Demobewilligungsgesuch
abgelehnt – Anti-WEF-Bündnis sagt
geplante Demonstration ab und ruft zu anderen
phantasievollen Protesten auf
Die
Stadtregierung von Bern hat am 11. Januar
das vom Anti-WEF-Bündnis am 7. Dezember
2004 eingegebene Bewilligungsgesuch für
eine Demonstration gegen das WEF abgelehnt.
Die Antwort der Stadtregierung ist die polizeiliche
Aufrüstung, die angedrohte Besetzung
der Innenstadt durch "das grösste
Polizeiaufgebot, das diese Stadt je gesehen
hat" (Zitat Polizeikommandant Blumer).
Die Stadtregierung will die DemonstrantInnen
auf einen eingegitterten Bundesplatz pferchen.
Die DemonstrantInnen sollen über eine
einzige Zugangstrasse mit Polizeispalier vom
Bahnhof auf den Platz geschleust werden. Niemand
will in einem Käfig demonstrieren. Mit
diesem Diktat strebt die Stadtregierung eine
Eskalation geradezu an und bereitet praktisch
den Ausnahmezustand in der Stadt Bern vor.
Unter diesen Bedingungen kann das Anti-WEF-Bündnis
die geplante Demonstration nicht durchführen.
Das
Anti-WEF-Bündnis wollte eine Demonstration
gegen Sozialabbau, Lohndumping, Privatisierung,
rassistische Ausgrenzung und Krieg durchführen.
Die gesamte Mobilisierung für die Anti-WEF-Demonstration
erfolgte mit dem Willen, breite Bevölkerungskreise
anzusprechen und Konfrontationen mit der Polizei
zu vermeiden. Unser Ziel war es, dass alle,
die ihre Kritik am WEF und der Politik, die
von seinen Mitgliedern vorangetrieben wird,
anbringen wollen, ohne Angst an der Demonstration
teilnehmen können.
Das
Anti-WEF-Bündnis war seit der Einreichung
des Bewilligungsgesuchs bereit, über
den konkreten Ablauf und die Route der Demonstration
zu verhandeln. Die Berner Stadtregeierung
und die Polizeiführung stiegen darauf
nicht ein und wollten uns ihre Bedingungen
aufzwingen. Verhandlungen fanden nicht statt.
Offensichtlich
wollen die Behörden vor und während
des WEF in der ganzen Schweiz keine Grossdemonstrationen
gegen das Jahrestreffen der so genannten "global
leaders" zulassen. Auch kündigten
die Bundesbehörden an, dass gegen unbewilligte
Demonstrationen „durchgegriffen werde“.
In Bern wird zudem sogar das Diskutieren während
dem WEF auf Anordnung der Stadtregierung aus
der Innenstadt verbannt: Die internationale
Konferenz „Das andere Davos“,
welche im Progr am Waisenhausplatz hätte
stattfinden sollen, muss in die Dampfzentrale
ausweichen, weil die Konferenz ein „Sicherheitsrisiko“
darstelle.
Die
Politik der Stadtregierung von Bern, deren
Mehrheit VertreterInnen der Sozialdemokratischen
Partei und des Grünen Bündnisses
sind, setzt die Meinungsäusserungs- und
Versammlungsfreiheit ausser Kraft. Die Bedingungen
der Stadtregierung sind ein gefährlicher
Präzedenzfall. Sie betreffen nicht nur
die Bewegung gegen das WEF, sondern alle Organisationen,
Gewerkschaften und sozialen Bewegungen in
der ganzen Schweiz, die gegen die Verschlechterung
der Lebens- und Arbeitsbedingungen protestieren
wollen. Damit unterstützt die Regierung
die Tendenz zu laufend gesteigerter Repression
und verstärkt die entsprechenden bürgerlichen
Bestrebungen mit der Unterstützung der
Regierungslinken.
Unter
diesen Umständen sagen wir die geplante
Demonstration ab. Das heisst nicht, dass wir
unseren Protest gegen das WEF absagen, im
Gegenteil. In einer polizeilich besetzten
Innenstadt, in der praktisch der Ausnahmezustand
herrscht, können wir die Verantwortung
für eine Demonstration aber nicht übernehmen.
Wir
lassen uns jedoch den Raum für unseren
Protest nicht nehmen und auch nicht diktieren
und werden ihn mit anderen, kreativen Aktionsformen
einfordern. Wir rufen deshalb für den
22. Januar 2005 von 13.00 bis 16.00 Uhr dazu
auf, in der Berner Innenstadt gegen das WEF
und gegen die Abschaffung des Demonstrationsrechts
zu protestieren. Willkommen sind auch Proteste
und Aktionen in anderen Städten. Protest
ist auf verschiedene Weisen möglich –
so etwa in Form von Theater, Musik, als Sandwich-Leute,
mit einer Unterschriftensammlung gegen das
WEF, mit einem Trauermarsch für das gestorbene
Demorecht und mit batteriebetriebenen Radios.
Auf Radio RaBe, (95,6 MhZ,) wird am 22. Januar
2005 von 13.00 bis 18.00 Uhr eine Live-Sondersendung
zum WEF ausgestrahlt, damit die Inhalte der
verbotenen Anti-WEF-Demo an jeder Ecke zu
hören sind.
In
Bern werden Aktionen aufgrund der polizeilichen
Besetzung erschwert sein. Wir rufen deshalb
zu phantasievollen sicht- und hörbaren
Aktionen des zivilen Ungehorsams auf, die
das angekündigte Polizeidispositiv ins
Leere laufen lassen und seine Absurdität
aufzeigen. Wir steigen auf das vorbereitete
Szenario einer Konfrontation nicht ein.
Wir
betrachten den 22. Januar 2005 nach wie vor
als weitere Mobilisierung für Proteste
während der WEF-Jahrestagung in der ganzen
Schweiz.
Anti-WEF-Bündnis,
17. Januar 2005