Asylgesetz,
Ausländergesetz, Schengen-Dublin und
"Personenfreizügigkeit" mit
wirkungslosen flankierenden Massnahmen im
Rahmen der Bilateralen I und II: das sind
vier Pfeiler einer fremdenfeindlichen und
unsozialen Migrationspolitik im Dienste der
Arbeitgeber – die die Demontage des
Arbeitsrechtes, die Spaltung der Lohnabhängigen
und den Lohndruck heute konsequent vorantreiben.
Der
Nationalrat hat die Fortsetzung der Debatten
über die Revision des Asylgesetz (AsylG)
und über das neue Bundesgesetz über
die Ausländerinnen und Ausländer
(AuG) auf den nächsten Herbst vertagt.
Zuvor hatte der Ständerat mit erdrückender
Mehrheit beschlossen, die Schrauben bei der
geplanten Revision des Asylgesetzes weiter
anzuziehen. Er hat alle Vorschläge von
Blocher zur weiteren Verschärfung des
Asylgesetzes gutgeheissen - einschließlich
jener, die der Bundesrat abgelehnt hatte.
Je
länger je mehr erleben wir die fortschreitende
Liquidation eines Asylrechtes, das schon fast
keines mehr ist. Das Recht, Zuflucht in einem
Land der eigenen Wahl zu suchen, das die Grundlage
des Asylrechts ist, wird immer mehr in Frage
gestellt. Die derzeitige Asylpolitik verfolgt
zwei Zielsetzungen:
1.
Die bereits angekommenen Asylsuchenden sollen
ausgeschlossen werden (Nichteintretensentscheide,
Zwangsmassnahmen, geschlossene Erfassungszentren,
Warteräume usw..);
2.
Die Menschen, die ihr Land verlassen, sollen
"präventiv" auf Distanz zur
"Festung Europa" gehalten werden
(Auslagerung der Asylanträge: Bau von
Lagern und von "Schutzgebieten"
möglichst nahe bei Krisenregionen, um
die Anträge vor Ort zu behandeln und
um die Asylsuchenden vor Ort zu selektionieren).
Das von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey
(SP) vehement unterstützte und von den
Schweizer Stimmberechtigten am 5. Juni angenommene
Schengen-Dublin-Abkommen bildet das Gerüst
für diese menschenverachtende Festung
Europa.
-
Die Verschärfung der Schweizer Gesetzgebung
folgt den Mechanismen der Europäischen
Union (EU). Die EU ist dabei, das Asylrecht
zu begraben: Sie ist alles andere als seine
Garantin. Mehrere Regierungen (GB, I, D, NL,
usw.) zögern nicht mehr, die Genfer Flüchtlingskonvention
von 1951 offen in Frage zu stellen. Man hält
sie für "veraltet" und für
"ungeeignet, um der Wirklichkeit der
heutigen Migrationsströme gerecht zu
werden".
Unter
diesem steigenden Druck laviert nun auch das
UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge
(UNHCR) zwischen einer Öffnung gegenüber
den geplanten Auslagerungen und der Aufrechterhaltung
eines Rechts auf Asyl. Einerseits zeigt sich
das UNHCR besorgt über bestimmte Exzessse
bei Blochers Vorschlägen, mit denen abgewiesene
AsylbewerberInnen von der Sozialhilfe ausgeschlossen
werden sollen. Auf der anderen Seite sprechen
sich alle "demokratischen Länder"
für die Schaffung militarisierter Flüchtlingslager
aus, die in Ländern wie Libyen errichtet
werden sollen, die die Genfer Konvention nicht
unterschrieben haben.
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Zwischen der Politik der Demontage des Asylrechts,
der Stigmatisierung der MigrantInnen (Fremdenhass,
Rassismus) und den breiten sozialen Angriffen
gegen die Lohnabhängigen in der Schweiz
und in ganz Europa seit über einem Jahrzehnt,
besteht ein innerer Zusammenhang. Die Arbeitgeber
nutzen die prekäre Lage der MigrantInnen
aus, um sie besser ausbeuten zu können,
um sie auszulesen, um die soziale Verunsicherung
zur Alltagsnorm zu erheben. Damit kann die
Arbeitgeberschaft diese Präkarisierung
und die Erpressung mit den Arbeitsplätzen
konzentrisch auf die Gesamtheit der Lohnabhängigen
ausdehnen.
Das
Asylrecht wird wie die Sozialvorsorge auf
dem Altar der Politik der leeren Kassen geopfert.
Für die Unternehmerschaft ist das Asylrecht
lediglich ein unnötiger Kostenfaktor,
genauso wie ein Teil der Leistungen aus der
Arbeitslosenkasse. Die Unternehmer wollen
die Profite maximieren. Die Senkung der Sozialleistungen
ist für sie somit eine zentrale Forderung.
Die Verschlechterung der Lage wachsender Teile
der Gesellschaft wird das Lohndumping weiter
anheizen. Den 1000-Franken-Jobs, wie sie Monika
Stocker (Grüne) fordert, entspricht der
Ausschluss jener AsylbewerberInnen von der
Sozialhilfe, die von einem Nichteintretens-Entscheid
betroffen sind.
Jean-Daniel
Gerber, ehemaliger Exekutivdirektor der Weltbank
und ehemaliger Chef des Bundesamtes für
Flüchtlinge (BfF), heute Bundesamt für
Migration (BfM) und seinerzeitiger Initiator
der Nichteintretensentscheide (NEE), verkörpert
auf vollkommene Weise die organischen Verbindungen,
die zwischen den Sozialangriffen und der Asyldemontage
bestehen. Er ist heute Direktor des Staatssekretariats
für Wirtschaft (seco) und hat als solcher
vor kurzem die Privatisierung der Sozialvorsorge
gefordert!
Die
Solidarität mit den Flüchtlingen
und den MigrantInnen erhält also eine
neue Bedeutung: die Verteidigung des Asylrechts
und des Rechts auf Bewegungsfreiheit verbindet
sich untrennbar mit der Verteidigung der Interessen
aller Lohnabhängigen.
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Die "Personenfreizügigkeit",
die in den Bilateralen Abkommen I und II zwischen
der Schweiz und der EU eingeführt wurde,
fügt sich in diese unsoziale Arbeitgeberpolitik
ein. Der Demontage und Aushöhlung der
Gesamtarbeitsveträge (GAV) entspricht
eine Logik der Segregation, Ausbeutung und
Diskriminierung der immigrierten ArbeiterInnen.
Das Entsende-Statut, die L-Bewilligung und
die vom AuG vorgesehene Verallgemeinerung
des Kurzaufenthaltes funktionieren als Hebel
für einen brutalen Angriff auf die Arbeitsbedingungen
aller Lohnabhängigen, SchweizerInnen
wie AusländerInnen (Flexibilisierung,
Jahresarbeitszeit, Sonntagsarbeit, usw.).
Mit
diesem neuen Modell des Wegwerf-Arbeiters,
der Wegwerf-Arbeiterin erleben wir momentan
einen weiteren Schritt bei der Umwandlung
des Menschen in eine Ware. Wenn die Arbeitskraft
zeitweilig überflüssig oder unbrauchbar
wird, kann sie einfach weggeworfen (Arbeitslosigkeit),
ausgestoßen (Kurz-Aufenthalt) oder entlassen
werden. Es kann ihr der Zugang zu den elementarsten
Sozialrechten verwehrt werden. Sie kann für
illegal erklärt und als solche behandelt
und unterdrückt werden (Papierlose, Asylsuchende).
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Keiner/m LohnempfängerIn nützt diese
Situation! Weil der Kampf für die Bewegungsfreiheit
der Menschen aufs engste mit dem Kampf für
die Wahrung der Sozial- und Gewerkschaftsrechte
verknüpft ist, müssen wir nicht
nur das Ausländergesetz und die Revision
des Asylgesetzes, sondern auch das Bilateralen-Paket,
das am 25. September zur Abstimmung kommt
("Personenfreizügigkeit" mit
wirkungslosen flankierenden Massnahmen), ablehnen!
In
der Tat geht es am 25. September nicht darum,
ob man für oder gegen die Personenfreizügigkeit
ist - wir sind für dieses Grundrecht
-, sondern ob man bereit ist, dafür einzustehen,
dass sich das von Arbeitgeberseite betriebene
Lohn- und Sozialdumping gegenüber allen
arbeitenden Menschen in der Schweiz nicht
weiter durchsetzen kann.
Ohne
konkrete Rechte der Lohnabhängigen am
Arbeitsplatz (Minimallöhne, Kündigungsschutz,
starke GAV’s, usw.) und ohne dass sie
dank gewerkschaftlicher und ziviler Wachsamkeit
gegenüber den Unternehmern auch umgesetzt
werden, wird den fremdenfeindlichen Kräften,
die auf Sündenböcke zeigen - wie
es im Asylbereich bereits geschieht - Tür
und Tor geöffnet.
NEIN
zur Asylgesetz-Revision, NEIN zum Ausländergesetz,
NEIN zu Lohn- und Sozialdumping am 25. September!
Für
eine echte Personenfreizügigkeit mit
sozialen, gewerkschaftlichen und politischen
Rechten für alle Menschen, unabhängig
von ihrem Herkunftsort!
Bewegung
für den Sozialismus BFS, 18. Juni 2005