Die
Drohkulisse verdichtet sich: Neben der Diskussion
über neue Sanktionen gegen den Iran bewegen
sich derzeit zwei Flugzeugträger und ein
Amphibienschiff für die Landung in Richtung
Persischer Golf, flankiert von einem britischen
Carrier und einem französischen Jagd-Atom-U-Boot.
Vorausgegangen war die Operation Brimstone,
eine Militärübung mit US-amerikanischen,
britischen und französischen Kriegsschiffen
im Atlantischen Ozean. Ihr Ziel: die Vorbereitung
eines militärischen Angriffs gegen den
Iran.
Noch gibt es keine legale Grundlage dafür.
Der Stand der Erkenntnisse über ein iranisches
Atomwaffenprogramm ist weiterhin der, dass laut
US-Geheimdienstinformationen aus dem Jahr 2007
die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass der Iran
sein Atomwaffenprogramm im Jahr 2003 unterbrochen
hat, und die Internationale Atomenergieagentur
(IAEA) den israelischen Behauptungen, der Iran
bastele im Geheimen an der Bombe, bis heute
widerspricht.
Hochrangige Regierungsbeamte in den USA, darunter
Verteidigungsminister Robert Gates und der Vorsitzende
der Generalstäbe, Michael Mullen, werden
mit Äußerungen zitiert, die besagen,
dass jedweder Angriff auf den Iran, komme er
von den USA oder von Israel, den US-Interessen
sehr schaden würde. Befürchtet wird
eine hochgradige Gefährdung der US-Soldaten
im Irak, explodierende Ölpreise und eine
Ausweitung der Kriegshandlungen im Nahen Osten.
Umfragen zufolge lehnen 60% der US-Bevölkerung
einen Krieg gegen den Iran ab.
Doch es gibt jemanden, der unablässig am
Rädchen dreht, und das ist Israel.
Am 19.Mai 2008 traf sich eine zwölfköpfige
Delegation des US-Repräsentantenhauses
mit Israels Premierminister Ehud Olmert. Wie
Ira Glunts auf ZNet beschreibt, schlug Olmert
beim Mittagessen eine Seeblockade gegen den
Iran vor, um sein Urananreicherungsprogramm
zu stoppen. Zu den Teilnehmern der illustren
Runde gehörte der Vorsitzende des außenpolitischen
Ausschusses des Repräsentantenhauses, Howard
Berman, und zwei Vertreter von AIPAC (Aktionskomitee
für Amerikanisch-Israelische Politik),
die höchste einflussreiche außenpolitische
Lobby US-amerikanischer Juden, zugleich Abgeordnete
im US-Kongress. Drei Tage später präsentierte
ihr Vertreter Gary Ackerman dem Repräsentantenhaus
die Resolution 362.
Die Resolution fordert ein „Exportverbot
für alle raffinierten Erdölprodukte
in den Iran; und die Durchsetzung einer strikten
Kontrolle aller Personen, Fahrzeuge, Schiffe,
Flugzeuge, Züge und Lkws nach und aus dem
Iran.” Eine militärische Blockade
aber ist ein Kriegsakt.
AIPAC, somit Israel, ist der Urheber der Resolution,
die den Kongress dazu anstiften will, gegen
den Iran Krieg zu führen. Israel hat offen
erklärt, dass es eine bewaffnete Auseinandersetzung
mit dem Iran sucht, um den Iran daran zu hindern,
atomwaffenfähig zu werden. Israel hat in
der Bush-Administration starke Befürworter,
allen voran Vizepräsident Dick Cheney.
Das Magazin Time hat berichtet, auf der Israelreise
von Präsident Bush im Mai dieses Jahres
habe die US-Delegation den Israelis versichert,
Amerika werde den Iran angreifen noch bevor
Bushs Amtszeit auslaufe. Das Magazin behauptet
auch, die US-Regierung habe dann davon Abstand
genommen und ziehe Verhandlungen vor. Was diese
Regierung wirklich vorhat, weiß derzeit
vielleicht niemand so genau.
Die Lobbyarbeit von AIPAC ist sehr effektiv.
Über 5000 Aktivisten dieser Organisation
begaben sich im Juni auf Capitol Hill, um in
500 Veranstaltungen Abgeordnete und Senatoren
von der Dringlichkeit zu überzeugen, die
Resolution 362 abzustimmen. 259 Kongressabgeordneten
von 535 folgten diesem Ruf. Zeitgleich wird
in den USA eine massive Medienkampagne entfaltet,
die darauf abzielt, dass die US-Medien sich
den israelischen Standpunkt unhinterfragt zu
eigen machen und die öffentliche Meinung
für die Auffassung gewinnen, dass Ahmadinejad
„ein Hitler” ist, dass er „Israel
von der Landkarte tilgen” will und dafür
fanatisch an der Bombe baut.
Dieses Bild wird ja auch hierzulande von vielen
Medien verbreitet. Am 27.April strahlte der
Fernsehsender CBS erstmals eine Sendung über
die israelische Luftwaffe und ihre Heldentaten
im Sechstagekrieg 1967 und jüngst bei der
Bombardierung des Gazastreifens aus; die blamablen
Niederlagen in den beiden Libanonkriegen wurden
peinlich verschwiegen. Interviewt wurden auch
israelische Piloten, die den Atomreaktor im
irakischen Osirak 1981 bombardiert hatten. Das
Gespräch endete mit der Frage: „Werden
Israels Entscheidungsträger heute die nuklearen
Kapazitäten des Iran beseitigen?”
Die Botschaft, die es rüber zu bringen
galt, war klar: Israels Luftwaffe kann und wird
die iranischen Atomanlagen zerstören.
CBS hat zugegeben, dass es für diese Sendung
die „rigorose Zensur” der israelischen
Luftwaffe akzeptiert hat. Autorin Ira Glunts
kommentiert auf ZNet: „Es ist erschreckend,
dass CBS eine Sendung zusammenstellen konnte,
die alle Tatsachen, die Tel Avivs Sichtweise
nicht unterstützen, ignoriert.” Vor
jedem Krieg kommt zuerst der Propagandakrieg.
Wie es aussieht, sind wir mitten drin in dieser
Phase.
Die Resolution 362 hat die Kriegsgegner in den
USA alarmiert. Denn sie ist so gehalten, dass
Abgeordnete nicht unbedingt erkennen, dass sie
hiermit einer Kriegserklärung zustimmen;
Teile der Resolution können gelesen werden
als Ermächtigung der Bush-Regierung zu
einem Militärschlag. Von Barack Obama ist
offenkundig keine Hilfe zu erwarten. Er wurde
auf einem Treffen mit demokratischen Abgeordneten
am 29.Juli mit den Worten zitiert: „Wenn
die Iraner einen Deal jetzt nicht akzeptieren,
weil sie glauben, sie könnten mit dem nächsten
Präsidenten einen besseren aushandeln,
haben sie sich geirrt."
Verdeckte Aktionen begleiten diese Vorbereitungen.
Seymour Hersh hat im New Yorker berichtet, eine
von Nancy Pelosi, der Sprecherin des Repräsentantenhauses,
angeführte Kongressdelegation habe bereits
400 Millionen Dollar für verdeckte Aktionen
im Iran bewilligt, mit denen oppositionelle
Gruppen bewaffnet und die nuklearen Anlagen
sabotiert werden sollen.
Die Antikriegsbewegung in den USA ist deshalb
wieder auf den Beinen. Alle erdenklichen Gruppen
bombardieren derzeit die Abgeordneten mit der
Forderung, diese Resolution abzulehnen. Eine
„Stellungnahme der Jüdischen internationalen
Opposition gegen einen Angriff auf den Iran”
verdient hervorgehoben zu werden (www.TheStruggle.org).
Im Kongress kommt die Resolution 362 nicht richtig
vorwärts. Der Vorsitzendes des Auswärtigen
Ausschusses, Howard Berman, wird zitiert mit
der Position, die Resolution werde den Ausschuss
nicht verlassen, solange die Passage über
die Blockade nicht entfernt ist. Eine Bestätigung
war nicht zu bekommen. |