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Bilanz des Streiks der deutschen Metallarbeiter.
Interview mit U. Bonn und T. Adler (IG Metall)

Schwungvoll gestartet, abrupt gestoppt

aus Debatte Nr. 2-3, Juli/August 2002

 

Zehntausende Metallarbeiter haben in Deutschland zwischen dem 6. und dem 15. Mai an einer Streikbewegung teilgenommen. Zum ersten Mal seit 1995 ging die Gewerkschaft IG Metall über die Ebene des Warnstreiks hinaus und organisierte einen Streik im Hinblick auf die Erneuerung des Tarifvertrages in der Maschinen- und Automobilindustrie. Am 15. Mai hat die Leitung der IG Metall mit dem Unternehmerverband Gesamtmetall eine Vereinbarung geschlossen, die der Streikbewegung ein Ende setzte. Die Lohnabhängigen hatten Lohnerhöhungen von 6.5 % innerhalb von 12 Monaten gefordert - und deutlich weniger erhalten : 3.36 % verteilt über eine Zeitspanne von 22 Monaten.

Angesichts des wirtschaftlichen Gewichts der deutschen Maschinenindustrie in Europa und der IG Metall in der europäischen Gewerkschaftsbewegung wirft dieser Streik sowie sein abruptes Ende Wellen weit über die deutschen Grenzen hinaus. Zudem hat sich diese Bewegung in einem besonderen Umfeld entwickelt, welches in Deutschland durch die Bundestagswahlen vom kommenden September und auf europäischer Ebene durch ein Aufleben von Kämpfen der Lohnabhängigen geprägt ist (Generalstreik in Italien ; Mobilisierungen in Spanien, vor allem anlässlich des EU-Gipfels in Barcelona ; gewerkschaftliche Aktionen bei der britischen Post und Bahn, die sich unabhängig von der Labour-Partei entwickeln ; in Deutschland selbst haben sich im Schatten des IG Metall-Streiks Vertragsbewegungen auf dem Bau, im Verkauf, in der Druckindustrie usw. entwickelt).

Um sich ein präziseres Bild vom Streik der Metallarbeiter in Deutschland machen zu können, haben wir mit zwei Gewerkschaftern von der IG Metall gesprochen :
Udo Bonn
ist Mitglied des Betriebsrates beim Maschinenbauer Atlas Copco in Köln (Nordrhein-Westfalen) und Sprecher der Vertrauensleute dieses Betriebs ;
Tom Adler
ist Mitglied des Betriebsrates bei DaimlerChrysler in Stuttgart-Untertürkheim und der Tarifkommission der IG Metall in Baden-Württemberg. (Red.)

Sich vom "Bündnis für Arbeit" befreien

Weshalb hat die Erneuerung des Tarifvertrages in der Maschinen- und Automobilindustrie dieses Jahr, erstmals seit 1995, zu einem Streik geführt ? In den Augen von Udo Bonn "liegt ein erster Grund im Bündnis für Arbeit, das die Regierung Schröder organisiert hat, in dem sie sich mit den Vertretern der Gewerkschaften und der Unternehmerverbände an einen Tisch setzte. Drei Jahre lang hat das Bündnis für Arbeit in Wirklichkeit dazu gedient, die Lohnforderungen und - entwicklung zu mässigen. Der schlechte Vertrag, den die IG Metall im Jahr 2000 für eine Dauer von zwei Jahren abschloss, ist ein Beispiel dafür. Das Argument zu Gunsten dieses Vertrages lautete folgendermassen : Die Mässigung der Lohnforderungen wird zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen. Doch diese Erwartung hat sich nicht bestätigt. Die Bürokratie der IG Metall hat daraus den Schluss gezogen, dass diese Politik so nicht mehr weitergeführt werden kann. Im Januar hat sich die Gewerkschaft deshalb vorsorglich aus dem Bündnis für Arbeit zurückgezogen, um das Lohnkorsett ablegen zu können."

Für die Lohnabhängigen waren gemäss Udo Bonn bei der Entwicklung der Streikbewegung zwei weitere Gründe zentral : "Einerseits haben sie festgestellt, dass die Unternehmen in den letzten Jahren massive Gewinne realisieren konnten. Ausserdem waren sie beim Übergang von der D-Mark zum Euro von starken Preiserhöhungen bei Konsumgütern und Dienstleistungen betroffen, im Gegensatz zu den vorgängigen Ankündigungen. Die Mieten sind davon kaum betroffen, doch bei Nahrungsmitteln, Kinoeintritten (+25%), Bier und in den Restaurants sind die Preise stark gestiegen. Zu Beginn des Jahres haben die Lohnabhängigen also die Erfahrung gemacht, dass sie mehr Geld brauchen, um über die Runden zu kommen."

"Wir haben die Nase voll !"

Der Erfolg der Mobilisierung muss allerdings auch mit dem in Verbindung gesetzt werden, was die Lohnabhängigen tagtäglich im Betrieb erleben und erleiden. "Flexibilisierung, Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse und sich häufende Schikanen der Vorgesetzten : Die Leute haben wirklich die Nase voll", stellt Tom Adler fest. "Die Unterstützung des Streiks war für die Arbeiter auch eine Art, mit ihrem Unternehmen abzurechnen." Udo Bonn kommt genau zum selben Schluss : "In den letzten Jahren haben die Lohnabhängigen in sehr vielen Unternehmen eine deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen erlebt, wurden mit immer flexibleren Formen der Arbeit konfrontiert, haben überdurchschnittliche Errungenschaften des Betriebs verloren usw. Die Lohnabhängigen haben unter dieser Entwicklung sehr stark gelitten. Der Streik ist ein Mittel, diese radikale Unzufriedenheit auszudrücken."

Die Mobilisierung beginnt mit viel Schwung

Die verschiedenen erwähnten Elemente haben ein Umfeld geschaffen, das sich für eine Mobilisierung geradezu anbietet. Udo Bonn stellt fest, dass "die Teilnahme an den Warnstreiks im April in ganz Deutschland hervorragend war. Die Mobilisierung übertraf jene der letzten Jahre eindeutig : mehr als 700000 Lohnabhängige haben sich daran beteiligt. Der gewerkschaftlich schwach organisierte Bereich der Angestellten hat stärker an den Arbeitsniederlegungen teilgenommen, die öfters mal mehrere Stunden gedauert haben. Ein Argument stand immer wieder im Vordergrund : "Diese ganze Lohnmässigung hat überhaupt nichts genützt. Wir müssen heute dafür sorgen, dass mehr in die Kasse kommt." Das war ein gutes Zeichen für die Fortsetzung der Bewegung."

Damit soll allerdings nicht gesagt sein, dass die Stimmung überall identisch war. "Wahrscheinlich ist das Klima in den neuen Bundesländern ein bisschen weniger kämpferisch", analysiert Udo Bonn. "Auch im Westen gab es deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Regionen und Unternehmen. In Süddeutschland, das heisst in Bayern und Baden-Württemberg, haben die Lohnabhängigen mancher Betriebe 10 % gefordert. Bei uns in Nordrhein-Westfalen, wo es viele mittelgrosse Betriebe in ländlicher Umgebung gibt, lagen die Forderungen eher bei 3 % oder 4 %. In manchen Unternehmen stellten die Lohnabhängigen sogar überhaupt keine Forderungen. In den Diskussionen, die dann zur Erarbeitung einer gemeinsamen Forderung führten, haben allerdings die kämpferischen Betriebe den Ton angegeben."

"Erstmals seit Generationen gestreikt"

Diese Bereitschaft, zu handeln, hat in der Folge den Streik geprägt. Tom Adler arbeitet in Baden-Württemberg, das heisst in jenem Land, in dem der Streik tatsächlich durchgeführt wurde (mit Unterstützung von Berlin-Brandenburg ab der zweiten Woche). "Die Teilnahme am Streik war sehr gut. In Baden-Württemberg hat der letzte Streik 1984 stattgefunden (1995 hatte sich die IG Metall auf Bayern konzentriert). Dies bedeutet, dass die grosse Mehrheit der Streikenden zum ersten Mal gestreikt hat. Nur 30 % bis 40 % der Kollegen von 1984 sind heute noch im Betrieb."

Die Gewerkschaft hatte für diese Auseinandersetzung eine neue Taktik rotierender Streiks gewählt. Dies führte dazu, dass eine sehr grosse Zahl von Betrieben von der Aktion betroffen waren : "Im Süden von Baden-Württemberg, in Regionen ausserhalb der industriellen Zentren, war es für viele Lohnabhängigen von kleinen und mittelgrossen Betrieben der erste Streik seit Generationen", erklärt Tom Adler.

Ausserdem meint Udo, dass "die Unternehmer ein Problem mit der öffentlichen Meinung hatten. Die Bevölkerung stellte sich nicht gegen den Streik, im Gegensatz zu früheren Jahren, als streiken immer bedeutete, "etwas Schreckliches" zu tun. Es ist den Unternehmern nicht geglückt, ihre Sicht der Dinge durchzusetzen."

Die Gründe für den "Flexi-Streik"

Die Führung der IG Metall präsentiert ihr Konzept des "Flexi-Streiks", bestehend aus abwechselnden eintägigen Streiks in einzelnen Betrieben, als eine Taktik, die es erlaubt, kalte Aussperrungen in den Betrieben zu verhindern. (Mit diesem Begriff bezeichnet man eine Situation, in der die Aufrechterhaltung der Produktion in einem Betrieb auf Grund fehlender Zwischenprodukte oder Rohstoffe in Frage gestellt ist, und das Unternehmen zum Instrument der Aussperrung (lock-out) greift. Dies kann heute angesichts der gegenwärtigen Dimensionen von Zuliefererbetrieben, insbesondere in der Automobilindustrie, und der auf ein Minimum reduzierten Lagerbestände rasch eintreten. Red.) "Dabei handelt es sich um ein ernsthaftes Problem", erklärt Udo Bonn. "Es geht um die Folgen einer gewerkschaftsfeindlichen Massnahme, die von der Regierung Kohl in den 80er Jahren eingeführt wurde : Lohnabhängige von Unternehmen, welche auf Grund eines Streiks in anderen Betrieben zum Mittel der Aussperrrung greifen, haben kein Anrecht auf Arbeitslosengelder. Die Gewerkschaft ist auch nicht in der Lage, sie zu entschädigen, was zu einem sehr starken Druck führt, den Streik zu beenden. Die Regierung Schröder hatte versprochen, das Gesetz so abzuändern, dass Lohnabhängige bei kalter Aussperrung Anspruch auf Arbeitslosengelder hätten. Doch sie hat es nicht getan. Das Flexi-Konzept ist zudem ein gutes Mittel, um möglichst viele Lohnabhängige aktiv an der Bewegung zu beteiligen und dem Streik eine Massendimension zu geben. Ein Problem ergibt sich allerdings, wenn dann nichts weiter folgt, d.h. wenn es bei eintägigen Streiks bleibt. Dann ist der Druck auf die Unternehmer zu schwach. Es gab am Anfang jedoch die Idee, nur in den kritischen Betrieben, wo Arbeitsniederlegungen rasch andernorts zu kalten Aussperrungen führen würden, bei den eintägigen Streiks zu bleiben. In anderen Unternehmen wurde die Möglichkeit von längeren Schwerpunktstreiks ins Auge gefasst. Doch dazu ist es nicht gekommen."

Hat diese Erweiterung der Teilnahme am Streik auch zum Engagement neuer Schichten von Lohnabhängigen geführt ? Tom Adler und Udo Bonn sind in dieser Hinsicht skeptisch. "Das kann ich nicht sagen", meint Tom Adler. "Die Jungen haben nicht eine grössere Rolle gespielt als 1984. Damals wie heute kam den ausländischen Kollegen eine zentrale Bedeutung zu." Udo Bonn meint, "es wäre übertrieben, von der Herausbildung einer neuen kämpferischen Schicht von Lohnabhängigen zu sprechen." Zweifellos war "das Engagement der Angestellten grösser, doch dies geschieht bislang vor allem auf eine relativ passive Art und Weise. Die Lehrlinge sind auch sehr stark beteiligt. Bei der letzten Erneuerung des Tarifvertrages hatten sie im Lohnbereich nichts erhalten. Dafür wurde damals die Dauer, während der die Unternehmen nach Lehrabschluss verpflichtet sind, sie anzustellen, von 6 Monaten auf ein Jahr verlängert."

"Es wäre mehr zu holen gewesen"

Vor diesem Hintergrund kam es am 15. Mai, dem siebenten Streiktag, zum Verhandlungsabschluss (siehe Kasten). Tom Adler ist "der Meinung, dass die Gewerkschaft nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, die existierten und sich auf Grund der starken Mobilisierung noch verstärkten. Das Ergebnis liegt nicht nur unter den Erwartungen der Mitglieder, sondern bleibt auch hinter dem zurück, was hätte erreicht werden können. Wenn man die Dynamik der Mobilisierung und der Auseinandersetzung berücksichtigt ; wenn man daran denkt, wie sich der Kampfgeist entwickelt hat und welche Befürchtungen die Unternehmer hatten, dann ist die Bilanz eindeutig : Es wäre mehr zu holen gewesen." Udo Bonn glaubt, dass mit dieser Vereinbarung "eine grosse Chance vertan wurde, endlich das zu verwirklichen, was die Führung der IG Metall und Zwickel (der IG Metall-Präsident) seit Jahren anlässlich der Erneuerung von Tarifverträgen ankündigen : "das Ende der Bescheidenheit". Unter rein finanziellen Gesichtspunkten bringt der Vertrag eine Gesamterhöhung von 3.36 %, verteilt über 22 Monate, was sehr weit entfernt ist von den geforderten 6.5 % in 12 Monaten."

Wie kommt der Abschluss bei den Lohnabhängigen an ? Zum Zeitpunkt des Gesprächs (20.-21. Mai) haben die Abstimmungen unter den Mitgliedern noch nicht stattgefunden, und es fehlt die Distanz für eine Gesamtbeurteilung. Tom Adler und Udo Bonn sind vorsichtig, erwähnen aber einige Elemente ihrer Einschätzung : "Ich kann nur von einigen begrenzten Anzeichen sprechen", präzisiert Tom Adler. "Bei Bosch (Automobilzubehör) zum Beispiel wurde die Vereinbarung von den Vertrauensleuten sehr stark kritisiert. Bei uns (DaimlerChrysler) hat eine Mitgliederversammlung stattgefunden, an der jene, welche den Abschluss verteidigten, deutlich angegriffen wurden. Ähnlich war die Situation bei Man Roland (Druckgeräte). Allerdings weiss ich noch nicht, wie die Arbeiter mit diesem Vertrag leben werden. Es gibt einen grossen Zorn, doch weiss ich nicht, ob der Abschluss demobilisierend wirken wird." Auch Udo Bonn hat eine ausgewogene Einschätzung : "So viel ich gesehen habe, sind die Leute in Nordrhein-Westfalen nicht allzu unzufrieden mit diesem Abschluss. Man darf nicht vergessen, dass in dieser Region nicht gestreikt wurde. Ausserdem werden sie im Juni dieses Jahres konkret 4 % mehr auf der Lohnkarte haben, und noch einmal 3.1 % im Juni 2003 - auch wenn die tatsächliche Erhöhung nur 3.36 % in 22 Monaten beträgt. Daher denke ich nicht, dass der Verhandlungsabschluss demobilisierende Auswirkungen hat. Andererseits ist aber auch keine neue kämpferische Dynamik zu erwarten, obschon das Ausmass der Streikbeteiligung dies hatte erhoffen lassen."

In den Augen von Udo Bonn wird vor allem ein Punkt des Vertrages kritisiert werden : eine Ausnahmeklausel, die es Unternehmen, welche in Schwierigkeiten sind, erlaubt, den Vertrag zu umgehen : "Es ist das erste Mal, dass im Lohnbereich eine solche Klausel eingeführt wird. Die Bedingungen für ihre Anwendung sind zwar ziemlich streng. Doch allein die Tatsache, dass eine solche Klausel eingeführt wurde, ist sehr schlecht."

"Ein guter Vertragsabschluss für Schröder"

Wie lässt sich der Abschluss der Verhandlungen erklären ? Für Tom Adler gibt es eine Reihe von Gründen. "Zunächst einmal muss daran erinnert werden, dass sich eine gewisse Dynamik der Mobilisierung entwickelt hat. Ein Gewerkschaftsapparat hat immer Angst, die Kontrolle zu verlieren. Der andere Grund ist sicher darin zu suchen, dass der erlaubte "Korridor" für einen Vertragsabschluss im Voraus auf politischer Ebene sehr eng gesteckt worden war. Schon seit Wochen galt die Marke von 4 % als das Maximum um zu verhindern, dass der Abschluss für die Regierung Schröder negative Auswirkungen hätte. Die Führung der IG Metall hat letztlich diesen Rahmen respektiert, und dies beweist auch, dass sie einem wirklichen Konflikt mit dem Kanzler aus dem Weg geht. In letzter Zeit hatte sie zwar oft proklamiert, in dieser Auseinandersetzung müsse man die Regierung nicht berücksichtigen. Der Vertragsabschluss zeigt, dass sie genau das Gegenteil getan hat."

Bei einem ersten Interview, das durchgeführt wurde, als der Streik noch nicht beendet war, schätzte Udo Bonn die Rolle der Regierung folgendermassen ein : "Im Moment übt die Regierung Druck aus, aber nur hinter den Kulissen. Der offizielle Diskurs lautet : "Ein Streik ist natürlich möglich, doch darf er die Wirtschaft nicht schwächen." Festzuhalten gilt es, dass Gregor Gysi von der PDS (ehemalige SED Ostdeutschlands), der für die Wirtschaft verantwortliche Senator (Regierungsmitglied) in Berlin, den Berliner Metallarbeitern dasselbe gesagt hat : Ein allzu langer Streik wäre schädlich. Indirekt hat er sich auch gegen eine Angleichung der Löhne zwischen den neuen und den alten Bundesländern ausgesprochen, im Namen der Verteidigung der Wettbewerbsvorteile Ostdeutschlands." Udo Bonn fuhr fort : "In der Öffentlichkeit hat eine ziemlich scharfe Auseinandersetzung stattgefunden zwischen der Führung der IG Metall und der SPD. Klaus Lang, bei der IG Metall verantwortlich für die Tarifvertragspolitik und führender Theoretiker der Gewerkschaft, hat anlässlich einer Arbeiterkonferenz der SPD sehr harte Worte gegen Schröders Politik der Mitte von sich gegeben. Er hat auch die Wahlkampagne von Gerhard Schröder verurteilt, der sich einfach als Anti-Stoiber (Edmund Stoiber, Kandidat des konservativen Lagers, Ministerpräsident von Bayern und Chef der CSU) darstellt und das Gespenst eines Sieges der Rechten dazu benutzt, um sämtliche gewerkschaftlichen Forderungen in den Wind zu schlagen. Die IG Metall will ihre Unabhängigkeit von der Regierung bewahren, unter anderem weil Schröder kein einziges Versprechen gehalten hat. Selbst die Veränderungen im Bereich der Mitbestimmung in den Betrieben sind derart bescheiden, dass die IG Metall sie nicht als Beispiel für einen dank der Regierung errungenen Sieg darstellen kann. Und in den anderen Bereichen, zum Beispiel bei den Sozialversicherungen und in der Steuerpolitik, fällt die Bilanz noch schlechter aus : Die Regierung hat den Lohnabhängigen und den Gewerkschaften Niederlagen zugefügt. Ich will allerdings nicht sagen, dass die IG Metall ihre Ausrichtung vollständig ändern wird. Davon sind wir weit entfernt, und die dafür notwendigen aktiven Kräfte fehlen. Entsprechende Diskussionen finden übrigens nicht statt."

Nach Abschluss des Vertrages präzisiert Udo : "Das ist ein guter Vertrag für Schröder. Ich muss meine Einschätzung der Beziehungen zwischen der Gewerkschaft und der Regierung ein bisschen revidieren, und das stellt in meinen Augen eigentlich die grösste Enttäuschung dar. Mit diesem Abschluss hat sich die IG Metall der Regierung von Neuem angenähert. Ich weiss nicht, welche Auswirkungen auf das Bündnis für Arbeit daraus resultieren, doch zwei Tage nach der Unterzeichnung der Vereinbarung hat Dieter Schulte, der Präsident des DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund), angekündigt, Verhandlungen im Rahmen des Bündnisses für Arbeit über die Arbeitslosigkeit müssten noch vor dem September (Bundestagswahl) durchgeführt werden. Wir werden sehen, wie sich die IG Metall wieder in diesen Prozess eingliedern wird. Ich kann mir vorstellen, dass sie es mit Vorbehalten tut. Doch es ist klar geworden, dass die Gewerkschaften Kampagne für Schröder machen werden, auch wenn sie parallel dazu zum Beispiel die nationale Mobilisierung der Gewerkschaftsjugend beibehalten, welche in Zusammenarbeit mit ATTAC eine Woche vor den Wahlen in Köln unter dem Motto "Jetzt muss umverteilt werden !" durchgeführt wird."

Die Unternehmer sind "mehr als zufrieden"

Tom Adler ist der Meinung, dass dieser Vertrag "den Unternehmern überhaupt keine Probleme stellt." Die Produktivitätsgewinne, die Fortsetzung der Restrukturierungen und die Ausdehnung der Flexibilität erlauben es ohne Weiteres, die leichte Erhöhung der Lohnkosten auszugleichen. Udo Bonn wird noch deutlicher : "Die Unternehmer sind mehr als zufrieden. Nur in Sachsen-Anhalt gab es einen Versuch seitens der Unternehmer, die nationale Ausweitung des in Baden-Württemberg erzielten Verhandlungsergebnisses zu verhindern. Doch die nationalen Unternehmerverbände üben Druck aus, um die eigenen Reihen zu schliessen. Und als die Unternehmerverbände von Bayern und Niedersachsen während der Streikbewegung ihre Mitglieder anschrieben und sie dazu aufforderten, dem Tarifvertrag nicht unterstellte Mitglieder zu werden, haben die nationalen Verbandszentren dieses Vorgehen scharf angegriffen, und die entsprechenden Briefe mussten zurückgezogen werden." Dies bestätigt Udos Einschätzung, wonach die bei jeder Erneuerung des Tarifvertrages formulierten Drohungen, die Unternehmer könnten ihren Verband in Scharen verlassen und sich so dem mit der Gewerkschaft ausgehandelten Vertrag entziehen, im Moment nur als Druckversuche, nicht als eigentliche Strategie zu betrachten sind.

Versuch einer Koordinierung der Gewerkschaftslinken

Die diesjährige Erneuerung des Tarifvertrages wurde durch eine unabhängige Kampagne von linken Gewerkschaftern begleitet, welche unter dem Motto "Tarifrunde 2002 von unten" geführt wurde. Welche erste Bilanz lässt sich diesbezüglich ziehen ? Tom Adler erklärt : "Es war der erste tatsächliche Versuch, unsere Aktivitäten in der Gewerkschaft zu vernetzen, nicht nur um zu diskutieren, sondern auch um unsere Interventionen mit Blick auf eine konkrete Auseinandersetzung zu koordinieren und abzustimmen. In der Vorbereitungsphase hat das recht gut funktioniert. Ich will nicht übertreiben, glaube jedoch, dass die festgehaltene Forderung von 6.5 % tiefer gewesen wäre, wenn es uns nicht geglückt wäre, durch eine Koordinierung der Stimmen von der Basis in die Diskussionen einzugreifen. So gesehen waren wir erfolgreich. Doch der Verhandlungsabschluss und das abrupte Ende des Streiks haben auch die Grenzen der Gewerkschaftslinken aufgezeigt. Wir haben zwar die Forderungen beeinflusst, sind aber nicht gut genug organisiert um zu verhindern, dass ein Verhandlungsabschluss automatisch zum Ende einer Vertragsbewegung führt." Auch Udo Bonn will die Bedeutung dieser Kampagne, die vom seit 4 Jahren bestehenden Gewerkschaftsnetzwerk "Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken" (siehe unter : www. labournet.de/GewLinke /) geführt wurde, nicht übertreiben. "Wir haben versucht, unsere Interventionen besser zu koordinieren, und haben zwei Infoblätter veröffentlicht. Aber es lässt sich nicht sagen, dass diese Aktion wirklich einen Einfluss auf die Vertragsbewegung gehabt hat, vielleicht mit Ausnahme von Baden-Württemberg. Denn seit 1989 ist die Gewerkschaftslinke in Wirklichkeit stark geschwächt worden."

Es ist noch zu früh für eine Einschätzung der Bilanz, welche diese Netzwerke linker Gewerkschafter zusammen mit gewissen Sektoren von Lohnabhängigen aus dieser vertraglichen Auseinandersetzung ziehen werden, sowie der Auswirkungen dieser Erfahrungen auf die Kräfteverhältnisse in der Betrieben. Für Udo Bonn hat dieser Kampf "sehr viele Diskussionen unter den Kollegen gebracht, so viele wie schon lange nicht mehr. Wir haben uns besser kennen gelernt." Tom Adler glaubt, "dass in den Betrieben das Kräfteverhältnis vor allem davon abhängen wird, ob jene Kollegen, die den Abschluss kritisiert und eine wichtige Rolle in der Mobilisierung gespielt haben, den Vertrag als Niederlage erleben werden oder nicht. Im Moment weiss ich das nicht. Andererseits hat es die einfache Tatsache, dass der Streik stattgefunden hat, erlaubt zu erfahren, dass es möglich ist, anders zu funktionieren. Dies wird in Zukunft auch die Reaktionen auf die Flexibilisierung - der die IG Metall bislang wenig entgegen gesetzt hat - und die Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse prägen."

Vom Streik zur Vereinbarung vom 15. Mai

1. Die Forderungen der IG Metall betrafen dieses Jahr im Wesentlichen zwei Bereiche : 1) eine Lohnerhöhung von 6,5 % in 12 Monaten ; 2) die Angleichung der Rahmenverträge im Lohnbereich zwischen Angestellten und Arbeitern (siehe Punkt 6).

2. Der zwischen der Gewerkschaft und dem Unternehmerverband vereinbarte Tarifvertrag hat faktisch nationale Bedeutung, wird formell jedoch auf regionaler Ebene ausgehandelt, in einem Tarifgebiet. Nach Abschluss der Verhandlungen wird der Vertrag weitgehend unverändert in den anderen Regionen übernommen.

Dieses Jahr hat die IG Metall Baden-Württemberg als Tarifgebiet für die Verhandlungen ausgewählt. Hier liegt vor allem ein wichtiges Zentrum der Automobilindustrie (insbesondere DaimlerChrysler) sowie der Hauptsitz von Unternehmen, die in den letzten Jahren sehr hohe Gewinne realisiert haben (zum Beispiel Porsche). Im Übrigen gilt der Chef der IG Metall in Baden-Württemberg, Berthold Huber, als Anwärter auf die Nachfolge von Klaus Zwickel an der Spitze der IG Metall im Jahr 2003.

Die eigentliche Streikbewegung hat sich also ebenfalls auf dieses Land konzentriert, nachdem im April Warnstreiks in ganz Deutschland durchgeführt wurden. Nach einer Woche hat die IG Metall die Streiks dann auch auf Berlin-Brandenburg ausgedehnt. Dieser Entscheid sollte die nationale Dimension des Kampfes unterstreichen und ausserdem aufzeigen, dass die Gewerkschaft keinen Vertrag zweiter Klasse in den Ländern im Osten akzeptiert.

3. Damit ein Streik durchgeführt werden kann, müssen sich die Mitglieder der Gewerkschaft zuerst in einer Urabstimmung mit einer Dreiviertelsmehrheit dafür aussprechen. Dieser Prozentsatz wurde bei weitem übertroffen. In Baden-Württemberg haben sich 96.2 % der Mitglieder an der Abstimmung beteiligt und zu 90.4 % dem Streik zugestimmt. In Berlin-Brandenburg lagen die entsprechenden Werte bei 87.2 % bzw. 85.7 %.

4. Nach Abschluss der Verhandlungen muss der Vertrag ebenfalls den Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt werden. In diesem Fall braucht es allerdings nur 25 % Zustimmung, damit der Vertrag als angenommen gilt (denn eine Dreiviertelsmehrheit wäre zur Fortsetzung des Streiks notwendig...).

5. Die wichtigsten Punkte des am 15. Mai unterzeichneten Vertrages sind die folgenden :

• keine Lohnerhöhungen für März und April 2002

• Für den Monat Mai 2002 wird ein Pauschalbetrag von 120 Euros bezahlt, was 4 % des Durchschnittslohnes der Branche entspricht.

• Ab dem 1. Juni 2002 wird das Gesamtvolumen der dem Vertrag unterstellten Löhne um 4 % angehoben. Davon werden allerdings 0,9 % für die Angleichung der Löhne zwischen Angestellten und Arbeitern abgezweigt (siehe Punkt 6). Die effektiven Löhne werden also nur um 3.1 % erhöht.

• Ab dem 1. Juni 2003 wird das Gesamtvolumen der dem Vertrag unterstellten Löhne erneut um 3.1 % angehoben, bis zum Ende der Vertragsperiode (Ende Jahr 2003). Davon werden 0,5 % für die Angleichung der Löhne zwischen Angestellten und Arbeitern abgezweigt.

• Die erwähnten Zahlen haben es der Gewerkschaft erlaubt, von einer "4 vor dem Komma" zu sprechen, womit jene Schwelle als überschritten galt, von der an dem Vertrag das Prädikat "gut" zugeteilt werden durfte. Wenn man allerdings die Rechnung unter Berücksichtigung der Monate ohne Lohnerhöhung und der für die Lohnangleichung zwischen Angestellten und Arbeitern abgezweigten Summen macht, bleibt am Schluss eine tatsächliche Erhöhung von 3.36 % im Verlauf von 22 Monaten. Es ist durchaus möglich, dass der effektive Betrag schlussendlich unter der Inflation liegen wird.

• Der Vertrag sieht vor, dass ein Unternehmer zusammen mit dem Betriebsrat zu Handen der Vertragsparteien, das heisst der Gewerkschaft und des Unternehmerverbandes, eine Ausnahme vom Vertrag beantragen kann, wenn die erwähnten Lohnerhöhungen eine "Gefahr für die Überlebensfähigkeit des Unternehmens" darstellen. Als Voraussetzung dafür wurde festgehalten, dass das Unternehmen einen Sanierungsplan präsentieren muss und während der Ausnahme vom Vertrag keine wirtschaftlichen Entlassungen vornehmen darf. Berthold Huber erklärte in dieser Hinsicht öffentlich, dass er persönlich grössere Differenzierungsmöglichkeiten in diesem Bereich begrüsse, je nach der Lage des Unternehmens. Doch sei diese Meinung innerhalb der IG Metall nicht mehrheitsfähig.

6. Angleichung der Rahmenverträge im Lohnbereich zwischen Angestellten und Arbeitern : Der Tarifvertrag der deutschen Maschinenindustrie sieht wie andere Verträge in Deutschland zwei verschiedene Lohnsysteme vor, was einer Unterscheidung der Lohnabhängigen in Angestellte und Arbeiter entspricht. Diese Unterscheidung geht auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück und hat bedeutende Auswirkungen. "Die Einkommensdifferenz zwischen den Arbeitern und den Angestellten, die allesamt eine dreieinhalbjährige Lehre gemacht haben, vergrössert sich im Verlauf ihres Erwerbslebens", erklärt Udo Bonn. "In Nordrhein-Westfalen verdient ein Arbeiter mit langen Jahren der Berufserfahrung 400 Euros weniger als ein Angestellter mit vergleichbarer Erfahrung. In anderen Regionen ist die Situation ähnlich."

Angesichts dieser Realität, welche vor dem Hintergrund der jüngeren Entwicklung der verschiedenen Berufe noch inakzeptabler als früher erscheint, hat die Gewerkschaft die Forderung einer Angleichung der Rahmenverträge im Lohnbereich zwischen Angestellten und Arbeitern aufgestellt. Udo Bonn ist der Meinung, dass diese Forderung einem Gefühl entspricht, "das unter den Lohnabhängigen sehr weit verbreitet ist : die Arbeiter sollen gleich viel verdienen wie die Angestellten." Auch Tom Adler betrachtet es als eine legitime Forderung, diese Ungerechtigkeiten korrigieren zu wollen.

Das Problem besteht allerdings in der Antwort auf die Frage : Wie ? Mit einer Angleichung nach unten oder nach oben ? Welche Mittel werden dafür zur Verfügung gestellt ? Wer bezahlt die Angleichung ? Es gibt schlechte Beispiele : In der chemischen Industrie hat diese Angleichung zu Lohneinbussen für einen Teil der Angestellten geführt. "Hier liegt übrigens einer der Gründe, weshalb die Unternehmer durchaus auch interessiert an der Sache sind : Sie erhoffen sich eine Reduktion der Lohnsumme bei den Angestellten", erklärt Udo Bonn.

Die Verhandlungen betreffend diese Lohnangleichung werden bis Ende Jahr fortgeführt. Die Lohnabhängigen haben also bislang nur eine sehr ungenaue Vorstellung von den Auswirkungen, welche eine Einigung in diesem Bereich auf ihre Löhne haben könnte. Schlechte Überraschungen sind nicht auszuschliessen. Der am 15. Mai unterzeichnete Vertrag hält einen Fahrplan für die Einführung der Lohnangleichung fest (welche bis 2007 abgeschlossen sein sollte) und bestimmt eine erste Zufuhr von Mitteln in der Höhe von 1,4 % (0.9 % + 0,5 %, siehe Punkt 5) der gesamten dem Vertrag unterstellten Lohnmasse in einen Fonds, der zur Finanzierung der Angleichung dienen soll.

7. Die Urabstimmung über den Vertrag vom 15. Mai hat in Baden-Württemberg am 21.-22. Mai stattgefunden : Bei einer Beteiligung von 88.99 % haben 56.63 % zugestimmt. In den Augen von Udo Bonn "handelt es sich um ein schlechtes Resultat für die Führung der IG Metall, das ihr einige Sorgen bereiten dürfte. Es spiegelt eine Unzufriedenheit, die zwar als solche keinen organisatorischen Ausdruck findet, aber dennoch weit verbreitet ist."


Weitere Streikbewegungen mit Teilerfolgen

Der teilweise erfolgreiche Streik der IG Metall war Auftakt einer ganzen Reihe von Streikbewegungen. Nach Warnstreiks und Streiks im Bau, im Druck sowie bei den Dienstleistungen, Versicherungen und bei der Post haben sich die Gewerkschaften und Unternehmen auf neue Tarifverträge geeinigt. Regional gehen die Streiks im Einzelhandel weiter. Die nächste große Tarifrunde ist erst im Herbst zu erwarten, wenn für den öffentlichen Dienst verhandelt wird. Jede dieser Auseinandersetzungen offenbart, dass die Gewerkschaftsführungen bis zu einem gewissen Grad mobilisieren, auf keinen Fall aber einen Konflikt mit der Regierung eingehen wollen.

Bau

Nachdem 98,6 % der Mitglieder für den Streik gestimmt hatten, führte die IG BAU nach dem 17. Juni schrittweise mehr Beschäftigte in den Ausstand. Am 25. Juni streikten mehr als 32 000 Beschäftigte auf 2837 Baustellen. Nach sieben Streiktagen einigten sich die Unternehmer und die Gewerkschaft am 25. Juni auf eine stufenweise Anhebung der Einkommen um 3,2 % ab 1. September - im Osten in der ersten Stufe 1,87 % - und ab April 2003 2,4 % für die 850 000 Beschäftigten der Branche. Außerdem wird ein Mindestlohn für Facharbeiter eingeführt. Die Gewerkschaftsführung rechnete mit einer Zustimmung von deutlich über 50 % bei der Urabstimmung unter den rund 350 000 Gewerkschaftsmitgliedern im Bauhauptgewerbe. Für die mit etwa 500 000 Mitgliedern relativ kleine IG BAU war der erste flächendeckende Streik der Nachkriegszeit organisatorisch und finanziell ein Kraftakt. Der relative Erfolg dürfte das Selbstbewusstsein stärken.

Telekom

Nach mehrtätigen Warnstreiks bei der Telekom, an der sich Tausende Beschäftigte beteiligt hatten, einigten sich der Konzern und die Dienstleistungsgewerkschaft ver. di am 29. Juni auf eine Erhöhung der Löhne und Gehälter für die etwa 125 000 Beschäftigten um 4,1 % ab 1. Juli. In einer zweiten Stufe ab Mai 2003 erhalten die Beschäftigten zudem 3,2 % mehr. Das Gesamtvolumen des Abschlusses beträgt knapp 3,3 %. Die Gewerkschaft ver. di hatte 6,5 % mehr Geld gefordert. Bei einer Laufzeit von zwei Jahren sind darin auch zwei so genannte Leermonate enthalten, in denen die Einkommen unverändert bleiben. Nur die Auszubildenden erhalten für Mai und Juni 2002 eine Sonderzahlung. Die Große Tarifkommission der Gewerkschaft stimmte allerdings nur mit knapper Mehrheit zu. Denn der Konzern will bis Ende 2004 nochmals rund 22 000 Stellen abbauen. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der einstige Staatsbetrieb bereits um 100 000 Beschäftigte entledigt. ver. di-Verhandlungsführer Rüdiger Schulze betonte gegenüber der dpa, dass sich die Gewerkschaft mit der Zustimmung schwer getan habe. "Wir müssen uns aber der Realität stellen, dass eine bestimmte Zahl von Beschäftigten zu viel an Bord ist."

Banken

Ende Juni war in dem seit zwei Wochen von Warnstreiks begleiteten Konflikt bei den Banken noch keine Einigung in Sicht. Entzündet hatte sich der Arbeitskampf an dem Vorhaben der Banken, die Tarifverträge zu öffnen und Teile der Gehälter leistungsabhängig zu machen. Letztere sollen auf 65 % ihres derzeitigen Standes sinken, den Rest wollen die Banken nach Erfolgskriterien zahlen. Der Bankenverband hatte seinen Mitgliedern eine Gehaltserhöhung auf freiwilliger Basis von 3,1 % empfohlen. Die Gewerkschaft ver. di verlangt 6,5 %. (CZ)

Weitere Informationen beim virtuellen Treffpunkt der Gewerkschafts- und Betriebslinken : www.labournet.de