Aus
der ganzen Schweiz sind wir, Angehörige
verschiedenster Nationalitäten, heute zum
Hauptsitz des Schweizerischen Baumeisterverbands
(SBV) nach Zürich gekommen, um zu sagen:
“Wir wollen nicht länger arbeiten,
uns mehr verausgaben und weniger verdienen...“.
Die
einseitige Aufkündigung des Landesmantelvertrags
im Bauhauptgewerbe (LMV) durch den SBV stellt
die Speerspitze eines Angriffs des gesamten
Unternehmerlagers dar. Unsere Mobilisierung
muss auf weitere Branchen übergreifen.
Denn UNIA versteht sich als die Gewerkschaft
der meisten Lohnabhängigen in der Schweiz.
Der
“Kompromiss”, mit dem wir reingelegt
wurden
Schon
bei den letzten Vertragsverhandlungen haben
die Unternehmer ein Drehscheibenlohn-System
vorgeschlagen: 4000 Franken und mehr, von den
Maschinisten bis zu den Polieren; 4000 Franken
und weniger für die Arbeiter, die sie als
“unqualifiert” betrachten. Das widersprach
der heutigen Regelung: präzise Lohnkategorien
mit vorgeschriebenen Mindestlöhnen. Die
Unternehmer haben vorübergehend nachgegeben.
“Im Gegenzug” hat der SBV eine Flexibilität
der Arbeitszeit erhalten, die den Unternehmern
ganz konkret Dutzende von Gratisarbeitsstunden
bringt. Und heute will der SBV noch 100 Stunden
mehr...
Der
SBV verzichtete damals auch auf diesen Frontalangriff
auf die Löhne, um möglichst begrenzte
“flankierende Massnahmen” und Kontrollen
bei den Bilateralen zu erreichen. Dies mit dem
Ziel, die so genannte “Personenfreizügigkeit”
der Arbeitskräfte gegen alle hier lebenden
Arbeiter – Schweizer und Zugewanderte
– ausspielen zu können. Das Ergebnis
dieses “Kompromisses” erleben wir
Tag für Tag auf den Baustellen.
Den
LMV künden,um die Situation unerträglich
zu machen
Ab
dem 1. Oktober werden wir keinen LMV mehr haben.
Dies wirft uns zurück auf die völlig
ungenügenden Vorgaben von Obligationenrecht
und Arbeitsgesetz: kein obligatorischer 13.
Monatslohn mehr, höchstens 4 Ferienwochen,
Arbeitswochen von bis zu 50 Stunden, kein Mindestlohn,
kein Kündigungsschutz von 720 Tagen bei
Krankheit usw. Die paritätischen Kommissionen
werden ausgesetzt; Konflikte bei Verstössen
gegen den LMV können nicht mehr geregelt
werden...
Zwar
behaupten die Unternehmer, sie würden nichts
in Frage stellen. Aber warum haben sie denn
den LMV gekündigt, und auch den im letzten
Winter unterzeichneten Poliervertrag? Natürlich
wird am 2. Oktober nichts geschehen. Sie wollen
zuerst die Situation unerträglich werden
lassen. Sie wollen qualifizierte Arbeiter zu
Spottpreisen anstellen und den Jungen, die auf
den Arbeitsmarkt kommen, weniger bezahlen.
Der
Angriff, von dem niemand spricht
Ausserdem
haben sie einen Plan, von dem niemand spricht:
der Zusammenschluss des Bauhaupt- und des Baunebengewerbes
mit einem einzigen Unternehmerverband. Warum?
Der Grund ist einfach. Der Mindestlohn eines
Sanitärinstallateurs liegt nur knapp über
4000 Franken; der Lohn eines Maurers liegt über
5000 Franken. Die Unternehmer wollen das gegen
unten angleichen und den Vorschlag des Drehscheibenlohns
(unter oder über 4000 Franken) wieder ins
Spiel bringen. Gleichzeitig können sie
die vorzeitige Pensionierung mit 60 Jahren wieder
in Frage stellen.
So
werden einige Unternehmer ab Frühjahr 2008
“langjährige Mitarbeiter” zu
sich rufen und ihnen mitteilen: Ihr Lohn ist
“zu hoch, tut uns leid; unterschreiben
Sie den neuen Vertrag oder suchen Sie eine andere
Stelle”. Und es wird nicht einfach sein,
seine beruflichen Fähigkeiten anderswo
anzubieten; denn wenn Firma Meier die Lohnkosten
auf diese Weise senkt, wird Firma Müller
dasselbe tun.
Die
gefährlichsten Monate
Heute
wollen über 80 % der Baufirmen, vor allem
die wichtigsten, die Löhne und Arbeitszeiten
angreifen und ohne Kontrolle Aufgaben auslagern
können. Die Führung der UNIA wird
nicht mehr wie bisher sagen können, dass
es “gute Unternehmen” gibt und “politisierte
Unternehmen”, die der SVP nahe stehen
und alles kaputt machen wollen.
In dieser Phase 2007-08 geht es “um alles
oder nichts”. Wenn wir unsere bestehenden
Errungenschaften verbessern – oder mindestens
verteidigen – wollen, müssen wir
uns unbedingt mit den Gewerkschaften mobilisieren,
in jedem Unternehmen, auf jeder Baustelle. Vereint
und solidarisch auf jede Provokation der Unternehmen
antworten und vor allem nicht nachgeben. Das
Beispiel von Deutschland, wo die Bauwirtschaft
in einem Nachbarland der Schweiz total dereguliert
wurde, sollte uns Warnung genug sein.
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