Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
die politische und soziale Wirklichkeit, in
der wir heute leben, ist seit einigen Jahren
schon durch eine merkliche Verschlechterung
der Lebens- und Arbeitsbedingungen der überwältigenden
Mehrheit der Bevölkerung gekennzeichnet.
Die Arbeitnehmenden dieses Landes, die schon
immer nur auf einen wenig ausgebauten und beschränkten
Arbeiterschutz zählen konnten, mussten
in den letzten Jahren miterleben, wie dieses
schmale Sicherheitsnetz durch die massive Offensive
der Arbeitgeber – im öffentlichen
wie im privaten Sektor – noch weiter ausgehöhlt
wurde.
Die Liste der von den Arbeitgebern in den letzten
zehn Jahren in Gang gesetzten gesellschaftlichen,
sozialstaatlichen und arbeitsrechtlichen Gegenreformen
ist lang: Von der langsamen und tiefgreifenden
Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse,
über die verschärfte Liberalisierung
des Arbeitsmarktes im Rahmen der so genannten
Personenfreizügigkeit, bis hin zu den stetigen
Eingriffen in den gesetzlichen Rahmen, welche
die Abwehrkämpfe der Arbeitnehmenden und
deren Gewerkschaften noch weiter einzudämmen
drohen. Die geballte Kraft der Arbeitgeber auf
der einen und die Schwäche der Gewerkschaften
in diesem Land auf der anderen Seite haben dies
ermöglicht.
Aus diesem Grund scheint es umso wichtiger,
die Gewerkschaftsbewegung neu zu denken; als
eine Gewerkschaft, die sich als soziale Bewegung
versteht, die direkter Ausdruck der (Protest-)Aktionen
der Arbeitnehmenden und eine organisierte Form
des sozialen Konflikts ist.
Nur wenn wir von diesem Ausgangspunkt aus starten,
kann die Gewerkschaft das Vertrauen der Arbeitnehmenden
wieder zurück
gewinnen
und eine Gewerkschaft sein, die in den Arbeitsstätten
und in der Gesellschaft verwurzelt ist. Wir
können mit gemeinsamen Reflexionen, Organisationserfahrungen
und Aktionen dazu beitragen.
In
den letzten Monaten haben wir in der Schweiz
ein Wiederaufleben des arbeitnehmerischen Widerstands
erlebt, insbesondere in jenen Sektoren, in denen
weder Gewerkschaften noch Arbeitnehmende stur
der Logik der Sozialpartnerschaft verhaftet
blieben. Zu erwähnen sind hier die Mobilisierung
für die Erneuerung des Landesmantelvertrages
für das schweizerische Bauhauptgewerbe
oder die Mobilisierung im öffentlichen
Dienst in der französischen Schweiz. Unsere
Mobilisierung in den Werkstätten in Bellinzona
hat uns schliesslich die Möglichkeit und
Notwendigkeit einer anderen Gewerkschaftsbewegung
aufgezeigt.
Ein
solches Projekt kann sich freilich weder auf
einzelne Regionen noch einzelne Branchen beschränken.
Aus diesem Grund haben wir beschlossen, eine
Diskussion zu beginnen, in die wir alle interessierten
Arbeitnehmenden der ganzen Schweiz einbeziehen
wollen.
Wir
laden euch deshalb nach Bellinzona ein, um an
dieser Diskussion über die Perspektiven
einer neuen Gewerkschaftsbewegung in der Schweiz
teilzunehmen. Welches sind die Bedingungen,
wen wollen wir einbeziehen, welches sind die
konkreten Schritte: Zu all diesen Fragen kann
jede und jeder seine eigene Erfahrung und Überzeugung
einbringen und damit zum Gedankenaustausch und
Kontaktaufbau beitragen.
Kommt
alle am 31. Mai nach Bellinzona!
Streikkomitee der SBB-Werkstätten von Bellinzo
Programm
- Samstag, 31. Mai 2008
Anmeldetalon
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