Der
Kampf ist äusserst ungleich: ISS mit
Sitz in Dänemark ist weltweit das grösste
Service-Unternehmen mit fast 500'000 Beschäftigten
in 53 Ländern, seit 2005 im Besitz eines
Konsortiums von EQT und der grossen amerikanischen
Bank Goldmann Sachs. Auf der anderen Seite
die 15 Frauen und Männer, die konkret
gegen Lohn- und Sozialdumping kämpfen.
Diese Auseinandersetzung betrifft in direkter
Art und Weise die heutigen und künftigen
Lohn- und Arbeitsbedingungen von tausenden
von Lohnab-hängigen in der Schweiz –
darunter grosse Teile der Belegschaften auf
den Flughäfen.
Die
Goldmann Sachs Bank AG
- mit Hauptsitz am Münsterhof 4 in
Zürich - gehört
zu den führenden Privatbanken in
der Schweiz. Das „Schweizer-Banken.info“
dazu: „Goldmann Sachs betreut
das Vermögen sehr wohlhabender Privatpersonen
auf der ganzen Welt. Diesen Klienten bietet
Goldman Sachs erstklassige Beratung und
Dienstleistungen sowie die in der Schweiz
übliche vertrauliche Behandlung und
Diskretion“.
Goldmann
Sachs ist auch seit Mai 2005 Eigentümerin
des weltweit grössten Reinigungsdienstleister
ISS. Für die Übernahme von ISS
wurde eine Bieterfirma namens Purus Co
gegründet, die aus Goldman Sachs
und der zur schwedischen Industriellenfamilie
Wallenberg gehörenden EQT Partners
besteht. Der seinerzeitige Kaufpreis betrug
2.95 Milliarden Euro.
Laut dem ISS Quartalsbericht vom August
dieses Jahres hat der Konzern Berater
mit einer strategischen Analyse beauftragt,
die einen Börsengang untersuchen
sollen. Die Bewertung von ISS schätzen
Banker auf 5 bis 6 Milliarden Euro. Der
Börsengang, welcher eventuell noch
dieses Jahr stattfinden soll, wird jedenfalls
einen immensen Profit in die Kassen von
Goldmann Sachs spülen. Dazu ein Mitglied
des Streikkomitees anlässlich einer
Veranstaltung in Zürich: „Nicht
einmal im Geschäft mit Drogen und
Prostitution sind solche Profite möglich“.
Goldmann
Sachs und weitere Banken und Hedgefonds
waren es auch die mit sogenannten Credit
Default Swaps auf einen griechischen Bankrott
wetteten – die Zeche haben jetzt
die griechischen Lohnabhängigen zu
bezahlen. In Genf - der Stadt mit den
weltweit fünfthöchsten Lebenshaltungskosten
- ist es das Kabinenreinigungs-Personal
von ISS, das die Profitgier von Goldmann
Sachs zu spüren bekommt; dessen eh
schon mageren Löhne sollen unter
das Existenminimum gedrückt werden.
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ISS
ist in der Schweiz mit 10'600 Beschäftigten
und einem Umsatz von 536 Millionen Franken Branchenleader
im Reinigungsgewerbe und darüber hinaus
in den Bereichen Support Services (Telefonservice,
Empfangsdienstleistungen), Property Services
(Schädlingsbekämpfung, Grünflächen-unterhalt),
Infrastructure Services (Kanalreinigung, Strassenreinigung,
Entsorgung) und Security tätig. In Bereichen
also, in die die Privatwirtschaft in den letzten
Jahren aus Profitgründen stark ausgelagert
hat und in welche im Zuge der zunehmenden Privatisierung
auch die „öffentliche Hand“
ihre „Aufträge“ vergibt.
Die
ISS-Filiale in der Schweiz weist in ihrem Finanzbericht
für das Jahr 2009 eine Steigerung der operationellen
Profitmarge von 7,8% auf 8,5% aus und ist damit
eine der profitabelsten Niederlassungen der
ISS-Gruppe weltweit. Übertroffen wird die
Schweizer Filiale in ihrer Profiterwirtschaftung
nur durch Länder wie Indonesien 9.8%, Indien
8.6%, Rumänien 19.5%, Südafrika 19.1%
und Brunei 22.7%. Zum Vergleich: Deutschland
1.8%, Frankreich 3.8%, USA 5.3%, Österreich
5.5%. Am 25. und 26. Februar 2010 fand die Top
Management Conference der ISS-Gruppe in Prag
statt. Vor 450 Vertretern aus allen 53 ISS Ländergesellschaften
wurde dem CEO der ISS Schweiz, André
Nauer, vom Group CEO Jørgen Lindegaard
der ISS World Champion Award 2008/09 –
eine Art Oskar - verliehen. Wofür? Durch
seine Politik der maximalen Ausbeutung der Arbeitskraft
erhöhte er den Profit innert Jahresfrist
um satte 14%.
Aber
ISS will noch mehr: Die Löhne sollen massiv
um bis zu 25% runter und gleichzeitig soll die
Arbeit intensiviert werden, um die Profite der
Besitzer noch mehr zu erhöhen. Der seit
15 Jahren bestehende Gesamtarbeitsvertrag sah
einen Einstiegslohn von Fr. 3'650 bei mindestens
50% Beschäftigungsgrad vor und einen Maximallohn
von Fr. 4'850 quasi am Ende einer LohnempfängerInnenkarriere.
Nicht gerade üppige Löhne in einer
Stadt wie Genf, die in der weltweiten Rangliste
der Städte mit den höchsten Lebenshaltungskosten
ganz weit vorne auf Platz 5 liegt.
Diesen
GAV hat ISS Aviation gekündigt und bietet
ihren Beschäftigten Einzelarbeitsverträge
an, bei welchen der Mindestlohn 228 Franken
tiefer bei Fr. 3'430 liegt und der Maximallohn
um ganze 1'300 Fr. auf Fr. 3'550 reduziert wird.
Aushilfen sollen nur noch 3'200 erhalten. ISS
kennt auch noch andere Tricks, um ihre Beschäftigten
um ihre Löhne zu prellen und den GAV zu
umgehen. Leute wurden im Stundenlohn engagiert
und bezahlt, aber regelmässig mit Pensen
von 70 oder 80 Prozent eingesetzt wie Monatslöhnerinnen
– einfach zu viel tieferen Löhnen.
So zum Beispiel bei Sèverine, 26, Kabinenreinigerin
bei ISS seit zweieinhalb Jahren: „Im
Schnitt mache ich hier einen 85-Prozent-Job,
32 Stunden pro Woche. Aber ISS hat mich mit
einem Vertrag für Aushilfen angestellt,
der 15 Stunden pro Woche vorsieht. Sie zahlen
mich weiterhin pro Stunde, statt mir die besseren
Bedingungen der Festangestellten zu gewähren.
Folge: Ich verliere ungefähr 600 Franken,
die ich eigentlich zu gut hätte, Monat
für Monat.“
Oder;
Clément, 27, der seit 3 Jahren bei ISS
arbeitet. Neben der Kabinenreinigung wird er
auch für Personaltransporte auf dem Rollfeld
eingesetzt „Ich habe einen Vertrag
als Aushilfe für 60 Stunden im Monat. Tatsächlich
komme ich im Schnitt auf 150 Stunden. Laut Direktion
arbeite ich 92,5 Prozent. Für Überstunden
gibt es keinen Zuschlag. Man zahlt mir einen
Stundenlohn – als ‚feste Aushilfe’.
Ich komme zu kurz bei dieser Regelung –
mit einer Festanstellung, die mir eigentlich
zusteht, würde ich mehr verdienen."
Der
Internationale Flughafen Genf (AIG) ist eine
eigenständige, öffentliche Einrichtung,
mit dem Genfer Regierungspräsidenten und
Vorsteher des Wirtschaftsdepartements François
Longchamp an der Spitze. In den letzten Jahren
wurden auf dem Flughafen massive Investitionen
in Infrastrukturausbauten getätigt. 2009
wurden zwei neue Interkontinentale Strecken
von Air Canada und United Airlines nach Washington
respektive Toronto eröffnet. In den Jahren
2013 bis 2015 soll eine weitere halbe Milliarde
Franken in die internationale Konkurrenzfähigkeit
des Flughafens investiert werden.
Cointrin
ist auch ein Tummelplatz der „Billigflieger“,
Easyjet alleine stellt 35% des gesamten Flughafenverkehrs.
AIG muss also für die 150 auf dem Flughafen
tätigen Firmen optimale Verwertungsbedingungen
anbieten – auch die Akzeptanz von Lohn-
und Sozialdumping gegenüber den 8'500 Beschäftigten
des Flughafens.
Um überhaupt am „öffentlichen“
Flughafen tätig sein zu können, braucht
die ISS eine staatliche Konzession, die vorsieht,
dass Gesamtarbeitsverträge und branchenüblichen
Löhne eingehalten werden. Nebst der Weiterführung
und Einhaltung des bisherigen GAV verlangen
deshalb die Streikenden auch, dass der ISS diese
Konzession und damit die Aufträge für
die Flugzeugreinigung entzogen wird, um sie
an eine Firma zu übergeben die die die
Bedingungen des GAV einhält.
Die ISS hat bereits Erfahrungen gemacht mit
solchen Rauswürfen. Nachdem sie in Norwegen
eine 30- prozentige Steigerung der Arbeitsintensivität
(mehr zu reinigende Fläche in derselben
Zeiteinheit) angeordnet hatte, ist sie im Ullevål
Krankenhaus und an 70 Schulen in Oslo aus Qualitätsgründen
aus den Verträgen entlassen worden.
Die
Streikenden von ISS Aviation Genève müssen
umfassend unterstützt werden, politisch
und finanziell. Ihr Streik ist Sand im Getriebe
der Politik des Sozial- und Lohndumpings.
Unterschreibt
den Solidaritätsaufruf auf:
http://ssp-greve.ch/
Postkonto : 17-263047-1 Vermerk „grève
SSP-ISS“
Unterstützungskomitee
für die Streikenden bei ISS Aviation Genf
(Zürich),
14.
September 2010
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