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„Freier
Personenverkehr“ und „flankierende
Massnahmen“ : Warum ein Referendum
? |
Ergreift
man das Referendum, so beansprucht man
ein Recht: Man verlangt, dass eine Volksabstimmung
über ein Gesetz entscheidet, das
die beiden Kammern des Schweizer Parlaments
verabschiedet haben.
Für ein Referendum braucht es gute
Gründe. Wir sind der Meinung, dass
das bestehende soziale und wirtschaftliche
System immer mehr Ungerechtigkeiten, Diskriminierungen
und Ungleichheiten schafft. Daher besteht
für uns ein erster Grund in der folgenden
Feststellung: Die Wirtschaftsführer
und die politischen Spitzen in der Schweiz
– also die Kreise, die immer mehr
Angriffe gegen die Lohnabhängigen
starten – sind bereit, Millionen
auszugeben, um die Bevölkerung zu
„überzeugen“ versuchen.
Seit Oktober 2004 verkünden die Herren
und Damen der Schweiz AG ihre Absichten.
Ruth Durrer Balladore, Mitglied des Schweizerischen
Arbeitgeberverbands, teilt mit, dass ihre
Organisation „Hand in Hand mit
economiesuisse“ (das Büro der
Wirtschaftskreise für Gehirnwäsche)
arbeiten wird. Die Bosse „werden
ihre Tätigkeit auf den freien Personenverkehr
konzentrieren“ (24 heures,
2.-3. Oktober 2004).
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Millionen
Franken für eine Gehirnwäsche |
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Welche Freiheit meinen die betreffenden
Kreise wohl ? Welche „Freiheit“
verteidigen sie? Die Antwort auf diese
Frage lautet schlicht:
1.Thomas Allemann, Direktor von Hotelleriesuisse,
erklärt:„Wir finden in
Deutschland für Küche, Service
und Reception teilweise sehr gut ausgebildete
Arbeitskräfte, die auch nicht allzu
grosse Lohnforderungen stellen“.
Mit anderen Worten: Die Arbeitsnormen
und Löhne werden in einem Sektor,
wo sie ohnehin oft schon schlecht sind,
noch weiter gesenkt.
2. Professor George Sheldon aus Basel
– der sich 1994- 1995 an der Ausarbeitung
der unsozialen Revision der Arbeitslosenversicherung
(AVIG) beteiligte – nennt das Ziel
des angeblich freien Personenverkehrs
beim Namen : „Mit der Öffnung
des Arbeitsmarktes steigt die Zahl der
verfügbaren Arbeitskräfte, was
auf die Entwicklung der Löhne drückt“.
Anders gesagt: Durch den Zugriff auf eine
grössere Reserve an Erwerbslosen
können die Löhne gesenkt werden,
insbesondere bei den Beschäftigten
in schlechter laufenden Sektoren.
3. Zu den „flankierenden Massnahmen“,
die angeblich gegen Lohndumping schützen
sollen, meint Peter Hasler, Direktor des
Schweizerischen Arbeitgeberverbands, im
Editorial der Wochenzeitung Schweizer
Arbeitgeber (Nr. 3, 10 Februar 2005):
„Wie sollen wir noch in diese
neuen Länder [der EU] exportieren,
wenn wir ihnen pauschal das Vertrauen
absprechen ?… Diese Ausgangslage
hat den Vorstand des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes
überzeugt, auch den flankierenden
Massnahmen zuzustimmen, die letztlich
keine neue Last für die Unternehmen
bedeuten, sondern nur eine Kontrollmöglichkeit
zur Umsetzung der bereits bestehenden
flankierenden Massnahmen.“
Der Begriff des Dumping hat eine wirtschaftlichen
Sinn: Es handelt sich um eine wirtschaftliche
Kriegserklärung.
Für den Sprecher der Schweizer Bosse
sind die „Begleitmassnahmen“
nur ein Feigenblatt. Und Lohndumping gibt
es schon gar nicht!
In der Monatszeitschrift des seco (Staatssekretariat
für Wirtschaft), Die Volkswirtschaft,
behauptet Hasler gar: „[Ein Lohn
von 900 Franken pro Monat] ist keine
Unterbietung, das sind ein fach die heutigen
Löhne. Die sind tief; da stimmen
wir völlig überein. [Jedoch]
ist das keine Unterbietung, die sanktioniert
werden kann.“ (Nr. 3, 2004,
S. 20) Wenn also die Erwerbslosigkeit
und die forcierte Konkurrenz zwischen
den Beschäftigten einige unter ihnen
zwingen, für fast nichts zu arbeiten,
dann handelt es sich lediglich um das
„Gesetz von Angebot und Nachfrage“
auf dem „Arbeitsmarkt“. Dieses
Gesetz kann nicht aufgehoben werden. Der
Markt muss frei spielen. Die strukturelle
Ungleichheit zwischen den Bossen (Arbeitgebern)
und den Lohnabhängigen (Beschäftigten)
wird als natürlich und daher gerecht
dargestellt !
Der Berner SVP-Nationalrat Hermann Weyeneth
erklärt dies in eigenen Worten :„Wegen
der Flexibilität des Schweizerischen
Arbeitsmarktes können wir aus dem
Arbeitskräfteangebot der neuen EU-Mitgliedstaaten
den besten volkswirtschaftlichen Nutzen
ziehen.“ (SVP-Delegiertenversammlung
vom 8. Januar 2005)
Jean-Michel Servais, Forscher am Internationalen
Arbeitsamt (IAA), beleuchtet Aspekte,
die diese Politik der neokonservativen
Rechten begünstigen: „Die
Öffnung der Grenzen hat die Konkurrenz
verschärft und den Druck zur Senkung
der Löhne und Sozialausgaben erhöht…
Die Verhältnisse in der Arbeitswelt
wurden dadurch erschüttert“.1
Im Klartext: Die Bosse nutzen die Erwerbslosigkeit
und die geschaffene Konkurrenzsituation,
um jegliche Zugeständnisse zu verweigern
und ihr Diktat durchzusetzen. Für
die Gewerkschaften gilt es daher, Widerstand
gegen einen durchdachten Angriff zu leisten,
statt Kompromisse einzugehen.
|
Die
Freiheit, noch stärker auszubeuten |
Aus
Respekt vor den Lohnab-hängigen
gehen wir ausführlich auf die
Problematik ein und betreiben weder
Propaganda sowjetischen Stils, noch
simple Werbetaktik – denn
für uns sind die Beschäftigten
nicht gedankenlose Konsumenten,
denen scheinbar eingehende Slogans
aufgetischt werden können. |
1,
In Mélanges en l’honneur
de Jean-Marie Verdier. Droit syndical
et droits de l’homme à
l’aube du XXIe siècle.
Dalloz, 2001. |
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Eine Frage stellt sich: Wie kommt es,
dass die Schweizer Gewerkschaftsspitzen
– an der Seite von Peter Hasler
– das Doppelpack „Freier
Personenverkehr + flankierende Massnahmen“
verkaufen ?
Die führenden Kreise der Gewerkschaften
– die etwa zwei Mal im Jahr feurige
Erklärungen von sich geben –
sollten darüber nachdenken, was
die gemässigte sozialdemokratische
Wochenzeitung Domaine public
aus der Westschweiz vorschlägt:
„Insbesondere Reconvilier
[Streik bei Swissmetal Ende 2004] bedeutet
eine Wiederbelebung der Kritik am Kapitalismus,
die weitergetragen werden muss. Es ist
nicht annehmbar, dass die Kapitaleigner
alleine über das Schicksal des
Unternehmens und der Menschen, die davon
leben, entscheiden.“ (3.
Dezember 2004)
Die Spitzen der Sozialdemokratischen
Partei Schweiz (SPS) und des Schweizerischen
Gewerkschaftsbundes (SGB) tun das Gegenteil.
Serge Gaillard, Ökonom des SGB,
ist so unverfroren, die Zukunft der
Lohnabhängigen – die in der
Schweiz arbeiten und aus verschiedenen
Ländern kommen – dem guten
Willen des Bosse zu überlassen:
„Wir vertreten die Ansicht,
dass die Gefahr [dass bei den Lohnkosten
gespart wird] gering und in erster
Linie vom Verhalten der Arbeitgeber
in der Schweiz abhängig ist.“
(Pressekonferenz des SGB vom 5. Januar
2005) !
Couchepin, Merz und Hasler haben verstanden,
in welchem Lager diese gewerkschaftlichen
„Überlegungen“ anzusiedeln
sind. Gewisse – mehr oder weniger
legitimierten – Verwalter der
Organisationen, die im Namen der Beschäftigten
sprechen, haben es aufgegeben, diese
wirklich zu verteidigen – und
Blocher und die fremdenfeindliche SVP
erkennen die Vorteile, die sich dadurch
für sie ergeben.
Blocher und die nationalistische Rechte
instrumentalisieren die Frustration
und den Unmut eines Teils der Schweizer
Beschäftigten. Diese wurden durch
zahlreiche nicht gehaltene Versprechen
enttäuscht: eine dauerhaft aufgestockte
AHV; eine sichere und befriedigende
2. Säule; bezahlbare Kranken-kassen;
Mieten, die nicht 40 % des Einkommens
auffressen.
Diese Enttäuschungen haben unter
den ArbeiterInnen einen Widerwillen
gegen traditionelle PolitikerInnen hervorgerufen.
Diese erscheinen als geschlossener Block,
da die SP nicht müde wird, Konkordanz
und Kollegialität zu fordern.
Die SVP greift diesen Unmut auf und
richtet ihn gegen den Sozialstaat. Dieser
wird von sehr vielen Beschäftigten
mit Institutionen (2. Säule, Krankenversicherung)
identifiziert, die ihren Erwartungen
nicht gerecht geworden sind. Die nationalistische
Rechte hat die neokonservative Offensive
vorangetrieben. Und sie hat die anderen
Parteien gezwungen, sich dieser Linie
anzupassen, ohne dabei auf allzu viel
Widerstand zu stossen.
Gleichzeitig
versucht die SVP, die verunsicherten
Lohnabhängigen oder RentnerInnen
zu beruhigen. Sie bietet sogenannte
nationale Werte, die seit Ende des 19.
Jahrhunderts historisch gegen die Linke
und die ArbeiterInnenbewegung formuliert
wurden.
Die Strategie der SVP weist Ähnlichkeiten
mit der Politik von Bush auf, der Teile
der Bevölkerung für sich gewinnen
konnte: einerseits neoliberale und religiöse
Werte, anderseits soziale Gegenreformen.
Die Linke hat ihr Profil und ihre Kritik
am kapitalistischen System aufgeben.
Gleichzeitig haben Blocher und die Freisinnigen
ab 1990 ihre massive unsoziale Offensive
lanciert.Angesichts des von Blocher
wie von der herrschenden Rechten aufgebauten
ideologischen Konstrukts der Fremdenfeindlichkeit
sind viele Linke wie gelähmt. Sie
vergessen, dass der Boden auf dem die
Fremdenfeindlichkeit gedeiht, der soziale
Rückschritt, die Konkurrenz unter
den Beschäftigten und die fehlende
Entschlossenheit der Gewerkschaften
und Parteien sind. Die fremdenfeindliche
Offensive und die damit verbundene Gefahr
verdeckt in ihren Augen – zumindest
vorübergehend – die sozialen
Klassenkonflikte und ihren aktuellen
rechtlichen Ausdruck. Das Doppelpack
der Personenfreizügigkeit und der
Begleitmassnahmen konkretisiert diesen
Zusammenhang von Klassenkonflikten und
rechtlichen Normen. Daher ist es wichtig,
dass eine radikale Linke (welche die
Wurzeln der herrschenden sozialen Verhältnisse
angeht) in dieser Auseinandersetzung
präsent ist. Sie muss auch Forderungen
und konkrete Rechte vorschlagen, die
der Selbstverteidigung und dem Widerstand
aller Lohnabhängigen dienen.Ohne
eine solche Präsenz der kämpferischen
Linken wird das politische Terrain entweder
durch die nationalistische Rechte oder
durch die institutionelle Linke besetzt
werden, die den Aufstieg der SVP erleichtert
hat. Wer einen Gegensatz zwischen Referendum
und direkter gewerkschaftlicher Aktion
konstruiert, erliegt einer zwar beruhigenden,
aber vereinfachenden Sichtweise. Im
Namen des Kampfs gegen Rassismus akzeptiert
eine Linke, die doch oft kämpferisch
auftritt, die Unterordnung unter die
nationale Einheit, während eine
historische Umwälzung der Lebens-
und Arbeitsbedingungen vor sich geht.
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Die
Kritik am Kapitalismus erneuern
oder den Bossen beratend zur Seite
stehen ? |
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Die Allgemeine Erklärung
der Menschenrechte (1948) anerkennt
gleichzeitig die folgenden Rechte: „Jeder
hat das Recht, sich frei zu bewegen
und seinen Au fenthaltsort frei zu wählen“
(Art. 13), „hat das Recht
auf Arbeit, auf freie Berufs-wahl, auf
gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen
sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit,…
hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen
Gewerkschaften zu bilden“
(Art. 23), „hat das Recht
auf soziale Sicherheit“ (Art.
22).
Was gemäss der Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte innerhalb eines Staates
Gültigkeit haben sollte, muss heute
mindestens auf der Ebene der europäischen
Union und der Schweiz gelten.
Nun sieht das bilaterale Abkommen über
die Ausweitung des freien Personenverkehrs
auf die neuen EU-Mitgliedsländer
(25 Länder) diese Grundrechte nicht
vor. Im Gegenteil : Eines dieser Rechte
– der „freie Personenverkehr“
– wird (in unvollständiger
Form) zur Schwächung der anderen
Rechte (der Abklatsch sozialer und gewerkschaftlicher
Rechte in den Begleitmassnahmen) genutzt.
Bundesrat Joseph Deiss rechnet vor,
wie kompatibel „Rechte“
sein können: „Die Personen
freizügigkeit stellt einen wichtigen
Schritt in Richtung Flexibilisierung
dar… Gesamthaft ist der Gewinn
an Flexibilität grösser, als
die möglichen Einbussen, die aus
zusätzlichen Vorschriften und Reglementen
entstehen könnten.“
Gewinn meint hier, dass die Bosse Löhne,Arbeitszeiten,
Kündigungen flexibilisieren können
2…
Hier liegt ein zentraler Grund, um sich
gegen dieses Abkommen zu wehren. Zur
Mauer, von Schengen-Dublin-Abkommen
kommt noch die Trennung zwischen „freiem
Personenverkehr“ und den eigentlich
dazugehörigen, verbesserten gewerkschaftlichen
und sozialen Rechten hinzu.
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Der
freie Personenverkehr
und seine scheinbare
Gegenleistung
|
2.
Die Flexibilisierung der
Arbeit findet unter zwei
Formen statt. 1. Die externe
Flexibilisierung bedeutet
die Auslagerung von Arbeitsplätzen;
das Zulieferersystem ist ein Beispiel
dafür. Diese Art von Flexibilisierung
schliesst auch das Recht für
die Bosse ein, Personal ohne weiteres
und kostengünstig zu entlassen.
Dazu gehört auch die Ausweitung
der Temporärarbeit und der
befristeten Arbeitsverträge
in Betrieb, Büro oder Schulwesen.
2. Die interne Flexibilisierung
besteht darin, dass die Arbeitszeit
variiert (Jahresarbeitszeit); dass
die Löhne variabel sind (Fixlohn,
dazu Leistungsprämie oder Erfolgsbeteiligung);
und dass sich die Arbeitsorganisation
und die Einteilung der Beschäftigten
beständig ändert.
Die Flexibilität ist eine Art,
die Beschäftigung zu prekarisieren.
Die Neokonservativen (die sich selbst
liberal nennen) wollen uns glauben
machen, dass damit die Beschäftigung
steigt, was bislang nicht bewiesen
ist. Hingegen wurde dadurch seit
den 1980er Jahren der Anteil des
Profits an der Wertschöpfung
erhöht.
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