Gegen
die Barbarei – Kampf an allen Fronten |
Zu
den Anfängen des „Trotzkismus“
in Deutschland (1930-1945)
von
Wolfgang Alles
aus
Inprekorr Nr. 396/397 November/Dezember 2004
Das
Drama der deutschen ArbeiterInnenbewegung im
20. Jahrhundert ist von zwei Eckdaten bestimmt
– dem Scheitern der Novemberrevolution
1918 und der Machtübergabe an die Nazis
1933. Die blutige Unterdrückung des sozialen
Aufstands der radikalen Teile der ArbeiterInnenklasse
1918/1919 war das gemeinsame Werk von Mehrheits-SPD
um Ebert-Noske und Freikorps. Sie bereitete,
wie Sebastian Haffner zu Recht schrieb, das
faschistische Deutschland vor. Eine zentrale
Zwischenetappe auf dem Weg in den Abgrund war
der verpasste Oktoberaufstand 1923. Er bedeutete
nicht nur eine weitere Niederlage der stärksten
ArbeiterInnenbewegung der damaligen kapitalistischen
Welt, sondern öffnete gleichzeitig dem
Stalinismus in der Sowjetunion das Tor. Dies
waren wesentliche Rahmenbedingungen für
die weitere Entwicklung der KPD, aus deren Reihen
später eine linksoppositionelle, „trotzkistische“
Strömung entstehen sollte. Einige Tage
nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am
30. Januar 1933 lieferte Leo Sedow von Berlin
aus seinem Vater und Genossen Leo Trotzki eine
ernüchternde Beschreibung der Lage: „Was
wir durchleben ähnelt einer Auslieferung
der Arbeiterklasse an den Faschismus …
An der Spitze Unentschlossenheit, niemand weiß,
was er tun soll; an der Basis kein Vertrauen
in unsere eigenen Kräfte … Wenn jetzt
nicht eine entschlossene Aktion geschieht …,
ist eine schreckliche Niederlage unvermeidlich.
Diese Aktion … ist … meiner Meinung
nach nicht mehr sehr wahrscheinlich.“
(Leo Sedow, 05.02.1933, zit. nach Pierre Broué,
Trotzki, Köln o. J. [2003], S. 880.)
ZUR
VORGESCHICHTE DES DEUTSCHEN „TROTZKISMUS“ |
Im Unterschied zu Frankreich existierte hierzulande
relativ lange Zeit keine Gruppierung innerhalb
der KPD, die mit der antibürokratischen
russischen Linken Opposition um Trotzki sympathisierte.
Dies resultierte vor allem aus der Tatsache,
dass die „Oktoberniederlage“ 1923
sogleich zu einem bedeutenden Thema des heftigen
Fraktionskampfes in der russischen Kommunistischen
Partei geworden war. Die „literarische
Debatte“ zwischen Trotzki und dem Triumvirat
um Kamenew, Sinowjew und Stalin im Herbst 1924
war nicht nur die Geburtsstunde einer langlebigen
und immer bedrohlichere Züge annehmenden
Kampagne gegen den sogenannten Trotzkismus.
Gleichzeitig stellte sie mit der Verkündung
von Stalins Dogma des „Sozialismus in
einem Lande“ als Gegenstück zur Theorie
der permanenten Revolution ein wesentliches
ideologisches Fundament für den Stalinismus
bereit. Die Moskauer Propaganda- Offensive gegen
den angeblich „rechten Führer“
Trotzki kam der damaligen KPD-Linken um Ruth
Fischer und Arkadij Maslow sehr gelegen. Sie
nutzten sie für ihre eigenen fraktionellen
Angriffe gegen die Berliner Partei-Zentrale
um Heinrich Brandler. Erst nach der Vereinigung
von Sinowjews Neuer Opposition mit der Linken
Opposition um Trotzki begann sich auch in Deutschland
das Verhältnis zum „Trotzkismus“
zu ändern. Dies galt sowohl für die
mittlerweile von Moskau ausgeschaltete Fraktion
um Fischer-Maslow als auch für die „ultralinke“
Weddinger Opposition. Allerdings wirkte das
vergiftete Erbe der scharfen innerparteilichen
Auseinandersetzungen der KPD auf politischer
und persönlicher Ebene im linksoppositionellen
Spektrum noch lange nach. Dies war nicht zuletzt
ein Ergebnis der vom sowjetischen Geheimdienst
seit Mitte der 20er Jahre begonnenen Zersetzungsarbeit
gegenüber linksoppositionellen KommunistInnen.
Die deutsche Geheimpolizei konnte diese Aktivitäten
übrigens detailliert überwachen. (Vgl.
hierzu Günter Wernicke, Operativer Vorgang
[OV] „Abschaum“; in: Andreas G.
Graf [Hg.], Anarchisten gegen Hitler, Berlin
2001, S. 284 f.)
Trotzki stellte sich gleich nach seiner Ausweisung
aus der Sowjetunion im Februar 1929 der Aufgabe,
die heterogenen Kräfte der internationalen
linksoppositionellen Gruppen zu bündeln.
Damals setzte er sich noch dafür ein, eine
weltweit handelnde Fraktion der bereits stalinisierten
Kommunistischen Internationale (Komintern) aufzubauen.
Ziel war die Reform und politische Wiederbelebung
der Komintern auf Grundlage der revolutionären
Tradition des Oktobers, die damals „Bolschewismus-
Leninismus“ genannt wurde. Trotzkis mit
strenger Beharrlichkeit verfolgte damalige Linie
lässt sich wie folgt skizzieren: Die internationale
linke Opposition wird nur dann als Fraktion
der Komintern erfolgreich sein können,
wenn sie einerseits in prinzipieller Weise die
theoretischen Grundlagen ihrer politischen Praxis
klärt und sich andererseits strikt von
anderen kommunistischen Strömungen abgrenzt.
Eine wesentliche Stellung in Trotzkis politischer
Konzeption nahm seine Analyse der Sowjetunion
als bürokratisch deformierter Arbeiterstaat
ein. Durch die politische und organisatorische
Reform vor allem der KPdSU, aber auch der Gewerkschaften
und des Sowjetsystems könne die ArbeiterInnenklasse
von der Herrschaft der „zentristischen“,
das heißt stalinistischen Bürokratie
befreit werden. Die bedeutendste linkskommunistische
Organisation in Deutschland war der im April
1928 gegründete Leninbund. Er stand in
einem scharfen Konkurrenzverhältnis zur
Weddinger Opposition, die seit 1927 ebenfalls
direkte Kontakte zur russischen Linksopposition
geknüpft hatte. Im Sommer 1929 bereitete
ein offener Streit zwischen der Mehrheit der
Organisation um Hugo Urbahns und einer Minderheit
um Anton Grylewicz die Spaltung des Leninbundes
vor. Bereits im Februar 1930 wurde die Minderheit
ausgeschlossen. Bei diesem Disput ging es im
Kern um die Frage: Reform der KPD oder Schaffung
einer neuen Kommunistischen Partei? Fraktionelle
Streitigkeiten, persönliche Feindseligkeiten
und nicht zuletzt die von der GPU gesteuerte
Zersetzungsarbeit stalinistischer Agenten wie
Roman Well (d.i. Ruvin Sobolevicius), dessen
Bruder Adolf Senin (d.i. Abraham Sobolevicius)
oder Jakob Frank verzögerten die Gründung
einer neuen Organisation.
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Trotzki
setzte sich 1929 für eine Fraktion
in der stalinistischen Komintern ein |
DIE
VEREINIGTE LINKE OPPOSITION |
Schließlich
konnte am 30. März 1930 die Vereinigte
Linke Opposition der K.P.D. (Bolschewiki-Leninisten)
(VLO) nur unter großen Schwierigkeiten
gegründet werden. Mitglied der neu gewählten
Reichsleitung (RL) der VLO war auch der eben
erwähnte Provokateur und Spitzel Roman
Well. Als Zentralorgan veröffentlichte
die VLO die zweiwöchentlich erscheinende
Zeitung Der Kommunist.
Seit
1930 können wir von der organisierten Existenz
eines deutschen „Trotzkismus“ sprechen.
Allerdings zeigte sich, dass die rund 200 Mitglieder
zählende VLO keineswegs eine einheitliche,
geschweige denn eine wirklich handlungsfähige
Organisation war. Die Vereinigung der Leninbund-
Minderheit um Anton Grylewicz und der Weddinger
Opposition um Kurt Landau war nicht auf der
Grundlage einer ernsthaft diskutierten politischen
Plattform vollzogen worden, sondern lediglich
auf der formalen Basis der Parität. Hinzu
kam das Auseinanderklaffen zwischen Anspruch
und Wirklichkeit. Die Bürokratisierung
der Kommunistischen Partei ließ nur sehr
bescheidenen Spielraum für die von der
VLO angestrebte „Eroberung der Partei
für die Lehren des Marxismus-Leninismus“.
In den Organisationsrichtlinien des ZK der KPD
hieß es: „Jedes trotzkistischer
Ideen verdächtige Parteimitglied ist ohne
Verfahren unverzüglich auszuschließen.“
Die zeitgenössische linksoppositionelle
Presse berichtete über 53 Ausschlüsse
von Mitgliedern der Linken Opposition in den
Jahren 1930 bis 1933. Am 6. April 1930 wurde
in Paris die Internationale Linken Opposition
(ILO) als „Fraktion der Komintern“
gegründeten. Die VLO konnte als deutsche
Sektion der ILO anfangs nur begrenzte organisatorische
und politische Hilfe erwarten – wenn wir
von der außerordentlichen Unterstützung
Trotzkis einmal absehen. Die internationale
Koordination der meist schwachen und oft in
sich zerstrittenen Oppositionsgruppen wirkte
sich für die deutsche VLO erst später
positiv aus. Bereits im Juni 1930 verschärfte
sich ein Disput in der VLO, der mehrere Monate
lang die Kräfte der Organisation beanspruchte.
Kern der Auseinandersetzungen war ein schwer
zu durchschauendes Knäuel von Meinungsverschiedenheiten,
Intrigen und Provokationen. Das jahrelang kultivierte
Zirkelwesen der linksoppositionellen Gruppen
bot dafür einen fruchtbaren Nährboden.
Die
zentrale Streitfrage über das aktuelle
Ausmaß der Bedrohung der ArbeiterInnenbewegung
durch den Faschismus wurde erbittert zwischen
der Mehrheit der Reichsleitung um Landau und
der Minderheit um den Agenten Well debattiert.
Eine weitere Verschärfung erfuhr diese
Polemik durch die Verknüpfung mit fraktionellen
Kämpfen in der österreichischen und
französischen Linksopposition. Trotzki
verfolgte mit Sorge diese Entwicklung. Eindringlich
mahnte er größere gegenseitige Toleranz
an. Er warnte davor, durch nicht gerechtfertigte
interne Debatten weitere Zeit zu verlieren.
Vergeblich, wie sich bald zeigen sollte. Auf
Initiative des Internationalen Sekretariats
der ILO fand am 31. Mai 1931 eine Plenarsitzung
der Reichsleitung in Berlin statt. Landau und
seine Anhänger weigerten sich jedoch, an
dieser Sitzung teilzunehmen, so dass der Bruch
endgültig vollzogen war. Vierzehn Monate
nach der Gründung zerfiel die VLO in zwei
Teile, die fast identisch waren mit der ehemaligen
Minderheit des Leninbundes und der Weddinger
Opposition. Die GPU konnte einen weiteren Erfolg
verbuchen. Mit der Trennung von Landau fand
die Anfangsphase des deutschen „Trotzkismus“
ihren Abschluß. Mehr als ein Jahr lang
hatten interne Querelen die Linke Opposition
weitgehend gelähmt. Der bescheidene Zuwachs
an neuen Kräften war durch die Spaltung
wieder verloren gegangen. 80 Mitglieder verließen
mit Landau die Organisation. Sie verteilten
sich auf Berlin, Ludwigshafen, Leipzig und Hamburg-Harburg.
Insgesamt
150 Mitglieder in Bautzen, Berlin, Bruchsal,
Forst, Goldap, Hamborn, Hamburg, Heidelsheim,
Königsberg, Leipzig und Magdeburg wagten
den Neuanfang. Da Landau die Kontrolle über
die Zeitung Der Kommunist erfolgreich verteidigt
hatte, musste die Linke Opposition zunächst
mittels eines hektographierten Mitteilungsblattes
den Kontakt zu den Gruppen aufrechterhalten.
Im Juli 1931 erschien dann endlich die erste
Nummer der neuen Zeitschrift Permanente
Revolution. Noch im Oktober 1931 sprach
die LO selbst von einer „Periode der gewissen
Stagnation“, aber im Dezember meinte sie,
das „Stadium der Schwächung“
verlassen zu haben und eine langsame Aufwärtsentwicklung
feststellen zu können. Erst jetzt konnte
sich die eigentliche Stärke der LO, die
scharfsinnige Analyse der Endphase der Weimarer
Republik, besser entfalten. Besondere Aufmerksamkeit
widmete die LO dem bedrohlichen Ansteigen der
braunen Flut vor allem seit den Reichstagswahlen
im September 1930. Die sich verschärfende
Krise des kapitalistischen Wirtschaftsystems
und des Parlamentarismus, der nur scheinbar
unaufhaltsame Aufstieg der Nazi-Bewegung und
das katastrophale Versagen der Führungen
der ArbeiterInnenbewegung waren zentrale Themen
der LO-Publikationen. Die auch heute noch beeindruckende
Klarheit ihrer Kommentare, Einschätzungen
und Aktionsvorschläge verdankten sie vor
allem den Stellungnahmen Trotzkis. Von seinem
Exil in Prinkipo aus verstand er es wie kein
zweiter, immer wieder überzeugende, aktualisierte
Antworten auf die „Schicksalsfragen des
deutschen Proletariats“ zu geben. Unermüdlich
plädierten Trotzki und die Linke Opposition
für die Schaffung einer Einheitsfront der
ArbeiterInnenbewegung gegen die faschistische
Gefahr. Alle ihr zur Verfügung stehenden
Mittel konzentrierte die LO auf die Herausgabe
und Verbreitung preiswerter Trotzki-Broschüren.
Seit Ende 1931/Anfang 1932 fanden Trotzkis in
kurzen Abständen verfasste Analysen der
deutschen Entwicklung einen wachsenden Widerhall
bei Mitgliedern von KPD, SPD und Sozialistischer
Arbeiterpartei (SAP), ja sogar bei „linksbürgerlichen
Kreisen“. Im Juni 1932 bezifferte Anton
Grylewicz die Gesamtauflage der seit April 1931
herausgegebenen Broschüren auf 67.000,
von denen zum damaligen Zeitpunkt 55.000 Exemplare
verbreitet worden waren. Appelle wie der folgende
im internen Mitteilungsblatt der Reichsleitung
waren keine Seltenheit: „Jeder Genosse
muß es sich zur Pflicht machen, mindestens
10 Stk. der neuen Broschüre des Gen. Trotzki:
"Der einzige Weg zu verbreiten“.
Neben der Herausgabe und Verbreitung von Trotzki-
Broschüren widmete die LO seit Anfang 1932
ihrer Monatszeitung Permanente Revolution
verstärkte Aufmerksamkeit. Ab 1. Januar
1932 erschien die Permanente Revolution
vierzehntägig und schließlich ab
Ende Juli 1932 als Wochenzeitung im Zeitungsformat.
Die Auflage, die sich seit dem Erscheinen der
ersten Ausgabe mehr als verdoppelt hatte, wurde
im August 1932 mit 5.000 Exemplaren pro Nummer
angegeben. Im Vergleich zur ersten trotzkistischen
Zeitschrift, dem Kommunist, stellte
die Permanente Revolution aufgrund
ihres verbesserten Inhalts und des häufigeren
Erscheinens sicherlich einen Fortschritt dar.
Die Zeitung und die Broschüren Trotzkis
waren das eigentliche Bindeglied der LO.
ORGANISATORISCHER
AUFSCHWUNG |
Die
propagandistischen Anstrengungen der Linken
Opposition erhöhten den Einfluss ihrer
Ideen in einem Ausmaß, das im Verhältnis
zur Größe der Organisation bedeutend
war. In Diskrepanz dazu befand sich die organisatorische
Entwicklung der LO, wenn auch hier seit Ende
1931 ein deutliches Wachstum und die Gründung
neuer Ortsgruppen zu verzeichnen waren. Vor
allem die Hamburger und die Bruchsaler LO vergrößerten
ihre Mitgliederzahlen. In Oranienburg schloß
sich eine größere ArbeiterInnengruppe
der LO an. Der Linken Opposition gehörten
sowohl winzige Propaganda- Stützpunkte
als auch einige wenige, aber örtlich relativ
einflussreiche Gruppen in kleineren Städten
wie Bruchsal, Oranienburg oder Dinslaken an.
Dem zum größeren Teil aus älteren
Kadern bestehenden Kern der LO schlossen sich
seit Ende 1931 vor allem jüngere, das heißt
18- bis 35- jährige Menschen an. Trotz
ihrer Jugend waren sie meist schon mehrere Jahre
Mitglieder, teilweise auch FunktionärInnen
der KPD oder des Kommunistischen Jugendverbandes
(KJV) gewesen. Von ihrer sozialen Zusammensetzung
her war die LO im Gegensatz zu der auch heute
noch verbreiteten Legende des „intellektuellen
Trotzkismus“ eine ArbeiterInnenorganisation.
Lediglich in Universitätsstädten wie
Berlin oder Leipzig waren StudentInnen stärker
vertreten. Insgesamt dürfte die Linke Opposition
Ende 1932 ungefähr 600 Mitglieder in 44
Ortsgruppen und Stützpunkten gezählt
haben. Die Organisationsstruktur der LO orientierte
sich an den ursprünglichen Prinzipien des
demokratischen Zentralismus. Die Leitung einer
Ortsgruppe wurde von der örtlichen Mitgliederversammlung
gewählt. Sofern regional eine größere
Anzahl funktionsfähiger Ortsgruppen der
LO angehörten, konstituierten sie sich
auf einer Bezirkskonferenz zu einem Bezirk und
wählten sich eine Bezirksleitung. Außer
dem bereits 1930 geschaffenen Bezirk Sachsen
entstanden bis Anfang 1932 weitere Bezirke unter
anderem Rhein- Ruhr, Berlin-Brandenburg, Wasserkante
und Südwest. Die Reichskonferenz, auf der
die Ortsgruppen durch Delegierte vertreten waren,
wählte das Führungsorgan der LO, die
16-köpfige Reichsleitung. Eine siebenköpfige
Redaktionskommission besorgte die Herausgabe
der Permanenten Revolution.
EINHEITSFRONT
GEGEN FASCHISMUS IN BRUCHSAL … |
Richten
wir an dieser Stelle unser Augenmerk auf die
nordbadische Kleinstadt Bruchsal. Denn dort
befand sich die mit 100 Mitgliedern stärkste
lokale Organisation der LO. Sehr zum Ärger
der führenden badischen KPDFunktionäre
stellten die „Trotzkisten“ dort
die einzige kommunistische Kraft dar. Alle Versuche
der KPD-Bürokratie, die Bruchsaler LO um
Paul Speck zu „liquidieren“, scheiterten
an deren starker Verankerung in der Bruchsaler
ArbeiterInnennschaft. Die Linke Opposition spielte
eine führende Rolle in den örtlichen
Gewerkschaften und der ArbeiterInnensportbewegung.
Bei den badischen Kommunalwahlen erhielten die
Bruchsaler Linksoppositionellen 889 Stimmen
und damit neun Gemeinderatssitze. Im Gemeindeparlament
setzten sich die Vertreter der LO vor allem
für die Interessen der Erwerbslosen ein.
Auf Initiative der Bruchsaler LO gelang es gegen
den anfänglichen Widerstand der örtlichen
SPD-Führung, im Oktober 1931 einen paritätischen
Aktionsausschuss aus LO, SPD, Gewerkschaften
und anderen proletarischen Organisationen zu
bilden. Zu Versammlungen gegen Lohnabbau und
Faschismus konnte der Aktionsausschuss jeweils
weit über 1000 Menschen mobilisieren. Das
starke Wachstum der Bruchsaler LO-Gruppe und
ihr Einfluss in den umliegenden Ortschaften
Forst, Bretten und Heidelsheim verdankte sie
nicht zuletzt diesen Bemühungen. Offensichtlich
auf Anweisung einer höheren Parteiinstanz
verließ die SPD 1932 das Einheitskomitee.
Die „bewusste Sprengungspolitik“
des örtlichen SPD-Führers, so meinte
die Bruchsaler Linke Opposition, sei dadurch
erleichtert worden, dass ihre Einheitsfrontpolitik
nicht über Bruchsal hinaus verwirklicht
worden war. Trotz dieses Rückschlags konnte
die Bruchsaler LO ihren politischen Einfluss
ausweiten. Bei den Reichstagswahlen am 31. Juli
1932 erhielt die LO für die KPD 1.000 Stimmen,
die SPD lediglich 500 Stimmen. In seiner Broschüre
Was nun? nannte Trotzki Bruchsal „trotz
der bescheidenen Ausmaße ein Vorbild für
das ganze Land“. …
Eine
andere relativ einflussreiche Ortsgruppe der
Linken Opposition befand sich in Oranienburg.
Die dortige KPD schloss am 8. Januar 1932 Helmut
Schneeweiß, den örtlichen Leiter
des Kampfbundes gegen den Faschismus, wegen
angeblicher Zugehörigkeit zur LO aus. Die
KPD zog damit einen Schlussstrich unter die
schon längere Zeit schwelenden Differenzen
in der Einheitsfrontfrage. 56 weitere Mitglieder
des Kampfbundes, die sich mit Schneeweiß
solidarisiert hatten, wurden ebenfalls ausgeschlossen.
Mit entscheidend für den Übertritt
der Oranienburger DissidentInnen zur Linken
Opposition war die politische Anziehungskraft
der Schriften Trotzkis. Die neue LO-Gruppe und
der Proletarische Selbstschutz Oranienburg,
einer Nachfolgeorganisation des Kampfbundes,
waren personell weitgehend deckungsgleich. Dank
dieser fast 100 ArbeiterInnen und Arbeitslose
umfassenden Organisation stellte die Oranienburger
LO einen für die örtlichen Verhältnisse
beachtlichen politischen Faktor dar. Sie wurde
sofort im Sinne der Einheitsfrontbestrebungen
der LO aktiv. Das Arbeiter-Mai-Komitee, ein
Bündnis aus LO bzw. Proletarischem Selbstschutz
und SPD organisierte 1932 eine erfolgreiche
1. Mai-Demonstration. Es zeigte derart deutlich
die isolierenden Folgen der ultralinken KPD-Politik
auf, dass die KPD sich kurze Zeit später
gezwungen sah, dem in Arbeiter-Kampfkomitee
umbenannten Einheitsfrontorgan beizutreten.
Das aus je fünf VertreterInnen von SPD,
KPD und LO zusammengesetzte Komitee entfaltete
eine intensive Aktivität. Außer der
Veranstaltung mehrerer antifaschistischer Kundgebungen
und der Schaffung von Arbeiterschutzstaffeln
widmete es der koordinierten Betriebs- und Erwerbslosenarbeit
besondere Aufmerksamkeit. Ähnlich wie in
Bruchsal übte die Oranienburger Einheitsfrontbewegung
einen starken Einfluss auf die umliegenden Ortschaften
aus. Auch dort entstanden Einheitsfrontkomitees
und Selbstschutz-organisationen der ArbeiterInnenschaft.
In verschiedenen anderen Städten ergriff
die LO die Initiative zur Bildung lokaler Einheitsfrontausschüsse.
Meist scheiterten diese Bestrebungen jedoch
schon im Anfangsstadium, weil die LO dort zu
schwach war, um den Widerstand sozialdemokratischer
und stalinistischer Funktionäre zu brechen.
Anfang
Januar 1933 schlug die Permanente Revolution
erneut Alarm: „1933 [wird] das Jahr der
Entscheidung sein“. (Permanente Revolution,
3. Jg., Nr. 1, 1. Januarwoche 1933.) Die Ernennung
Hitlers zum Reichskanzler stellte für die
Linke Opposition das Ende der Epoche der „bonapartistischen“
Übergangsregimes dar, der mit diktatorischen
Vollmachten ausgestatteten Regierungen Papen
oder Schleicher. Noch ein letztes Mal warnte
die Permanente Revolution: „Hitlers
Programm ist die völlige Zerschlagung aller
politischen und gewerkschaftlichen Organisationen
der Arbeiterschaft, um den Weg für
eine noch ungeheuerlichere Verelendung der Arbeiterschaft
zu öffnen. Sein außenpolitisches
Ziel ist der Krieg mit Sowjetrußland.“
(Permanente Revolution, 3. Jg., Nr.
5, 1. Februarwoche 1933, Hervorhebungen im Original.)
ERNEUTE
STALINISTISCHE PROVOKATION |
In
dieser politisch entscheidenden Situation organisierte
die GPU eine erneute Spaltung der Linken Opposition.
Bereits im Herbst 1932 hatten Roman Well und
sein Bruder Adolf Senin durch eine Verschärfung
der organisationsinternen Debatte diesen Schritt
vorbereitet. Es war kein Zufall, dass dies fast
zeitgleich zu Trotzkis Reise nach Kopenhagen
im November 1932 und der dortigen inoffiziellen
Konferenz der Internationalen Linken Opposition
geschah. In der zweiten Januar-Hälfte 1933
versuchten Well und Konsorten der ArbeiterInnenöffentlichkeit
mit einer gefälschten Ausgabe der Permanenten
Revolution weiszumachen, dass die Mehrheit der
LO politisch und organisatorisch mit Trotzki
und der ILO gebrochen habe. Sowohl die Rote
Fahne der KPD als auch das Komintern-Organ Inprekorr
verbreiteten umgehend die Meldung vom „Zusammenbruch
der deutschen Trotzki-Gruppe“. Davon konnte
jedoch keine Rede sein. Etwa 35 Mitglieder spalteten
sich mit diesem Coup von der LO ab. Bezeichnenderweise
kommentierten andere linke Organisationen wie
SAP, KPO, Leninbund und die Landau-Gruppe mit
unverhohlener Befriedigung die Spaltung. Zwar
fiel es der LO nicht schwer, die absurden Behauptungen
der stalinistischen Agenten als „bestellte
Arbeit“ zu widerlegen. Dennoch musste
die LO zugeben: „Daß solche Leute
so lange in unseren Reihen weilten, ist sicher
Ausdruck unserer Schwäche.“
WIDERSTAND
UND EMIGRATION |
Die
Machtübergabe an Hitler und die Errichtung
der Nazi- Diktatur markierte für Trotzki
die „bedeutendste Niederlage in der Geschichte
der Arbeiterklasse“. Erneut hatte die
Linke Opposition im Wettlauf mit der politischen
Entwicklung wichtige Zeit verloren: Aufgrund
der Auseinandersetzungen mit der Well-Gruppe
konnte die ursprünglich für Ende Januar
1933 geplante Reichskonferenz der LO erst in
der Illegalität stattfinden. Am 11. und
12. März 1933 trafen sich Delegierte der
Ortsgruppen, Vertreter der Reichsleitung und
der ILO in Leipzig, um die neue Situation zu
analysieren. Hauptaufgabe sei es, den Widerstand
der Arbeiterklasse zu organisieren, den Aufbau
einer neuen Partei lehnte die Konferenz noch
ab. Zwar glaubte sich die Linke Opposition im
Rahmen ihrer Möglichkeiten gut auf die
Illegalität vorbereitet, aber sie musste
bereits in den ersten Monaten der NS-Diktatur
zahlreiche Verhaftungen vor allem in den örtlich
bekannten Gruppen hinnehmen (Oranienburg, Westdeutschland,
Leipzig …) Schon nach Papens Staatsstreich
am 20. Juli 1932 hatte die LO auf Beschluss
der Reichsleitung mit der Vorbereitung auf die
Illegalität begonnen. Die Ortsgruppen waren
in kleine, drei bis fünf Personen umfassende
Gruppen aufgeteilt worden. Diese wählten
jeweils eine Leitungsperson, die zusammen mit
den anderen auf Ortsebene eine sogenannte Fünfergruppe
bildete. Diese wiederum wählte eine Kontaktperson
zur Bezirksleitung bzw. direkt zur Reichsleitung.
Durch diese Maßnahmen sollte die LO besser
vor dem Zugriff staatlicher Repressionsorgane
geschützt werden. Trotz der geringen Größe
und der spärlichen materiellen Ressourcen
der Linken Opposition dürfen ihre organisatorischen
und propagandistischen Anstrengungen im Widerstand
nicht unterschätzt werden. Die Zugehörigkeit
zur Internationalen Linken Opposition erwies
sich erneut als großer politischer und
organisatorischer Vorteil. Sie milderte anfangs
die Probleme, die aus der zwangsläufigen
Trennung in eine im Untergrund arbeitende Inlands-
und eine im Exil aktive Auslandsorganisation
resultierten. Es war deshalb auch kein Zufall,
dass Unser Wort, die neue Zeitung der
LO, schon ab Mitte März 1933 in Prag herausgegeben
werden konnte. Unser Wort war nicht
nur eine der ersten Zeitschriften der illegalen
deutschen Opposition gegen die Nazis, sie war
auch eine der Publikationen, die am längsten
überlebten. Ihre letzte Ausgabe erschien
im Sommer 1941 in New York. Insgesamt flüchteten
zunächst etwa 50 Mitglieder der Linken
Opposition ins Ausland. Nicht nur in Prag, sondern
auch in Paris, Amsterdam, Antwerpen, Basel,
Wien, Reichenberg, Kopenhagen und London entstanden
Gruppen und Stützpunkte. Sie betreuten
von dort aus den jeweils geographisch benachbarten
Inlandsbezirk. So war zum Beispiel die Amsterdamer
Gruppe für die westdeutsche LO zuständig.
Im Sommer 1933 wurde Paris als Sitz des Auslandskomitees
(AK) bestimmt. Das Auslandskomitee stellte die
offizielle Führung der LO dar. Allerdings
war die Verbindung zwischen Exil- und Inlandsgruppen
sehr fragil. Wege und Möglichkeiten der
Kommunikation und des Materialtransports mussten
erst mühsam gefunden, weiter entwickelt
und oft neu hergestellt werden. Obwohl die Gestapo
die Kontakte mit dem Ausland immer wieder unterbrechen
konnte, besaßen die meisten Inlandsgruppen
zunächst ausreichende technische und politische
Ressourcen, um eigenständig arbeiten zu
können. Neben illegal hektographierten
Flugblättern und Zeitschriften (wie
Das andere Deutschland, Der Vortrupp, Die kritische
Parteistimme, Der Rote Kurier) konnte sich
der Widerstand auf das Zentralorgan Unser
Wort stützen. Es wurde nach Deutschland
eingeschmuggelt und beispielsweise in Berlin
vervielfältigt. Wie Oskar Hippe, ein führendes
Mitglied der Gruppe berichtete, stellte die
Berliner LO etwa 300 bis 400 kleinformatige
Fotoabzüge von jeder Zeitungsseite her
und verkaufte die Reproduktionen zusammen mit
einem einfachen Vergrößerungsglas
der Warenhauskette Woolworth an interessierte
Kontakte. Offensichtlich konnte die LO in den
ersten Monaten der Nazi-Diktatur nicht nur die
durch Verhaftungen entstandenen Lücken
teilweise wieder schließen. Sie vermochte
sogar kurzfristig, neue Kräfte vor allem
aus SPD und KPD zu gewinnen. Dadurch war trotz
des NS-Terrors die Funktionsfähigkeit der
LO zunächst relativ gut gesichert, aber
die politische Verständigung über
die neue Lage stand noch aus.
Zur
gleichen Zeit, als die Mehrheit der LO auf ihrer
Reichskonferenz den Kurs auf eine neue Partei
ablehnte, hatte Trotzki für die Vorbereitung
einer neuen Kommunistischen Partei plädiert.
Die kampflose Niederlage der KPD im Frühjahr
1933, die er mit der politischen Kapitulation
der SPD zu Beginn des Ersten Weltkriegs verglich,
bedeute ihr Ende als revolutionäre Partei.
Der Bruch der Internationalen Linken Opposition
mit der bisherigen Orientierung auf die Reform
von KPD und Komintern und die Wende zum Aufbau
neuer revolutionärer Parteien und einer
neuen Internationale führte zu Namensänderungen.
Seit Herbst 1933 nannte sich die LO Internationale
Kommunisten Deutschlands (IKD), die ILO hieß
seitdem Liga der Kommunisten- Internationalisten
(LKI). In dieser Phase war die SAP ein enger
Bündnispartner. Aber noch bevor die damaligen
Vereinigungsverhandlungen zwischen SAP und ILO/LKI
bzw. SAP und LO/IKD endgültig scheiterten,
legte das Auslandskomitee der LO/IKD mehr Wert
als bisher darauf, die eigene Organisation in
der Öffentlichkeit herauszustellen. So
erregten die Übertritte der ehemaligen
KPD-Reichstagsabgeordenten Maria Reese sowie
der prominenten Altkommunisten Karl Friedberg
(d.i. Karl Retzlaw) und Erich Wollenberg zur
IKD einiges Aufsehen. Allerdings löste
Trotzkis Werben um die früheren „linken“
KPD-Führer Ruth Fischer und Arkadij Maslow
Entsetzen in den Reihen des Auslandskomitees
und der Pariser IKD-Gruppe aus. Eher Anlass
zur Freude bot die Umstellung von Unser Wort
auf wöchentliches Erscheinen Anfang Februar
1934.
Im
März 1934 diskutierten Delegierte aus vier
IKD-Bezirken und Vertreter des AK auf einer
illegalen Organisationskonferenz, die als Hochzeitsfeier
getarnt war, ihre Widerstandstaktik. Zwar war
die besondere Bedeutung der „Kaderarbeit“
unstrittig, aber die Bedingungen erlaubten nur
ausnahmsweise die angestrebte Konzentration
auf die Betriebsarbeit, um die Verbindung zu
den Arbeitermassen wiederherstellen zu können.
In der Realität beschränkte sich die
„Kaderarbeit“ im wesentlichen auf
Diskussionen und Schulungen in kleinen Zirkeln,
denen nur Mitglieder oder enge SympathisantInnen
der IKD angehörten. Darüber hinaus
gab es Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen:
dem Internationalen Sozialistischen Kampfbund
(ISK), sozialdemokratischen sowie parteiunabhängigen
Gruppen und vor allem zur SAP – trotz
der Differenzen im Exil. Die IKD vermied es,
von wenigen Ausnahmen abgesehen, als Organisation
im Inland wahrnehmbar in Erscheinung zu treten.
Nur ausnahmsweise wurden zu dieser Zeit noch
Flugblätter verteilt oder Widerstandsparolen
an Häuserwände gemalt. Ende 1934 analysierte
die IKD, dass sich das Bild des Faschismus zu
verändern beginne. Die NS-Diktatur stützte
sich mehr als zuvor auf den Staatsapparat und
weniger auf seine aktive „ursprüngliche
Massenbasis. Der Übergang zu dieser „zweiten
Periode“ des Faschismus, der „bonapartistischen“
Phase eines „Faschismus ohne Massenbasis“
wurde allerdings erst Ende 1935 konstatiert.
Die „französische Wendung“
der LKI 1934, das heißt die Taktik des
Entrismus in die Sozialdemokratie, drängte
zeitweise die Fragen des deutschen Widerstands
in den Hintergrund. Die folgenden heftigen internen
Auseinandersetzungen lähmten im Spätsommer
desselben Jahres die Organisation. Im Herbst
gelang es einer Minderheit des Auslandskomitees
eine Zwei-Drittel- Mehrheit der IKD für
die Billigung der Eintrittstaktik zu gewinnen.
Die Mehrheit des AK um Bauer (d.i. Erwin Ackerknecht)
spaltete sich ab und schloss sich zunächst
der SAP an, um schließlich mit anderen
ehemaligen SAP-Mitgliedern als Gruppe Neuer
Weg eine kurzzeitige Existenz zu fristen.
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1934:
Die NS-Diktatur stützte sich mehr als
zuvor auf den
Staatsapparat |
An
Weihnachten 1934 fand die zweite Reichskonferenz
der IKD unter den größtmöglichen
Sicherheitsvorkehrungen geheim in der Schweiz
statt. Die Delegierten des innerdeutschen Widerstands
und der Exilgruppen tagten in einem Bildhaueratelier
in Dietikon, in der Nähe von Zürich.
Auf der Konferenz, die einem Teilnehmer zufolge
„ziemlich friedlich“ verlief, spielte
paradoxerweise die „Entrismus“-Frage
nur eine untergeordnete Frage. Im Mittelpunkt
stand die Diskussion über die politische
Lage in Nazi- Deutschland und die Aufgaben des
Widerstands vor allem in den Betrieben. Neben
der Fortsetzung der „zähen revolutionären
Kaderarbeit“ wurde eine verstärkte
Hinwendung der damals noch etwa 200 Mitglieder
zählenden Organisation zur SAP beschlossen.
Neben einem Auslandskomitee wählten die
Delegierten eine Inlandsleitung der IKD.
Abgesehen
von den schweren Verlusten in den ersten Monaten
nach der Machtübergabe an die Nazis war
die Linke Opposition und spätere IKD zunächst
weitgehend vor weiteren Verhaftungen verschont
geblieben. Im Sommer 1935 warnte das Reichenberger
IKD-Mitglied Julik (d.i. Wenzel Kozlecki) im
internen Informationsdienst der IKD: „Wir
dürfen… vor uns selbst kein Versteck
spielen. Unsere weitere Existenz hängt
davon ab, inwieweit und in welchem Zeitraum
wir verstehen, die für unsere Entwicklung
angepassten organisatorischen Verhältnisse
herbeizuführen. Wehe uns, wenn wir im Verhältnis
zur Gestapo zu kurz treten.“ (Informationsdienst,
Nr. 7/8 von August 1935, S. 22, Hervorhebungen
im Original.) Diese Warnungen kamen zu spät.
Bereits im Frühjahr 1935 war es der Gestapo
gelungen, die Grundlage für ihre späteren
Erfolge zu schaffen. Ab Herbst 1935 schnappte
die Falle zu. Verhaftungen, Folterungen durch
die faschistischen Schergen, neue Verhaftungen,
neue Folterungen – in Hamburg, Berlin,
Gelsenkirchen, Solingen, Köln, Essen, Neuß,
in Frankfurt am Main, in Magdeburg, in Danzig,
um nur die wichtigsten Gruppen zu nennen. Von
November 1935 bis Ende 1936 – im Laufe
eines Jahres – waren die Strukturen des
innerdeutschen IKD praktisch zerschlagen worden.
Nach dieser Verhaftungswelle verfügte die
IKD seit Anfang 1937 nur noch über zwei
intakte Gruppen, die eine in Berlin- Charlottenburg,
die andere in Dresden. In weiteren Städten
standen lediglich einzelne Mitglieder noch in
Kontakt mit dem Auslandskomitee. Die Verhafteten
mussten teilweise eine mehrjährige Untersuchungshaft
ertragen, während der die Gestapo durch
Folterung weitere Informationen über die
IKD zu erpressen versuchte. Die Anklagen wegen
„Vorbereitung des Hochverrats“ dienten
als Grundlage für die Verhängung meist
hoher Gefängnis- oder Zuchthausstrafen.
Für viele Opfer der NSJustiz war nach der
Verbüßung ihrer Haftstrafen der Leidensweg
nicht beendet. Vor allem die WiderstandskämpferInnen,
die die Gestapo als Leitungsmitglieder der IKD
identifizieren konnte, wurden danach in Konzentrationslager
in „Schutzhaft“ überführt.
Eine nicht bekannte Zahl von linksoppositionellen
Kommunisten wurde in der Gefangenschaft durch
Nazis ermordet, teilweise wie im Falle Werner
Scholems mit Unterstützung von Stalinisten.
Viele der Verurteilten mussten während
des Zweiten Weltkriegs im Strafbataillon 999
Kriegsdienst leisten. Nach Schätzung des
Auslandskomitees waren 1940 mindestens 150 IKD-Mitglieder
Gefangene des Regimes.
Nach
der Verhaftungswelle 1935/36 hatte die IKD den
wesentlichen Bezugspunkt ihrer politischen Arbeit
verloren. Dadurch verschlechterte sich die in
nahezu jeder Hinsicht schwierige Situation der
Exilorganisation noch mehr. Abgesehen vom „Kirchenkampf“
setzte sich die IKD immer seltener mit innerdeutschen
Fragen, dafür umso mehr mit internationalen
Themen (Belgien, Frankreich und natürlich
Spanien) sowie mit den Streitigkeiten in der
deutschen Emigration auseinander. Existenziell
verschärfte sich die Lage der Flüchtlinge
durch die Moskauer Schauprozesse ab August 1936
und die damit verbundene beispiellose stalinistische
Hetze gegen den „Trotzkismus“ als
„Spionage- und Diversionsagentur des Faschismus“.
Den Worten folgten blutige Taten. Der mittlerweile
NKWD genannte stalinistische Geheimdienst ermordete
Moulin (d.i.Hans Freund), Rudolf Klement, Erwin
Wolf und später Walter Held (d.i.Heinz
Epe), – um nur einige führende IKD-Mitglieder
zu nennen. Im Überlebenskampf der LKI unterstützten
die Exilgruppen der IKD aktiv die Kampagne zur
Verteidigung Leo Trotzkis und anderer Opfer
der stalinistischen Verfolgungen.
Vor
diesem düsteren politischen Hintergrund
entwickelte sich eine neue Krise in der Exil-IKD.
Ihre Eskalation führte im Sommer 1937 zum
Ausschluss einer kleinen Oppositionsgruppe um
Jan Bur (d. i. Walter Nettelbeck), die mit Fischer-Maslow
sympathisierte. Unter dem Einfluss von Josef
Webers Theorie der „rückläufigen
Bewegung“ der Klassenkämpfe beschloss
die Exil-Konferenz der IKD am 25. und 26. August
1937 eine Abkehr von der an Weihnachten 1934
festgelegten Orientierung. Die späteren
politischen Bruchlinien mit der IV. Internationale
waren hiermit inhaltlich bereits angedeutet.
Johre (d.i. Josef Weber) und Oskar Fischer (d.i.
Otto Schüssler) stimmten als IKDVertreter
auf der geheim tagenden Konferenz der LKI am
3. September 1938 für die Gründung
der IV. Internationale, die am Vorabend des
Zweiten Weltkriegs das politische und organisatorische
Überleben des revolutionären Marxismus
sichern sollte. Die zweite Etappe des Exils
begann schon kurze Zeit später mit der
Ausdehnung des Nazi-Reiches. Die Mitglieder
der Reichenberger IKD mussten vor den deutschen
Truppen nach Prag und von dort gemeinsam mit
ihren Prager GenossInnen weiter zunächst
nach Frankreich oder Großbritannien flüchten.
Seit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs war die
Redaktion von Unser Wort und später
auch die Leitung der IKD nach New York verlegt
worden, wo sich bereits 1938 eine Ortsgruppe
konstituiert hatte. Ein Teil der Kopenhagener
IKD um Georg Jungclas arbeitete auch nach der
Besetzung Dänemarks im April 1940 im Untergrund
weiter. Sie unterstützzten eine im Widerstand
aktive dänische ArbeiterInnengruppe der
IV. Internationale. Der andere Teil flüchtete
nach Schweden. Mit Beginn des sogenannten Westfeldzuges
der Wehrmacht waren auch die Exilgruppen in
den Niederlanden, Belgien und Frankreich direkt
bedroht. Einige Mitglieder konnten nach England
flüchten, wo sie sich der Londoner IKD
anschlossen. Andere tauchten unter, wurden aber
meist von der Gestapo verhaftet. Eine dritte
Gruppe, darunter die gesamte Pariser IKD, wurde
in südfranzösische Internierungslager
deportiert. Nur eine Minderheit von ihnen gelangte
in den Besitz USamerikanischer Visa und konnte
sich in die Vereinigten Staaten absetzen. Die
anderen fielen entweder ihren faschistischen
Häschern in die Hände oder schlossen
sich der Résistance an. Außerhalb
Europas und den USA fanden IKD-Mitglieder in
Argentinien, Kuba und Mexiko eine Zuflucht.
Anfang 1940 bestand die Auslands- IKD aus 10
Gruppen in Amerika und Europa mit insgesamt
etwa 70 Mitgliedern. Im Herbst 1941 wendete
sich die Mehrheit der Exil- IKD unter dem maßgeblichen
Einfluss Johres von der angeblich „in
jeder Beziehung (theoretisch, politisch, methodisch)
absolut unzulänglich[en]“ Arbeit
der IV. Internationale ab und versuchte mit
„Drei Thesen über die Lage in Europa
und die politischen Aufgaben“ für
eine „radikale Neuorientierung“
zu werben. Nach Kriegsende waren das Auslandskomitee
der IKD und seine UnterstützerInnen nicht
mehr bereit, auf der politischen Grundlage und
im organisatorischen Rahmen der IV. Internationale
weiterzuarbeiten. Mit der Herausgabe des ersten
Heftes von Dinge der Zeit im Juni 1947
verwirklichte die Gruppe um Johre ihr lange
gehegtes Projekt. Ihr Ziel war nun die „Schaffung
einer Weltorganisation für inhaltliche
Demokratie“.
Obwohl
die Führung der IV. Internationale seit
Anfang der 40er Jahre die Entwicklung der Exil-IKD
mit großer Skepsis betrachtet hatte, wurde
sie weiterhin als Bestandteil der Bewegung betrachtet.
Allerdings erwartete sie von der Strömung
um Johre keine Impulse für den aus ihrer
Sicht so dringend erforderlichen Wiederaufbau
der deutschen Organisation.
FORTSETZUNG
DES WIDERSTANDS |
In
Zusammenarbeit mit der französischen Sektion,
der Parti ouvrier internationaliste (POI), und
dem damaligen Linkskommunisten Paul Thalmann
gelang es einer winzigen Gruppe deutscher Mitglieder
der IV. Internationale um Viktor (d.i. Paul
Widelin), ab dem Frühjahr 1943 Widerstand
in den deutschen Besatzungstruppen zu organisieren.
Die Bildung kommunistisch-internationalistischer
Zellen in der Wehrmacht, die Herausgabe von
Flugblättern und einer Zeitung mit dem
programmatischen Titel Arbeiter und Soldat
war nur ein Aspekt ihrer kühnen Aktivitäten.
Ein anderer bestand in der Lieferung deutscher
Waffen und der Vermittlung deutscher Deserteure
an die bewaffneten Widerstandsgruppen der POI.
Im Herbst 1943 gelang es der Gestapo, diesen
antimilitaristischen Ansatz blutig zu unterdrücken.
Seit März 1944 bemühte sich eine Kommission
deutscher Mitglieder der IV. Internationale
die Aktivitäten des kleinen Kreises von
EmigrantInnen zu reorganisieren, der alle bisherigen
Verfolgungen überlebt hatte. Als Bund der
Kommunisten-Internationalisten sorgte diese
Gruppe für die illegale Herausgabe eines
hektographierten Bulletins unter dem alten Titel
Unser Wort sowie für das Erscheinen
weiterer Ausgaben von Arbeiter und Soldat.
Die Verhaftung und Ermordung Viktors/Widelins
durch die Gestapo im Sommer 1944 bedeutete einen
weiteren schweren Rückschlag für die
Reorganisation der deutschen Sektion.
Die
kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager verfasste
„Erklärung der Buchenwalder Trotzkisten“
forderte die Errichtung eines „Rätedeutschland
in einem Räteeuropa“. Die Reste der
Charlottenburger IKD wollten zur gleichen Zeit
bewaffnete Arbeitergruppen aufbauen. Dies waren
heroische, aber symbolische Gesten, denn die
deutsche Revolution fand nicht statt.
Eine kleine Schar deutscher Mitglieder der IV.
Internationale um Georg Jungclas, der aus der
Nazihaft befreit worden war, musste mehr als
15 Jahre nach der Gründung der Linken Opposition
die deutsche Sektion neu aufbauen.
Welches
Resümee können wir ziehen? Die ersten
15 Jahre des organisierten deutschen „Trotzkismus“
waren geprägt von der scharfen Krise der
ArbeiterInnenbewegung. SPD und KPD hatten die
politische Spaltung und Lähmung der ArbeiterInnenklasse
zu verantworten, die direkt in die verheerende
Kapitulation von 1933 führte. Sie ermöglichte
nicht nur die faschistische Diktatur, sondern
auch den späteren zeitweiligen Triumph
des Stalinismus.
Die Linke Opposition konnte diese katastrophalen
Entwicklungen nicht verhindern, aber sie skizzierte
eine realistische Alternative zum Versagen der
sozialdemokratischen und stalinistischen „Realpolitiken“
und den ihnen zugrunde liegenden Ideologien.
Eine Alternative, die in ihren Grundgedanken
auch heute noch aktuell ist.
Die Geschichte von LO und IKD ist ein Beleg
für oft unterschätzte oder gar missachtete
Funktion kleiner Organisationen. Zum einen als
sensible Seismographen sich ankündigender
gesellschaftlicher Veränderungen und zum
anderen als Zentren praktischen politischen
Widerstands, die keinen Vergleich zur Wirksamkeit
von parlamentarisch orientierten und bürokratisierten
Massenparteien zu scheuen brauchen.
Ohne die politische und organisatorische Unterstützung
auf internationaler Ebene hätte die LO
und spätere IKD kaum ihre auch heute noch
wertvollen Beiträge zur Analyse und zur
Bekämpfung der finsteren Barbarei dieser
Zeit leisten können. Und sie hätte
nicht – zumal in ihren Reihen (stalinistische)
Spitzel und Provokateure aktiv waren –
die Kontinuität und das Überleben
ihrer eigenen Strömung sichern können
– als kleines, aber nützliches Instrument
im Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung.
Der unerschrockene und beharrliche Kampf entschlossener
und aufrechter Menschen, die sich in LO und
IKD organisiert hatten, ist ein Teil der besseren
deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. Er
hat es verdient, vor dem Vergessen bewahrt zu
werden.
Dieser
Text ist die überarbeitete Fassung eines
Referats des Autors auf der Gelsenkirchener
Tagung zum Widerstand linker Kleinorganisationen
gegen den Nationalsozialismus am 28. Februar
2004. Soweit nicht anders angegeben beruht die
Darstellung auf Wolfgang Alles, Zur Politik
und Geschichte der deutschen Trotzkisten ab
1930, Köln 1994 (2. Auflage). Alle Zitate
ohne Quellenangabe sind dieser Untersuchung
entnommen.
|
Wolfgang
Alles Zur
Politik und
Geschichte der deutschen Trotzkisten ab
1930
295
Seiten, Euro 21,50
2. Auflage, Köln: ISP, 1994
ISBN 3-929008-01-7
Neuer ISP Verlag |
|
Barbara
Weinhold Eine
trotzkistische Bergsteigergruppe aus Dresden
im Widerstand gegen den Faschismus
244
Seiten, Bildteil, Euro 21,00
ISBN 3-89900-110-9
Neuer ISP Verlag
Buchbesprechung
in der "jungen Welt"
Ein Buch über eine weitgehend unbekannte
trotzkistische Widerstandsgruppe in Dresden
ergänzt die Geschichte des Antifaschismus
Mit der Serie »Rote Bergsteiger«
erinnerte das DDR-Fernsehen 1968 an den
antifaschistischen Widerstand kommunistischer
Bergsteiger. Ein bislang weitgehend unbekanntes
Kapitel beleuchtet das Buch »Eine
trotzkistische Bergsteigergruppe aus Dresden
im Widerstand gegen den Faschismus«.
Die Autorin Barbara Weinhold wurde auf
die Antifaschisten durch den Nachlaß
ihrer in dieser Gruppe aktiven Tante Käthchen
Kozlecki aufmerksam. Weitere Quellen fanden
sich unter anderem in Prozeßakten
der Nazis, dem Trotzki-Archiv in Harvard
(USA) und in Gesprächen mit noch
lebenden Zeitzeugen wie dem Frankfurter
Trotzkisten Rudolf Segall.
Vor
dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise
und des faschistischen Vormarsches drang
zunehmend Politik in die Gruppenabende
der in der Vereinigten Kletterabteilung
(VKA) der Naturfreunde organisierten Arbeitersportler.
Als die Bergsteiger 1930 den Kommunisten
Ernst Glaser zum Vorsitzenden wählten,
beschloß der sozialdemokratisch
dominierte sächsische Gauvorstand
die Auflösung der Kletterabteilung.
Unter dem Namen Naturfreundeopposition-VKA
organisierten sich die kommunistischen
Bergsteiger neu.
Besonders
aktiv auf politischem Gebiet war die um
den Arbeiter und Lehrer der Dresdner Marxistischen
Arbeiterschule MASCH Gerhard Grabs gebildete
Gruppe in den Dresdner Stadtteilen Loschwitz/Rochwitz.
Die durch Freundschaften langjährig
verbundenen Arbeiter kamen zumeist aus
sozialdemokratischen Elternhäusern.
Von der feigen Rückzugspolitik der
SPD waren die jungen Bergsteiger abgestoßen
und von der ultralinken KPD-Linie, die
in der Sozialdemokratie den »sozialfaschistischen«
Hauptfeind sah, enttäuscht. »Das
starke Anwachsen des Faschismus ließ
mich die Frage stellen und schließlich
verneinen, ob die von der Partei verfolgte
Politik richtig und geeignet sei, die
Faschisierung zu verhindern«, erläutert
Grabs, der wegen dieser Haltung aus der
KPD ausgeschlossen wurde. »Ich ...
stand auf dem Standpunkt, daß nur
eine über eine Einheitsfront KPD-SPD
hinweggehende Aktion die sozialdemokratischen
Massen von der reformistischen Führung
loslösen könnte.« Antworten
fanden sich in Broschüren mit Analysen
und Ratschlägen Leo Trotzkis, die
der Werkzeugmacher Wenzel Kozlecki aus
Berlin mitbrachte. Im Sommer 1932 trat
die Loschwitzer Gruppe der trotzkistischen
Linken Opposition der KPD bei.
Nach
Errichtung der faschistischen Diktatur
gelang es der Loschwitzer Gruppe, ihren
Zusammenhalt zu wahren. Ihre Widerstandstätigkeit
bestand zunächst darin, illegal Tausende
Exemplare marxistischer Zeitungen und
Broschüren über die deutsch-tschechische
Grenze zur Verteilung in mehreren deutschen
Städten zu bringen. Später wurden
auch Genossen über die Grenze geschleust.
Wenzel
Kozlecki und seine Frau Käthchen
mußten schon im Sommer 1933 in die
CSR fliehen, als ihnen die Gestapo auf
die Spur kam. Dort arbeiteten sie für
die Internationale Linke Opposition, bis
Kozlecki ein von Trotzki organisiertes
Visum für Mexiko angesichts des drohenden
Einmarsches der Wehrmacht nach Prag Ende
1938 das Leben rettete. Die Loschwitz/Rochwitzer
Trotzkistengruppe wurde 1937/38 von der
Gestapo zerschlagen. Ihre Mitglieder verbrachten
viele Jahre in Gefängnissen und Konzentrationslagern.
Unmittelbar nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus
beteiligten sich die Bergsteiger am Aufbau
eines Antifaschistischen Aktionsausschusses
in Dresden-Rochwitz. Die ehemaligen Trotzkisten
unternahmen nach 1945 keinerlei Versuche,
erneut eine Oppositionsgruppe aufzubauen,
sahen mehrheitlich die DDR als ihre Heimat
an und hatten Hoffnungen oder Illusionen
in den sozialistischen Aufbau. Dennoch
geriet Gerhard Grabs in eine antitrotzkistische
Hexenjagd, wurde aufgrund seiner Vergangenheit
1951 vorübergehend aus der SED ausgeschlossen
und verlor seinen Arbeitsplatz als Direktor
der Landesdruckerei Sachsen.
Ergänzt
wird die streckenweise etwas zäh
zu lesende Arbeit von Barbara Weinhold
durch Bildmaterial und einige Originalartikel,
unter anderem von Wenzel Kozlecki zur
nationalen Frage in der Tschechoslowakei.
Dem engagierten Neuen isp Verlag ist zu
danken, daß er ein Buch zu diesem
doch sehr speziellen Thema verlegt und
damit eine Lücke in der Erforschung
des deutschen Trotzkismus und des antifaschistischen
Widerstands geschlossen hat.
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