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Solidaritäts-Kundgebung für die Streikenden
bei ISS Aviation Genève

Gegen Lohn- und Sozialdumping!

Wann: Freitag, 17. September 2010, 17.30 Uhr
Wo: Goldman Sachs Hauptsitz, Münsterhof 4, 8022 Zürich

(zeitgleich mit Kundgebungen in den Städten Genf, Lausanne und Fribourg)

Unterstützungskomitee für die Streikenden bei ISS Aviation Genf (Zürich)


Seit dem 9. Juli streikt auf dem Flughafen Cointrin ein Teil der Beschäftigten von ISS Aviation Genève. Die Streikenden – mehrheitlich Frauen – kämpfen für die Beibehaltung und Einhaltung ihres alten GAV und dessen Minimallöhne und gegen das Diktat der ISS-Gruppe, die versucht, mit der Kündigung des GAV die Löhne unter das Existenzminimum zu drücken

Der Kampf ist äusserst ungleich: ISS mit Sitz in Dänemark ist weltweit das grösste Service-Unternehmen mit fast 500'000 Beschäftigten in 53 Ländern, seit 2005 im Besitz eines Konsortiums von EQT und der grossen amerikanischen Bank Goldmann Sachs. Auf der anderen Seite die 15 Frauen und Männer, die konkret gegen Lohn- und Sozialdumping kämpfen. Diese Auseinandersetzung betrifft in direkter Art und Weise die heutigen und künftigen Lohn- und Arbeitsbedingungen von tausenden von Lohnab-hängigen in der Schweiz – darunter grosse Teile der Belegschaften auf den Flughäfen.

Die Goldmann Sachs Bank AG - mit Hauptsitz am Münsterhof 4 in Zürich - gehört zu den führenden Privatbanken in der Schweiz. Das „Schweizer-Banken.info“ dazu: „Goldmann Sachs betreut das Vermögen sehr wohlhabender Privatpersonen auf der ganzen Welt. Diesen Klienten bietet Goldman Sachs erstklassige Beratung und Dienstleistungen sowie die in der Schweiz übliche vertrauliche Behandlung und Diskretion“.

Goldmann Sachs ist auch seit Mai 2005 Eigentümerin des weltweit grössten Reinigungsdienstleister ISS. Für die Übernahme von ISS wurde eine Bieterfirma namens Purus Co gegründet, die aus Goldman Sachs und der zur schwedischen Industriellenfamilie Wallenberg gehörenden EQT Partners besteht. Der seinerzeitige Kaufpreis betrug 2.95 Milliarden Euro.

Laut dem ISS Quartalsbericht vom August dieses Jahres hat der Konzern Berater mit einer strategischen Analyse beauftragt, die einen Börsengang untersuchen sollen. Die Bewertung von ISS schätzen Banker auf 5 bis 6 Milliarden Euro. Der Börsengang, welcher eventuell noch dieses Jahr stattfinden soll, wird jedenfalls einen immensen Profit in die Kassen von Goldmann Sachs spülen. Dazu ein Mitglied des Streikkomitees anlässlich einer Veranstaltung in Zürich: „Nicht einmal im Geschäft mit Drogen und Prostitution sind solche Profite möglich“.

Goldmann Sachs und weitere Banken und Hedgefonds waren es auch die mit sogenannten Credit Default Swaps auf einen griechischen Bankrott wetteten – die Zeche haben jetzt die griechischen Lohnabhängigen zu bezahlen. In Genf - der Stadt mit den weltweit fünfthöchsten Lebenshaltungskosten - ist es das Kabinenreinigungs-Personal von ISS, das die Profitgier von Goldmann Sachs zu spüren bekommt; dessen eh schon mageren Löhne sollen unter das Existenminimum gedrückt werden.

ISS ist in der Schweiz mit 10'600 Beschäftigten und einem Umsatz von 536 Millionen Franken Branchenleader im Reinigungsgewerbe und darüber hinaus in den Bereichen Support Services (Telefonservice, Empfangsdienstleistungen), Property Services (Schädlingsbekämpfung, Grünflächen-unterhalt), Infrastructure Services (Kanalreinigung, Strassenreinigung, Entsorgung) und Security tätig. In Bereichen also, in die die Privatwirtschaft in den letzten Jahren aus Profitgründen stark ausgelagert hat und in welche im Zuge der zunehmenden Privatisierung auch die „öffentliche Hand“ ihre „Aufträge“ vergibt.

Die ISS-Filiale in der Schweiz weist in ihrem Finanzbericht für das Jahr 2009 eine Steigerung der operationellen Profitmarge von 7,8% auf 8,5% aus und ist damit eine der profitabelsten Niederlassungen der ISS-Gruppe weltweit. Übertroffen wird die Schweizer Filiale in ihrer Profiterwirtschaftung nur durch Länder wie Indonesien 9.8%, Indien 8.6%, Rumänien 19.5%, Südafrika 19.1% und Brunei 22.7%. Zum Vergleich: Deutschland 1.8%, Frankreich 3.8%, USA 5.3%, Österreich 5.5%. Am 25. und 26. Februar 2010 fand die Top Management Conference der ISS-Gruppe in Prag statt. Vor 450 Vertretern aus allen 53 ISS Ländergesellschaften wurde dem CEO der ISS Schweiz, André Nauer, vom Group CEO Jørgen Lindegaard der ISS World Champion Award 2008/09 – eine Art Oskar - verliehen. Wofür? Durch seine Politik der maximalen Ausbeutung der Arbeitskraft erhöhte er den Profit innert Jahresfrist um satte 14%.

Aber ISS will noch mehr: Die Löhne sollen massiv um bis zu 25% runter und gleichzeitig soll die Arbeit intensiviert werden, um die Profite der Besitzer noch mehr zu erhöhen. Der seit 15 Jahren bestehende Gesamtarbeitsvertrag sah einen Einstiegslohn von Fr. 3'650 bei mindestens 50% Beschäftigungsgrad vor und einen Maximallohn von Fr. 4'850 quasi am Ende einer LohnempfängerInnenkarriere. Nicht gerade üppige Löhne in einer Stadt wie Genf, die in der weltweiten Rangliste der Städte mit den höchsten Lebenshaltungskosten ganz weit vorne auf Platz 5 liegt.

Diesen GAV hat ISS Aviation gekündigt und bietet ihren Beschäftigten Einzelarbeitsverträge an, bei welchen der Mindestlohn 228 Franken tiefer bei Fr. 3'430 liegt und der Maximallohn um ganze 1'300 Fr. auf Fr. 3'550 reduziert wird. Aushilfen sollen nur noch 3'200 erhalten. ISS kennt auch noch andere Tricks, um ihre Beschäftigten um ihre Löhne zu prellen und den GAV zu umgehen. Leute wurden im Stundenlohn engagiert und bezahlt, aber regelmässig mit Pensen von 70 oder 80 Prozent eingesetzt wie Monatslöhnerinnen – einfach zu viel tieferen Löhnen. So zum Beispiel bei Sèverine, 26, Kabinenreinigerin bei ISS seit zweieinhalb Jahren: „Im Schnitt mache ich hier einen 85-Prozent-Job, 32 Stunden pro Woche. Aber ISS hat mich mit einem Vertrag für Aushilfen angestellt, der 15 Stunden pro Woche vorsieht. Sie zahlen mich weiterhin pro Stunde, statt mir die besseren Bedingungen der Festangestellten zu gewähren. Folge: Ich verliere ungefähr 600 Franken, die ich eigentlich zu gut hätte, Monat für Monat.“

Oder; Clément, 27, der seit 3 Jahren bei ISS arbeitet. Neben der Kabinenreinigung wird er auch für Personaltransporte auf dem Rollfeld eingesetzt „Ich habe einen Vertrag als Aushilfe für 60 Stunden im Monat. Tatsächlich komme ich im Schnitt auf 150 Stunden. Laut Direktion arbeite ich 92,5 Prozent. Für Überstunden gibt es keinen Zuschlag. Man zahlt mir einen Stundenlohn – als ‚feste Aushilfe’. Ich komme zu kurz bei dieser Regelung – mit einer Festanstellung, die mir eigentlich zusteht, würde ich mehr verdienen."

Der Internationale Flughafen Genf (AIG) ist eine eigenständige, öffentliche Einrichtung, mit dem Genfer Regierungspräsidenten und Vorsteher des Wirtschaftsdepartements François Longchamp an der Spitze. In den letzten Jahren wurden auf dem Flughafen massive Investitionen in Infrastrukturausbauten getätigt. 2009 wurden zwei neue Interkontinentale Strecken von Air Canada und United Airlines nach Washington respektive Toronto eröffnet. In den Jahren 2013 bis 2015 soll eine weitere halbe Milliarde Franken in die internationale Konkurrenzfähigkeit des Flughafens investiert werden.

Cointrin ist auch ein Tummelplatz der „Billigflieger“, Easyjet alleine stellt 35% des gesamten Flughafenverkehrs. AIG muss also für die 150 auf dem Flughafen tätigen Firmen optimale Verwertungsbedingungen anbieten – auch die Akzeptanz von Lohn- und Sozialdumping gegenüber den 8'500 Beschäftigten des Flughafens.

Um überhaupt am „öffentlichen“ Flughafen tätig sein zu können, braucht die ISS eine staatliche Konzession, die vorsieht, dass Gesamtarbeitsverträge und branchenüblichen Löhne eingehalten werden. Nebst der Weiterführung und Einhaltung des bisherigen GAV verlangen deshalb die Streikenden auch, dass der ISS diese Konzession und damit die Aufträge für die Flugzeugreinigung entzogen wird, um sie an eine Firma zu übergeben die die die Bedingungen des GAV einhält.

Die ISS hat bereits Erfahrungen gemacht mit solchen Rauswürfen. Nachdem sie in Norwegen eine 30- prozentige Steigerung der Arbeitsintensivität (mehr zu reinigende Fläche in derselben Zeiteinheit) angeordnet hatte, ist sie im Ullevål Krankenhaus und an 70 Schulen in Oslo aus Qualitätsgründen aus den Verträgen entlassen worden.

Die Streikenden von ISS Aviation Genève müssen umfassend unterstützt werden, politisch und finanziell. Ihr Streik ist Sand im Getriebe der Politik des Sozial- und Lohndumpings.

Unterschreibt den Solidaritätsaufruf auf:
http://ssp-greve.ch/

Postkonto : 17-263047-1 Vermerk „grève SSP-ISS“

Unterstützungskomitee für die Streikenden bei ISS Aviation Genf (Zürich),

14. September 2010