Der ominöse Stimmzettel
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darauf gab es erstmals eine Betriebsversammlung
für alle drei Bochumer Werkteile gemeinsam
(bis dahin wurde jeweils von Schicht zu Schicht
über die Fortsetzung des Streiks entschieden).
Bei der Vorbereitung und Durchführung dieser
entscheidenden Betriebsversammlung, auf der
schließlich über die Weiterführung
oder Beendigung des Streiks abgestimmt wurde,
hatten diejenigen das Sagen, die für ein
Streikende eintraten. Der Opel-Kollege Jürgen
Rosenthal faßte das so zusammen: »Abgemacht
war, daß (auf der Belegschaftsversammlung)
die Frage gestellt wird, ob weitergearbeitet
werden soll oder nicht. Bei einer vorgezogenen
Betriebsversammlung hat normalerweise jeder
Beschäftigte Rederecht. Wir wollten diese
Versammlung, um endlich zu wissen, wie die Belegschaft
insgesamt denkt. In der Halle war dann aber
alles ganz anders als abgesprochen. (...) Es
gab keine Saalmikrophone – gesprochen
haben lediglich der Vorsitzende des Betriebsrats
und sein Stellvertreter sowie der IG-Metall-Bevollmächtigte.
(...) Die Formulierung auf dem Abstimmungszettel
war zweideutig, man hätte die Fragen nach
der Wiederaufnahme der Arbeit und den Verhandlungen
getrennt stellen müssen.«
Manfred
Strobel setzt in seinem Rückblick etwas
andere Akzente: »Klar war am Dienstag
abend, daß es eine gemeinschaftliche Abstimmung
aller Werke sein würde. Klar war auch,
daß es nur zwei Redner geben sollte: Ludger
Hinse von der IG-Metall-Ortsverwaltung und Dietmar
Hahn als Bochumer Betriebsratsvorsitzender.
Bekannt war, daß es keine Saalmikros und
keine Aussprache geben würde, sondern nur
den Stimmzettel und die Wahl. All das wußten
wir Dienstag abend schon – nur nicht,
wie letztendlich der Stimmzettel aussieht. Der
Mittwoch entwickelte sich dann zu einer weiteren
Schmierenkomödie der IG Metall, nämlich
in Hinblick auf diesen ominösen Wahlzettel.
Aber: Auch (...) mit einem korrekt formulierten
Stimmzettel (...) sähe das Ergebnis nicht
anders aus. Wir hatten diese Möglichkeit
am Dienstag abend diskutiert und waren zu dem
Schluß gekommen: Wir, die Belegschaft,
tragen auch ein Nein mit.«
Auf
dem »ominösen« Stimmzettel
stand: »Soll der Betriebsrat die Verhandlungen
mit der Geschäftsleitung weiterführen
und die Arbeit wieder aufgenommen werden?«
Mit zwei Kästchen für »Ja«
und »Nein« zum Ankreuzen.
Mehrheit für Abbruch
Einige
linke Kommentatoren haben unterstellt, daß
nur durch eine solche Manipulation die große
Mehrheit für einen Streikabbruch erreicht
wurde. Das ist Unsinn. Die abstimmenden Kolleginnen
und Kollegen wußten genau, worum es ging.
Allerdings scheint die Haltung bis kurz zuvor
offen gewesen zu sein. Manfred Strobel äußerte,
daß »am Dienstagabend (also am Abend
vor der Abstimmung) aus dem Werk II und III
das Votum für die Weiterführung der
Informationsveranstaltung« vorgelegen
habe. Die Stimmung kippte dann offensichtlich
– auch wegen fehlender Orientierung und
Perspektive. Die Formel auf dem Stimmzettel
und die Art der Durchführung der Belegschaftsversammlung
am 20. Oktober sind jedoch symptomatisch für
die gesamte Situation bei Opel Bochum zu diesem
Zeitpunkt. Die Bochumer Belegschaft wäre
unter anderen Bedingungen sicherlich bereit
gewesen, den Streik fortzusetzen – vor
allem dann, wenn es eine Aussicht auf eine Ausweitung
und auf aktive Solidarität in anderen GM-Opel-Werken
gegeben hätte.
In
der konkreten Situation entschied die große
Mehrheit, den Streik zu beenden. Die Gründe
dafür lagen auf der Hand: Auch nach einer
Woche Kampf blieb der Bochumer Streik isoliert.
Betriebsräte vor Ort kniffen; der Gesamtbetriebsrat
und die IG Metall sabotierten; die anderen GM-Belegschaften
befanden sich in der Rolle von Zuschauern. Und
dann war da das drückende finanzielle Problem:
Es gab keinerlei Streikunterstützung. Die
erste Woche Streik hatte jeden Kollegen rund
500 Euro gekostet. Die IG Metall war nicht zu
Unterstützungsleistungen bereit. Angesichts
vielfach vorhandener persönlicher finanzieller
Engpässe und vor dem Hintergrund der kaum
erkennbaren Erfolgsaussichten im Fall einer
Fortführung des Streiks wog dieser Aspekt
schwer, für viele war er zu diesem Zeitpunkt
ausschlaggebend.
Damals
war die Wiederaufnahme der Arbeit mit der Hoffnung
verbunden, man könne erhobenen Hauptes
an die Arbeit gehen und möglicherweise
zu einem späteren Zeitpunkt den Kampf wieder
aufnehmen – die »Informationsveranstaltungen«
seien gewissermaßen »unterbrochen«.
Manfred Strobel meint: »Trotzdem ist das
bekannte Ergebnis aber keine Niederlage.«
Mit einem gewissen zeitlichen Abstand gesehen,
scheint eine solche Sicht fraglich zu sein.
Allerdings: Ein knappes Abstimmungsergebnis
für die Fortführung des Streiks, das
möglicherweise durch entsprechendes Auftreten
hätte erreicht werden können, wäre
extrem problematisch geworden. Die Belegschaft
wäre gespalten gewesen, und der Streik
hätte dann kaum mehr eine Perspektive gehabt.
Geplante Niederlage
Der
mangelnden Solidarität unter den deutschen
Opel-Werken und der Sabotage-Politik der IG
Metall entsprach das Versagen der europäischen
Gewerkschaften, eine europaweite Aktion gegen
die Strategie des GM-Managements zu organisieren.
In Großbritannien konnte man dieses Mal
davon ausgehen, von den Stellenstreichungen
kaum betroffen zu sein. In Antwerpen gab es
kaum Aufklärungsarbeit über den Kampf
bei Opel-Bochum, obgleich beide Werke arbeitsteilig
verbunden sind. Im schwedischen GM-Saab-Werk
Trollhättan kam gut an, daß die dort
relativ niedrigeren Arbeitslöhne vom GM-Management
wiederholt als »Standortvorteil«
hervorgehoben wurden. Auch im GM-Werk bei Wien
(Opel Austria Powertrain) konnte GM-Europe-Chef
Carl-Peter Forster abwiegeln und Spaltpilze
säen, als er während des Bochumer
Streiks sagte: »Fakt ist, daß wir
in Deutschland bei den Lohnkosten höher
liegen als in jedem anderen europäischen
Land.« Die österreichischen Medien
berichteten: »Das Werk in Wien-Aspern
dürfte glimpflich davonkommen.«
Der
europaweite Aktionstag am 19. Oktober, zu dem
die Gewerkschaften und GM-Belegschaftsvertreter
als Antwort auf die Entlassungspläne von
GM in Europa aufgerufen hatten, war eine Pflichtübung.
Mehr noch: Gleich zu Beginn des Bochumer Streiks
ließen die IG Metall und andere betroffene
europäische Gewerkschaften erklären,
es sei wichtig, sich auf den kommenden Dienstag,
den europaweiten Aktionstag, zu konzentrieren.
Faktisch hieß das, daß Solidaritätsstreiks
mit Bochum falsch seien. Bösartige Kommentare
aus der IG-Metall-Zentrale lauteten, die Bochumer
würden »wieder mal nur für sich
kämpfen«. Zwar war das Gegenteil
der Fall – Opel Bochum streikte, wie 2000,
für die Opel-GM-Kollegen in Deutschland
und anderswo in Europa. Doch in der gegebenen
Situation – auch angesichts der mangelnden
Kontakte unter den Opel-GM-Belegschaften –
zeitigte diese perfide Propaganda Wirkung. Mit
der logischen Folge, daß dann auch der
Aktionstag selbst zu einer Art Begräbnis
zweiter Klasse für die gewerkschaftlichen
Proteste wurde – mit eher symbolischen
Arbeitsniederlegungen in Mittagspausen.
Ein
Erfolg war der Aktionstag für die Gewerkschaftszentralen.
Das Handelsblatt berichtete hocherfreut: »GM-Kollegen
in Europa haben für Bochum nur wenig Solidarität
übrig.« Wobei die mangelnde Solidarität
wenig mit den »GM-Kollegen in Europa«,
aber viel mit den »Co-Managern«
in den Betriebsräten und vor allem mit
den Verantwortlichen in den Gewerkschaftszentralen
zu tun hatte.
Koordinierte Erpressung
Entscheidend
war auch, daß die maßgeblichen Vertreter
der Arbeiter und die IG Metall nicht bereit
waren, die unterschiedlichen Kämpfe in
der deutschen Autoindustrie zusammenzuführen
und durch eine Bündelung der Kräfte
allen zum Erfolg zu verhelfen. Vor der Zuspitzung
der Krise bei Opel gab es die ähnlich gelagerte
Auseinandersetzung bei DaimlerChrysler. Nach
der Opel-Krise kam es zur Konfrontation bei
VW. Alle drei Arbeitskonflikte standen im Zusammenhang:
Die Autokonzerne wollten die Gunst der Stunde
nutzen und durch Erpressungen massive »Sparprogramme«
durchsetzen, die mit Stellenabbau, verlängerten
Arbeitszeiten und höherer Arbeitsintensität
verbunden sind, um dadurch die Profite deutlich
anzuheben. Mit den gleichen Tricks wurden zum
gleichen Zeitpunkt die Belegschaften bei Karstadt-Quelle
dividiert.
Die
Kolleginnen und Kollegen bei Opel hatten das
reale Problem, daß GM in Europa nicht
optimal dasteht. Das war im Fall der vorausgegangenen
Auseinandersetzung bei DaimlerChrysler anders;
dieses Unternehmen ist weiterhin hochprofitabel.
In einer Bilanz dieses Arbeitskampfes stellen
DaimlerChrysler-Kolleginnen und -Kollegen in
der Broschüre »Erpreßwerk DaimlerChrysler«
fest: »Diese Auseinandersetzung war nicht
irgendeine, sondern die schärfste, die
diese Belegschaft mit dem Konzern bisher geführt
hat. Nie war die Stimmung unter den Kolleginnen
und Kollegen so kämpferisch, noch nie war
die Bereitschaft, noch viel weiter zu gehen,
so groß – auch ohne offiziellen
und legalen Streik.« Am Ende konnte sich
jedoch das DaimlerChrysler-Management durchsetzen
– vor allem aufgrund der Tatsache, daß
die IG Metall die bestehende Kampfbereitschaft
nicht ins Feld führte. Das Ergebnis lautete:
Bei diesem führenden, profitablen deutschen
Autobauer kommt es zu spürbaren Lohnsenkungen
und zu verlängerten Arbeitszeiten ohne
Lohnausgleich. Die dort – und später
bei VW – ins Feld geführte »Beschäftigungsgarantie«
erweist sich bei näherer Betrachtung als
eine windige Angelegenheit.
Anpassung und Kapitulation
Die
IG Metall unternahm keine Anstrengungen, diese
Kämpfe zusammenzuführen und dadurch
die notwendige neue Qualität der Gegenwehr
herzustellen. Überall zeigte sich die Diskrepanz
zwischen einer Bereitschaft an der Basis zu
Gegenwehr und einem unsäglichen Zusammenspiel
von Betriebsratsfürsten und IG-Metall-Spitze,
die auf Anpassung, Nachgeben und Kapitulation
orientierten.
Tatsächlich
addierten sich auf diese Weise die negativen
Auswirkungen dieser Niederlagen, da das Nachgeben
und Einknicken bei DaimlerChrysler sich negativ
auf die Auseinandersetzung bei Opel/GM auswirkte
und da der Abbruch des Streiks bei Opel/Bochum
die Bereitschaft zu einem Widerstand gegen die
Erpressungspläne im VW-Konzern reduzierte.
Die
negative Entwicklung, die es bei der IG Metall
in jüngerer Zeit gab – so als sie
2003 eine selbstverschuldete Niederlage im Ost-Metall-Streik
hinnehmen mußte –, setzt sich damit
fort. Da gab es die unsägliche Verwicklung
des IG-Metall-Vorsitzenden Klaus Zwickel in
den Mannesmann-Vodafone-Skandal (der IG-Metall-Vorsitzende
winkte klammheimlich Millionen-Abfindungen an
Managergangster durch), dann gab es die Auseinandersetzung
um den Abgang Zwickels von der IG-Metall-Spitze
mit der undurchschaubaren Konfrontation Jürgen
Peters versus Berthold Huber und schließlich
Anfang 2004 einen neuen Metalltarifvertrag,
der Öffnungsklauseln für verlängerte
Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich enthält.
Es war im übrigen dieser Tarifvertrag,
der für die Erpressungskampagnen der Unternehmer
für längere Arbeitszeiten die Scheunentore
öffnete.
Verantwortung der Linken
Schließlich
stellt sich die Frage: Gab es für die Niederlage
in Bochum auch eine Verantwortung der Linken
in diesem Land? Eine Verantwortung der betrieblichen,
gewerkschaftlichen und allgemein-politischen
Linken?
Der
mehrfach zitierte Opel-Kollege, gleichzeitig
aktiv bei »Gewerkschafter ohne Grenzen
– GoG«, Manfred Strobel hat die
These von einem rein spontanen Streik relativiert
und klargestellt: »So ganz spontan hat
sich die Aktion ja nicht entwickelt. Sie hatte
einen Vorlauf. Im Frühjahr sollten wir
(...) im europäischen Geschäft Einsparungen
in Höhe von bis zu zehn Prozent hinnehmen.
Im Juni wollte GM dann die ›Betriebsvereinbarung
180 – Prämienlohn‹ zum Oktober
kündigen, die uns bisher zumindest ansatzweise
die übertariflichen Lohnanteile und Leistungen
abgesichert hat. Es gab damals bereits einen
Entschluß der Vertrauenskörperleitungen
Eisenach, Rüsselsheim, Kaiserslautern,
Dudenhofen und Bochum für gemeinsame Gegenaktionen.«
Schon
als die Auseinandersetzung um DaimlerChrysler
in die heiße Phase gelangte, stellte sich
die Frage, ob Strukturen linker Gewerkschafter
und Betriebslinker, die bundesweit in Ansätzen
bestehen, aktiv werden. Diese Frage jedenfalls
stellte sich Manfred Strobel im Interview explizit:
»Dann vor den Werkferien die Auseinandersetzung
und Erpressung bei DaimlerChrysler. 500 Millionen
Einsparung! Mensch schaute von Bochum nach Süddeutschland
und nach Bremen: Wie wehren sich die Menschen
dort? Und mensch nahm die dann folgende Schlappe
– den Verzicht für nix – mit
in die Ferien: Gewerkschaft versagt, Betriebsrats-Co-Manager
versagt. Enttäuschend für mich persönlich
war, daß die Autokoordination (eine Struktur
linker Kolleginnen und Kollegen) ihre mögliche
Rolle nicht wahrgenommen hat. Gegenwehr bundesweit
zu organisieren oder zumindest zu unterstützen
– Fehlanzeige!?«
Diese
Chance wurde verpaßt. Was Manfred Strobel
bei der Auseinandersetzung um DaimlerChrysler
vermißte, war auch beim Streik der Opel
Bochum Leute unzureichend gegeben: ein Engagement
bundesweit bestehender linker betrieblicher
und gewerkschaftlicher Ansätze, um die
Isolation dieses Streiks aufzubrechen.
Verzicht lohnt? Streik
schadet?
Das
ständig wiederkehrende Argument der Abwiegler
lautet: Verzicht lohnt – harte Auseinandersetzungen
und Streiks schaden den Arbeitnehmern. Wenn
wir Anfang 2005 zurückblicken auf die Kämpfe
2004 und diese Argumentation mit der rauhen
Wirklichkeit konfrontieren, dann zeigt sich:
Nichts hat sich »gelohnt«; ernsthafte
Zugeständnisse der Kapitalseite sind kaum
zu erkennen. Vielmehr haben die Bosse 2004 einen
großen Teil ihrer Ziele durchsetzen können.
Anfang
2005 haben wir in der Autoindustrie ein neues
Kräfteverhältnis von Lohnarbeit und
Kapital, das weitgehend den Wünschen und
Zielen der Bosse gerecht wird. Die Löhne
sinken real, die Arbeitsintensität steigt,
die Beschäftigtenzahlen gehen zurück,
die Arbeitszeiten werden wieder länger,
ohne Lohnausgleich, versteht sich. Es gab zwar
noch keine kompletten Kapitulationen, aber doch
ein weitgehendes, flächendeckendes Nachgeben
gegenüber den Unternehmerzielen. Wurde
dieses Entgegenkommen in irgendeiner Weise belohnt?
Oder hat es sich gelohnt?
Tatsache
ist: Bei GM werden in Europa 9500 Arbeitsplätze
abgebaut und in Deutschland wird fast jede dritte
GM-Stelle gestrichen. Auf betriebsbedingte Kündigungen
wird nur zunächst verzichtet. Laut ausgehandelter
Betriebsvereinbarung sollen »sich 6500
Mitarbeiter (...) freiwillig dafür entscheiden,
über den Weg der Abfindung und Transfergesellschaften
das Unternehmen zu verlassen.« Der Betriebsrat
macht sich damit zum Büttel der Geschäftsleitung
und soll fast den gleichen Sanierungsplan, den
die GM-Bosse Anfang Oktober 2004 verkündeten,
nun selbst durchsetzen.
Gehen
nicht genügend Kolleginnen und Kollegen
»freiwillig«, dann soll ab dem 1.
Februar 2005 (gegebenenfalls etwas später)
eine Einigungsstelle eingerichtet werden, die
»über einen Sozialplan nach Maßgabe
der Paragraphen 111ff. Betriebsverfassungsgesetz
(beschließt).« Das aber heißt,
daß es dann betriebsbedingte Kündigungen
geben wird.
Die
geplanten Ausgliederungen bei GM-Opel, in die
rund 2000 Kolleginnen und Kollegen wechseln
sollen, stellen indirekt die im Jahr 2000 erkämpfte
Vereinbarung (den europäischen Rahmenvertrag)
in Frage, wonach bei solchen Ausgliederungen
– so bei Powertrain – das gleiche
Lohn- und Gehaltsniveau wie bei GM/Opel gegeben
sein muß. Manfred Strobel: »Im Gespräch
(für Abspaltungen) ist die Komponentenfertigung,
das Ersatzteillager, das Preßwerk und
das Rest-Joint-Venture Powertrain – übrig
bleibt dann hier nur noch das Getriebe.«
Womit erneut der Bestand des GM-Opel-Werks in
Bochum in Frage steht.
GM mit großem Gewinn
Selbst
die Frage einer kurzfristigen Werkschließung
ist nicht vom Tisch: Bis März 2005 will
GM entscheiden, wo die nächste Generation
des Opel-Vectra gebaut wird: in Rüsselsheim
oder im schwedischen GM-Saab-Werk in Trollhättan.
Mitte Januar entschied das GM-Management, daß
ein neues Mittelklassemodell der GM-Marke Cadillac
im schwedischen Saab-Werk in Trollhättan
gebaut werden soll. Dies sei, so wird hinzugefügt,
»noch keine Vorentscheidung« darüber,
ob GM seine Mitteklassemodelle in Europa künftig
nur noch in Trollhättan oder bei Opel Rüsselsheim
bauen würde.
Gleichzeitig
kündigte das GM-Management an, daß
der Sparkurs verschärft wird. »Wir
wollen die 500 Millionen Euro deutlich übertreffen«,
erklärte GM-Europe-Chef Carl-Peter Forster
Ende 2004, womit er die ursprünglichen
Zielsetzungen, die im Oktober 2004 den Opel-Bochum-Streik
ausgelöst hatten, deutlich aufstockte.
Auch wird Anfang 2005 deutlich, daß es
nicht um ein klammes Unternehmen geht. GM machte
2003 Profite von 3,8 Milliarden US-Dollar. 2004
waren es erneut 3,6 Milliarden US-Dollar ausgewiesener
Gewinn. Ende 2004 und ausgerechnet in Europa
konnte GM seinen Absatz deutlich steigern. Dazu
heißt es in der Wirtschaftspresse: »Trotz
der zahlreichen Medienberichte über Stellenabbau
und drohende Werkschließungen verzeichnete
die Marke (Opel) zum Jahresausklang ein dickes
Plus bei den Neuzulassungen in Westeuropa. Nach
11,8 Prozent höheren Verkäufen im
November sei auch der Dezember deutlich im Plus,
hieß es gestern (27.12.2004; W.W.) in
der Opel-Zentrale: ›Die positive Entwicklung
geht weiter. Wir haben das Gesamtjahr damit
auf Vorjahresniveau abgeschlossen.‹«
Auch
der VW-Chef Bernd Pieschetsrieder erklärte
Anfang 2005, daß nunmehr der Sparkurs
»verschärft werden« müsse.
Ein »zusätzliches Einsparziel«
von rund einer Milliarde Euro sei notwendig.
Die Ende 2004 vereinbarten Einsparungen könnten
»nicht das Ende sein«. En passant
erfährt man, daß der operative Gewinn
2004 auf dem erwarteten Niveau von 2,4 Milliarden
Euro liege. Das DaimlerChrysler-Management erklärt,
man werde 2005 im US-Werk Tuscaloosa die Beschäftigtenzahl
verdoppeln und von dort wegen des Euro-Dollar-Verhältnisses
nach Europa exportieren. Damit wird ein neuer
Druck auf die Belegschaft hierzulande aufgebaut.
Damit
bestätigt sich, was der frühere Erste
Vorsitzende der IG Metall, Franz Steinkühler,
auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung
um DaimlerChrysler, im Juli 2004, äußerte:
»Ich kann meinen Kollegen nur sagen: Wer
diesen Unternehmern den kleinen Finger gibt,
muß damit leben, daß er in Zukunft
nur noch vier Finger an der Hand hat. (...)
Ich denke, sie sind gut beraten, Widerstand
zu leisten so lange es geht und so viel es geht,
denn wer den ersten Schritt tut, kann sich im
Rückwärtsgang kaum mehr verteidigen
gegen den Anspruch der Arbeitgeber, noch mehr
zu wollen und immer mehr zu wollen.« |