Zehntausende
Metallarbeiter haben in Deutschland zwischen
dem 6. und dem 15. Mai an einer Streikbewegung
teilgenommen. Zum ersten Mal seit 1995 ging
die Gewerkschaft IG Metall über die Ebene
des Warnstreiks hinaus und organisierte einen
Streik im Hinblick auf die Erneuerung des Tarifvertrages
in der Maschinen- und Automobilindustrie. Am
15. Mai hat die Leitung der IG Metall mit dem
Unternehmerverband Gesamtmetall eine Vereinbarung
geschlossen, die der Streikbewegung ein Ende
setzte. Die Lohnabhängigen hatten Lohnerhöhungen
von 6.5 % innerhalb von 12 Monaten gefordert
- und deutlich weniger erhalten : 3.36 % verteilt
über eine Zeitspanne von 22 Monaten.
Angesichts
des wirtschaftlichen Gewichts der deutschen
Maschinenindustrie in Europa und der IG Metall
in der europäischen Gewerkschaftsbewegung
wirft dieser Streik sowie sein abruptes Ende
Wellen weit über die deutschen Grenzen
hinaus. Zudem hat sich diese Bewegung in einem
besonderen Umfeld entwickelt, welches in Deutschland
durch die Bundestagswahlen vom kommenden September
und auf europäischer Ebene durch ein Aufleben
von Kämpfen der Lohnabhängigen geprägt
ist (Generalstreik in Italien ; Mobilisierungen
in Spanien, vor allem anlässlich des EU-Gipfels
in Barcelona ; gewerkschaftliche Aktionen bei
der britischen Post und Bahn, die sich unabhängig
von der Labour-Partei entwickeln ; in Deutschland
selbst haben sich im Schatten des IG Metall-Streiks
Vertragsbewegungen auf dem Bau, im Verkauf,
in der Druckindustrie usw. entwickelt).
Um
sich ein präziseres Bild vom Streik der
Metallarbeiter in Deutschland machen zu können,
haben wir mit zwei Gewerkschaftern von der IG
Metall gesprochen :
Udo Bonn ist Mitglied des Betriebsrates
beim Maschinenbauer Atlas Copco in Köln
(Nordrhein-Westfalen) und Sprecher der Vertrauensleute
dieses Betriebs ;
Tom Adler ist Mitglied des Betriebsrates
bei DaimlerChrysler in Stuttgart-Untertürkheim
und der Tarifkommission der IG Metall in Baden-Württemberg.
(Red.)
Sich
vom "Bündnis für Arbeit"
befreien
Weshalb
hat die Erneuerung des Tarifvertrages in der
Maschinen- und Automobilindustrie dieses Jahr,
erstmals seit 1995, zu einem Streik geführt
? In den Augen von Udo Bonn "liegt ein
erster Grund im Bündnis für Arbeit,
das die Regierung Schröder organisiert
hat, in dem sie sich mit den Vertretern der
Gewerkschaften und der Unternehmerverbände
an einen Tisch setzte. Drei Jahre lang hat das
Bündnis für Arbeit in Wirklichkeit
dazu gedient, die Lohnforderungen und - entwicklung
zu mässigen. Der schlechte Vertrag, den
die IG Metall im Jahr 2000 für eine Dauer
von zwei Jahren abschloss, ist ein Beispiel
dafür. Das Argument zu Gunsten dieses Vertrages
lautete folgendermassen : Die Mässigung
der Lohnforderungen wird zur Schaffung von Arbeitsplätzen
führen. Doch diese Erwartung hat sich nicht
bestätigt. Die Bürokratie der IG Metall
hat daraus den Schluss gezogen, dass diese Politik
so nicht mehr weitergeführt werden kann.
Im Januar hat sich die Gewerkschaft deshalb
vorsorglich aus dem Bündnis für Arbeit
zurückgezogen, um das Lohnkorsett ablegen
zu können."
Für
die Lohnabhängigen waren gemäss Udo
Bonn bei der Entwicklung der Streikbewegung
zwei weitere Gründe zentral : "Einerseits
haben sie festgestellt, dass die Unternehmen
in den letzten Jahren massive Gewinne realisieren
konnten. Ausserdem waren sie beim Übergang
von der D-Mark zum Euro von starken Preiserhöhungen
bei Konsumgütern und Dienstleistungen betroffen,
im Gegensatz zu den vorgängigen Ankündigungen.
Die Mieten sind davon kaum betroffen, doch bei
Nahrungsmitteln, Kinoeintritten (+25%), Bier
und in den Restaurants sind die Preise stark
gestiegen. Zu Beginn des Jahres haben die Lohnabhängigen
also die Erfahrung gemacht, dass sie mehr Geld
brauchen, um über die Runden zu kommen."
"Wir
haben die Nase voll !"
Der
Erfolg der Mobilisierung muss allerdings auch
mit dem in Verbindung gesetzt werden, was die
Lohnabhängigen tagtäglich im Betrieb
erleben und erleiden. "Flexibilisierung,
Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse
und sich häufende Schikanen der Vorgesetzten
: Die Leute haben wirklich die Nase voll",
stellt Tom Adler fest. "Die Unterstützung
des Streiks war für die Arbeiter auch eine
Art, mit ihrem Unternehmen abzurechnen."
Udo Bonn kommt genau zum selben Schluss : "In
den letzten Jahren haben die Lohnabhängigen
in sehr vielen Unternehmen eine deutliche Verschlechterung
der Arbeitsbedingungen erlebt, wurden mit immer
flexibleren Formen der Arbeit konfrontiert,
haben überdurchschnittliche Errungenschaften
des Betriebs verloren usw. Die Lohnabhängigen
haben unter dieser Entwicklung sehr stark gelitten.
Der Streik ist ein Mittel, diese radikale Unzufriedenheit
auszudrücken."
Die
Mobilisierung beginnt mit viel Schwung
Die
verschiedenen erwähnten Elemente haben
ein Umfeld geschaffen, das sich für eine
Mobilisierung geradezu anbietet. Udo Bonn stellt
fest, dass "die Teilnahme an den Warnstreiks
im April in ganz Deutschland hervorragend war.
Die Mobilisierung übertraf jene der letzten
Jahre eindeutig : mehr als 700000 Lohnabhängige
haben sich daran beteiligt. Der gewerkschaftlich
schwach organisierte Bereich der Angestellten
hat stärker an den Arbeitsniederlegungen
teilgenommen, die öfters mal mehrere Stunden
gedauert haben. Ein Argument stand immer wieder
im Vordergrund : "Diese ganze Lohnmässigung
hat überhaupt nichts genützt. Wir
müssen heute dafür sorgen, dass mehr
in die Kasse kommt." Das war ein gutes
Zeichen für die Fortsetzung der Bewegung."
Damit
soll allerdings nicht gesagt sein, dass die
Stimmung überall identisch war. "Wahrscheinlich
ist das Klima in den neuen Bundesländern
ein bisschen weniger kämpferisch",
analysiert Udo Bonn. "Auch im Westen gab
es deutliche Unterschiede zwischen einzelnen
Regionen und Unternehmen. In Süddeutschland,
das heisst in Bayern und Baden-Württemberg,
haben die Lohnabhängigen mancher Betriebe
10 % gefordert. Bei uns in Nordrhein-Westfalen,
wo es viele mittelgrosse Betriebe in ländlicher
Umgebung gibt, lagen die Forderungen eher bei
3 % oder 4 %. In manchen Unternehmen stellten
die Lohnabhängigen sogar überhaupt
keine Forderungen. In den Diskussionen, die
dann zur Erarbeitung einer gemeinsamen Forderung
führten, haben allerdings die kämpferischen
Betriebe den Ton angegeben."
"Erstmals
seit Generationen gestreikt"
Diese
Bereitschaft, zu handeln, hat in der Folge den
Streik geprägt. Tom Adler arbeitet in Baden-Württemberg,
das heisst in jenem Land, in dem der Streik
tatsächlich durchgeführt wurde (mit
Unterstützung von Berlin-Brandenburg ab
der zweiten Woche). "Die Teilnahme am Streik
war sehr gut. In Baden-Württemberg hat
der letzte Streik 1984 stattgefunden (1995 hatte
sich die IG Metall auf Bayern konzentriert).
Dies bedeutet, dass die grosse Mehrheit der
Streikenden zum ersten Mal gestreikt hat. Nur
30 % bis 40 % der Kollegen von 1984 sind heute
noch im Betrieb."
Die
Gewerkschaft hatte für diese Auseinandersetzung
eine neue Taktik rotierender Streiks gewählt.
Dies führte dazu, dass eine sehr grosse
Zahl von Betrieben von der Aktion betroffen
waren : "Im Süden von Baden-Württemberg,
in Regionen ausserhalb der industriellen Zentren,
war es für viele Lohnabhängigen von
kleinen und mittelgrossen Betrieben der erste
Streik seit Generationen", erklärt
Tom Adler.
Ausserdem
meint Udo, dass "die Unternehmer ein Problem
mit der öffentlichen Meinung hatten. Die
Bevölkerung stellte sich nicht gegen den
Streik, im Gegensatz zu früheren Jahren,
als streiken immer bedeutete, "etwas Schreckliches"
zu tun. Es ist den Unternehmern nicht geglückt,
ihre Sicht der Dinge durchzusetzen."
Die
Gründe für den "Flexi-Streik"
Die
Führung der IG Metall präsentiert
ihr Konzept des "Flexi-Streiks", bestehend
aus abwechselnden eintägigen Streiks in
einzelnen Betrieben, als eine Taktik, die es
erlaubt, kalte Aussperrungen in den Betrieben
zu verhindern. (Mit diesem Begriff bezeichnet
man eine Situation, in der die Aufrechterhaltung
der Produktion in einem Betrieb auf Grund fehlender
Zwischenprodukte oder Rohstoffe in Frage gestellt
ist, und das Unternehmen zum Instrument der
Aussperrung (lock-out) greift. Dies kann heute
angesichts der gegenwärtigen Dimensionen
von Zuliefererbetrieben, insbesondere in der
Automobilindustrie, und der auf ein Minimum
reduzierten Lagerbestände rasch eintreten.
Red.) "Dabei handelt es sich um ein ernsthaftes
Problem", erklärt Udo Bonn. "Es
geht um die Folgen einer gewerkschaftsfeindlichen
Massnahme, die von der Regierung Kohl in den
80er Jahren eingeführt wurde : Lohnabhängige
von Unternehmen, welche auf Grund eines Streiks
in anderen Betrieben zum Mittel der Aussperrrung
greifen, haben kein Anrecht auf Arbeitslosengelder.
Die Gewerkschaft ist auch nicht in der Lage,
sie zu entschädigen, was zu einem sehr
starken Druck führt, den Streik zu beenden.
Die Regierung Schröder hatte versprochen,
das Gesetz so abzuändern, dass Lohnabhängige
bei kalter Aussperrung Anspruch auf Arbeitslosengelder
hätten. Doch sie hat es nicht getan. Das
Flexi-Konzept ist zudem ein gutes Mittel, um
möglichst viele Lohnabhängige aktiv
an der Bewegung zu beteiligen und dem Streik
eine Massendimension zu geben. Ein Problem ergibt
sich allerdings, wenn dann nichts weiter folgt,
d.h. wenn es bei eintägigen Streiks bleibt.
Dann ist der Druck auf die Unternehmer zu schwach.
Es gab am Anfang jedoch die Idee, nur in den
kritischen Betrieben, wo Arbeitsniederlegungen
rasch andernorts zu kalten Aussperrungen führen
würden, bei den eintägigen Streiks
zu bleiben. In anderen Unternehmen wurde die
Möglichkeit von längeren Schwerpunktstreiks
ins Auge gefasst. Doch dazu ist es nicht gekommen."
Hat
diese Erweiterung der Teilnahme am Streik auch
zum Engagement neuer Schichten von Lohnabhängigen
geführt ? Tom Adler und Udo Bonn sind in
dieser Hinsicht skeptisch. "Das kann ich
nicht sagen", meint Tom Adler. "Die
Jungen haben nicht eine grössere Rolle
gespielt als 1984. Damals wie heute kam den
ausländischen Kollegen eine zentrale Bedeutung
zu." Udo Bonn meint, "es wäre
übertrieben, von der Herausbildung einer
neuen kämpferischen Schicht von Lohnabhängigen
zu sprechen." Zweifellos war "das
Engagement der Angestellten grösser, doch
dies geschieht bislang vor allem auf eine relativ
passive Art und Weise. Die Lehrlinge sind auch
sehr stark beteiligt. Bei der letzten Erneuerung
des Tarifvertrages hatten sie im Lohnbereich
nichts erhalten. Dafür wurde damals die
Dauer, während der die Unternehmen nach
Lehrabschluss verpflichtet sind, sie anzustellen,
von 6 Monaten auf ein Jahr verlängert."
"Es
wäre mehr zu holen gewesen"
Vor
diesem Hintergrund kam es am 15. Mai, dem siebenten
Streiktag, zum Verhandlungsabschluss (siehe
Kasten). Tom Adler ist "der Meinung, dass
die Gewerkschaft nicht alle Möglichkeiten
ausgeschöpft hat, die existierten und sich
auf Grund der starken Mobilisierung noch verstärkten.
Das Ergebnis liegt nicht nur unter den Erwartungen
der Mitglieder, sondern bleibt auch hinter dem
zurück, was hätte erreicht werden
können. Wenn man die Dynamik der Mobilisierung
und der Auseinandersetzung berücksichtigt
; wenn man daran denkt, wie sich der Kampfgeist
entwickelt hat und welche Befürchtungen
die Unternehmer hatten, dann ist die Bilanz
eindeutig : Es wäre mehr zu holen gewesen."
Udo Bonn glaubt, dass mit dieser Vereinbarung
"eine grosse Chance vertan wurde, endlich
das zu verwirklichen, was die Führung der
IG Metall und Zwickel (der IG Metall-Präsident)
seit Jahren anlässlich der Erneuerung von
Tarifverträgen ankündigen : "das
Ende der Bescheidenheit". Unter rein finanziellen
Gesichtspunkten bringt der Vertrag eine Gesamterhöhung
von 3.36 %, verteilt über 22 Monate, was
sehr weit entfernt ist von den geforderten 6.5
% in 12 Monaten."
Wie
kommt der Abschluss bei den Lohnabhängigen
an ? Zum Zeitpunkt des Gesprächs (20.-21.
Mai) haben die Abstimmungen unter den Mitgliedern
noch nicht stattgefunden, und es fehlt die Distanz
für eine Gesamtbeurteilung. Tom Adler und
Udo Bonn sind vorsichtig, erwähnen aber
einige Elemente ihrer Einschätzung : "Ich
kann nur von einigen begrenzten Anzeichen sprechen",
präzisiert Tom Adler. "Bei Bosch (Automobilzubehör)
zum Beispiel wurde die Vereinbarung von den
Vertrauensleuten sehr stark kritisiert. Bei
uns (DaimlerChrysler) hat eine Mitgliederversammlung
stattgefunden, an der jene, welche den Abschluss
verteidigten, deutlich angegriffen wurden. Ähnlich
war die Situation bei Man Roland (Druckgeräte).
Allerdings weiss ich noch nicht, wie die Arbeiter
mit diesem Vertrag leben werden. Es gibt einen
grossen Zorn, doch weiss ich nicht, ob der Abschluss
demobilisierend wirken wird." Auch Udo
Bonn hat eine ausgewogene Einschätzung
: "So viel ich gesehen habe, sind die Leute
in Nordrhein-Westfalen nicht allzu unzufrieden
mit diesem Abschluss. Man darf nicht vergessen,
dass in dieser Region nicht gestreikt wurde.
Ausserdem werden sie im Juni dieses Jahres konkret
4 % mehr auf der Lohnkarte haben, und noch einmal
3.1 % im Juni 2003 - auch wenn die tatsächliche
Erhöhung nur 3.36 % in 22 Monaten beträgt.
Daher denke ich nicht, dass der Verhandlungsabschluss
demobilisierende Auswirkungen hat. Andererseits
ist aber auch keine neue kämpferische Dynamik
zu erwarten, obschon das Ausmass der Streikbeteiligung
dies hatte erhoffen lassen."
In
den Augen von Udo Bonn wird vor allem ein Punkt
des Vertrages kritisiert werden : eine Ausnahmeklausel,
die es Unternehmen, welche in Schwierigkeiten
sind, erlaubt, den Vertrag zu umgehen : "Es
ist das erste Mal, dass im Lohnbereich eine
solche Klausel eingeführt wird. Die Bedingungen
für ihre Anwendung sind zwar ziemlich streng.
Doch allein die Tatsache, dass eine solche Klausel
eingeführt wurde, ist sehr schlecht."
"Ein
guter Vertragsabschluss für Schröder"
Wie
lässt sich der Abschluss der Verhandlungen
erklären ? Für Tom Adler gibt es eine
Reihe von Gründen. "Zunächst
einmal muss daran erinnert werden, dass sich
eine gewisse Dynamik der Mobilisierung entwickelt
hat. Ein Gewerkschaftsapparat hat immer Angst,
die Kontrolle zu verlieren. Der andere Grund
ist sicher darin zu suchen, dass der erlaubte
"Korridor" für einen Vertragsabschluss
im Voraus auf politischer Ebene sehr eng gesteckt
worden war. Schon seit Wochen galt die Marke
von 4 % als das Maximum um zu verhindern, dass
der Abschluss für die Regierung Schröder
negative Auswirkungen hätte. Die Führung
der IG Metall hat letztlich diesen Rahmen respektiert,
und dies beweist auch, dass sie einem wirklichen
Konflikt mit dem Kanzler aus dem Weg geht. In
letzter Zeit hatte sie zwar oft proklamiert,
in dieser Auseinandersetzung müsse man
die Regierung nicht berücksichtigen. Der
Vertragsabschluss zeigt, dass sie genau das
Gegenteil getan hat."
Bei
einem ersten Interview, das durchgeführt
wurde, als der Streik noch nicht beendet war,
schätzte Udo Bonn die Rolle der Regierung
folgendermassen ein : "Im Moment übt
die Regierung Druck aus, aber nur hinter den
Kulissen. Der offizielle Diskurs lautet : "Ein
Streik ist natürlich möglich, doch
darf er die Wirtschaft nicht schwächen."
Festzuhalten gilt es, dass Gregor Gysi von der
PDS (ehemalige SED Ostdeutschlands), der für
die Wirtschaft verantwortliche Senator (Regierungsmitglied)
in Berlin, den Berliner Metallarbeitern dasselbe
gesagt hat : Ein allzu langer Streik wäre
schädlich. Indirekt hat er sich auch gegen
eine Angleichung der Löhne zwischen den
neuen und den alten Bundesländern ausgesprochen,
im Namen der Verteidigung der Wettbewerbsvorteile
Ostdeutschlands." Udo Bonn fuhr fort :
"In der Öffentlichkeit hat eine ziemlich
scharfe Auseinandersetzung stattgefunden zwischen
der Führung der IG Metall und der SPD.
Klaus Lang, bei der IG Metall verantwortlich
für die Tarifvertragspolitik und führender
Theoretiker der Gewerkschaft, hat anlässlich
einer Arbeiterkonferenz der SPD sehr harte Worte
gegen Schröders Politik der Mitte von sich
gegeben. Er hat auch die Wahlkampagne von Gerhard
Schröder verurteilt, der sich einfach als
Anti-Stoiber (Edmund Stoiber, Kandidat des konservativen
Lagers, Ministerpräsident von Bayern und
Chef der CSU) darstellt und das Gespenst eines
Sieges der Rechten dazu benutzt, um sämtliche
gewerkschaftlichen Forderungen in den Wind zu
schlagen. Die IG Metall will ihre Unabhängigkeit
von der Regierung bewahren, unter anderem weil
Schröder kein einziges Versprechen gehalten
hat. Selbst die Veränderungen im Bereich
der Mitbestimmung in den Betrieben sind derart
bescheiden, dass die IG Metall sie nicht als
Beispiel für einen dank der Regierung errungenen
Sieg darstellen kann. Und in den anderen Bereichen,
zum Beispiel bei den Sozialversicherungen und
in der Steuerpolitik, fällt die Bilanz
noch schlechter aus : Die Regierung hat den
Lohnabhängigen und den Gewerkschaften Niederlagen
zugefügt. Ich will allerdings nicht sagen,
dass die IG Metall ihre Ausrichtung vollständig
ändern wird. Davon sind wir weit entfernt,
und die dafür notwendigen aktiven Kräfte
fehlen. Entsprechende Diskussionen finden übrigens
nicht statt."
Nach
Abschluss des Vertrages präzisiert Udo
: "Das ist ein guter Vertrag für Schröder.
Ich muss meine Einschätzung der Beziehungen
zwischen der Gewerkschaft und der Regierung
ein bisschen revidieren, und das stellt in meinen
Augen eigentlich die grösste Enttäuschung
dar. Mit diesem Abschluss hat sich die IG Metall
der Regierung von Neuem angenähert. Ich
weiss nicht, welche Auswirkungen auf das Bündnis
für Arbeit daraus resultieren, doch zwei
Tage nach der Unterzeichnung der Vereinbarung
hat Dieter Schulte, der Präsident des DGB
(Deutscher Gewerkschaftsbund), angekündigt,
Verhandlungen im Rahmen des Bündnisses
für Arbeit über die Arbeitslosigkeit
müssten noch vor dem September (Bundestagswahl)
durchgeführt werden. Wir werden sehen,
wie sich die IG Metall wieder in diesen Prozess
eingliedern wird. Ich kann mir vorstellen, dass
sie es mit Vorbehalten tut. Doch es ist klar
geworden, dass die Gewerkschaften Kampagne für
Schröder machen werden, auch wenn sie parallel
dazu zum Beispiel die nationale Mobilisierung
der Gewerkschaftsjugend beibehalten, welche
in Zusammenarbeit mit ATTAC eine Woche vor den
Wahlen in Köln unter dem Motto "Jetzt
muss umverteilt werden !" durchgeführt
wird."
Die
Unternehmer sind "mehr als zufrieden"
Tom
Adler ist der Meinung, dass dieser Vertrag "den
Unternehmern überhaupt keine Probleme stellt."
Die Produktivitätsgewinne, die Fortsetzung
der Restrukturierungen und die Ausdehnung der
Flexibilität erlauben es ohne Weiteres,
die leichte Erhöhung der Lohnkosten auszugleichen.
Udo Bonn wird noch deutlicher : "Die Unternehmer
sind mehr als zufrieden. Nur in Sachsen-Anhalt
gab es einen Versuch seitens der Unternehmer,
die nationale Ausweitung des in Baden-Württemberg
erzielten Verhandlungsergebnisses zu verhindern.
Doch die nationalen Unternehmerverbände
üben Druck aus, um die eigenen Reihen zu
schliessen. Und als die Unternehmerverbände
von Bayern und Niedersachsen während der
Streikbewegung ihre Mitglieder anschrieben und
sie dazu aufforderten, dem Tarifvertrag nicht
unterstellte Mitglieder zu werden, haben die
nationalen Verbandszentren dieses Vorgehen scharf
angegriffen, und die entsprechenden Briefe mussten
zurückgezogen werden." Dies bestätigt
Udos Einschätzung, wonach die bei jeder
Erneuerung des Tarifvertrages formulierten Drohungen,
die Unternehmer könnten ihren Verband in
Scharen verlassen und sich so dem mit der Gewerkschaft
ausgehandelten Vertrag entziehen, im Moment
nur als Druckversuche, nicht als eigentliche
Strategie zu betrachten sind.
Versuch
einer Koordinierung der Gewerkschaftslinken
Die
diesjährige Erneuerung des Tarifvertrages
wurde durch eine unabhängige Kampagne von
linken Gewerkschaftern begleitet, welche unter
dem Motto "Tarifrunde 2002 von unten"
geführt wurde. Welche erste Bilanz lässt
sich diesbezüglich ziehen ? Tom Adler erklärt
: "Es war der erste tatsächliche Versuch,
unsere Aktivitäten in der Gewerkschaft
zu vernetzen, nicht nur um zu diskutieren, sondern
auch um unsere Interventionen mit Blick auf
eine konkrete Auseinandersetzung zu koordinieren
und abzustimmen. In der Vorbereitungsphase hat
das recht gut funktioniert. Ich will nicht übertreiben,
glaube jedoch, dass die festgehaltene Forderung
von 6.5 % tiefer gewesen wäre, wenn es
uns nicht geglückt wäre, durch eine
Koordinierung der Stimmen von der Basis in die
Diskussionen einzugreifen. So gesehen waren
wir erfolgreich. Doch der Verhandlungsabschluss
und das abrupte Ende des Streiks haben auch
die Grenzen der Gewerkschaftslinken aufgezeigt.
Wir haben zwar die Forderungen beeinflusst,
sind aber nicht gut genug organisiert um zu
verhindern, dass ein Verhandlungsabschluss automatisch
zum Ende einer Vertragsbewegung führt."
Auch Udo Bonn will die Bedeutung dieser Kampagne,
die vom seit 4 Jahren bestehenden Gewerkschaftsnetzwerk
"Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken"
(siehe unter : www. labournet.de/GewLinke /)
geführt wurde, nicht übertreiben.
"Wir haben versucht, unsere Interventionen
besser zu koordinieren, und haben zwei Infoblätter
veröffentlicht. Aber es lässt sich
nicht sagen, dass diese Aktion wirklich einen
Einfluss auf die Vertragsbewegung gehabt hat,
vielleicht mit Ausnahme von Baden-Württemberg.
Denn seit 1989 ist die Gewerkschaftslinke in
Wirklichkeit stark geschwächt worden."
Es
ist noch zu früh für eine Einschätzung
der Bilanz, welche diese Netzwerke linker Gewerkschafter
zusammen mit gewissen Sektoren von Lohnabhängigen
aus dieser vertraglichen Auseinandersetzung
ziehen werden, sowie der Auswirkungen dieser
Erfahrungen auf die Kräfteverhältnisse
in der Betrieben. Für Udo Bonn hat dieser
Kampf "sehr viele Diskussionen unter den
Kollegen gebracht, so viele wie schon lange
nicht mehr. Wir haben uns besser kennen gelernt."
Tom Adler glaubt, "dass in den Betrieben
das Kräfteverhältnis vor allem davon
abhängen wird, ob jene Kollegen, die den
Abschluss kritisiert und eine wichtige Rolle
in der Mobilisierung gespielt haben, den Vertrag
als Niederlage erleben werden oder nicht. Im
Moment weiss ich das nicht. Andererseits hat
es die einfache Tatsache, dass der Streik stattgefunden
hat, erlaubt zu erfahren, dass es möglich
ist, anders zu funktionieren. Dies wird in Zukunft
auch die Reaktionen auf die Flexibilisierung
- der die IG Metall bislang wenig entgegen gesetzt
hat - und die Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse
prägen."
Vom
Streik zur Vereinbarung vom 15. Mai
1.
Die Forderungen der IG Metall betrafen
dieses Jahr im Wesentlichen zwei Bereiche
: 1) eine Lohnerhöhung von 6,5 %
in 12 Monaten ; 2) die Angleichung der
Rahmenverträge im Lohnbereich zwischen
Angestellten und Arbeitern (siehe Punkt
6).
2.
Der zwischen der Gewerkschaft und dem
Unternehmerverband vereinbarte Tarifvertrag
hat faktisch nationale Bedeutung, wird
formell jedoch auf regionaler Ebene ausgehandelt,
in einem Tarifgebiet. Nach Abschluss der
Verhandlungen wird der Vertrag weitgehend
unverändert in den anderen Regionen
übernommen.
Dieses
Jahr hat die IG Metall Baden-Württemberg
als Tarifgebiet für die Verhandlungen
ausgewählt. Hier liegt vor allem
ein wichtiges Zentrum der Automobilindustrie
(insbesondere DaimlerChrysler) sowie der
Hauptsitz von Unternehmen, die in den
letzten Jahren sehr hohe Gewinne realisiert
haben (zum Beispiel Porsche). Im Übrigen
gilt der Chef der IG Metall in Baden-Württemberg,
Berthold Huber, als Anwärter auf
die Nachfolge von Klaus Zwickel an der
Spitze der IG Metall im Jahr 2003.
Die
eigentliche Streikbewegung hat sich also
ebenfalls auf dieses Land konzentriert,
nachdem im April Warnstreiks in ganz Deutschland
durchgeführt wurden. Nach einer Woche
hat die IG Metall die Streiks dann auch
auf Berlin-Brandenburg ausgedehnt. Dieser
Entscheid sollte die nationale Dimension
des Kampfes unterstreichen und ausserdem
aufzeigen, dass die Gewerkschaft keinen
Vertrag zweiter Klasse in den Ländern
im Osten akzeptiert.
3.
Damit ein Streik durchgeführt werden
kann, müssen sich die Mitglieder
der Gewerkschaft zuerst in einer Urabstimmung
mit einer Dreiviertelsmehrheit dafür
aussprechen. Dieser Prozentsatz wurde
bei weitem übertroffen. In Baden-Württemberg
haben sich 96.2 % der Mitglieder an der
Abstimmung beteiligt und zu 90.4 % dem
Streik zugestimmt. In Berlin-Brandenburg
lagen die entsprechenden Werte bei 87.2
% bzw. 85.7 %.
4.
Nach Abschluss der Verhandlungen muss
der Vertrag ebenfalls den Mitgliedern
zur Abstimmung vorgelegt werden. In diesem
Fall braucht es allerdings nur 25 % Zustimmung,
damit der Vertrag als angenommen gilt
(denn eine Dreiviertelsmehrheit wäre
zur Fortsetzung des Streiks notwendig...).
5.
Die wichtigsten Punkte des am 15. Mai
unterzeichneten Vertrages sind die folgenden
:
•
keine Lohnerhöhungen für März
und April 2002
•
Für den Monat Mai 2002 wird ein Pauschalbetrag
von 120 Euros bezahlt, was 4 % des Durchschnittslohnes
der Branche entspricht.
•
Ab dem 1. Juni 2002 wird das Gesamtvolumen
der dem Vertrag unterstellten Löhne
um 4 % angehoben. Davon werden allerdings
0,9 % für die Angleichung der Löhne
zwischen Angestellten und Arbeitern abgezweigt
(siehe Punkt 6). Die effektiven Löhne
werden also nur um 3.1 % erhöht.
•
Ab dem 1. Juni 2003 wird das Gesamtvolumen
der dem Vertrag unterstellten Löhne
erneut um 3.1 % angehoben, bis zum Ende
der Vertragsperiode (Ende Jahr 2003).
Davon werden 0,5 % für die Angleichung
der Löhne zwischen Angestellten und
Arbeitern abgezweigt.
•
Die erwähnten Zahlen haben es der
Gewerkschaft erlaubt, von einer "4
vor dem Komma" zu sprechen, womit
jene Schwelle als überschritten galt,
von der an dem Vertrag das Prädikat
"gut" zugeteilt werden durfte.
Wenn man allerdings die Rechnung unter
Berücksichtigung der Monate ohne
Lohnerhöhung und der für die
Lohnangleichung zwischen Angestellten
und Arbeitern abgezweigten Summen macht,
bleibt am Schluss eine tatsächliche
Erhöhung von 3.36 % im Verlauf von
22 Monaten. Es ist durchaus möglich,
dass der effektive Betrag schlussendlich
unter der Inflation liegen wird.
•
Der Vertrag sieht vor, dass ein Unternehmer
zusammen mit dem Betriebsrat zu Handen
der Vertragsparteien, das heisst der Gewerkschaft
und des Unternehmerverbandes, eine Ausnahme
vom Vertrag beantragen kann, wenn die
erwähnten Lohnerhöhungen eine
"Gefahr für die Überlebensfähigkeit
des Unternehmens" darstellen. Als
Voraussetzung dafür wurde festgehalten,
dass das Unternehmen einen Sanierungsplan
präsentieren muss und während
der Ausnahme vom Vertrag keine wirtschaftlichen
Entlassungen vornehmen darf. Berthold
Huber erklärte in dieser Hinsicht
öffentlich, dass er persönlich
grössere Differenzierungsmöglichkeiten
in diesem Bereich begrüsse, je nach
der Lage des Unternehmens. Doch sei diese
Meinung innerhalb der IG Metall nicht
mehrheitsfähig.
6.
Angleichung der Rahmenverträge im
Lohnbereich zwischen Angestellten und
Arbeitern : Der Tarifvertrag der deutschen
Maschinenindustrie sieht wie andere Verträge
in Deutschland zwei verschiedene Lohnsysteme
vor, was einer Unterscheidung der Lohnabhängigen
in Angestellte und Arbeiter entspricht.
Diese Unterscheidung geht auf das Ende
des 19. Jahrhunderts zurück und hat
bedeutende Auswirkungen. "Die Einkommensdifferenz
zwischen den Arbeitern und den Angestellten,
die allesamt eine dreieinhalbjährige
Lehre gemacht haben, vergrössert
sich im Verlauf ihres Erwerbslebens",
erklärt Udo Bonn. "In Nordrhein-Westfalen
verdient ein Arbeiter mit langen Jahren
der Berufserfahrung 400 Euros weniger
als ein Angestellter mit vergleichbarer
Erfahrung. In anderen Regionen ist die
Situation ähnlich."
Angesichts
dieser Realität, welche vor dem Hintergrund
der jüngeren Entwicklung der verschiedenen
Berufe noch inakzeptabler als früher
erscheint, hat die Gewerkschaft die Forderung
einer Angleichung der Rahmenverträge
im Lohnbereich zwischen Angestellten und
Arbeitern aufgestellt. Udo Bonn ist der
Meinung, dass diese Forderung einem Gefühl
entspricht, "das unter den Lohnabhängigen
sehr weit verbreitet ist : die Arbeiter
sollen gleich viel verdienen wie die Angestellten."
Auch Tom Adler betrachtet es als eine
legitime Forderung, diese Ungerechtigkeiten
korrigieren zu wollen.
Das
Problem besteht allerdings in der Antwort
auf die Frage : Wie ? Mit einer Angleichung
nach unten oder nach oben ? Welche Mittel
werden dafür zur Verfügung gestellt
? Wer bezahlt die Angleichung ? Es gibt
schlechte Beispiele : In der chemischen
Industrie hat diese Angleichung zu Lohneinbussen
für einen Teil der Angestellten geführt.
"Hier liegt übrigens einer der
Gründe, weshalb die Unternehmer durchaus
auch interessiert an der Sache sind :
Sie erhoffen sich eine Reduktion der Lohnsumme
bei den Angestellten", erklärt
Udo Bonn.
Die
Verhandlungen betreffend diese Lohnangleichung
werden bis Ende Jahr fortgeführt.
Die Lohnabhängigen haben also bislang
nur eine sehr ungenaue Vorstellung von
den Auswirkungen, welche eine Einigung
in diesem Bereich auf ihre Löhne
haben könnte. Schlechte Überraschungen
sind nicht auszuschliessen. Der am 15.
Mai unterzeichnete Vertrag hält einen
Fahrplan für die Einführung
der Lohnangleichung fest (welche bis 2007
abgeschlossen sein sollte) und bestimmt
eine erste Zufuhr von Mitteln in der Höhe
von 1,4 % (0.9 % + 0,5 %, siehe Punkt
5) der gesamten dem Vertrag unterstellten
Lohnmasse in einen Fonds, der zur Finanzierung
der Angleichung dienen soll.
7.
Die Urabstimmung über den Vertrag
vom 15. Mai hat in Baden-Württemberg
am 21.-22. Mai stattgefunden : Bei einer
Beteiligung von 88.99 % haben 56.63 %
zugestimmt. In den Augen von Udo Bonn
"handelt es sich um ein schlechtes
Resultat für die Führung der
IG Metall, das ihr einige Sorgen bereiten
dürfte. Es spiegelt eine Unzufriedenheit,
die zwar als solche keinen organisatorischen
Ausdruck findet, aber dennoch weit verbreitet
ist." |
Weitere
Streikbewegungen mit Teilerfolgen
Der
teilweise erfolgreiche Streik der IG Metall
war Auftakt einer ganzen Reihe von Streikbewegungen.
Nach Warnstreiks und Streiks im Bau, im
Druck sowie bei den Dienstleistungen,
Versicherungen und bei der Post haben
sich die Gewerkschaften und Unternehmen
auf neue Tarifverträge geeinigt.
Regional gehen die Streiks im Einzelhandel
weiter. Die nächste große Tarifrunde
ist erst im Herbst zu erwarten, wenn für
den öffentlichen Dienst verhandelt
wird. Jede dieser Auseinandersetzungen
offenbart, dass die Gewerkschaftsführungen
bis zu einem gewissen Grad mobilisieren,
auf keinen Fall aber einen Konflikt mit
der Regierung eingehen wollen.
Bau
Nachdem
98,6 % der Mitglieder für den Streik
gestimmt hatten, führte die IG BAU
nach dem 17. Juni schrittweise mehr Beschäftigte
in den Ausstand. Am 25. Juni streikten
mehr als 32 000 Beschäftigte auf
2837 Baustellen. Nach sieben Streiktagen
einigten sich die Unternehmer und die
Gewerkschaft am 25. Juni auf eine stufenweise
Anhebung der Einkommen um 3,2 % ab 1.
September - im Osten in der ersten Stufe
1,87 % - und ab April 2003 2,4 % für
die 850 000 Beschäftigten der Branche.
Außerdem wird ein Mindestlohn für
Facharbeiter eingeführt. Die Gewerkschaftsführung
rechnete mit einer Zustimmung von deutlich
über 50 % bei der Urabstimmung unter
den rund 350 000 Gewerkschaftsmitgliedern
im Bauhauptgewerbe. Für die mit etwa
500 000 Mitgliedern relativ kleine IG
BAU war der erste flächendeckende
Streik der Nachkriegszeit organisatorisch
und finanziell ein Kraftakt. Der relative
Erfolg dürfte das Selbstbewusstsein
stärken.
Telekom
Nach
mehrtätigen Warnstreiks bei der Telekom,
an der sich Tausende Beschäftigte
beteiligt hatten, einigten sich der Konzern
und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.
di am 29. Juni auf eine Erhöhung
der Löhne und Gehälter für
die etwa 125 000 Beschäftigten um
4,1 % ab 1. Juli. In einer zweiten Stufe
ab Mai 2003 erhalten die Beschäftigten
zudem 3,2 % mehr. Das Gesamtvolumen des
Abschlusses beträgt knapp 3,3 %.
Die Gewerkschaft ver. di hatte 6,5 % mehr
Geld gefordert. Bei einer Laufzeit von
zwei Jahren sind darin auch zwei so genannte
Leermonate enthalten, in denen die Einkommen
unverändert bleiben. Nur die Auszubildenden
erhalten für Mai und Juni 2002 eine
Sonderzahlung. Die Große Tarifkommission
der Gewerkschaft stimmte allerdings nur
mit knapper Mehrheit zu. Denn der Konzern
will bis Ende 2004 nochmals rund 22 000
Stellen abbauen. In den vergangenen zehn
Jahren hat sich der einstige Staatsbetrieb
bereits um 100 000 Beschäftigte entledigt.
ver. di-Verhandlungsführer Rüdiger
Schulze betonte gegenüber der dpa,
dass sich die Gewerkschaft mit der Zustimmung
schwer getan habe. "Wir müssen
uns aber der Realität stellen, dass
eine bestimmte Zahl von Beschäftigten
zu viel an Bord ist."
Banken
Ende
Juni war in dem seit zwei Wochen von Warnstreiks
begleiteten Konflikt bei den Banken noch
keine Einigung in Sicht. Entzündet
hatte sich der Arbeitskampf an dem Vorhaben
der Banken, die Tarifverträge zu
öffnen und Teile der Gehälter
leistungsabhängig zu machen. Letztere
sollen auf 65 % ihres derzeitigen Standes
sinken, den Rest wollen die Banken nach
Erfolgskriterien zahlen. Der Bankenverband
hatte seinen Mitgliedern eine Gehaltserhöhung
auf freiwilliger Basis von 3,1 % empfohlen.
Die Gewerkschaft ver. di verlangt 6,5
%. (CZ)
Weitere
Informationen beim virtuellen Treffpunkt
der Gewerkschafts- und Betriebslinken
: www.labournet.de |
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