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Gesetzestexte…
und die Realität! |
Kann
man sich einverstanden erklären mit
einem von Parlament, Behörden und
Bossen gewollten Gesetz – das Paket
über den freien Personenverkehr und
die Begleitmassnahmen – ohne das
Umfeld zu bedenken, in dem es entstanden
ist?
Kann man die Kluft zwischen den Reden
des Bundesrats und der gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Realität ausser
Acht lassen?
Kann man die massiven Angriffe gegen alle
Lohnabhängigen übergehen ? Die
Liste ist lang: Erhöhung der Kranken-kassenprämien,
eingefrorene Löhne, Entlassung von
älteren Beschäftigten unter
verschiedenen Vorwänden, Angriff
gegen die öffentlichen Dienste im
Namen der Sparpolitik, steigende Repression
gegen AusländerInnen und AsylbewerberInnen
usw. ?
Unsere Antwort auf diese Fragen kann nur
NEIN lauten. Lohndumping und Prekarisierung
der Arbeit sind seit 1991- 1992 mit der
steigenden und dauerhaften Erwerbslosigkeit
explodiert.
Es gilt, in Erinnerung zu rufen, dass
zwischen dem 1. Januar 1993 und dem 31.
Dezember 2002 1’204’403
Personen zeitweise von den Taggeldern
der Arbeitslosenversicherung leben mussten.
Während dieser Zeit war jede vierte
Person in der Schweiz mindestens ein Mal
arbeitslos (Sozialalmanach 2005, Caritas).
Unter diesen Umständen sind die Ängste
unter den Lohnabhängigen gross. Die
Bosse nutzen diese Situation, um ihr Diktat
im Nahmen der „zukünftigen
Verbesserung der Beschäftigung“
durchzusetzen! In den anderen Ländern
Europas handeln die Unternehmer genau
gleich, mit Unterstützung einer EU-Kommission,
die von der harten Rechten unter der Leitung
des ehemaligen Maoisten José Manuel
Barroso (Portugal) beherrscht wird.
Es ist nützlich, das Umfeld näher
zu betrachten, in dem die Kombination
„freier Personenverkehr“ und
wirkungslose „flankierenden Massnahmen“
als Geschenk für die Beschäftigten
aller Nationalitäten in der Schweiz
präsentiert wird – in Tat und
Wahrheit handelt es sich um eine Zeitbombe
!
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Die
Schweizer Tageszeitung Blick titelt: „42
% arbeiten für einen Hungerlohn“
(3. November 2004). Der Artikel zeigt
auf, welch tiefe Löhne die Maler
und Gipser hinnehmen müssen, und
zieht den Schluss: „Die Baubranche
ist nur die Spitze des Eisbergs. Im Gast-
und Reinigungsgewerbe, in der Landwirtschaft
und teilweise im Detailhandel vermuten
Gewerkschaften ähnliche Zustände.“
Die Kaufkraft eines grossen Teils der
Lohnabhängigen in der Schweiz entspricht
– unabhängig von ihrer Nationalität,
nicht den Vorstellung gewisser Schreiberlinge
im Dienste des neoliberalen Konformismus.
Die jüngste Untersuchung des BFS
(Bundesamt für Statistik, 23. November
2004) zeigt, dass die Hälfte der
Haushalte ein verfügbares Äquivalenzeinkommen3
hat, das unter 3737 Franken im Monat beträgt.
Zwanzig Prozent der Haushalte hatten 2002
ein Äquivalenzeinkommen von höchstens
2452 Franken im Monat!
Zwischen 2002 und 2003 hat die Zahl der
armen ArbeiterInnen (die sogenannten Working
Poor, die eine Vollzeitstelle oder eine
gleichwertige Arbeitsstelle haben) um
mehr als 15% zugenommen.
Im SonntagsBlick (5. Dezember
2004) zeigt Werner Vontobel, dass die
Reallöhne seit 1993 gleich geblieben
sind oder sogar abgenommen haben. Dies
gilt umso mehr, wenn man die Erhöhung
der Krankenkassenprämien, die veränderten
Beiträge der Lohnabhängigen
an die Pensionskassen (2. Säule)
und die Mieterhöhungen berücksichtigt.
Eine Studie des Schweizerischen Nationalfonds
hat kürzlich gezeigt, dass in der
Schweiz 553’000 Menschen in Armut
leben, unter ihnen 232’000 Kinder.
Ein weiteres Beispiel: „Die rund
300‘000 Beschäftigen des Verkehrsund
Transportgewerbes sind dem globalen Lohndruck
besonders ausgesetzt. In den letzen Jahren
sanken die realen Löhne in dieser
Branche um drei Prozent.“ (SonntagsBlick,
26.September 2004) Gewisse Gewerk-schaftsführer
sollten die Artikel dieser populären
Zeitung lesen, statt selbstzufrieden nach
ihrem Portrait darin zu suchen…
Le Temps, tonangebende Tageszeitung in
der Westschweiz, spricht Klartext: „Für
die Wirtschaftskreise ist der freie Personenverkehr
ein zentraler Bestandteil der zukünftigen
Wirtschaftspolitik.“ (4. Januar
2005)
Und das ist auch folgerichtig, denn es
handelt sich um ein Mittel, die „Lohnkosten“
zu senken“. Der Begriff täuscht
insofern, als er glauben macht, dass die
Beschäftigten kosten, während
sie in Wirklichkeit einen Mehrwert produzieren,
den sich die Eigner des Grosskapitals
immer mehr aneignen. Denn diese sind keine
Menschenfreunde…
Die Schlussfolgerung ist einfach:
Das „Paket“, das von den Bossen
und diversen Gewerkschaftsspitzen verteidigt
wird, erfüllt eine präzise Funktion.
Unabhängig von den Absichten der
aktuellen Gewerkschaftsleitung wird es
mittelfristig zur beschleunigten Senkung
der Kaufkraft (Lohnkosten) führen
– und zwar im Namen der Verteidigung
des Strandorts Schweiz, der „Wettbewerbsfähigkeit
der Schweizer Wirtschaft“. |
3.
Das Äquivalenzeinkommen berücksich-tigt
die Grösse der Haushalte und
wird nach Abzug von Steuern, Beiträge
an Sozial-versicherungen und anderer
obligatorischer Abzüge berechnet.
Es vermittelt also eine Vorstellung
der Kaufkraft. |
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Die Prekarisierung der Arbeitsbedingungen
wird immer massiver. Die Schweizer Wirtscha
ftszeitung Cash sagt dazu folgendes: „Und
viel schneller sind die Unternehmen heute
bereit, jene Mitarbeiter ziehen zu lassen,
die ihren Erwartungen nicht mehr genügen.“
(23. Dezember 2004)
Die jährliche Studie von Credit Suisse
bestätigt die Auswirkungen dieser
Politik, die bezeichnend für die
Funktionsweise des aktuellen wirtscha
ftlichen Systems ist: „Auch
die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes
ist nach wie vor berechtigt. Arbeitslosigkeit
ist immer noch an der Spitze der Sorgenbarometers
von Herrn und Frau Schweizer… 69
Prozent bangen um ihren Job, das ist seit
1995 der höchste Wert.“
(Cash, 23. Dezember 2004)
Ein Vertreter des SAH (Schweizerisches
Arbeiterhilfswerk) beleuchtet im Wallis
einen anderen Aspekt der Politik zur Prekarisierung
der Arbeitsbedingungen: „Es
ist eine starke Zunahme von prekären
Arbeitsplätzen zu beobachten. Dies
hängt damit zusammen, dass die Arbeitgeber
immer ö fter einen Kern von festen
Stellen behalten und gleichzeitig eine
Anzahl von ArbeiterInnen nach Bedarf einsetzen“.
(Le Courrier, 23. Dezember 2004)
Die weitgehende Freiheit, die sich die
Bosse vorbehalten, Lohnabhängige
„à la carte“ zu beanspruchen,
ist offensichtlich. Insbesondere wenn
sie über eine erweiterte Reserve
von Arbeitskräften verfügen,
um in ihrer Sprache zu sprechen. Für
die Lohnabhängigen werden hingegen
keine Rechte und Grenzen gegenüber
den Bossen festgelegt und verteidigt.
Das „Geschenk“ an
die Bosse muss klar abgelehnt werden –
durch ein Referendum und durch Mobilisierungen,
so bescheiden sie auch sein mögen,
damit die Lohnabhängigen Bedürfnisse
zu ihrem Schutz in verstärkte Rechte
(das heisst Gesetze) umsetzen können.
Solche Gesetze sind Ausdruck eines Kräfteverhältnisses.
Dieses gilt es aufzubauen. Die Gesetze
des Pakets „freier Personenverkehr
und Begleitmassnahmen“ bedeuten
hingegen ein „Kompromiss“,
der in die Sackgasse führt. |
Lohnabhängige
als Wegwerfartikel |
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Wir müssen mehr und schneller arbeiten,
während die Löhne stagnieren.
Das Resultat ist klar: einen grösseren
Teil des produzierten Mehrwerts eignen
sich jene an, die das Produktionssystem
kontrollieren. Sie benutzen immer häufiger
Subunternehmer und Zulieferer, die sie
miserabel bezahlen. Somit sind die Zuliefererbetriebe
gezwungen, die Beschäftigten knapper
zu halten und sie noch mehr auszubeuten.
Am Ende der Kette fliessen die Gewinne
in die Tasche der Auftraggeber, im Bau,
in den Fabriken, in den Einkaufszentren
oder im Informatikdienst der Banken
und Versicherung…
Einige Zahlen zeigen die Situation deutlich.
1. Die reale Kauf-kraft
der Lohnabhängigen ist 2004 nicht
gestiegen, und wird es auch 2005 nicht
tun. Hingen explodieren die Dividenden.
Dividenden sind der Anteil am Unternehmensgewinn,
der den Aktionären ausgeschüttet
wird. Die Zunahme seit 2003 wird von
Analysten folgendermassen geschätzt:
Swatch: 10,43 %; Swisscom: 24 %; Nestlé:
13,88 %; Serono: 8,68 %; Givaudan: 5,31
%; Novartis: 9,67 %;Adecco: 30,44 %;
Bâloise: 24,44 %; Clariant: 15,62
%; Syngenta: 17,98 %. Nun besitzen weniger
als 5% der Schweizer Haushalte grosse
Aktienpakete (nur gerade 17,5 % besitzen
überhaupt Aktien).
Diese Konzerne zögern nicht, Beschäftigte
zu entlassen, um ihre Profite zu steigern,
den Kurs ihrer Aktien in die Höhe
zu treiben und höhere Dividenden
auszuschütten. Swisscom (62,7 %
ihrer Akten gehören dem Bund) hat
zwischen September 2003 und September
2004, 570 Stellen abgebaut. Clariant
streicht in Basel 280 Arbeitsplätze;
Givaudan (weltweit führend bei
den Aromaproduktion, von Nestlé
kontrolliert) baut 300 Stellen ab, um
67 Millionen pro Jahr zu „sparen“.
So sieht die Politik der Bosse aus,
die das „Paket“ des Bundesrats
unterstützen !
2. Seit 1990 hat die
Schweizer Industrie 220’000 Stellen
verloren. Jedoch ist der Wert der Produktion
um 38 % gestiegen ! Somit ist der Anteil
der Löhne an jedem produzierten
Gut stärker gesunken, als in vergleichbaren
Ländern. Die zufriedenen Aktionäre
haben sich einen grösseren Teil
des produzierten Reichtums angeeignet.
Zwei Ökonomen aus dem Umfeld der
französischen Sozialdemokraten
beschreiben, was in Frankreich, Deutschland
wie auch in der Schweiz praktiziert
wird: „Die Strategie der Unternehmen
zielt in erster Linie darau f ab, die
Aktionäre zu schützen…
Das Risiko wird zunächst durch
aggressive Umstrukturierungen und Massenentlassungen
au f die Lohnabhängigen abgewälzt…
Das Risiko wird aber auch durch ständige
Senkung der Steuerlast für das
Kapital auf die Öffentlichkeit
verschoben.“ (Michel Aglietta
und Antoine Rebérioux, Dérives
du capitalisme financier, 2004)
Das „Paket“, das uns dieser
„Rütlischwur“ des 21.
Jh. – unter Beteiligung der Bosse,
des Bundesrats und der Gewerkschaftsspitzen
– vorschlägt, soll das Vermögen
der grössten Aktionäre noch
weiter steigern. Es sind dieselben,
die bereits in Genuss der Steuergeschenke
von Bundesrat Hans-Rudolf Merz kommen.
Eine neuere Studie besagt, dass 3 Promille
der Haushalte (d.h. 12’119 aller
Haushalte) 24 % des Reichtums in ihren
Händen konzentrieren. Auf der anderen
Seite besitzen 60 % der Haushalte ein
Vermögen von maximal 50’000
Franken (Cash, 18. November 2004). Ist
diese unheimliche Konzentration des
Reichtums wirklich nur „Sparguthaben
für ihre alten Tage“?
Der Klub der gefrässigen Aktionäre
stellt nicht „die Schweiz“
dar, auch wenn er sie teilweise kontrolliert.
Der Reichtum der Schweiz ist das Produkt
der Arbeit der Lohnabhängigen aller
Nationalitäten, die in der Schweiz
arbeiten.
Das offerierte „Paket“
zielt darauf ab, unter den Beschäftigten
eine aggressive Konkurrenz zu entfachen.
Folge davon ist, dass die Beschäftigten
noch mehr getrennt und gespalten werden.
Damit werden die wenigen kollektiven
Rechte vernichtet, die mit Hilfe einer
kämpferischen Gewerkschaftspolitik
die Einheit der Lohnabhängigen
erleichtern könnten, damit diese
den organisierten Bossen und dem Diktat
der grossen Aktionäre etwas entgegen
setzen können.
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Der
produzierte Reichtum wird immer
mehr
zu Gunsten der Reichen umverteilt |
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Einige arbeiten zu viel, während
andere arbeitslos sind. Prekarisierungder
Beschäftigung, Erwerbslosigkeit
und Stress zahlen die Lohnabhängigen
mir ihrer Gesundheit: Immer mehr Menschen
sind physisch und psychisch belastet.
Das Bundesamt für Statistik (BFS)
schätzt, dass mehr als vier von
zehn Beschäftigten leiden: „eine
grosse Anspannung an der Arbeit, so
gross, dass Rückenschmerzen, Migräne,
Schlaf-losigkeit das Leben belasten…
Die Arbeitsbedingungen haben sich seit
1997 merklich verschärft.“
(Tribune de Genève, 1./2. November
2003). Diese Studie aus dem Jahr 2003
wird von einer neueren Untersuchung
bestätigt, deren Ergebnisse noch
alarmierender sind.
Dieser Stress führt zu Krankheiten.
Die Kosten dafür betragen 4,3 Milliarden
Franken. Nun ist aber die Beteiligung
der Haushalte (das sind grossmehrheitlich
Lohnabhängige) an der Finanzierung
der „Gesundheitskosten“
von 57,3 % im Jahr 1975 auf 66 % im
Jahr 2003 gestiegen. Die Lohnabhängigen
ruinieren ihre Gesundheit bei der Arbeit
und zahlen die gleichen Krankenkassenprämien
wie die Aktionäre, die von deren
Arbeit leben! Letztlich sind es die
Lohnabhängigen, welche die Krankenkassen
zum grössten Teil finanzieren.
Warum stellt die offizielle Linke keinen
klaren Zusammenhang her zwischen den
Arbeitsbedingungen und den sogenannten
Gesundheitskosten ? Die Westschweizer
Organisation Mouvement Populaire des
Familles zeigt diesen Zusammenhang auf
in ihrer Antwort an den Bundesrat über
die Revision der Krankenversicherungsgesetzes
(KVG) (Monde du travail, Oktober
2004).
Dieses Zögern über den Zusammenhang
zwischen Arbeit und Gesundheit zu sprechen
kommt nicht von ungefähr.Würden
die Verantwortlichen von SPS und SGB
diese lebenswichtige Frage anschneiden,
so müssten sie eine durchdachte
und entschlossene Gegenoffensive gegen
die Regierung (Couchepin und Konsorten)
und gegen die Politik der Bosse starten.
Diese Gegenoffensive müsste sich
im sozialen und politischen Bereich
wie auch am Arbeitsplatz zeigen. Das
wollen die betreffenden Verantwortlichen
nicht, denn sie nehmen an zu vielen
offiziellen Gala-Dinners teil.
Die Initiative der SVP zur KVG-Revision
ist in diesen Kontext zu stellen: Sie
sollte eigentlich folgenden Titel tragen:
„Für die Leistungssenkung
und Abbau der Solidarität in der
Grundversicherung“.
Wird das „Paket“
an der Abstimmung im September an den
Absender zurück geschickt, so kann
endlich ein Problem aufgeworfen werden,
das für alle Lohnabhängigen
zentral ist: Die gewollte, verschärfte
Konkurrenz zwischen den Arbeitenden
nagt tagtäglich an ihrer Gesundheit.
Menschen über 40 spüren die
Belastung zunehmend, selbst wenn sie
die Empfehlungen befolgen und Jogging
und andere Sportarten betreiben.
|
Seine
Gesundheit ruinieren und noch dafür
bezahlen
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Gesine Schwan, Präsidentin der
Europa-Universität Viadrina (Frankfurt
an der Oder), hält fest: „Heute
verbirgt sich hinter dem Begriff Reform
für die meisten ein Abbau von Mitbestimmung,
sozialer Sicherung und Lebensstandard".
(Tages-Anzeiger, 3 1. Dezember 2004)
Hinzuzufügen bleibt, dass die Rechte
ihre Interessen und ihren Wortschatz
den institutionellen Linken aufgezwungen
hat. Dies ist in der aktuellen Debatte
über das Paket „freier Personenverkehr
und Begleitmassnahmen“ wichtig.
Beispiel: Hans-Jürg Fehr, Präsident
der Sozialdemokratischen Partei Schweiz
(SPS), behauptet in Finanz und Wirtschaft,
der Zeitung der Zürcher Finanzkreise:
„Wir stehen auf dem Boden
einer marktwirtschaftlichen Ordnung,
was nicht das Gleiche ist wie Kapitalismus.“
( 15. Dezember 2004) Hören wir
das Urteil des bedeutenden amerikanischen
Ökonomen John Kenneth Galbraith
über solche Klischees: „Wird
'Kapitalismus‘ beschönigend
'Marktwirtschaft‘ genannt, so
wird damit nur ein absurde Täuschung
über die Realität in den Unternehmen
verbreitet… Ein solcher Ausdruck
verschleiert die wirtscha ftliche Macht…
Es gibt nur den unpersönlichen
Markt. Dies ist ein Schwindel. Ein nicht
ganz unschuldiger.“ (The
Economics of Innocent Fraud.Truth for
Our Time, Boston 2004)
Diese Bemerkung trifft den Kern einer
laufenden Debatte. Die Spitzen von SPS
und SGB verneinen die Konfrontation
zwischen den Interessen der Kreise,
die den Lohnabhängigen ihren Willen
aufzwingen – weil sie die grossen
Industrie- und Finanzkonzerne besitzen
– und den Bedürfnissen der
Mehrheit der Menschen, die den Reichtum
produzieren. Aber die Beschäftigten
kontrollieren weder die Nutzung (Investitionen,
damit verbundene Arbeitsplätze,Art
der Produkte), noch die Verteilung dieses
Reichtums.
Während die Krise des Systems und
die neoliberale Politik den sozialen
Rückschritt durchsetzen, verschärft
sich heute die Konfrontation zwischen
den gesellschaftlichen Klassen. Diese
neue Qualität der Auseinandersetzung
zeigt sich auch in den offenen Angriffen,
die unter der Leitung von Couchepin,
Merz, Blocher, des Arbeitgeberverbands
und von economiesuisse lanciert werden,
bei denen immer die Dringlichkeit von
„Reformen“ im Zentrum steht.
Angesichts dieses unausgesprochenen
sozialen Krieges will die „offizielle“
politische und gewerkschaftliche Linke
die Gegenreformen reformieren. Sie will
„runde Tische“ mit „den
Partnern“, um den „Arbeitsfrieden“
weiterzuführen, während die
sich die Bosse und die Behörden
arrogant über diesen „Arbeitsfrieden“
hinwegsetzen.
Auf ihre eigene Art reitet die offizielle
Linke auf der Welle der – verständlichen
– Angst der Lohnabhängigen
vor Arbeitslosigkeit und Spaltung. Sie
sagt ihnen:„Wir haben in einer
schlechten Situation noch das Beste
herausgeholt“. Auf Grund dieser
Logik hat sie auch das Paket „freier
Personenverkehr und Begleitmassnahmen“
akzeptiert. Aber sie geht noch weiter,
indem sie das Paket aktiv „verkauft“,
zusammen mit den Kreisen, die den Angriff
auf die Beschäftigten vorantreiben.
Erwin Jutzet, SP-Nationalrat (Fribourg),
Präsident der Aussenpolitischen
Kommission des Nationalrats, erklärt:
„Es wird eine umfassende Informationsarbeit
[sic!] nötig sein. Und eine gute
Koordination zwischen den befürwortenden
Kreisen. Diese sind zahlreich, von der
Linken bis zur Rechten, Gewerkschaften,
economiesuisse, Gewerbeverband, Tourismusbranche,
Banken, Nahrungsmittelindustrie und
Polizeikorps.“ (L’Agefi/
L’Impartial, 20. Dezember 2004)
Jutzet hat offenbar die Ohrfeigen vergessen,
die diese scheinbaren, momentanen Verbündeten
der SP verpasst haben. Für den
grössten Teil der SPS ist die einzige
soziale und politische Perspektive „Die
EU über alles!“ 4
Eine andere – politische,
gewerkschaftliche und ethische –
Perspektive versucht die Bedingungen
dafür zu schaffen, dass morgen
möglich wird, was heute unmöglich
ist. Dafür treten wir ein.
Dies ist die Perspektive, in der sich
die GewerkschafterInnen und sozialen
und politischen AktivistInnen engagieren,
die es ablehnen, zu verschweigen, was
inakzeptabel ist (sei es am Arbeitsplatz
oder die vielfältigen Diskriminierungen
und Ungleichheiten in der Gesellschaft)
und einen absurden Schleier über
die Realität zu werfen, wie Galbraith
sagt.
Wie Tausende von Lohnabhängigen
verstehen sie, dass das vorgeschlagene
„Paket“ ein Instrument ist,
das die Unternehmer gegen alle Lohnabhängigen
einsetzen werden, die heute oder morgen
in der Schweiz arbeiten. Gemeinsam müssen
sie auf vielfältige Weise ihre
Ablehnung zum Ausdruck bringen.
|
Sie
reden von Reformen und machen Gegenreformen |
4.
Die Entwicklung der Europäischen
Union ist in doppelter Hinsicht
negativ. Einerseits ist die EU zu
einem kontinentalen Labor für
neokonservative Gegenreformen geworden.
Die neue EUKommission verkörpert
diese Orientierung. Anderseits führen
die Frustrationen, die durch die
wirtschaftliche und soziale Krise
verursacht werden, zu chauvinistischen
und reaktionären Haltungen,
die sich in allen Ländern Europas
unter der Leitung der Regierungschefs
verbreiten, wie in Italien, Holland
und anderswo. Hinzu kommt ein Wiederaufstieg
des Militarismus im Namen eines
starken Europas, das sich in Lateinamerika
(durch die Beteiligung an Privatisierungen),Asien
oder Afrika bereichert. Oft ist
es die Sozialdemokratie, wie in
Deutschland oder Grossbritannien,
die Aufrüstung und Sparpolitik
durchsetzt. Die EU ist nicht der
grosse Austausch der Kulturen, den
uns gewisse Kreise weismachen wollen.
Heute besteht die EU und die Politik
der Regierungen der EU-Länder
vor allem in sozialem Rückschritt,
was nur zu einem kulturellen Rückschritt
führen kann. Diese EU ist nicht
jene der Lohnabhängigen, sondern
die EU des Aristokraten Giscard
d’Estaing und des von Schröder
beauftragten Zerstörers sozialer
Errungenschaften, Peter Hartz.. |
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Die Sonntagspresse titelt: „Ein
neuer Import-Schlager: Arbeiter zum
halben Preis!“ (SonntagsBlick,
24. Oktober 2004). Und UNIA-Präsident
Vasco Pedrina musste Seite an Seite
mit Renzo Ambrosetti bei einer Pressekonferenz
am 21. Oktober 2004 zugeben : Die Lage
habe sich seit Juni 2004 verschlechtert…
Es werde für 18 Franken gearbeitet,
obwohl der GAV (Gesamtarbeitsvertrag)
einen Lohn von 28 Franken vorsehe.
Angesichts dieser Verhältnisse
– die es schon seit langer Zeit
gibt, vor allem in ausgelagerten Bereichen
– flehen die Gewerkschaftsbonzen
die Unternehmer an: „Der SGB ruft
eher mit zitternder Stimme die Unternehmerverbände
in den Kantonen dazu auf, nicht das
Spiel der nationalistischen Rechten
zu spielen.“ (L’Agéfi,
22. Dezember 2004)
Damit beruhigen sie also die durch diese
Unternehmer beschäftigten Arbeiter!
Dafür servieren sie genauso dieser
nationalistischen Rechten gewissermassen
auf einem Tablett aus Aluminium reihenweise
verunsicherte Lohnabhängige, die
keinen Pol des Widerstands und der Alternativen
zu erkennen vermögen, der ebenso
entschlossen handeln würde wie
„die da oben“!
Weil die Gewerkschaften die Lohnabhängigen
im Stich lassen, kann die nationalistische
Rechte mit Erfolg eine Kampagne „gegen
die Politiker“ führen. Sie
stützt sich auf das teilweise richtige
Gefühl, dass „die sowieso
nur das tun, was sie wollen.“
Dieses abgekartete Spiel zwischen Unternehmern
und Gewerkschaftsverantwortlichen bringt
– genau wie die Verwendung des
Begriffs „Marktwirtschaft“
statt Kapitalismus – den Willen
zum Ausdruck, die Augen zu verschliessen
vor der Funktionsweise der grossen Firmen,
die die Gesetze in diesem Land letztlich
machen. Doch ein grosser Spezialist
des Arbeitsrechts, Gérard Lyon-Caen,
hat einmal geschrieben: „Das
ist eine Täuschung. Das Unternehmen
wollte nie eine demokratische Gesellschaft
sein. Sein Gesetz ist der Profit.“
Und Jean-Michel Servais von der
ILO (Internationale Arbeitsorganisation)
fügt hinzu: „Wir müssen
daran erinnern, dass das Arbeitsverhältnis
ein Verhältnis von Macht und Unterwerfung
ist, mit allen Risiken des Missbrauchs,
wie irrational diese auch immer erscheinen
mögen.“5
In der Praxis bedeutet dies genau das,
was der Wirtschaftsjournalist Vontobel,
ein ehemaliger Berater von Vasco Pedrina,
schreibt: „Für den Arbeitgeber
ist es so leicht wie noch nie, teure
Arbeitskräfte durch günstigere
zu ersetzen.“ (SonntagsBlick,
24. Oktober 2004) Diese Allmacht der
Unternehmer erfasst sowohl den Bau als
auch die Banken. Eine aktuelle Studie
des Gesundheitsökonomen Gianfranco
Domenighetti über die Bankangestellten
zeigt auf, dass der verbreitete Konsum
von Medikamenten (Beruhigungsmittel,
Antidepressiva) stark mit dem Stress
verknüpft ist, den die „Angst
vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und
die mangelnde Solidarität unter
den Mitarbeitern“ erzeugen
(Le Temps, 30. Dezember 2004).
Allzu oft spielt die Gewerkschaftspolitik
in einer Tonlage des SGB-Chefökonomen
Serge Gaillard, der sich in den folgenden
Worten an die Unternehmer wendet: „Sie
haben es in der Hand, weiterhin Schweizer
zu anständigen Löhnen zu beschä
ftigen – dann steigt die Arbeitslosigkeit
nicht“ (Blick, 28. Dezember
2004)
Diese Haltung wirkt sich in dreifacher
Hinsicht negativ auf die Gewerkschaftsarbeit
(die nicht mit gewissen Gewerk-schaftsapparaten
verwechselt werden sollte) aus.
1. Die faktische oder
bewusste Komplizenschaft mit den Unternehmern
treibt die Chefs der kümmerlichen
Gewerkschaftsapparate dazu, innerhalb
der Gewerkschaft keine wirkliche Kritik
zuzulassen. Langsam aber sicher eignen
sie sich die harte Haltung der Unternehmer
in dieser Hinsicht an. Sie stellen
sich gegen die gewerkschaftliche Demokratie,
im gleichen Ausmass wie sie den Schwindel
von den demokratischen, an den „Bürgern“
und an der „sozialen Verantwortung“
orientierten Unternehmen in der Öffentlichkeit
verbreiten helfen. Doch im kapitalistischen
System kann dies nicht die Aufgabe eines
Unternehmens sein, um so weniger, als
es in einer scharfen Konkurrenz zu anderen
Unternehmen steht.
2. In seinem Stossgebet
an die Unternehmer schreckt Serge Gaillard
– der denjenigen, die das „Paket
ablehnen, vorwirft, das Spiel der fremdenfeindlichen
Kräfte zu spielen – nicht
davor zurück, eine nationale Bevorzugung
zu betonen: Es geht ihm um die Löhne
der Schweizer!
Das ist ein schönes Beispiel für
diese Gewerkschaftspolitik, die –
schon seit langer Zeit – den zugewanderten
ArbeiterInnen Positionen in den hintersten
Reihen zuweist und sie lange warten
lässt, bevor man sie wirklich anerkennt
– genau wie auf der Einwohnerkontrolle.
3. Die gesamte Argumentation
der Gewerkschaftsdynastien wird sich
– je näher die Abstimmung
kommt – auf die Notwendigkeit
konzentrieren, dieses für die Lohnabhängigen
vergiftete „Paket“ zu akzeptieren,
weil es die schweizerische Wirtschaft
begünstigt. Ein alt bekanntes Argument,
dessen Wahrheitsgehalt die ArbeiterInnen
überprüfen können, indem
sie die Profite der Unternehmen und
das Einkommen der grossen Bosse mit
ihrem Lohnausweis und der Entwicklung
ihrer Arbeitsbedingungen vergleichen.
In dieser Hinsicht dürfen wir die
Goldmedaille dem SP-Nationalrat Jean-Noël
Rey (Wallis) verleihen, dem Chef des
(von der französischen Post kontrollierten)
Privatunternehmens DPD. Er freut sich
über die bilateralen Verträge,
denn dadurch „sind die Interessen
des Finanzplatzes gerettet und auf vertraglicher
Ebene dauerhaft abgesichert.“
(Le Peuple Valaisan, 3. Dezember 2004)
In seinen Augen wirken sich die Abkommen
von Schengen und Dublin in erster Linie
positiv auf die helvetischen Banken
aus.Wir können sicher sein, dass
dieser protzige ehemalige PTT-Chef im
September 2005 auf die „fremdenfeindliche
Gefahr“ hinweisen wird, welche
durch das linke Referendum verstärkt
werde.
Wenn es die Bedingungen für
eine demokratische Diskussion gibt,
werden sicherlich zahlreiche Lohnabhängige
dieses „Paket“ nicht in
Empfang nehmen. Sie werden es ablehnen,
im Namen der Verteidigung ihrer Würde,weil
sie sich nicht so offensichtlich täuschen
lassen, und auch im Namen einer anderen
Politik mit konkreten Forderungen.
|
Die
Gewerkschaftsbosse verschliessen
die Augen vor der Macht der Unternehmer
und reichen ihnen die Hand |
5.
Beide Zitate in Mélanges
en l’honneur de Jean-Marie
Verdier. Droit syndical et droits
de l’homme à l’aube
du XXIe siècle. Dalloz, 2001. |
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Die Arbeitslosigkeit verharrt seit 1993
konstant auf hohem Niveau. Das wissen
wir bereits. In den Jahren 2005-2006
wird sie nicht verschwinden. Es würde
ein Wachstum des Bruttoinlandproduktes
(BIP) von ca. 2.5 % brauchen, damit
die Beschäftigung wirklich ansteigt.
Davon sind wir weit entfernt. Die Credit
Suisse hat für 2005 nur 1.6% vorausgesagt,
die KOF/ ETH nur 1.8 %, die UBS ebenfalls
1.8%. Und in der Regel sind diese ökonomischen
Wetterfrösche allzu optimistisch…
Vor diesem Hintergrund tiefer Wachstumsraten
haben die Unternehmer entschieden, einen
Motor mit drei Zylindern zu fahren:
„zuviel Arbeit“ für
viele Menschen; „keine Arbeit“
für 158’416 Personen im Dezember
2004; „ungesicherte Arbeit“
für immer mehr Lohnabhängige,
egal welchen Pass sie haben.
Mit dem „freien Personenverkehr“
ohne in ganz Europa verbesserte soziale
Rechte und ohne den Ausbau der sozialen
Rechte in der Schweiz, wird dieser Motor
wie geschmiert und noch schneller laufen.
Denn der Benzinpreis (der Preis der
Arbeitskraft) sinkt.
Das Schema ist einfach zu verstehen.
Hunderttausende von Lohnabhängigen
erfahren es am eigenen Leib (siehe Kasten
in der rechten Spalte).
Dieser Rückschritt wird im Namen
der Beschäftigungspolitik gemacht.
Gemeint ist aber keineswegs die Vollbeschäftigung.
Das Ziel der Unternehmer besteht darin,
den Beschäftigungsgrad gewisser
Bevölkerungsschichten (Frauen,
Junge, usw.) zu erhöhen, um über
mehr Lohnabhängige zu verfügen,
die zu einem tieferen Preis (Lohn) mehr
arbeiten. Und dies auch nach der Pensionierung,
denn die Renten der AHV und der 2. Säule
erlauben es immer weniger, die bestehenden
Bedürfnisse zu befriedigen.
Das „Paket“ enthält
zusätzliches Benzin, um diesen
Motor des sozialen Rückschritts
am Laufen zu halten. Um diese verrückte
Maschinerie zu stoppen, müssen
wir Schritt für Schritt die Bedingungen
dafür schaffen, dass sich in Zukunft
andere, gerechtere soziale Verhältnisse
entwickeln können. Ein NEIN im
September 2005 ist ein Schritt auf diesem
langen, schwierigen Weg. Es ist moralisch
besser, aufrecht zu gehen, statt vor
den „Wirtschaftskapitänen“
und ihren politischen Verwaltern auf
die Knie zu gehen.
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Verschlechterung
der Beschäftigungsverhältnisse
im Namen der Schaffung
neuer Arbeitsplätze! |
stärkere
Steigerung der Produktivität
(Produktion pro Stunde und Arbeiter)
als des Wirtschaftswachstums,weshalb
die Beschäftigung nicht ansteigt
Massenentlassungen
und Restrukturier-ungen der Grossunternehmen
Senkung
des Arbeitslosengeldes und Pflicht,
eine „zumutbare Stelle“
mit deutlich tieferem Lohn anzunehmen
allgemeine
Ausbreitung von stagnierenden
Löhnen
zunehmender
Druck am Arbeitsplatz und Verallgemeinerung
des outsourcing als ganz normale
Funktionsweise, mit sehr kurzen
Fristen und einem riesigen Stress
Einsatz
von Temporärarbeit und verunsicherten
ArbeiterInnen, um diesen sozialen
Rückschritt noch zuzuspitzen
Kürzung
der öffentlichen Haushalte
und Sozialausgaben, mit einem entsprechen-den
Abbau von Arbeitsplätzen im
öffentlichen Sektor und in
den
staatlich subventionierten Bereichen…
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Denken wir einerseits
an die Situation, in der die bilateralen
Verträge vom Bundesrat ausgehandelt
und vom Parlament – das Session
für Session wieder neue Gegenreformen
gut heisst – verabschiedet wurden,
und andererseits an
die wenigen zahnlosen flankierenden
Massnahmen, dann wird klar: Dieses „Paket“
aus freiem Personenverkehr und flankierenden
Massnahmen lässt sich kaum rechtfertigen.
1. Der Begriff der
„objektiven Verbündeten“
– also von Verbündeten, die
das nicht sein wollen, es in Wirklichkeit
aber sind – dient dazu, das Referendum
ins Abseits stellen. zu ohne darüber
wirklich diskutieren zu müssen.
Diese Methode ist nur zu gut bekannt.
Sie wurde von den stalinistischen und
sozialdemokratischen Bürokratien
eingesetzt, in den Gewerkschaften und
im so genannten „politischen Leben.“
Eingeweiht hat man sie mit viel Aufwand
bei den Moskauer Prozessen in den 1930er
Jahren. Dieser „Begriff“
wurde zu einer der „juristischen
Spezialitäten“ des Völkermordregimes
von Pol Pot in Kambodscha (1975-1978).
Natürlich sind Vergleiche nicht
immer richtig. Dennoch zeigt die Verwendung
dieses Ausdrucks durch einige Führungskräfte
des SGB, wie verlegen sie eigentlich
sind. Stellen wird uns vor, dass François
Hollande, der Sekretär der französischen
Sozialistischen Partei, Laurent Fabius
oder Henri Emmanuelli (oder Olivier
Besancenot von der Ligue Communiste
Révolutionnaire) als objektive
Verbündete von Le Pen darstellen
würde, weil sie ein Nein bei der
französischen Abstimmung über
die EU-Verfassung vom Juni 2005 vorschlagen?
Undenkbar!
Wenn ernsthafte Argumente dargelegt
werden sollen und die politische Diskussion
einen Teil der Demokratie darstellen
soll, darf diese Methode nicht zur Anwendung
kommen. Dass die Chefs von SGB und UNIA
sich dieser Methode dennoch bedienen,
sagt leider Einiges aus über die
Vorstellung, die sie von Diskussionen
und Demokratie in den Gewerkschaften
und in der Linken haben.
Um das „Paket“ zu verkaufen,
marschieren sie gemeinsam mit den Unternehmern
und den bürgerlichen Parteien,
obwohl diese selbst die bescheidensten
Forderungen, die im Parlament oder bei
Verhandlungen über GAV und Löhne
an sie gestellt werden, systematisch
zurückweisen.
Würden wir so weit gehen zu behaupten,
sie seien die subjektiven Verbündeten
der neoliberalen Rechten und der Unternehmer?
Natürlich nicht.
Denn ihre Haltung ist das Ergebnis einer
langen Entwicklung, die sie selbst nicht
kontrollieren. In ihren Augen erscheinen
die heutigen gesellschaftlichen und
ökonomischen Entwicklungen wie
ein riesiger Fels, den man nicht bewegen
kann. Aber die Unternehmer, die grossen
Konzerne sowie die Verbände und
Parteien, die diese vertreten, bearbeiten
und verschieben diesen Fels Tag für
Tag ein bisschen. Das Gewerkschaftsbosse
und die offizielle Linke hingegen sehen
diesen Fels nur noch als etwas, das
ihnen die Aussicht verstellt. Sie haben
keinen Horizont mehr.
2. Diese linken Führungskräfte
stellen sich hinter die bilateralen
Verträge. Sie behaupten sogar,
wie Serge Gaillard es am 5. Januar 2005
getan hat: „Die Schweiz ist
auf den Zugang zu den europäischen
Märkten angewiesen. Deshalb dürften
die bilateralen Verträge mit der
Europäischen Union (EU) nicht ge
fährdet werden.… Deshalb
ist die Abstimmung über die Personen
freizügigkeit in diesem Jahr die
wichtigste wirtschaftspolitische Auseinandersetzung.“
Die Verteidigung der Rechte aller Lohnabhängigen
stellt für sie keine konkrete Perspektive
mehr dar. Sie setzen auf eine „gute
Geldpolitik“ der Nationalbank
und auf die Förderung der Exportindustrie:
„Ob es zu einer zusätzlichen
Einwanderung kommt, entscheiden also
die schweizerischen Unternehmungen,
beziehungsweise die Wirtscha ftsentwicklung
in der Schweiz. Nur bei guter Konjunkturlage
wird massiv im Ausland rekrutiert werden.“
(http://www.sgb.ch/d-download/050105sergegaillard.doc)
Besser
kann man nicht eingestehen, was man
vom freien Personenverkehr der Lohnabhängigen
erwartet und wie man deren Interessen
scheinbar verteidigen will.
Vergessen geht dabei vor allem eines:
Die SVP ist es, die wie keine andere
Partei auf die Karte der bilateralen
Verträge setzte und weiterhin setzt.
SVP-Präsident und Nationalrat Ueli
Maurer hat dies in La Chaux-de-Fonds
am 8. Januar noch einmal in Erinnerung
gerufen: „Was die SVP angeht,
so verfolgen wir seit 15 Jahren unbeirrt
denselben Weg: Wir wollen bilaterale
Verhandlungen…“
Zur Rechten ist man sich in einem Punkt
grundsätzlich einig: Es ist möglich,
diese grosse Menge von Arbeitskräften
rentabel auszubeuten, die tatsächlich
nur über ganz wenige Rechte verfügen
wird, und noch über viel weniger
Rechte, die auch durchgesetzt werden.
Durch ihren Schulterschluss mit den
Unternehmern überlässt die
offizielle Linke der nationalistischen
Rechten das Feld.
Es war notwendig, in dieser
Situation zu reagieren. Das haben GewerkschafterInnen,
AktivistInnen aus der globalisierungskritischen
Bewegung und aus der Bewegung der Papierlosen
sowie sozialistische AktivistInnen getan.
Sie betrachten dieses Referendum gegen
die kosten- und wirkungslosen flankierenden
Massnahmen als ein Element für
den Aufbau einer neuen Bewegung der
Lohnabhängigen. Eine solche Bewegung
kann nur aus vielfältigen Kräften
entstehen, die nicht immer derselben
Meinung sein müssen, sich aber
dennoch gegenseitig respektieren können
und es verstehen, ernsthaft miteinander
zu diskutieren.
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„Objektive
Verbündete“
der Fremdenfeinde?
Ein alt bekannter stalinistischer
Vorwurf |
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