G8
:der Klub der Plünderer
Flyer
der BFS/MPS, Juni 2003
Der
G7 vereint die Regierungen der 7 führenden
imperialistischen Länder. 1997 wurde Russland
eingebunden, so dass heute vom G8 die Rede ist.
Seit 1998 bezeichnen die Regierungsvertreter
der herrschenden Klassen diese jährlichen
Treffen als „Gipfel von acht Demokratien“
– zu einem Zeitpunkt, in dem demokratische
und soziale Rechte in einem seit dem 2. Weltkrieg
unerreichten Ausmass angegriffen werden.
Dieser
Klub kümmert sich in erster Linie um die
wirtschaftliche und politische Kontrolle des
Rests der Welt. Das Ziel besteht darin, möglichst
vorteilhafte Bedingungen für die Interessen
der in den imperialistischen Ländern herrschenden
Oligarchien zu schaffen. Anders gesagt geht
es darum, das Jagdrevier des konzentrierten
und zentralisierten Kapitals der imperialistischen
Länder auf die ganze Welt auszudehnen.
Die Schweiz spielt in dieser Hinsicht keineswegs
eine unbedeutende Rolle: Denken wir nur an die
Pharma-Konzerne, an Nestlé oder an die
Banken und Versicherungen.
Haben
wir ein zu einfaches Bild skizziert? Nein. Wie
sehr es der Realität entspricht, zeigt
gerade die Resolution 1483, die der UNO-Sicherheitsrat
am 22. Mai 2003 verabschiedet hat. Sie betrifft
die koloniale Besetzung des Iraks unter amerikanischer
Herrschaft. Der G8-Gipfel findet im Schatten
des Irak-Kriegs, der amerikanischen Drohungen
gegen Iran und der internationalen Rechtfertigung
der organisierten Plünderung der irakischen
Ressourcen statt.
Kolonialisierung
mit Zustimmung der UNO
Am
22. Mai 2003 hat der Sicherheitsrat der UNO
mit 14 gegen 0 Stimmen eine Resolution gutgeheissen,
die nach offizieller Lesart zur Aufhebung der
1991 gegen den Irak verhängten Wirtschaftssanktionen
führt.
Worum geht es aber wirklich? Die italienischen
Wirtschaftszeitung Il Sole-24 Ore fasst es in
ihrer Ausgabe vom 23. Mai trefflich zusammen:
„Der verabschiedete Text öffnet in
der Tat den Irak für ausländische
– vor allem amerikanische – Unternehmen,
die seit Jahren nur darauf gewartet haben...
Das ist ein Sieg für Bush, denn zugleich
wird der Wiederaufbau des Irak formell in die
Hände der USA gelegt. Und der Krieg, durch
den das Regime von Saddam Hussein gestürzt
wurde, wird nachträglich gutgeheissen.“
Das ist, wie wenn ein Einbrecher freigesprochen
und mit der Aufsicht über die gestohlenen
Güter beauftragt wird.
Am
26. Mai 2003 war in der Tageszeitung des englischen
Finanzkapitals, der Financial Times zu lesen,
dass der irakische „Erdölminister“
Thamis Ghadhban, der durch die USA ernannt und
dem ehemaligen Chef des Shell-Konzerns (Philipp
J. Caroll) unterstellt wurde, bereits drei Verträge
von russischen und chinesischen Unternehmen
aufgelöst oder suspendiert hat. Zur Erinnerung:
Französische, chinesische und russische
Konzerne hatten im Erdölbereich am meisten
Verträge mit dem Regime von Saddam Hussein
geschlossen. Diese Verträge sollten umgesetzt
werden ... sobald die Sanktionen aufgehoben
würden.
Nun
sind die Sanktionen durch den Sicherheitsrat
aufgehoben worden. Nur wenige Tage danach hat
die Administration Bush in enger Zusammenarbeit
mit den amerikanischen Ölkonzernen begonnen,
die natürlichen Reichtümer des Iraks,
die eigentlich der Bevölkerung des Landes
gehören, neu zu verteilen. Der Streit zwischen
Chiracs Frankreich und Bushs USA über die
Form der Kontrolle des Irak spiegelte zugleich
den Interessenkonflikt zwischen dem französischen
Total-(zuvor TotalFinaElf-) und dem amerikanischen
ExxonMobil-Konzern.
Die
Administration Bush beansprucht sämtliche
eingefrorenen Gelder des Diktators Saddam Hussein,
die auf schweizerischen und anderen Bankkonten
liegen. Nach offizieller Lesart geht es um die
Finanzierung des „Wiederaufbaus des Irak“.
Übersetzen wir: Es geht um die Bezahlung
amerikanischer Konzerne wie Bechtel (ex-Staatssekretär
George Schulz) oder Halliburton (Vizepräsident
Dick Cheney), die „den Irak wieder aufbauen“.
In diese Richtung fliesst also das Geld, das
der Diktator Saddam Hussein seiner Bevölkerung
entrissen hat und von dem ein Teil dank bereitwilligem
Mittun der imperialistischen Bankiers gewaschen
werden konnte. Die Verhandlungen am G8-Gipfel
werden sich um die Frage drehen, welchen Teil
der Beute die USA ihren Partnern (in erster
Linie Blairs Grossbritannien) überlassen,
sowie ihren Verbündeten, die es gewagt
haben, sich zu Wort zu melden.
Der
Sicherheitsrat als imperialistische Ausgleichsstelle
Die
Resolution 1483 des Sicherheitsrates zeigt auch,
wie unbegründet die weit verbreiteten Illusionen
über die mögliche Rolle der UNO bei
der Verhinderung der Invasion und der Umwandlung
eines Landes in ein Protektorat waren, dessen
Bevölkerung unter den Wirtschaftssanktionen
und der Diktatur von Saddam Hussein litt. Ein
Regime, das 1991 Zehntausende getötet hat,
die sich nach dem Aufruf von Präsident
Bush Senior erhoben hatten und dann unter dem
zynischen und reglosen Blick der „Verteidiger
der Menschenrechte“ exekutiert wurden.
Dieselben
Illusionen wurden mit Bezug auf die tatsächlichen
Absichten der französischen und der deutschen
Regierung verbreitet. Die Vertreter Frankreichs,
Deutschlands und Russlands erklärten vor
dem Krieg, dass die USA durch die Invasion des
Irak einen Bruch mit dem Völkerrecht begehen
würden. Heute wird dies selbst durch die
bekanntesten britischen Völkerrechtsexperten
bestätigt: Es gab für die USA keinen
Grund sich zu verteidigen, und es existierte
keine UNO-Resolution, die zum Krieg ermächtigte:
Dieser Krieg war also „illegal“
(The Independent, 25. Mai 2003). Ausserdem ist
von den „Massenvernichtungswaffen“,
die Colin Powell als Grund für einen Präventivkrieg
angeführt hatte, weit und breit nichts
zu sehen.
All
das hat die Regierungsvertreter der (französischen
und deutschen) imperialistischen Interessen
und einer Maffia-Bourgeoisie – die ihr
wahres Gesicht in Grosny (Tschetschenien) zeigt
- nicht daran gehindert, der Resolution 1483
zuzustimmen.
Jahrzehntelang
wurde die UNO als eine Hoffnung für die
Zukunft dargestellt, als ein Instrument der
internationalen Zusammenarbeit. Erinnern wir
uns nur an die Kampagne bei der Abstimmung über
den Beitritt der Schweiz zur UNO.
Am
22. Mai 2003 wurde klar erkennbar, worum es
sich beim Sicherheitsrat in Wirklichkeit handelt:
um eine Ausgleichsstelle (wie zwischen Banken
zur Abwicklung von Finanzflüssen) der führenden
Mächte der Welt, die dort ihre Geschäfte
zu regeln und über gemeinsame Interessen
diskutieren. Der „Krieg der Erklärungen“
ist sehr schnell den Verhandlungen gewichen,
bei denen es darum geht, möglichst viel
Profit aus der „neuen Situation“
im kolonisierten Irak zu schlagen. Das imperialistische
Wesen des Sicherheitsrates der UNO tritt offener
zu Tage als jemals zuvor.
Das
alles ist für die durch Bushs „permanenten
Krieg“ geprägte Zukunft von grosser
Bedeutung. Eine Tageszeitung der deutschen Bourgeoisie,
die Süddeutsche Zeitung, hat am 23. Mai
deutlich darauf hingewiesen: „Mit der
Resolution 1483 hat die Regierung Bush nachträglich
jene Zustimmung zu ihrem Krieg erhalten, die
sie zuvor vergeblich anstrebte... Diejenigen,
die in Washington an der Macht sind, werden
diese Resolution gegen ihre Kritiker verwenden
und ihnen sagen: Schaut her, der Sicherheitsrat
hat unsere Rolle als Herrscher über den
Irak bestätigt. Dadurch hat er implizit
unsere militärische Intervention legitimiert,
und darüber hinaus unsere Doktrin des Präventivkriegs
(gegen einen von uns selbst ausgewählten
Feind) insgesamt. Das alte Völkerrecht
ist tot, es lebe das Gesetz des Imperium Americanum.“
Ohne
Zweifel haben die imperialistischen Mächte
auch widersprüchliche Interessen. Doch
in dieser Phase eines transnationalen Imperialismus
– wo die Investitionen der multinationalen
Konzerne der imperialistischen Länder Ketten
bilden, deren Glieder in zahlreichen Ländern
des Zentrums und der Peripherie verstreut liegen
- können sich solche Interessengegensätze
nicht wie im 19. und 20. Jahrhundert direkt,
in militärischen Konflikten äussern.
Eine
gemeinsame Bewegung aufbauen
Dieser
G8-Gipfel findet zu einem Zeitpunkt statt, in
dem das Kapital in den USA, in der Europäischen
Union und in der Schweiz einen wahrhaftigen
sozialen Krieg in denselben Bereichen führt:
soziale Sicherheit, Arbeitsrecht, Recht auf
Bildung, Beschäftigung... Chirac bei den
Renten, Couchepin bei der AHV und Schröder
mit seiner Agenda 2010 haben alle dasselbe Ziel:
den Soziallohn senken, die Gewerkschaften schwächen,
die sozialen Bewegungen kriminalisieren... All
dies dient der Erhöhung der Profite durch
die Verschärfung der internationalen Konkurrenz
unter den Lohnabhängigen. Deren Einkommen
werden gesenkt, damit die kapitalistische Aneignung
des durch sie produzierten Reichtums gesteigert
werden kann.
In
dieser Situation sind wir der Meinung, dass
die folgenden Ziele ins Zentrum der heutigen
Mobilisierungen gerückt werden sollten:
1. Die Dynamik der Bewegung gegen den Krieg
erhalten und ihre Unabhängigkeit gegenüber
der Politik der Regierungen stärken. Diese
Bewegung hat in jeder Hinsicht die schrecklich
zerstörerische Natur des kapitalistischen
Systems ans Tageslicht gefördert. 2. Das
Zusammentreffen der sozialen Kämpfe in
Europa fördern (zum Beispiel bei den Renten)
und sie zum Element einer „gemeinsamen
Bewegung“ auf kontinentaler Ebene machen.
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