Manifest
: wir Frauen sind wütend!
Jetzt
reicht’s! Wir Frauen sind stinksauer!
Die
lohnabhängigen Frauen gehören zu den
grossen Verliererinnen beim gegenwärtigen
Angriff auf die Renten. Die vielfältigen
Benachteiligungen, die Frauen während ihres
Erwerbslebens und auch sonst in der Gesellschaft
erfahren, setzen sich auch nach dem Ausscheiden
aus dem Beruf in der Alterssicherung im Rentenalter
fort. Höchste Zeit, dass wir uns dagegen
wehren!
In
der Schweiz und europaweit läuft ein Angriff
der besitzendenden Klasse gegen die Lohnabhängigen.
Das Kapital will sich einen grösseren Anteil
des Reichtums, der von den Arbeiterinnen und
Arbeitern geschaffen wird, unter die Nägel
reissen. Der Rentenklau ist ein Beispiel dafür.
In diesem Zusammenhang haben Unternehmer (Versicherer
wie „Winterthur“, „Rentenanstalt“,
„Zürich“ & Co.) und Bundesrat
Couchepin einen Angriff auf die heute schon
bescheidenen Renten der Lohnabhängigen
gestartet. Die Verliererinnen dieser Angriffe
sind die Frauen. Die 11. AHV-Revision und die
1. Revision des Gesetzes über die berufliche
Vorsorge (BVG, Zweite Säule) werden die
ohnehin schon ungenügende Altersvorsorge
der Frauen einschneidend verschlechtern.
„Papier
ist geduldig“: Das Recht auf eine existenzsichernde
Rente wurde nie umgesetzt
1948
wurde das Recht auf eine existenzsichernde Altersvorsorge
für alle in der Bundesverfassung verankert.
Die AHV sollte den Menschen einen Ruhestand
in Würde ohne grössere finanziellen
Sorgen ermöglichen und die Armut im Alter
bekämpfen. Wie sieht die Realität
aus? Die Durchschnittsrente beträgt für
Frauen 1769 Franken, für Männer 1785
Franken und für Paare ganze 2969 Franken!
Seit einiger Zeit nimmt die Armut in der Schweiz
zu. Diejenigen Menschen, die heute an der Armutsgrenze
leben, werden auch im Alter arm sein. Die AHV-Rente
ist für immer mehr Menschen nicht existenzsichernd:
11% der RentnerInnen sind angewiesen auf Ergänzungsleistungen
und AHV-Beihilfen, davon sind 3/4 Frauen. Immer
mehr Frauen werden im Rentenalter an die Fürsorge
abgeschoben.
Und jetzt sollen wir noch länger
arbeiten und dafür noch weniger Rente bekommen?
Im
Rahmen der 11. AHV-Revision soll das Rentenalter
für Frauen von 64 auf 65 Jahre angehoben
werden. Schon bei der 10. AHV-Revision bezahlten
die Frauen das „Splitting“ und die
„Erziehungsgutschriften“ mit der
Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64
Jahre. Für die 11. AHV wurde uns „versprochen“,
ein „flexibles Rentenalter“ einzuführen.
Wir haben schon damals die Beibehaltung des
Rentenalters 62 für die Frauen verteidigt:
Wie sich gezeigt hat, war das „flexible
Rentenalter“ nur eine Mogelpackung, um
die Erhöhung des Rentenalters zu verkaufen.
Die 11. AHV Revision ist – wie dies Bundespräsident
Pascal Couchepin schon angekündigt hat
– nur ein Schritt in Richtung Rentenalter
67 oder gar höher für alle! Das ist
eine verkehrte Gleichberechtigung!
Zweimal
diskriminiert: im Erwerbsleben und bei den Renten
Den
Frauen werden nach wie vor diejenigen Aufgaben
zugeschrieben, die in der Privatsphäre
des Hauses und der Familie erledigt werden oder
davon abgeleitet sind (Pflege, Erziehung, Textil,
Nahrungsmittel, usw). Auch als Erwerbstätige
sind Frauen mehrheitlich in den sogenannten
weiblichen Sektoren beschäftigt. Ihre Arbeit
wird abgewertet, auch wenn sie als Erwerbsarbeit
ausgeführt wird. Dies zeigt sich in geringeren
Löhnen, weniger Aufstiegsmöglichkeiten
und schlechteren Weiterbildungsaussichten. Die
Schlechterstellung der Frauen in der Altersvorsorge
widerspiegelt die vielfältigen Diskriminierungen,
mit denen Frauen in ihrem beruflichen und sozialen
Leben konfrontiert sind.
Mit
dem „Winterthur-Modell“ kürzen
die Privatversicherer die Renten der 2. Säule
um 7,6% bei den Männern und um 9,6% bei
den Frauen – obwohl Frauen schon jetzt
tiefere Renten erhalten! Der Bundesrat hat dem
zugestimmt: Die Profite der Vericherungslobby
sind ihm eben wichtiger als die Ansprüche
der Lohnabhängigen und die Gleichberechtigung
zwischen Mann und Frau.
Insgesamt
leisten die Frauen 2/3 der Arbeit für 1/3
des Lohns
62,6
% der Frauen, die Kinder im Alter unter 6 Jahre
haben, sind erwerbstätig. Die Hausarbeit
und die Kinderbetreuung wird nach wie vor mehrheitlich
– und gratis – von den Frauen geleistet.
Frauen verrichten durchschnittlich während
24,4 Stunden pro Woche Hausarbeit und Kinderbetreuung,
bei den Männern beträgt dieser Anteil
10,1 Stunden pro Woche. Obwohl die meisten Frauen
einen doppelten Arbeitstag haben, verdienen
sie im Durchschnitt 23% Prozent weniger als
die Männer.
Erziehungsarbeit
zahlt sich nicht aus
Die
Renten (aus den AHV-Beiträgen) sind ein
Lohnbestandteil. Deshalb widerspiegeln sich
in den Renten die Lohdiskriminierungen, denen
die Frauen während ihres ganzen Berufslebens
ausgesetzt sind. Für die Höhe unserer
zukünftigen Rente entscheidend sind die
Anzahl Jahre, in denen Beiträge bezahlt
wurden, und die Einkommenshöhe. Das momentane
Altersvorsorgesystem berücksichtigt die
Folgen von Haus- und Betreuungsarbeit nicht
genügend. Einerseits kommen viele Frauen
aufgrund von Unterbrüchen in der Erwerbsarbeit
auf kürzere Beitragszeiten. Andererseits
verdienen Frauen weniger (viele der typischen
Frauenberufe sind schlecht bezahlt) und verrichten
mehr und länger Teilzeitarbeit (50% der
erwerbstätigen Frauen arbeiten Teilzeit;
zwei Drittel der Erwerbstätigen, die auf
Abruf arbeiten, sind Frauen). Kürzere Beitragszeiten
und geringere Einkommenshöhe bedeuten tiefere
Renten.
Frau
am Herd und Mann an der Büez? Von wegen...!
Die
gesellschaftliche Diskriminierung der Frauen
als in der Regel höchstens dazuverdienende
Ehefrau wird mit der 11. AHV-Revision fortgesetzt.
Die AHV wie auch die 2. Säule wurden errichtet
auf der Basis eines Modells des männlichen
Lohnabhängigen: Der Mann als „Haupternährer“
und die Frau (höchstens) als „Zuverdienerin“.
Die Rentenansprüche sind weiterhin an den
Zivilstand geknüpft: PartnerInnen in nicht-ehelichen
– heterosexuellen oder homosexuellen –
Lebensgemeinschaften haben bisher weder Anspruch
auf ein Einkommenssplitting noch auf Witwen/Witwerrente.
Für
die Frauen ist das Dreisäulen-System ungerecht
und diskriminierend
Aufgrund
der heutigen gesetzlichen Regelungen können
nur die wenigsten Frauen von der zweiten Säule
profitieren. Rund 500 000 Frauen (Teilzeitarbeitende,
Kleinverdienerinnen, „neue“ Selbständigerwerbende)
sind erwerbstätig, ohne einer Pensionskasse
beitreten zu können. Diejenigen Frauen,
die zwar nicht erwerbstätig sind, aber
als Mütter und Hausfrauen Gratisarbeit
leisten, sind ebenfalls nicht versichert. Und
unter denjenigen Frauen, die versichert sind,
haben die Hälfte einen Anspruch auf weniger
als 10'000 Franken pro Jahr. Die zweite Säule
(BVG) garantiert nur wenigen, gut verdienenden
Frauen eine angemessene Rente.
Mit
dem Vorschlag, die Schwelle für die Beitragspflicht
für die zweite Säule von Fr. 25'320.--
auf Fr. 18 990.— zu senken, werden die
Nettolöhne der Frauen weiter sinken. Die
Aussicht, die einbezahlten Beiträge in
Form einer Rente je wieder zu sehen, ist heute,
wo das ganze Gebilde der zweiten Säule
in einer strukturellen Krise steckt, äusserst
unsicher.
Uns
Frauen reicht’s! Da machen wir nicht mehr
mit!
Nachdem
sich die Frauen jahrelang in Doppel- und Dreifachbelastungen
aufgerieben habe, erhalten sie im Alter nicht
einmal eine existenzsichernde Rente. Das kann
nicht der Lohn sein für all die Gratisarbeit,
die Frauen im Laufe ihres Leben für unsere
Gesellschaft leisten.
Uns
reicht’s! Wir sollen länger arbeiten
für weniger Rente und erst noch immer mehr
unbezahlte Arbeit in Haushalt und Familie übernehmen?
Da machen wir nicht mehr mit! Wir, die Frauen
von der Bewegung für den Sozialismus (BFS),
rufen alle Frauen auf, sich zu wehren, sich
zu organisieren und gemeinsam gegen Rentenklau
und Sozialabbau zu kämpfen.
Die 11.-AHV-Revision: Auswirkungen für
die Frauen in Kürze
-
Erhöhung des AHV-Rentenalters
für Frauen von 64 auf 65 Jahre:
den Frauen werden jährlich 450
Millionen Franken weniger Renten ausbezahlt.
(Wie Couchepin ankündigte, soll
das Rentenalter für Männer
und Frauen auf 67 Jahre angehoben
werden ...)
- Abschaffung
der Renten für einen grossen
Teil der Witwen: Den Witwen werden
in Zukunft 786 Millionen Franken jährlich
weniger ausbezahlt.
- Verlangsamung
der Rentenanpassung (alle drei statt
alle zwei Jahre, was einen weiteren
Kaufkraftverlust bedeutet).
|
Wir
fordern:
-
eine
existenzsichernde, würdige
Altersrente für alle Frauen,
damit wir auch im Alter noch würdevoll
leben und lachen können
-
keine
Erhöhung des Rentenalters
-
einen
Ausstieg aus dem 3-Säulensystem:
Überführung der zweiten
Säule in die AHV, Aufbau einer
Super-AHV!
|
Darüber
hinaus wollen wir dafür kämpfen, dass
gesellschaftliche Bedingungen für eine
echte Gleichberechtigung geschaffen werden:
massive Ausweitung der öffentlichen Strukturen
im Bereich Kinderbetreuung (z. B. Krippen),
Gesundheitswesen, Betreuung von Kranken und
alten Menschen (die immer mehr im privaten Bereich
von Frauen übernommen wird); radikale Arbeitszeitverkürzung
ohne Lohneinbusse und Intensivierung der Arbeit;
gerechte Verteilung von Haushalts- und Erwerbsarbeit
zwischen Mann und Frau.
Wir,
die BFS-Frauen, unterstützen das
Manifest „Wir Frauen sind wütend.
Wir sollen länger arbeiten für
weniger Rente? NEIN DANKE!“ und
fordern alle Frauen auf, das Manifest
zu unterschreiben und viele weitere
Frauen für eine Unterschrift zu
motivieren. Das Manifest kann heruntergeladen
werden unter http://www.debatte.ch/PDF/Frauenmanifest_Renten.pdf
oder bei uns angefordert werden.
Die
mehr als 1000 Frauen, die das Manifest
bisher unterschrieben haben, bringen
ihre Wut kollektiv zum Ausdruck und
sagen „Halt! Es ist genug. Wir
kämpfen entschlossen für das
Recht auf eine würdige Altersvorsorge
und für die Umsetzung des Bundesverfassungsartikels,
der eine existenzsichernde Rente für
alle garantiert.“ Sie fordern
alle Frauen auf, das Referendum gegen
die 11. AHV-Revision und gegen eine
allfällige Aufhebung des Mischindexes
zu unterstützen und einen Aktions-
und Streiktag nach dem Vorbild des Frauenstreiks
ins Auge zu fassen und an den Diskussionen
für den Ausstieg aus dem 3-Säulensystem
und für den Ausbau der AHV teilzunehmen.
Ich
schliesse mich den tausend wütenden
Frauen an und unterzeichne das Manifest
„Wir Frauen sind wütend.
Wir sollen länger arbeiten für
weniger Rente? NEIN Danke!“
Name,
Vorname......................................................................................................
Beruf,
Organisation......................................................................................
Adresse,
email........................................................................................................
Talon
bitte bis Ende September 2003 an: BFS-Frauen,
Postfach 8707, 8036 Zürich oder
an
bfs-zh@bluewin.ch.
|
Sparmassnahmen
im Kanton Zürich: die Frauen triffts!
Im
Kanton Zürich sollen bis zum Jahr 2007
2 Milliarden Franken bei den öffentlichen
Ausgaben und bei den Beschäftigten und
BenutzerInnen des öffentlichen Dienstes
eingespart, d.h. abgebaut werden. Der Abbau
findet vorallem in Gesundheits- und Bildungsbereich
statt, wo traditionell viele Frauen beschäftigt
sind. Die Frauen sind von diesem Raubbau doppelt
und dreifach betroffen:
Frauen
müssen schneller, länger und flexibler
arbeiten und erhalten dafür weniger Lohn
Einerseits
als Beschäftigte im öffentlichen Dienst
(die jetzt um ihre Stelle fürchten müssen
oder aber unter dem Motto „Effizienzsteigerung“
schneller und/oder länger arbeiten müssen
und dies meistens für einen tieferen Lohn
(so wird z.B. der Teuerungsausgleich nur noch
zur Hälfte ausbezahlt und der automatische
Stufenanstieg wird gestrichen). Da viele Frauen
sowieso schon in Niedriglohnbranchen tätig
sind und die Hälfte der Frauen Teilzeit
arbeitet, wird es für Frauen immer schwieriger,
ihre Existenz zu sichern, immer mehr Frauen
werden in die Armut gedrängt. Tiefe Löhne
bedeuten immer auch tiefere Renten und somit
werden diese Frauen auch im Alter keine existenzsichernde
Altersrente zu erwarten haben.
Öffentliche
Aufgaben werden auf die Frauen abgeschoben
Andererseits
sind die Frauen als Benutzerinnen ganz direkt
betroffen vom Abbau im Service public. Durch
den Abbau der Leistungen werden ehemals öffentliche
Aufgaben in den privaten Bereich rückverlagert.
Das bedeutet, dass Frauen noch mehr Gratisarbeit
zu leisten haben werden: z.B. bei der Kinderbetreuung
(weniger bzw. teure Krippenplätze), bei
der Pflege und Betreuung von alten und kranken
Menschen (Leistungs- und Qualitätsabbau
im Gesundheitswesen), etc. Die Rückverlagerung
öffentlicher Aufgaben in den Privatbereich
zwingt die Frauen wieder vermehrt zurück
ins Haus, an den Herd und zu den Kindern.
Die
Reichen werden immer reicher, die Armen immer
ärmer
Zwischen
den laufenden massiven Angriffen auf die öffentlichen
Ausgaben und der Aushöhlung der Altersvorsorge
besteht ein Zusammenhang. Diese Angriffe sind
Teil der Antwort der bürgerlichen Kreise
auf die Krise der kapitalistischen Wirtschaft.
Wie bei Betriebsumstrukturierungen und Entlassungen
geht es auch bei den „Sparmassnahmen“
im öffentlichen Sektor um einen Kampf um
die Kontrolle, Verwendung und Verteilung des
durch die Lohnabhängigen geschaffenen Reichtums.
Dank der Krise soll das gesellschaftliche Kräfteverhältnis
zwischen Kapital und Arbeit radikal verändert
werden. Wenige Reiche werden noch reicher und
immer mehr Arme werden noch ärmer. Mit
dem „Sanierungsprogramm 04“ des
Kantons Zürich bezahlen die Lohnabhängigen
die Steuergeschenke an die Superreichen der
letzten paar Jahre.
Die
Einsparungen werden zu einem grossen Teil in
jenen Sektoren gemacht, in denen die Frauen
sowohl als Benutzerinnen als auch als Angestellte
zahlreich betroffen sind: im Gesundheitsbereich
und im Bildungswesen. Eine Mehrheit der Frauen
sind somit gleichzeitig von der wirtschaftlichen
Krise und dem stattfindenden massiven Sozialabbau
betroffen. Wir, die Frauen der BFS erachten
es als dringend, dass sich die Frauen organisieren
und sich gemeinsam zur Wehr setzen gegen die
immer massiveren und aggressiveren Angriffe
von bürgerlicher Seite. |