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Globalisierung und Widerstand
in Bewegung zum G8-Gipfel 2007:


Diskussionsreihe der Bewegung für den Sozialismus (BFS) Zürich

Anfang Juni 2007 treffen sich die Regierungschefs der sieben mächtigsten Industrieländer und Russlands zum G8-Gipfel im Ostseebad Heiligendamm in der Nähe von Rostock. Nicht nur die Mächtigen bereiten sich auf Heiligendamm 2007 vor: Ein breites internationales Bündnis von sozialen Bewegungen ruft dazu auf, im Juni gegen die Dominanz der durch die G8 geprägten Welt zu protestieren – einer Welt der Kriege, des Hungers, der Umweltzerstörung und der Mauern gegen MigrantInnen und Flüchtlinge. Der Diskussionszyklus "Globalisierung und Widerstand" begleitet die Mobilisierung auf den G8-Gipfel in Deutschland. Wir wollen ein Forum bieten, das einerseits versucht, die aktuelle Entwicklung des Kapitalismus kritisch zu fassen und andererseits die Frage nach Widerstand zu reflektieren. Wir möchten theoretische Fragestellungen diskutieren, aber auch Erfahrungen von sozialen Kämpfen thematisieren. Und wir möchten einen Beitrag leisten zur Mobilisierung gegen den G8-Gipfel.

Die aktuelle Entwicklung des Kapitalismus hat die soziale und ökologische Frage neu auf die Tagesordnung gesetzt. Die “Global Leaders” vertreten zwar weiterhin die neoliberale Irrlehre, dass Liberalisierung, freier Kapitalverkehr und die Privatisierung der öffentlichen Dienste zu einem wahren Goldregen für alle führe. Die Fakten sehen jedoch anders aus: Die Goldberge türmen sich zwar auf – auf der Seite jener, die Profitmaximierung betreiben, daneben türmen sich aber die Leichenberge.

Im Süden führt die Politik der Liberalisierung und die Strukturanpassungsprogramme von IWF und Weltbank dazu, dass viele Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren. In der Hoffnung, Migration in den Norden führe sie aus ihrem Elend, versuchen sie, die „Festung Europa“ zu erreichen. Der Weg dorthin führt über das grösste Massengrab Europas, das Mittelmeer, in dem täglich Dutzende von Menschen ertrinken.

Auch im Norden wird die Privatisierung aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, des Lebens selbst, vorangetrieben. Diese Politik beinhaltet die Zerstörung des Sozialstaats und wird durch den Ausbau des Sicherheitsstaats, den Abbau bürgerlicher Freiheitsrechte sowie durch militärische Interventionen flankiert.

Im Namen der Standortkonkurrenz werden Lohnabhängige und Arbeitsuchende auf der ganzen Welt zunehmend gegeneinander ausgespielt. Firmen handeln immer stärker global: Die Unternehmer drohen, Produktionsbereiche dorthin zu verlagern, wo die Lohnabhängigen am wenigsten Rechte haben, wo es keine starken Gewerkschaften und möglichst wenige Umwelt- und Sozialauflagen gibt.

Die Konsequenz dieser neoliberalen Politik erfahren wir tagtäglich: Eine zunehmende Prekarisierung unserer Lebensverhältnisse, erzwungene Migration, eine neue Phase imperialer Kriege und die Unfähigkeit, die Klimaveränderung einzudämmen.

In jüngerer Zeit haben soziale Bewegungen und politische Organisationen eine Globalisierungskritik formuliert, die den Kapitalismus in Frage stellt. Damit ist ein Diskussionsrahmen gegeben, der es – jenseits einer sozialpolitischen Zähmung des Kapitalismus – erlaubt, an linken Traditionen seit der 68er-Bewegung anzuknüpfen. Während die Neoliberalen vom notwendigen Sieg des Kapitalismus sprechen und damit die herrschenden Verhältnisse als gegeben hinnehmen, weist die Kritik auf den produzierten Charakter des Elends der Welt hin. Die Politisierung der sozialen Frage eröffnet einen Handlungsspielraum, der verdeutlicht, dass die von Menschen produzierten Verhältnisse von diesen auch verändert werden können.

Hier möchten wir anknüpfen. Die Veranstaltungsreihe will aktuelle Themen wie Krieg und Imperialismus, Gesundheit, Ökologie und Migration aufnehmen, aber auch danach fragen, welche sozialen Kämpfe an verschiedenen Orten der Welt geführt werden. Dies führt uns zu grundsätzlichen Fragen nach Widerstand und politischer Organisation. Die aktuellen Wahlerfolge linker Parteien in Süd- und Mittelamerika zum Beispiel werfen die Frage nach dem Verhältnis von sozialen Bewegungen und linken Regierungsprojekten auf, die sich gegen den Neoliberalismus wenden. Ist die Politik dieser Parteien nur Teil der Erneuerung des neoliberalen Projekts oder weist sie tatsächlich auf eine mögliche Überwindung des Kapitalismus hin?

Programm und Einführungstexte als pdf

Programm
Imperialismus / Krieg
Datum: Donnerstag, 15. März 2007, 19.00 Uhr
Ort:

Restaurant Cooperativo,
Strassburgstr. 5, 8004 Zürich, Saal 1. Stock

Lageplan

 

Nach dem dem Tod von Karl Marx haben sich die Strukturen und Ströme der Weltwirtschaft rasant und nachhaltig verändert. Um die Strukturveränderungen der „ersten Globalisierungswelle“ nach 1870 zu verstehen, musste die Marxsche Theorie erweitert werden. Wie haben Rosa Luxemburg und Wladimir Iljitsch Lenin die veränderten Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise und der Welt-politik theoretisch erfasst?

Globalisierung - kaum ein Begriff hat nach dem Ende der bipolaren Weltordnung in der Folge von 1989 die öffentliche Debatte so geprägt. Die zunehmende Internationalisierung und Integration der Weltwirtschaft sowie eine multilateral gestaltete, kooperative Weltordnung sollten ein Zeitalter des Friedens und weltweiten Wohlstandes einleiten. Ist die Welt zu Beginn des 21. Jh. wirklich friedlicher, sicherer und gerechter geworden? Welche Rolle spielt der Imperialismus heute und wie hat er sich allenfalls verändert?

Vorbereitungstexte:

David Harvey: Der neue Imperialismus,
Kapitel 1: Es geht nicht nur um Öl

Ernest Mandel: Einführung in den Marxismus: 7.Kapitel, Das imperialistische Weltsystem

Einführung: Markus Christen, Bewegung für den Sozialismus (BFS)

Gesundheit
Datum: Mittwoch, 28. März 2007, 19.00 Uhr
Ort:

Universität Zürich Hauptgebäude,
Rämistrasse 71, 8006 Zürich
Zimmer des Fachvereins Philosophie, F116, 1. Stock

Lageplan

 
Die aktuelle Diskussion, ob der „Gesundheitssektor“ in der Schweiz „zu teuer“ sei, geht weitgehend am eigentlichen Problem vorbei. In Wahrheit dreht es sich darum, dass mit dem Kostenargument und der gleichzeitig initiierten Debatte um „Eigenverantwortung“ der Weg geebnet werden soll zur Zurichtung dieses höchst profitablen Sektors als „ganz normalen“ Gesundheitsmarkt, auf dem die entsprechenden Leistungen als gewöhnliche Ware vertrieben und der Zugang dazu einzig und allein von der finanzielle Potenz der „KundInnen“ abhängig ist.
Vorbereitungstexte:

Der Markt bedroht die medizinische Ethik und die Gesundheit.

Reines Gewissen… und K(l)assenbewusstsein.

Die anstehenden „Reformen“: das verschwiegene Übel.

Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen: für wen?

Ja zu den demokratischen und sozialen Rechten der Versicherten

Einführung: Urs Zuppinger, Bewegung für den Sozialismus (BFS)

Globalisierung und Migration
Wie aus Menschen Wegwerfbeschäftigte werden

Datum: Donnerstag, 26. April 2007, 19.00 Uhr
Ort:

Restaurant Cooperativo,
Strassburgstr. 5, 8004 Zürich, Saal 1. Stock

Lageplan

 
In der aktuellen Diskussion über Migration bleibt die Frage nach den Ursachen von Migrationsbewegungen ungestellt oder wird sehr verkürzt beantwortet: Migrierende aus dem Süden und dem Osten wollen sich lediglich auf den sozialen Hängematten der Wohlstandsinseln ausruhen.
Dass dieser Wohlstand aber zu einem grossen Teil auf der in kolonialen Verhältnissen fortgeführten Ausbeutung der anderen beruht, wird ausgeblendet. Die offizielle Migrationspolitik unterscheidet zwischen kulturell intergrierbaren, ökonomisch verwertbaren und nützlichen bzw. nicht integrierbaren, nicht verwertbaren und überflüssigen „AusländerInnen“. Sofern es die Migrantinnen von ausserhalb der EU trotz immer höherer Mauern und Stacheldrahtzäunen bis hierhin schaffen, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich illegal und unter äusserst prekären Bedingungen als rechtlose und beliebig erpressbare Arbeitskräfte zu verdingen, sei es als Putzfrau oder Kindermädchen im Privathaushalt, als temporär auf Abruf Beschäftigter bei einer obskuren Vermittlungsfirma oder als Bauarbeiter auf hiesigen Baustellen. Dieser rechtlose Status entspricht den Erfordernissen einer nach neoliberalen Prinzipien restrukturierten Arbeitswelt. Wir untersuchen den Zusammenhang von Globalisierung, Migration und allgemeiner Prekarisierung der Lebens-verhältnisse, diskutieren über die aktuelle Migrationspolitik, die Lebensverhältnisse von MigrantInnen in der Schweiz und über ihre Kämpfe und fragen nach Alternativen einer solidarischen und demokratischen Zuwanderungspolitik.
Vorbereitungstexte:

Tobias Pieper: Das dezentrale Lagersystem für Flüchtlinge Scharnier zwischen regulären und irregulären Arbeitsmarktsegmenten.

Gegen Blocher und den unsozialen Angriff von Arbeitgebern und Behörden. Eine gemeinsame Antwort ist nötig.
(Flyer der BFS/MPS vom 18: Juni 2005)

Einführung:

Sarah Schilliger, Soziologin,
Bewegung für den Sozialismus (BFS)


Ökologie

Datum: Mittwoch, 9. Mai 2007, 19.00 Uhr
Ort:

Restaurant Cooperativo,
Strassburgstr. 5, 8004 Zürich, Saal 1. Stock

Lageplan

 
Vor dem Hintergrund einer zunehmend wahrnehmbaren Klimaveränderung haben der jüngste IPCC - Klimabericht und die Diskussion eines neuen AKWs in der Schweiz zu einem Aufflammen der ökologischen Debatte geführt. In der Veranstalltung soll eine Nachhaltigkeit jenseits der kapitalistischen Ausbeutung natürlicher Resourcen, der Kommerzialisierung von Emissionen und des Anhäufens radioaktiver Abfälle diskutiert werden.
Vorbereitungstexte:

Ökologie und Sozialismus: Entwurf zur Vorlage an den Weltkongress der IV.Internationale.

Einführung:

Hanspeter Gysin und Andi Hasler,
Bewegung für den Sozialismus (BFS)


Sozialpolitik, Workfare und IV-Revision

Datum: Donnerstag, 7. Juni 2007, 19.00 Uhr
Ort:

Zentrum Karl der Grosse
Kirchgasse 14, 8001 Zürich
(beim Grossmünster)
Grüne Stube

Lageplan

 
Während die Unternehmen und Investoren einmal mehr Steuergeschenke erhalten (Unternehmenssteuerreform II) und ihre Gewinne auf Kosten der Beschäftigten in Rekordhöhen schrauben, reduziert der Staat die Unterstützung für Menschen in besonders schwierigen Situationen. Nach den Erwerbslosen (Arbeits-losenversicherung) und den Armutsbetroffenen (Sozialhilfe) sollen nun die BezügerInnen der Invalidenversicherung (IV) weiter unter Druck gesetzt werden. Nach dem Prinzip „Ohne Arbeit kein Geld“ (Workfare) werden Leistungen gekürzt und Zwangs- und Kontrollmechanismen ausgebaut. Der verstärkte Druck, dem die Betroffenen dadurch ausgesetzt werden, führt zu einer Abwärtsspirale der Rechte, der Löhne, der Arbeits- und Lebensbedingungen sowie der Gesundheit.
Warum trifft die geplante IV-Revision nicht nur IV-BezügerInnen, sondern uns alle? Welche Form des Widerstandes können wir leisten, und welche Alternativen eröffnen sich uns zur aktuellen Politik der Profitmaximierung?
Einführung und Referat:

Kurt Wyss; Soziologe aus Zürich, Kenner und
Kritiker der so genannten Sozialversicherungen der Schweiz.


Die Erkundung des linken Kontinents:
zur Lage in Süd- und Mittelamerika

Datum: Donnerstag, 28. Juni 2007, 19.00 Uhr
Ort:

Restaurant Cooperativo,
Strassburgstr. 5, 8004 Zürich, Saal 1. Stock

Lageplan

 

Über die letzten Jahre hat eine linksgerichtete Kontinentaldrift eine Mehrheit der lateinamerikanischen Länder erfasst. Wie weit nach links die Reise bislang ging und wie weit sie mittelfristig noch gehen kann, ist allerdings sehr umstritten. Auf der einen Seite ist es in gewissen
Fällen zur Verstaatlichung von Betrieben und bisweilen sogar zur Einbindung der Arbeiterschaft in Planungs- und Entscheidungs-prozesse gekommen. Andererseits kristallisieren sich bereits wieder „klassische“ Probleme heraus, die z. B. in den (möglichen) Spannungsfeldern von Partei und Revolution oder etablierter Arbeiteraristokratie und der Arbeiterklasse als ganzer angesiedelt sind. Ausserdem fahren mehrere Regierungen einen unverhüllt reformistischen Kurs und orientieren sich dabei auch an Zielen wie der Schaffung eines anregenden Investitionsklimas. Und schliesslich machen sich auch allenthalben die imperialistischen Interessen einiger westlicher Industrienationen geltend, welche nicht zuletzt um das Dogma des alternativlosen Kapitalismus’ besorgt scheinen. Vor dem Hintergrund dieser Problemlage erweist es sich, dass eine Beschäftigung mit den politischen Entwicklungen in Süd- und Mittelamerika nicht nur einem geographisch eingegrenzten Phänomen unserer Tage gelten kann – sondern vielmehr den linken Kontinent als ganzen in den Blick bekommen muss.

Vorbereitungstexte:

AGM, AL: Thesen zu Mittel- und Südamerika

Einführung:

Charles-André Udry , Bewegung für den Sozialismus (BFS)


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