Welche
Maßnahmen will die Regierung ergreifen?
Der
Plan der Regierung betrifft die gesamte Gesellschaft,
vor allem aber die Angestellten im öffentlichen
Dienst. Das 13. und 14.Monatsgehalt wird gestrichen,
die Gehaltszulagen, die die Hälfte des
Gehalts ausmachen, werden um 20% gekürzt,
die Löhne und Gehälter werden die
nächsten fünf Jahre eingefroren. Das
bedeutet eine Gehaltskürzung von 35%. Nimmt
man die Steuererhöhungen hinzu - die Mehrwertsteuer
liegt jetzt bei 23% - kommt man auf einen Rückgang
der Einkommen um 50%.
Neueinstellungen
sind auf Eis gelegt, kein Neueingestellter bekommt
mehr einen unbefristeten Vertrag; Menschen mit
Gesundheitsproblemen werden die Zulagen gekürzt.
Plant
ihr einen Generalstreik zur Verteidigung der
Rente?
Die
Rentner werden am härtesten zur Kasse gebeten.
Die Regierung hat einen Gesetzesentwurf präsentiert,
der die Beiträge zur Rentenkasse anhebt
und die Renten zugleich um 17% kürzt. Die
13. und 14.Monatsrente, die ihre mageren Einkünfte
bislang aufbesserten, werden gestrichen und
das Rentenalter angehoben. Bislang mussten sie
35 Jahre in die Rentenkasse einzahlen, jetzt
sind es 40 Jahre. Gleichzeitig bleiben viele
Staatsbetriebe ihre Beiträge in die Sozialkassen
schuldig.
Sind
die Rentenkassen im Defizit?
Als
sie eingerichtet wurden, haben viele Arbeiter
ihr überschüssiges Geld darin eingezahlt.
Die Regierung hat das Geld abgehoben und damit
gearbeitet, ohne Zinsen zu zahlen, und hat es
an die Industriellen weiter gereicht. Der derzeitige
Minister für Soziale Sicherheit hat ausgerechnet,
dass seit 1950 Milliarden aus den Rentenkassen
verschwunden sind. Jetzt sind die Kassen im
Defizit, aber statt das Geld zurückzuerstatten,
werden die Bezüge und Rechte der Rentner
gekürzt.
Wer
ist dafür verantwortlich?
Die
Verantwortlichen sitzen in Griechenland, aber
auch auf europäischer Ebene. Für die
Unterstützung der Arbeiter und der einfachen
Bevölkerung gibt es kein Geld, aber für
die Banken wohl. In den letzten Jahren haben
die Regierungen viele Betriebe steuerfrei gestellt
und den Schuldenberg damit vergrößert.
Zahlen
die Angestellten mehr Steuern als die Unternehmer?
Die
Angestellten im öffentlichen Dienst geben
dem Finanzamt jährlich 16.000 Euro zur
Versteuerung an, die Leiter nur 13.000 Euro.
Das vermittelt eine Vorstellung davon, welche
Privilegien auf der griechischen Gesellschaft
lasten.
Wie
hoch ist der Durchschnittsverdienst?
Angestellte
im öffentlichen Dienst verdienen im Monat
durchschnittlich 1350 Euro brutto. Es gibt 404.000
Angestellte im öffentlichen Dienst, zusätzlich
80.000 Angestellte bei den Gemeinden. Polizei
und Armee gehen extra.
Wird
es mehr Entlassungen geben?
Unmittelbar
ist von 30.000 die Rede, hinzu kommen die mit
befristeten Verträgen. Es kann aber noch
sehr viel schlimmer kommen, weil die Regierung
davon spricht, einem großen Teil der festangestellten
Beschäftigten zu kündigen.
Es
heißt, es gebe bei euch zu viele Angestellte
im öffentlichen Dienst…
Das
sind Lügen, die die Regierung verbreitet.
Die europäischen Statistiken zeigen, dass
der Anteil der Beschäftigten im öffentlichen
Dienst und die Ausgaben dafür in Griechenland
niedriger liegen als in 15 anderen europäischen
Ländern. Auch die Beschäftigten in
der Privatindustrie werden starke Einkommenseinbußen
haben und ihren Kündigungsschutz verlieren.
Was
wollen die Gewerkschaften tun?
Wir
wollen jeden Tag auf der Straße sein.
Am 5.Mai haben wir einen der größten
Generalstreiks und Demonstrationen unserer Geschichte
durchgeführt. Der Tod von drei Menschen
berührt die Beschäftigten immer noch
stark, sie fürchten sich, auf die Straße
zu gehen um zu protestieren. Dazu gibt es aber
keine Alternative. Wir werden von heute an eine
breite Mobilisierung starten, die in einem Generalstreik
münden wird.
Nachsatz:
Der Generalstreik fand am 20.Mai statt. Trotz
der tragischen Ereignisse in der Marfin Bank
am 5.Mai und den Einschüchterungsversuchen
der Regierung waren die Straßen Athens
wieder voll von Menschen.
Die
Gewerkschaften sprachen von 70.000 Teilnehmenden,
die Polizei von 20.000. Wegen eines Streiks
im öffentlichen Nahverkehr war es sehr
schwer, in die Stadt zu kommen. Die Demonstration
war vollkommen friedlich, wahrscheinlich die
friedlichste seit Jahren. Die Streikbeteiligung
war im öffentlichen Dienst sehr hoch, im
privaten Sektor weniger.
Am
29.Mai gab es einen weiteren Aktionstag, Anfang
Juni einen weiteren Generalstreik - der sechste
seit Beginn der Sparmaßnahmen.
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