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Das WEF ist auch bei Filtrona:

Solidarität mit den Streikenden

Interview mit Cécile Pasche, Frauensekretärin der Gewerkschaft Comedia

Das WEF ist auch in Crissier. Was die „global leaders“ in Davos predigen, will der Konzern Bunzl gegenüber den Beschäftigten der Zigarettenfilterfabrik Filtrona in Crissier in die Praxis umsetzen. Die Kolleginnen und Kollegen von Filtrona erleben, was es heisst, einem „global player“ ausgeliefert zu sein. Aber sie finden sich damit nicht ab; sie kämpfen. Am Samstag, den 22. Januar – gleichzeitig mit dem Protesttag gegen das WEF in Bern – findet in Lausanne eine Solidaritätsdemonstration mit den KollegInnen von Filtrona statt. Diese Demonstration entspricht auch der Politik des Anti-WEF-Bündnisses, das den Protest gegen das WEF mit dem alltäglichen Widerstand gegen den Sozialabbau, den Lohnraub und die Restrukturierungen auf Kosten der Beschäftigten verbinden will.


Cécile Pasche, Frauensekretärin der Gewerkschaft Comedia und aktiv im Streik der Filtrona-Beschäftigten, informiert im nachfolgenden Interview über die Hintergründe dieses Streiks.

Warum sind die Beschäftigten von Filtrona Ende November in den Streik getreten?

Die Kolleginnen und Kollegen von Filtrona wollen ihre Arbeitsplätze verteidigen. Das war vor zwei Monaten so und das gilt auch heute noch, selbst wenn wir sicher sind, dass Filtrona die Produktionsstätte in Crissier schliessen wird. Die Betriebskommission hat bereits im Sommer von der Direktion klare Informationen über die Zukunft des Standortes Crissier verlangt. Aber sie prallte an eine Mauer des Schweigens.

Dazu muss ich einige Hintergründe erläutern. Als Filtrona (der international tätige Zigarettenfilter-Hersteller Filtrona ist ein Teil der britischen Finanzgruppe Bunzl) im Oktober 2003 die Firma Baumgartner übernahm, eröffnete sie der Belegschaft, sie habe 18 Monate Zeit, also bis zum April 2005, um profitabel zu sein.

Schon bald nach der Übernahme leitete Filtrona eine Restrukturierung ein. Sie schloss die profitable Abteilung Kapillarbehälter- Produktion und verlagerte sie nach Deutschland. Die Kolleginnen und Kollegen beobachteten auch, dass drei Maschinen zur Herstellung von Zigarettenfiltern demontiert und nach England verschoben wurden. Das Unternehmen entliess Techniker ohne sie zu ersetzen und ersetzte auch den bisherigen Direktor durch einen neuen Direktor aus England, der bereits für die Schliessung des Werks in Rovereto zuständig war.

Diese Schritte zeigten den Beschäftigten, dass die neuen Eigentümer die Produktion nicht aufrechterhalten wollen. Ja, die Konzernleitung zwang den ArbeiterInnen bewusst eine nichtrentable Situation auf. Darum haben sich die ArbeiterInnen bei der Dirketion gemeldet. Diese hat aber nie reagiert. Da blieb nichts anderes übrig, als in den Streik zu treten.



Was sind die Forderungen des Streiks?

Die Forderungen sind einfach. Es geht um Garantien für den Fortbestand der Produktionsstätte, um einen Sozialplan und um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag. Allerdings blieb die Unternehmensleitung hart. Sie hat tatsächlich nie mit den Streikenden verhandelt. Darum brachen die KollegInnen den Streik bereits zweimal ab und nahmen in wieder auf. Weil die Kontakte mit der Unternehmensleitung und die Vermittlungsbemühungen nichts gebracht haben, blieb den KollegInnen am 17. Januar nichts anderes übrig, als bereits zum dritten Mal in den Streik zu treten.

Nun fokussiert sich das ganze Interesse auf den Betrag des Sozialplans. Wir sind sicher, dass sie die Produktionsstätte schliessen werden. Die KollegInnen forderten anfänglich 6 Millionen Franken, das Unternehmen erhöhte sein Angebot zunächst auf lächerliche 2 Millionen Franken. Das Personal akzeptiert kein Angebot unter 3,5 Millionen Franken.

Aber trotz dieser Beschränkung sagte ein langjähriger Arbeiter kürzlich an einer Versammlung, dass die Erhaltung der Arbeitsplätze wichtig bleibt. Viele Beschäftigte arbeiten schon seit vielen Jahren im Betrieb. Wenn sie auf die letzten Jahre zurückblicken, sagen viele, „zunächst hat man uns unser Wissen und unserer Erfahrung genommen, denn es waren wir, die die Maschinen entwickelt haben, dann hat man uns diese Maschinen weggenommen und jetzt nimmt man uns noch die Arbeitsplätze weg.“ Viele KollegInnen, die seit 30 Jahre in der Firma arbeiten, werden keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt haben. In der Region im Westen von Lausanne ist die Arbeitslosenrate auf 7-8%.

Ihr seid auf Unterstützung angewiesen. Wer hat den Streik bislang unterstützt.

Es ist schwierig den Streik in die Länge zu ziehen. Die Streikenden erhalten 150 CHF pro Tag aus der Streikkasse. Für viele KollegInnen bedeutet das ein beträchtlicher Einkommensverlust. Im Dezember hat sich in Lausanne ein Unterstützungskomitee gebildet, an dem die SP, POP, SolidaritéS und die BFS sowie mehrere Gewerkschaften teilnehmen. Dieses Unterstützungskomitee unterstützt den Streik politisch, informiert die Bevölkerung und sammelt Geld zur Milderung von. Allerdings gibt es keine Mobilisierung des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, um den politischen Druck auf Filtrona und den Finanzkonzern Bunzl zu erhöhen.

Mit einem lokalen Streik einen internationalen Konzern in die Knie zu zwingen, erscheint fast unmöglich zu sein. Erfährt ihr internationale Unterstützung?

Eigentlich bräuchten wir einen internationalen Streik, denn grosse Teile der Produktion könnten auch woanders getätigt werden. Wir machen eine internationalistische Arbeit. So haben wir enge Kontakte zu den Gewerkschaften der Filtrona- Beschäftigten in Italien, Deutschland und England. In diesen Ländern haben die Gewerkschaften auch Flugblätter an die Filtrona-Beschäftigten verteilt. Die Kontakte zu den Gewerkschaften in den USA sind allerdings schwierig. Dennoch haben wir auch Unterstützung in den USA. So hat eine sozialistische Organisation bereits Flugblätter in Greensboro verteilt.

Cécile, danke für das Gespräch. Der Streik der Beschäftigten bei Filtrona ist beispielhaft. Wir wünschen euch von Herzen, dass ihr es schafft, dem Konzern wirkliche Zugeständnisse abzuringen