arbeit einer grossen Zahl von Lohnabhängigen
hergestellten Reichtum anzueignen.
Weil sie gerade das nicht sehen und verstehen
wollen, sind die offizielle Linke und
die Gewerkschaften bereit, die nationale
Einheit zu akzeptieren, die immer den
Stärkeren zu Gute kommt: den Konzernen
und Unternehmen, deren wirtschaftliche,
also auch politische Macht noch nie so
konzentriert und stark war wie heute.
So fügt sich diese „Linke“
im Namen der Unterstützung der Exportindustrie,
die Vasco Pedrina einfordert, in ihr Schicksal
(Work, 10. Dezember 2004).
Diese Übereinstimmung mit
„unserer“ Industrie, die brutale
Restrukturierungen vornimmt, soll das
„Geschenkpaket“ der Gewerkschaften
an die Unter-nehmerschaft im Austausch
gegen Arbeitsplätze rechtfertigen.
Indem die Gewerkschaftsspitzen die wirkungslosen
flankierenden Massnahmen akzeptieren,
tragen sie nicht dazu bei, dass sich die
Lohnabhängigen gemeinsamverteidigen
und organisieren können. Sie überlassen
das Feld dem Rennen um „Wettbe-werbsfähigkeit“,
also der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen
zugunsten des Profits. Ein solches Geschenk
seitens der Gewerkschaften ist unzulässig.
|
Eine
der „liberalsten“ und
„wettbewerbsfähigsten“
Volkswirtschaften |
10.
Zu den offensichtlichen Vorteilen
für die Industriellen, deren
Unternehmen zu einem Modell für
die Ausbeutung der „menschlichen
Ressourcen“ werden, siehe
den Beitrag von P. Masson von Bobst
in Point de repère, Nr. 24. |
|
|
|
Den
Verfechtern der Gegenreformen und der
Unternehmerschaft Ausbeutung und Stillhalten
am dient die Senkung der „Lohnkosten“
als zentrale Massnahme im weltweiten Rennen
um Wettbewerbsvorteile. In einem diskret
verbreiteten Bericht (Economic Briefing
Nr. 37, 2004) zählt Crédit
Suisse alle schon heute existierenden
Vorteile für die grossen Schweizer
Unternehmen auf.
Die Arbeitgeber verbreiten internationale
„Lohnvergleiche“, um damit
aufzuzeigen, dass diese „Kosten
zu hoch“ seien. Diese Durchschnittszahlen
machen keinen Sinn. Es ist etwa so, wie
wenn man die Beine eines Menschen in den
Ofen steckt, seinen Kopf in den Kühlschrank
und dann seine Temperatur am Bauchnabel
misst. Das Äquivalenzeinkommen (siehe
Anmerkung 3) ergibt ein sozial gesehen
sehr viel realistischeres Bild der Situation.
In den letzten Jahren gab es zwei Lohnentwicklungen:
Stagnation oder Senkung der Löhne
in der Industrie und im Dienstleistungssektor
für die Mehrheit der „MitarbeiterInnen“
und Lohnerhöhungen für das hohe
Kader für einige Industrien (z.B.
Pharmaindustrie) und bei den Dienstleistungen.
Dadurch wurde der Graben zwischen diesen
Kaderleuten und der Mehrheit der Lohnabhängigen
vertieft. So gesehen verfälschen
die Durchschnittswerte das Bild noch mehr.
Um die Lohnerhöhungen für mittlere
Kader zu bremsen, will die Unternehmerschaft
qualifizierte Arbeitskräfte aus der
EU der 25 importieren sowie eine beschränkte
Anzahl von Spezialisten von ausserhalb
der EU. Gleichzeitig wollen die Eigentümer
der Wirtschaft mit Hilfe des Wettbewerbs
auf der EU-25-Ebene und der Arbeitslosigkeit
den Druck auf die anderen, bereits niedrigen,
Löhne erhöhen.
Schliesslich verdecken diese Durchschnittwerte
das effektive Einkommen von zahlreichen
Frauen, die gezwungenermassen Teilzeit
arbeiten, mit Elendslöhnen und Arbeitszeiten,
die über die vertraglich vereinbarten
Stunden hinausgehen, aber nicht immer
bezahlt werden. Von solchen Situationen
sind auch immer mehr Beschäftigte
über Fünfzig betroffen. Oft
finden sie nur solche Stellen… die
für die Arbeitgeber sehr rentabel
sind, umso mehr als diese Beschäftigten
über grosse Erfahrung verfügen,
die dem Arbeitgeber zugute kommt. Dieser
kann sich dabei auch noch anmassen, sehr
menschlich zu handeln.
Die hohen Schweizer Löhne
sind im Vergleich zu gewissen EU-Ländern
(den Konkurrenten, gegen die „Arbeitgeber
und Arbeitnehmer gemeinsam kämpfen
sollten“!) immer mehr ein
Mythos der Propaganda und journalistischer
Gemeinplätze. Das gilt um
so mehr, als diese rechnerischen Vergleiche
bei der Schweiz Sozialbeiträge wie
die Zweite Säule (Pensionskassen)
einbeziehen, jedoch nicht die Kosten der
Krankenversicherungsprämien für
die Beschäftigten.11 |
Ausbeutung
und Stillhalten am Arbeitsplatz |
11.
Die Zweite Säule besteht hauptsächlich
aus den Pensionskassen und funktioniert
auf Kapitalbasis (der oder die Versicherte
erhält das,was das kumulierte
Kapital einbringen sollte). Immer
seltener ist eine im Voraus festgelegte
Rente gesichert. So ersetzt das
Beitragsprimat mit grosser Geschwindigkeit
das Leistungsprimat, bei dem die
Rente prozentual zu einem Lohndurchschnitt
errechnet wurde. Die Rente hängt
dann vom Auf und Ab der Börse
ab, und vom unberechenbaren Profil
einer „Karriere“…
des Arbeiters, der Verkäuferin,
Krankenschwester oder des Beamten,
der ein einfacher, von Arbeitslosigkeit
bedrohter Angestellter wurde.
Während einiger Zeit noch kann
ein höherer Kaderangestellter,
der mehr als 774’000 Franken
im Jahr verdient, ohne Obergrenze
in seine Pensionskasse einbezahlen.
Der Arbeitgeber trägt gleich
viel oder mehr bei. Zwei Zahlen
illustrieren diese Praxis: Als erstes
„explodiert“ der Durchschnitt
der Lohnberechnungen nach oben,
wenn solche „Beiträge“,
in denen die Einzahlungen in die
Zweite Säule enthalten sind,
dazugerechnet werden.Ausserdem erhöhen
diese Beiträge in die Zweite
Säule – deren Ungerechtigkeit
nicht mehr bewiesen werden muss
– die angeblichen Sozialausgaben
in der Schweiz beträchtlich.
Dabei dienen diese Beträge
doch vor allem dazu, den von Banken
und Versicherungen verwalteten Fonds
neue Profite zuzuführen.
|
|
|
|
Es
gibt eine Art Archipel der Löhne:
Jede Branche und fast jedes Unternehmen
legt seine Löhne fest. Auf Landesebene
gibt es keine wirklichen Lohnnormen. Es
herrscht eine starke Fragmentierung der
Löhne. Im gleichen Unternehmen, in
der gleichen Abteilung gibt es unterschiedliche
Löhne für gleichwertige Arbeit,
und nicht nur zwischen Männern und
Frauen. Dadurch entsteht mehr Wettbewerb
unter den Beschäftigten. Diskretion
in Lohnfragen wird von den Arbeitgebern
als obligatorische Vertraulichkeitsangelegenheit
dargestellt.
Stellen wir uns die Situation mit „freiem
Personenverkehr“ ohne Lohnregelungen
und Schutz der gewerkschaftlichen Rechte
vor. Die Spaltungen und Reibereien in
einem Betrieb, von denen der Arbeitgeber
profitieren wird, werden noch grösser.
Ausserdem kommen dann zu den heute ausgespielten
Gegensätzen zwischen „Jungen“
und „Älteren“ noch die
zwischen Beschäftigten verschiedener
Herkunft. Die Archipele unterschiedlichster
Löhne – seit langem von Gewerkschaften
wie dem SMUV, dessen Führung ein
entscheidendes Gewicht in der UNIA hat,
akzeptiert – bilden die Grundlage
für Konflikten unter den Lohnabhängigen
und für Fremdenfeindlichkeit. |
|
|
|
Die
Richtlinienentwürfe der EU-Kommission
sehen verlängerte Arbeitszeiten vor,
das zeugt aber nur von einer organisierten
Nivellierung in der ganzen EU. Die Schweiz
kommt nämlich gleich nach…
Litauen und Lettland ! Diese Länder
belegen den 41. und 50.Rang auf der internationalen
Liste des „Human Development indicator“
der UNO.
Langes und intensives Arbeiten mit hoher
Produktivität bedeutet, dass der
Anteil der Löhne an jeder produzierten
Einheit so gering wie möglich ist.
Das sind die einzigen „Lohnkosten“,
für die sich die Arbeitgeber wirklich
interessieren, denn sie bestimmen zu einem
grossen Teil die Gewinne. Sie interessieren
sich nicht nur für Lohnhöhe,
sondern die Lohnhöhe im Verhältnis
zu der in einer bestimmten Zeitspanne
produzierten Menge (Lohnkosten pro Einheit
und Produktivität).12
In dieser Hinsicht sind die Schweizer
Firmen in der Spitzenklasse.Auch weil
sie in sehr spezialisierten Sektoren tätig
sind, in den Marktnischen der Weltwirtschaft.
Hier sind Qualität und Spezialisierung
für die Wettbewerbsfähigkeit
ausschlaggebend:Art und Qualität
des Produktes, Lieferfristen, Wartung,
Weiterentwicklung des Produktes, usw.
Die Wettbewerbsfähigkeit über
Tiefstpreise ist für den Hauptteil
der Schweizer Industrie nicht vorrangig,
selbst wenn sie sich etwas auf die Gewinnmargen
auswirkt. Und falls sich das Problem stellt,
nutzen Schweizer Firmen ihre Investitionen
im Ausland (Filialen in anderen Ländern)
oder nationale und internationale Subunternehmen,
um die Herstellungskosten eines Werkstücks
oder eines Zwischenproduktes zu senken.
Die Klagelieder der grossen Arbeitgeber,
die wir vor der Abstimmung über die
Bilateralen II ständig zu hören
bekommen werden, haben also eine wirtschaftliche
und eine politische Funktion: a) Es geht
darum, die nationale Eintracht zu fördern
und dabei die Spitzen der Gewerkschaften
und der SP in dieses Täuschungsmanöver
einzubinden, das genau so betrügerisch
ist wie die Versprechen, die die Rechte
1972 für die Zweite Säule abgegeben
hatte und dabei von den Gewerkschafts-
und SP-Spitzen unterstützt wurde.
Die heutige Bilanz bezeugt, wie enorm
die Lügen waren. b) Die Unternehmen
wollen die Profite steigern, um mehr Dividenden
an die Aktionäre auszubezahlen.
|
Die
längsten Arbeitszeiten Europas |
12.
Lohnkosten pro Einheit sind der
gesamte Lohn geteilt durch die produzierte
Menge. Ihre Entwicklung hängt
von der des Lohnes und der der Produktivität
ab. Die Produktivität entspricht
dem Verhältnis zwischen Produktionsvolumen
und Arbeitsvolumen unter Einrechnung
der Arbeitszeit und -intensität. |
|
|
|
Die
aktive Bevölkerung im Alter zwischen
15 und 64 Jahren erreicht einen Beschäftigungsgrad
von fast 80 %. Der europäische Durchschnitt
liegt hingegen bei 65 %. Die Lissabonner
Konferenz der EU im Jahr 2000 hat als
mittelfristiges Ziel eine Beschäftigung
von 70 % festgelegt, was aber nicht unbedingt
Verringerung der Arbeitslosigkeit bedeutet!
Die Politik des „freien Personenverkehrs“
– also sich als ArbeitendeR frei
bewegen zu können – setzt voraus,
dass man über eine Stelle verfügt.
Dadurch wird der Beschäftigungsgrad
in der Schweiz noch höher werden.
Und ein hoher Beschäftigungsgrad
ist ein echter Vorteil für die Unternehmerschaft.
Ein solcher ist nützlich, um alles
zurückzuschrauben, was in den Bereich
der Sozialausgaben fällt (in Wahrheit
den sozialen Lohn), indem sie die Notwendigkeit
anführt, Behinderte zu beschäftigen
oder das AHV-Alter auf 67 zu erhöhen,
für Leute, die mit 58 entlassen werden
! Der Finanzmann Tito Tettamanti, der
mindestens 2000 Millionen Franken schwer
ist – und 26,2 % der SIG-Holding
und 13,1 % von Ascom besitzt – erlaubt
sich zu behaupten: „Mit der
Zeit hat sich [in der Schweiz] eine
Gesellschaft der Rechte ohne Pflichten,
des Anrechts auf alles gebildet.“
(Corriere de Ticino, 1.2.2005).
Die 553’000 in der Schweiz lebenden
Armen, davon 230’000 Kinder, haben
also das Gefühl, die Bäume würden
in den Himmel wachsen. Die ehemaligen
Beschäftigten von Saurer, die die
von Tettamanti veranlassten Kündigungen
erlebten, haben sicher den gleichen Eindruck!
Dass Arbeitslose jede „zumutbare“
Arbeit annehmen müssen, gehört
in die selbe neokonservative Perspektive.
Einen Teil der heutigen IVBezügerInnen
wieder zur Arbeit anzuhalten, wie Couchepin
es beabsichtigt, entspricht ebenfalls
dieser Arbeitgeberforderung.
Je grösser die Anzahl erwerbstätiger
Menschen wird, die länger arbeiten
(auf das Jahr oder auf das Leben gerechnet),
desto grösser wird die Masse der
von den Beschäftigten geleisteten,
ihnen aber nicht bezahlten Arbeit. Diese
verleibt sich das Kapital ein, in Form
von Mehrwert und Gewinnen.14
Ist es das, was die SPS- und Gewerkschaftsspitzen
wollen, indem sie sich zu absoluten Aposteln
des „Standorts Schweiz“ machen
? |
Höchster
Beschäftigungsgrad Europas13 |
13.
Die aktive Bevölkerung setzt
sich aus den Menschen zusammen,
die einer bezahlten Beschäftigung
nachgehen. Sie sind die aktive beschäftigte
Bevölkerung (Beschäftigungsgrad).
Um die Definition der aktiven Bevölkerung
zu vervollständigen, müssen
diejenigen hinzugezählt werden,
die eine Stelle suchen (Erwerbslose).
Die inaktive Bevölkerung besteht
aus den Personen, die keine Anstellung
haben und keine suchen. Diese Definition
wirft aber einige Probleme auf.
So können Frauen, die Teilzeit
arbeiten, angesichts der angestiegenen
Erwerbslosigkeit darauf verzichten,
eine Vollzeitstelle zu suchen, weil
sie ihre Chancen als gering einschätzen.
Studierende können angesichts
der Ungewissheit eine Stelle zu
finden sich dazu entschliessen,
ihr Studium zu verlängern und
dabei von der Familie unterstützt
zu werden, selbst wenn das materielle
Probleme aufwirft. Beide Beispiele
zeigen, dass es sich keineswegs
um inaktive Mitglieder der Gesellschaft
handelt. |
14.
Ein Teil der geleisteten Arbeit
wird vom Arbeitgeber nicht bezahlt.
Gegen einen Lohn verkauft die/der
Lohnabhängige ihre/seine Arbeitskraft.Was
diese Ware auszeichnet – die
zu einem Preis gekauft wird, dem
Lohn – ist, dass sie mehr
produziert, als ihren eigenen Wert
(Mehrwert). Der Wert der Arbeitskraft
setzt sich zusammen aus den gesamten
Ausgaben, die für ihre Produktion
und Reproduktion (Nahrung, Wohnung,
Ausbildung, Kindererziehung, Gesundheit,
usw.) nötig sind. Dieser Wert
hängt ab vom jeweiligen Lebensstandard
in einem Land und zu einer gegebenen
Zeit. Im Moment herrscht die Tendenz,
innerhalb der EU der 25 und der
Länder mit bilateralen Abkommen
diesen Standard nach unten zu nivellieren.
Der Wettbewerb unter Beschäftigten
ist ein Werkzeug dazu. |
|
|
|
Mit
einem Propaganda- und Werbefeldzug wird
von möglichen Preissenkungen gesprochen,
als Auswirkung der Konkurrenz zwischen
Grossverteilern (Coop, Migros, Denner)
und neuen Mitspielern wie Aldi aus Deutschland.
Der Besitzer von Aldi ist übrigens
im Verwaltungsrat des englischen Finanzkonzerns
Bunzl, dem die Firma gehört, die
er restrukturiert, um die Fabrik in Renens
bei Lausanne zu schliessen!
Teile der führenden Eliten versuchen,
glauben zu machen, dass die Konsumpreise
„unglaublich“ hoch seien und
ihre Senkung ein wichtiges Ziel sei. Hinter
diesen als durchdacht erscheinenden Überlegungen
stecken drei Fallen.
Die erste – in
die der Präsident der SP gefallen
ist – besteht darin zu sagen, es
sei möglich, die Löhne zu senken,
wenn das mit einer gleichzeitigen Senkung
der Konsumpreise einhergehe (Interview
mit Hans-Jürg Fehr in Finanz
und Wirtschaft, 15. Dezember 2004).
Denkt Hans-Jürg Fehr wirklich, dass
die grossen oligopolitischen Konzerne,
die den Markt selbst mit Konkurrenz beherrschen,
ihre Preise nicht im Griff haben ? Ausserdem
werden die angekündigten Preissenkungen
durch Preissteigerungen bei anderen Produkten
kompensiert. Von den wird dann weniger
die Rede sein. Verfügen denn auch
die Gewerkschaften über das notwendige
Monopol, um die parallele Entwicklung
zwischen den behaupteten Preissenkungen
und den Lohnsenkungen zu gewährleisten?
Das ist eine Farce: Die Gewerkschaften
schaffen es nicht einmal, einen Mindestlohn
in einer Branche festzulegen. Und die
Arbeitgeberschaft denunziert sie, als
hätten sie eine Monopolstellung!
Zweite Falle: Sie besteht
in einer falschen Idee der Qualität:
Es gibt Billigprodukte minderer Qualität
für ArbeitnehmerInnen und andere,
diversifiziertere und teurere Konsumgüter
besserer Qualität. Es setzt sich
zunehmend ein doppelter Konsumstandard
durch. Dieser entspricht den immer brutaleren
Einkommensunterschieden, die zur Norm
werden.
Die dritte Falle ist
unübersehbar. Den grössten Teil
ihres Einkommens geben die Lohnabhängigen
für Miete, Krankenkassenprämien,
Schulgebühren (die teurer werden),
Pflegeheimkosten für betagte Eltern
und Zinsen von wuchermässigen Kleinkrediten
aus.Was ändern da niedrigere Preise
für Zucker oder Teigwaren ? Es geht
hier einfach um zwei hinterhältige
Operationen : a) Die Rechfertigung blockierter
Löhne, da behauptet wird, die Konsumpreise
stiegen nicht; b) die kleingewerblichen
Sektoren (Autowerkstätten, Kleinverteiler,
kleine Quartierläden, die noch die
Arbeit eines Postschalters übernehmen
müssen, usw.) unter Druck zu setzen,
um sie zu zwingen, einerseits ihr Einkommen
und die Löhne ihrer Angestellten
zu senken, andererseits im Fall eines
Konkurses sich den Reihen der Arbeitslosen
anzuschliessen.
So spielt sich die Farce der Billigpreise
ab, deren Lob einige linke Persönlichkeiten
singen. Unglaublich, aber wahr! Und wir
sprechen hier auch nicht über die
Löhne, die diese Grossverteiler ihren
Verkäuferinnen zahlen. In Genf sind
Löhne bei Carrefour nicht höher
– oder sogar niedriger – als
bei Carrefour in Frankreich ! |
Die
Farce der billigen Preise |
|
|
|
Vergleichen
wir die heutigen Lohnkosten des Manufaktursektors
der neuen EU-Länder mit denen der
EU 15. Laut Angaben des Internationalen
Arbeitsamts (IAA) machten gegen Ende der
1990er Jahre diese Lohnkosten im Durchschnitt
weniger als 10 % der Lohnkosten im EU-Land
aus, in dem sie am höchsten waren,
nämlich Deutschland (Revue Internationale
du Travail,Vol. 142, Nr. 1, 2003,
S. 9).
Der Schweizer Kapitalismus weist gegenüber
Deutschland bei den Lohnkosten pro Einheit
einen Vorteil auf.Aber diese Zahlen zeigen
ein erstes Bild des Konkurrenzschocks,
der erfolgen wird, auch wenn sich die
Löhne der Beschäftigten in den
neuen Mitgliedsstaaten etwas verbessern
werden, zumindest in gewissen Sektoren.
Dieser Schock wird von den Grossfirmen
auf zwei Arten kanalisiert werden. Die
eine besteht in vermehrten Investitionen
in diesen neuen Ländern. Die andere
darin, Arbeitskräfte in die Schweiz
zu locken, ohne dass die sozialen Normen
innerhalb der EU der 25 nach oben korrigiert
werden (soziale Mindeststandards, Mindestlöhne);
und ohne Verbesserung der sozialen Rechte
und gesetzlichen Massnahmen (also echter
flankierender Massnahmen) in der Schweiz.
Somit werden Flexibilisierung der Arbeit
und Sparpolitik noch zunehmen. Österreich
gibt uns schon ein Beispiel für diese
Entwicklung Der gesunkene Anteil der Löhne
am volkswirtschaftlichen Einkommen Österreichs
zeigt die Auswirkungen dieser doppelten
Politik (siehe Grafik).
In der Schweiz wird das Kapital eine ähnliche
Offensive starten. Die einflussreiche,
sehr rechts im Zentrum angesiedelte Weltwoche
(Nr. 51, 2004) gibt in einem Artikel den
Ton an : Man muss die „Liberalisierung“
des Marktes ihr Werk vollenden lassen.
Das wird die „Strukturreformen“
der Schweizer Wirtschaft erleichtern.
Es geht um die Liquidierung der letzten
einigermassen seriösen vertraglichen
Barrieren. Die Weltwoche sagt laut, was
sich ein Teil der Unternehmerschaft wünscht,
aber aus taktischen Gründen nicht
öffentlich verkünden will. Allerdings
beginnt sie nun damit, wie im Fall des
Baugewerbes bei der Erneuerung des Gesamtarbeitsvertrags.
Die Weltwoche meint dazu, „Und
niedrigere Löhne können der
Volkswirtscha ft nur gut nun – je
rascher überholte Strukturen fallen,
desto besser fürs Wachstum.“
Das ist reinste neo-konservative Mythologie,
aber der klare Ausdruck der Absichten
des Kapitals.
Das Ergebnis steht schon fest: Sozial-
und Lohndumping werden zunehmen. Der starke
Schweizer Franken wie auch der Euro (beide
in Bezug auf den Dollar) werden als „Argument“
vorgebracht werden, um „vernünftige“
Opfer zur Unterstützung „unserer
Exportwirtschaft“ zu verlangen.
Dies obwohl die Schweiz vor allem in die
EU exportiert, also in einen Wirtschaftsraum,
mit dem eine stabile Währungsbeziehung
(Schweizerfranken und Euro) besteht.
Der niedrige Dollarpreis ermöglicht
zudem den in der Schweiz ansässigen
Firmen, Rohmaterialien (zum Beispiel Erdöl
und Erdölprodukte) und Halbfabrikate
(Werkstücke, Metall, usw.) aus Asien,
die in Dollarpreis verrechnet werden,
günstig einzukaufen.
Es muss gesagt und wiederholt
werden : Das Kapital muss eine allgemeine
Senkung der „Lohnkosten“ rechtfertigen.
Warum? Es will die Profitrate steigern.
Es will davon profitieren, dass Regionen
zum Weltmarkt stossen, in denen die Bedingungen
für das Abschöpfen von Mehrwert
besser sind. Das heisst, Regionen, wo
das Kapital bessere Bedingungen für
die Ausbeutung (Lohn, Arbeitszeiten, soziale
Sicherheit, gewerkschaftliche Rechte,
usw.) findet.
So versucht das Kapital – und die
Kapitalien, also Firmen, die seine konkrete
Existenz ausmachen – die Arbeitskräfte
auf der ganzen Welt in Konkurrenz zu setzen.
Die bilateralen Verträge zur „Personenfreizügigkeit“
zwischen der Schweiz und der EU der 25,
versehen mit kostenund wirkungslosen flankierenden
Massnahmen, sind Teil dieses Projektes.
Dagegen müssen wir kämpfen,
unter anderem indem wir bei der Abstimmung
im September 2005 Nein zu diesem „Paket“
sagen.
|
Ein
brutaler Konkurrenzschock |
|
|
|
|
|
|