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Die Pizzen der Molino AG

Lionel Roche und Guy Zurkinden - aus Debatte Nummer 12 - März 2010


Am 12. Februar organisierten mehrere Angestellte der Pizzeria Molino AG, die auf Grund ihrer Herkunft entlassen worden waren, in Fribourg eine Protestaktion. Die wütenden Ex-Angestellten wurden von verbündeten AktivistInnen, von GewerkschafterInnen und von BürgerInnen Fribourgs unterstützt, die über die Entlassungen geschockt waren. Auch in Bern und Zürich organisierte die BFS Aktionen vor Molino-Restaurants.

Das Restaurant Molino ist Teil einer Kette italienischer Restaurants in der ganzen Schweiz. 16 Restaurants gehören der Molino AG an, die von der Investmentgesellschaft Athris Holding AG kontrolliert wird, welche wiederum zu Jelmoli gehört. Der Präsident des Verwaltungsrates der Athris Holding AG ist Georg von Opel, eine Erbe der deutschen Auto-Dynastie, die 1929 an General Motors verkauft worden ist. Von Opel ist gleichzeitig Mehrheitsaktionär bei Jelmoli.

Im Namen der Entwicklung eines „Italien- Konzepts“ hat Molino in Fribourg zwischen November 2008 und Dezember 2009 sukzessive alle ArbeiterInnen entlassen, die nicht italienischer Herkunft sind. Resultat: Elf Angestellte wurden aufgrund ihrer Herkunft entlassen, zehn davon kamen aus Ländern ausserhalb der EU. Sie wurden ersetzt durch frisch rekrutierte Lohnabhängige aus Italien. Die Entlassungen fanden gestuft statt, einerseits um kollektive Reaktionen der ArbeiterInnen zu verhindern, andererseits um trotzdem ein reibungsloses Funktionieren des Restaurants während der Hochsaison zu gewährleisten.

Kein Einzelfall

Molino AG praktiziert diese diskriminierende Personalpolitik in der ganzen Schweiz. In der Zeitschrift „Hotel Revue“ (Nr. 50, Dez. 2009) äussert sich der CEO von Molino, Alfred Steiner, zur neuen Anstellungspolitik äusserst prägnant: „Es müssen Italiener und Italienerinnen sein. Wenn Sie ein italienisches Konzept verfolgen, dann muss das durch Personen aus diesem Land und aus dieser Kultur auf die Beine gestellt werden. Sonst funktioniert es nicht – der Kunde merkt dann, dass irgend was nicht stimmt.“ Also entlässt man alle MitarbeiterInnen, die die „falsche Nationalität“ haben. Diese Praxis verletzt mehrere juristische Verordnungen der Schweiz, angefangen beim Nicht- Diskriminierungsprinzip (Art. 8 der Bundesverfassung) über das Obligationenrecht zum Schutz vor missbräuchlicher Kündigung (Art. 336) bis zum Zivilgesetzbuch (Art. 27/28), das den Schutz der Persönlichkeit regelt.

Die ArbeiterInnen haben sich mobilisiert, um diese diskriminierenden Praktiken und ihre sozialen Konsequenzen zu denunzieren: Selektion (und Spaltung) der ArbeiterInnen nach ihrer Nationalität, schwerer Angriff auf die Würde der Personen, Anstieg der Prekarität und der Erwerbslosigkeit. Sie verlangen, dass die Molino AG diese diskriminierende Politik sofort aufgibt und die betroffenen Angestellten entschädigt. Angesichts der Empörung, die die Bewegung in Fribourg zum Ausdruck brachte, hat die Molino nur mit Arroganz reagiert. Die Kette gibt zu, prioritär italienische ArbeiterInnen zu rekrutieren, verneint aber, Angestellte aufgrund ihrer Herkunft entlassen zu haben.

Der Kampf wird weitergehen!

Es muss nun darum gehen, die Bewegung auszudehnen auf die betroffenen Arbeiter- Innen in den Molino-Filialen in anderen Städten. Ihr Kampf ist wichtig, weil die Ex-Angestellten der Molino AG verschiedene wichtige soziale, politische und juristische Probleme aufs Tapet bringen wie:

  • Den schwachen Kündigungsschutz in der Schweiz. Die Entlassungsschreiben der Angestellten enthalten nicht mal eine Erklärung zum Grund der Entlassung – was durch die Schweizer Gesetze erlaubt ist!
  • Das Fehlen zwingender Normen gegen die „Rassendiskriminierung“: Wie die Eidg. Kommission gegen Rassismus unterstreicht, verfügt die Schweiz über keine kohärenten Instrumente, um gegen Rassendiskriminierung vorzugehen.
  • Das brutale Regime der helvetischen Soft-Apartheid, organisiert und „legitimiert“ durch ruchlose Gesetze gegen AusländerInnen, im Speziellen gegen jene aussereuropäischer Herkunft (Ausländergesetz, Asylgesetz, Massnahmen gegen Schwarzarbeit, bilaterale Verträge zur „Personenfreizügigkeit“). Dies geschieht im Kontext einer Neudefinition der utilitaristischen und xenophoben Schweizer Migrationspolitik als „Politik der zwei Kreise“.

Die Angestellten von Molino haben sich entschieden, diese Tendenzen zu bekämpfen. Sie führen einen Kampf, der gegen das profitorientierte Unternehmen gerichtet ist und nicht gegen die italienischen Kollegen, die sie ersetzen sollen. In diesem Sinn sind die ArbeiterInnen von Molino echte Pioniere. Sie verdienen unsere volle Unterstützung.