Seit
Mitte Januar gibt es eine bis heute anhaltende
Revolte von OberschülerInnen gegen die
Fillon-Reform.1
An ihr beteiligen sich einige zehntausend SchülerInnen;
einige hundert sind bereits seit über zwei
Monaten nicht mehr zur Schule gegangen. Dies
ist Ausdruck des Kampfes einer neuen Generation
gegen die Regierung, die zugunsten der Stärkung
der kapitalistischen Gesellschaft auch gar nichts
auslässt.
Die Mobilisierungen erfolgten in einem bestimmten
Kontext, nämlich dem der Niederlagen der
Mobilisierungen der LohnempfängerInnen
vom Mai/Juni 2003 (Rentenreform) und der der
StudentInnen vom November 2003. In diesem Rahmen
vertieft sich die Revolte gegen die Regierung,
was zu Wahlniederlagen führt, oder auch
zur Weigerung der Mehrheit der Beschäftigten,
am Pfingstmontag zur Arbeit zu gehen, nachdem
dieser Feiertag von der Regierung abgeschafft
worden ist. Schließlich konkretisierte
sich der Widerstand in der größer
werden Popularität für ein Nein bei
der Volksabstimmung über die EU-Verfassung,
was es den Arbeitenden zu geringen Kosten ermöglicht,
ihre Ablehnung der gegenwärtigen Politik
zum Ausdruck zu bringen. Hinzu kommt die Zunahme
von Streiks in zahlreichen Sektoren (medizinische
Notaufnahme, Fischerei, Radio, Post, Eisenbahnen
…). Die SchülerInnenbewegung ermutigt
andere Bereiche der Gesellschaft und ruft sie
zum Mitmachen auf (auf der Straße oder
bei gemeinsamen Abendessen mit SchülerInnen
und ihren Eltern).
BETRÄCHTLICHE HINDERNISSE
Das
Fehlen von kämpferischen Traditionen macht
sich bemerkbar: die örtlichen Strukturen
waren insgesamt betrachtet sehr schwach, es
gab wenig Vollversammlungen, wenig gewählte
Streikkomitees und wenig finanzielle Autonomie.
So genügten rassistische Angriffe (der
Medien, der Leute mit Vorurteilen, der Polizei),
dass die Spaltungen zwischen den Gymnasien der
armen Viertel und den anderen wochenlang nicht
überwunden werden konnten.
Der Verrat der Gewerkschaftsführungen war
ganz offensichtlich. Nachdem sie unter dem Druck
der Basis auf nationaler Ebene eine vorantreibende
Rolle gespielt hatten, haben die Organisationen
der OberschülerInnen FIDL und UNL 2 die
Gewalttätigkeiten bei den Demonstrationen
zum Anlass genommen, die Bewegung zu verlassen.
Doch ihre Rolle wurde von den OberschülerInnen
weitgehend begriffen, deren Koordination bei
den Demonstrationen die Gewerkschaften alt aussehen
ließ. Die Führung der größten
LehrerInnen- Gewerkschaft SNES 3 hat ihrerseits
alles getan, um die Mobilisierungen zu behindern.
Schließlich machte es die Entschlossenheit
der Regierung den OberschülerInnen unmöglich,
ihren Kampf allein zu gewinnen. Sie müssen
also eine größere Bewegung gegen
die Regierung aufbauen. Dies steht im Gegensatz
zu den Vorstellungen, die von einem Teil von
ihnen aus Verzweiflung entwickelt wurden: minoritäre
Aktionen, die weder die OberschülerInnen,
noch die Lohnabhängigen mitzuziehen vermochten.
In der Konfrontation haben die OberschülerInnen
ganz traditionelle Kampfformen wiederentdeckt:
Vollversammlungen, Streikposten, Demonstrationen,
sowie die Notwendigkeit eines Generalstreiks.
Ein Problem stellt das zu schwache Verständnis
für diese vier Punkte dar. Um diesen Schwierigkeiten
zu begegnen, konnten die Oberschüle
rInnen nur auf ihre eigenen Kräfte und
die schwache Hilfe der Revolutionäre vertrauen.
Der Aufbau einer nationalen Koordination hat
eine Schlüsselrolle gespielt. Sie ermöglichte
eine Fortsetzung der Mobilisierungen auch nach
dem Auszug von FIDL und UNL, indem sie Termine
vorschlug, Blockaden arrangierte, Druck auf
die Gewerkschaftsführungen ausübte
und versuchte, die Bewegung zu vereinen. Aber
die Koordination war bei weitem nicht ohne Schwächen:
Mandate existierten kaum, die Unordnung entmutigte,
die gewählte Führung war ziemlich
ohnmächtig, ein Teil der SchülerInnen,
die nicht mehr zur Schule gehen, spaltete sich
ab. Diese Schwierigkeiten sind vor allem Resultat
des schwachen Verständnisses der Notwendigkeit
einer Organisierung auf nationaler Ebene.
DIE ROLLE DER JUNGEN REVOLUTIONÄRE
Bei
der Strukturierung der Bewegung und der Herausarbeitung
ihrer politischen Ziele haben die Revolutionäre,
vor allem die von der LCR unterstütze JCR,
eine entscheidende Rolle gespielt. Seit September
haben wir versucht, die Leute hinsichtlich des
angekündigten Gesetzes zu sensibilisieren,
Koordinationen aufzubauen und erste Blockaden
von Gymnasien durchzuführen und wir haben
auch (ohne großen Erfolg) auf eine demokratische
Strukturierung der Bewegung gedrängt.
Tausende von jungen Menschen haben entdeckt,
dass sie ihre Interessen mit jenen verteidigen
mussten, die in dieser Gesellschaft nichts zu
verteidigen haben und die bereit waren, die
Konfrontation bis zum Äußersten zu
treiben. Weil die Regierung nicht nachgab, gab
es nur zwei Möglichkeiten: entweder aufgeben,
wie es die Gewerkschaftsführungen gemacht
haben, oder versuchen, auf einen Generalstreik
hinzuarbeiten.
Die Ausgang der Bewegung wird über das
Selbstvertrauen einer
Generation entscheiden.
Der Ausgang der Bewegung wird Konsequenzen haben:
Er wird über das Selbstvertrauen einer
Generation in ihre eigenen Kräfte entscheiden.
Eine Niederlage würde zwei Seiten stärken:
die Illusionen in Wahlen und die Linksradikalen.
Doch was immer der Ausgang der Bewegung sein
wird, die großen Lehren drängen sich
bereits auf. Die erste ist, dass man auf seine
eigenen Kräfte vertrauen und bereit sein
muss, zu kämpfen. Wir werden diese Generation
in den kommenden Arbeitskämpfen oder denen
an den Unis am Werk sehen. Die zweite, die nicht
von allen geteilt wird, ist, dass man von dieser
Gesellschaft nicht viel erwarten darf, die sich
über die Forderungen der direkt Betroffenen
lustig macht. Dies führte zu einer heilsamen
Respektlosigkeit gegenüber den Institutionen
(Polizei, Verwaltungen, Ministerien...) und
bei einer Minderheit zur Organisierung bei den
Revolutionären.
Wahrscheinlich werden sich einige hundert junge
Leute organisieren, die meisten bei der JCR,
weniger bei der libertären Alternative
oder in der CNT. Dies zeigt, dass die beste
Art und Weise, eine breitere politische Strömung
als unsere eigene aufzubauen, ist, in den Mobilisierungen
auf Vereinheitlichung zu drängen, aber
gleichzeitig Opposition gegen diese Gesellschaft
zu machen. Diese Rolle müssen wir uns für
die kommenden Jahre vornehmen: Wir müssen
die neue Generation über die aufeinander
folgenden Erfahrungen lehren, dass diese kapitalistische
Gesellschaft umgewälzt werden muss.
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