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Ökologie
Klimaschutz und Antikapitalismus

Die Auswirkungen des Films von Al Gore, das Interesse am Stern-Report, das Echo auf die Berichte des UN-Klimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change –IPCC) und der wachsende Erfolg der Demonstrationen der Climate Action Campaign zeigen das wachsende öffentliche Interesse an den Fragen des Klimawandels. Die Linke, die auf diesem Gebiet immer noch viel zu wenig aktiv ist, sollte sich an der Bewegung beteiligen, für die die Rettung des Klimas – im Geiste sozialer Gerechtigkeit – Vorrang vor den Profiten haben muss und eine signifikante Umverteilung des Reichtums erfordert. Eine solche Bewegung ist unerlässlich. Die Einbeziehung der Arbeiterbewegung ist eins der strategischen Ziele, denen die Linke besondere Aufmerksamkeit schenken sollte.

von Daniel Tanuro - aus Inprekorr Nr. 428 / 429 Juli / August2007


Die Menge des von der Weltökonomie jährlich ausgestoßenen Kohlendioxids beträgt ungefähr das Doppelte dessen, was die Ökosysteme (Meere, Boden, Vegetation) aufnehmen können. Der Überschuss sammelt sich in der Atmosphäre, verstärkt den natürlichen Treibhauseffekts und verursacht damit eine Erwärmung der Oberfläche des Planeten. Das Phänomen begann mit der industriellen Revolution und dem Aufstieg des Kapitalismus. Hauptursachen sind die Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Öl, Erdgas) und die Veränderungen in der Bodennutzung (Abholzungen, Pflugbearbeitung und so weiter). Die erste dieser Ursachen ist mit der Explosion der Zahl der PKWs seit den 50-er Jahren die wichtigste geworden. Mehr als 75% der historischen Verantwortung für den Klimawandel liegt bei den entwickelten Ländern, aber die Emissionen der Entwicklungsländer steigen rapid (vor allem in den größeren Ländern wie Indien, China, Brasilien) (siehe Abb. 1). Spezialisten zufolge sollten wir den Anstieg der Temperatur der Erdoberfläche verglichen mit der vorindustriellen Zeit auf 2°C begrenzen [1], da es sonst zu ernsten Folgen für die Ökosysteme und die Menschheit (vor allem die Länder des Südens und die Armen allgemein, so das IPCC [2]).

Abbildung 1: Historische Verantwortung der verschiedenen Ländergruppen für den Klimawandel. Berechnung der zwischen 1870 und 2000 emittierten Kohlenstoffvolumina nach Weltregionen.
Von unten nach oben : Europa, Nordamerika, Ozeanien (inkl. Japan, Australien, Neuseeland), Osteuropa, Mittel- und Südamerika, „zentralgeplantes“ Asien (inkl. China), Fernost (inkl. Indien und Südkorea), Nahost und Afrika. Das aktuelle Emissionsvolumen liegt bei 8 Gigatonnen Kohlenstoff (28,8 Gigatonnen CO2) pro Jahr.
Quelle: Oakridge National Laboratory

Um das volle Ausmaß der Aufgabe zu verstehen, sollte uns klar sein, dass diese Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2°C derzeit nicht mehr durch Aktivitäten der entwickelten Länder alleine erreicht werden kann: Selbst im hypothetischen Fall, dass sie ihre gesamten Emissionen augenblicklich auf Null bringen, die Entwicklungsländer aber keine Maßnahmen ergreifen würden, könnte der Anstieg trotzdem 4° bis 5°C in einem Jahrhundert erreichen, eine Temperaturdifferenz die dem Abstand unserer Epoche von der letzten Eiszeit entspricht. In einer gigantischen Umkehr des kapitalistischen „Fortschritts“ droht die menschliche Rasse in eine Situation zu kommen, die sie nie zuvor gesehen hat und deren Konsequenzen man zumindest als ungeheuerlich bezeichnen müsste.

Physikalische Grenzen und soziale Gesetze

Mehr als 20 Jahre wurden die Warnungen überhört. Heute ist es zu spät, um den Klimawandel zu verhindern: Er hat bereits begonnen, und seine Auswirkungen werden noch auf Jahrhunderte hinaus zu spüren sein. Die Frage lautet lediglich: Wie kann man den Schaden begrenzen? Eine Antwort ist nur im Rahmen unabänderlicher physikalischer Gesetzmäßigkeiten möglich. Klimamodelle zeigen, dass der einem Temperaturanstieg von 2°C entsprechende Anteil von Treibhausgasen in der Atmosphäre etwa 450 bis 500 „Millionstel Volumenteilen CO2-Äquivalenten – ppmv CO2eq“ [3] betragen würde. Die obere Grenze wäre etwa das Doppelte der Konzentration vor 1780.

Die heutige Konzentration aller Gase zusammengerechnet bringt uns mit 465 ppmv CO2eq (davon 370 ppmv für CO2 alleine) bereits in die Gefahrenzone. Und der Anstieg scheint sogar noch dramatisch zuzunehmen. [4] Um die Temperatur des Globus wieder zu stabilisieren, muss der Anteil der betreffenden Gase in der Atmosphäre so schnell wie möglich stabilisiert werden. Angesichts ihrer Lebensdauer und insbesondere der thermischen Trägheit der Ozeane [5] wird es nicht ausreichen, die Emissionen nur zu stabilisieren; sie müssen vielmehr reduziert werden, und zwar drastisch und sehr schnell.

Die Abbildungen unten zeigen diesen Zusammenhang zwischen der zeitlichen Entwicklung von Temperatur, Konzentration und Emission für eine Stabilisierung nur des CO2-Gehalt bei 550 ppmv. Wegen des Vorsorgeprinzips und bei Berücksichtigung aller Treibhausgase sollte als Ziel die Stabilisation bei 450 ppmv CO2eq angestrebt werden, um Ungewissheiten des Klimasystems zu berücksichtigen. Nach dem Stern-Report [6] erfordert dieses Ziel, dass die Emissionen von derzeit 42 Gigatonnen weltweit pro Jahr in zehn Jahren ihr Maximum erreichen und dann um mindestens 5% jährlich fallen müssen, was bis 2050 eine Reduktion um 75% gegenüber 1990 bedeuten würde. Eine Stabilisierung bei 550 ppmv (der oberen der beiden Grenzen) würde ein Maximum in 20 Jahren und dann einen Rückgang von 1 bis 3 Prozent jährlich erfordern – es gäbe dann aber schon ein 50%-iges Risiko, die angestrebte Grenze des Temperaturanstiegs von 2°C zu überschreiten. In jedem Fall müssen die jährlichen Emissionen im Laufe des Jahrhunderts auf 5 Gigatonnen CO2eq, also auf ein Achtel, gesenkt werden.

Das bedeutendste Treibhausgas ist Kohlendioxid (CO2). Da dieses Gas unvermeidliches Produkt jeder Verbrennung ist, lassen sich die Emissionen nicht so leicht wie bei anderen Schadstoffen senken, die wie Schwefel aus dem Rauch herausgefiltert werden können. [7] Ist es trotzdem möglich, solche drakonischen physikalischen Grenzen einzuhalten, ohne die Menschheit um Jahrhunderte zurückzuwerfen? Um Panikreaktionen, Vogel-Strauß-Reflexe und andere Formen irrationalen Verhaltens (aus denen reaktionäre Kräfte nutzen ziehen könnten) zu vermeiden, ist es extrem wichtig einzuhämmern, dass die Antwort auf technisch-wissenschaftlicher Ebene lautet: Ja. Ja, der Kampf gegen Energieverschwendung, für Steigerung der Energieeffizienz, für Ersetzung fossiler Energiequellen durch erneuerbare Quellen sowie der Schutz der Böden und der Wälder erlaubt es, die Herausforderung zu meistern.

Wegen der Wichtigkeit der Verbrennungsvorgänge steht die Energiefrage im Mittelpunkt der Debatte. Tatsächlich beträgt der auf die Erdoberfläche auftreffende Energiefluss der Sonne das 7000- bis 8000-fache des Weltenergieverbrauchs – und das noch für mindestens 5 Milliarden Jahre. Ein Tausendstel dieses Energieflusses könnte mit der heutigen Technik in nutzbare Energie umgewandelt werden. Dieses technische Potenzial wird mit dem wissenschaftlichen Fortschritt (entsprechende Ressourcen vorausgesetzt) noch zunehmen. Das bedeutet nicht, dass es keine Probleme gäbe, dass es „genügen“ würde, einfach alle fossilen Brennstoffe durch erneuerbare Quellen zu ersetzen. Mit einem kurzfristigen Übergang wären zahllose Schwierigkeiten verbunden. Auf längere Sicht würde die Nutzung der Solarenergie, da sie eine verteilte Energiequelle ist, einen hohen Grad von Dezentralisierung, also sozialer Beteiligung und kollektiver Verantwortung erfordern.

Veränderungen sind vor allem beim individuellen Lebensstil der wohlhabenderen Teile der Gesellschaft, vor allem in den entwickelten Ländern, erforderlich, die ökologisch nicht tragfähige Technologien in einem Ausmaß benutzen, das nicht auf die gesamte Menschheit verallgemeinert werden kann. Aber diese erforderlichen Veränderungen sind nicht gleichbedeutend mit einer „Regression“ [einem historischen Rückschritt – d.Üb.]. Wenn das Klima in sozialer Gerechtigkeit gerettet wird, kann dies eine bessere Lebensqualität für die breite Mehrheit der Bevölkerung bedeutet, sogar in den „reichen Ländern“.

Der beängstigende Charakter des Klimawandels beruht auf der Tatsache, dass die bisher durchgeführten Maßnahmen viel zu kärglich sind. Warum das? Weil solche Maßnahmen die Profitabilität des Kapitals verringern, profitable Tätigkeiten unterbinden und die mit der Energiezentralisierung verbundene Rente [8] und Macht bedrohen, Planung und öffentliche Initiative erfordern, eine Verlagerung von Aktivitäten bedingen, die Überproduktions-/Überkonsumtionsspirale der einen und Unterkonsumtion der anderen durchbrechen und so weiter. Dies sind ökonomische Gründe, und damit soziale. Sie beruhen nicht auf unausweichlichen Naturgesetzen, sondern auf sozialen Gesetzen, die die Menschheit ändern kann.

Die Spezialliteratur charakterisiert den Klimawandel als „anthropischen“ Ursprungs [menschengemacht – d.Üb.]. Dieser Ausdruck ist allerdings nicht ganz korrekt. Die Erwärmung ist nicht die vergiftetet Frucht „menschlicher Aktivität“ im Allgemeinen oder der „Technologie“ im Allgemeinen, sondern der kapitalistischen Aktivität und kapitalistischen Technologie (die die bürokratischen Regimes im früheren Sowjetblock im Westlichen nur nachahmten). Sie ist Produkt „eines Systems, das immer mehr seinem Konzept ähnelt“, wie es Michel Husson so wunderbar ausgedrückt hat. [9]

Der Philosoph Hans Jonas benannte in seinem vielgerühmten „Prinzip Verantwortung“ als einer der ersten die Bedeutung der klimatischen Grenzen für die Entwicklung menschlicher Gesellschaften. Doch verhallten seine im Jahre 1979 geschriebenen Warnungen in diesem konkreten Punkt weitgehend ungehört, obwohl seine Thesen im Allgemeinen großen Einfluss hatten. [10] Aber seine Ideologie führte Jonas dazu, das Problem auf den Kopf zu stellen. Statt den Treibhauseffekt als Folge des wahnsinnigen kapitalistischen Wachstums zu sehen, meint er ein hochwissenschaftliches und unwiderlegbares Argument gegen die „marxistische Utopie“ gefunden zu haben. Das „Prinzip Verantwortung“ beschuldigt die „Utopie“, sie wolle der „Technologie“ alle Fesseln lösen, was aus sich heraus die Umwelt zerstören würde. [11]

Entgegen dieser These betrachtet die marxistische Analyse den Klimawandel als Ergebnis der Produktionsweise, die wegen ihres rein quantitativen Ziels, der Akkumulation von Wert, nicht nachhaltig ist. Marx weist darauf schon zu Beginn des Kapital hin: Das ist das Charakeristikum des Werts als historisch spezifischer Form des Vermögens, dass er die Illusion nährt, ein Prozess unbeschränkter materieller Akkumulation sei möglich. Konsequenterweise führt in dieser verallgemeinerten Warenproduktion die „Produktion um der Produktion wegen“ zur „Konsumtion um der Konsumtion wegen“. [12]

Die Energie-Bulimie ist eine spezifische Manifestierung dieser Dynamik, und die Technologien, die sie zum Einsatz bringt, sind anders als Hans Jonas und viele andere gesagt haben, nicht neutral: Sie wurden geschaffen, um die Gier nach Mehrwert zu befriedigen. Der Griff zu fossilen Brennstoffen und Nuklearenergie ist in diesem Zusammenhang beispielhaft. Ihre Verwendung ist nicht Ergebnis eines technologischen Automatismus sondern eine Entscheidung zugunsten von Energiequellen, die man sich aneignen kann, weil diese eine Rente, das heißt einen Superprofit abwerfen.

Wenn der von Edmond Becquerel 1839 entdeckte photovoltaische Effekt (die Erzeugung eines elektrischen Stroms in bestimmten Halbleitermaterialien beim Auftreffen von Licht) nie Gegenstand systematischer Entwicklung war, dann hauptsächlich, weil man sich Solarenergie nicht so einfach aneignen kann wie Kohle oder Ölfelder. Heute, nach zweieinhalb Jahrhunderten eines auf fossile Energiequellen gestützten Kapitalismus, ist deren Verwendung völlig antagonistisch zur rationalen Regulierung des Materialaustauschs zwischen Mensch und Natur (die Marx als „die einzig mögliche Freiheit“ bezeichnet) geworden.

Durch den Klimawandel scheint die Natur selbst uns klar machen zu wollen, dass die zwingende Notwendigkeit dieser rationalen Regulierung ein Hauptgrund zum Aufgeben dieser Produktionsweise geworden ist. Wir wollen feststellen, dass die seit zwei Jahrhunderten beobachtete relative Verringerung der Energie- und Kohlenstoffintensität der Ökonomie (d.h. die zur Produktion einer Einheit des BSP erforderlichen Menge an Energie oder Kohlenstoff) nichts an dieser Notwendigkeit ändert: Sie ist mehr als ausgeglichen worden durch die absolute Ausweitung der Produktion. Das dahinter stehende Gesetz ist wohlbekannt: Um den tendenziellen Fall der Profitrate auszugleichen, muss der Kapitalismus ständig neue Regionen erobern, neue Bedürfnisse schaffen, neue Märkte öffnen.

Der Wahnsinn des Wachstums wird, wenn man ihm freie Bahn lässt, das letzte Barrel Öl und die letzte Tonne Kohle verfeuern. Zu hoffen, die Schädigung der Umwelt könnte aufhören, wenn diese Ressourcen „erschöpft“ sind, würde sich als Fehler erweisen: Die kapitalistische Akkumulationsdynamik würde, wenn sie gezwungen ist, auf fossile Energiequellen zu verzichten [13], ganze Regionen der Welt in ökologische Wüsten verwandeln, um in gewaltigen Monokulturen Biotreibstoffe zu produzieren oder wo immer möglich Atomkraftwerke zu errichten. Das ITER-Projekt [14] stellt nur, wie Jean-Paul Deleage et al. [15] es beschreiben, den letzten Avatar des Wahnsinns dar: Ein System das völlig inkompatibel mit dem Funktionsrhythmus der Biosphäre ist.

Abbildung 2: Konstante CO2-Emissionen bedeuten keine konstante CO2-Konzentration in der Atmosphäre.
Beziehungen zwischen den zeitlichen Verläufen von Emission, Konzentration und Temperatur. Die Stabilisierung der Emissionen auf heutigem Niveau (horizontale Linie in der linken Grafik) führt zu einem weiteren Anstieg der CO2-Konzentration bis auf 800 ppmv im Jahre 2300 (rote Linie in der mittleren Grafik) und einem ungebremsten Temperaturanstieg um 3°C gegenüber heute (rechte Grafik). Selbst die schnelle Reduktion der Emissionen nach einer Spitze von 11 GtC/a erlaubt nur eine Stabilisierung der Konzentration bei 550 ppmv (dem Doppelten des vorindustriellen Niveaus) und damit einen Wendepunkt des Temperaturanstiegs (schwarze Linien).

Drei miteinander verbundene Schwierigkeiten

Kann der Kapitalismus trotz seiner Akkumulationslogik rechtzeitig die zu einer Stabilisierung des Klimas erforderlichen physikalischen Grenzen soweit respektieren, um eine menschliche und ökologische Katastrophe zu vermeiden? Angesichts des bereits erreichten hohen Gehalts an Treibhausgasen und der Trägheit des Klimasystems scheint dies leider sehr unwahrscheinlich wenn nicht unmöglich. Die Katastrophe hat tatsächlich bereits begonnen, wie man einer Reihe von offensichtlich miteinander verbundenen Ereignissen erkennen kann. Angesichts der offensichtlichen Beschleunigung der Erwärmung ist die Frage eher, ob das System in der Lage ist, den Schaden zu begrenzen und die Lage zu stabilisieren – und zu welchen sozialen Bedingungen. Um eine konkrete Antwort darauf zu geben, müssen wir drei miteinander verbundene Schwierigkeiten bewerten: Der Umfang der in sehr kurzer Zeit zu bewältigenden Aufgaben, die Starrheit des Energiesystems und der Wettbewerb, der sich im Verhältnis zwischen Staaten ausdrückt (vor allem die Nord-Süd-Beziehungen).

Erste Schwierigkeit: das Zusammentreffen sehr starker Ziele mit sehr kurzen Fristen. Der Umfang der in nur wenigen Jahrzehnten zu bewältigenden Aufgaben ist atemberaubend: Es geht um die fast völlige Ablösung der „Kohlenstoffwirtschaft“. Das bedeutet eine Abwicklung aller fossilen Energiequellen im Allgemeinen als auch von Öl als Rohstoff der petrochemischen Industrie im Besonderen. Erneuerbare Quellen können die Lücke füllen, aber nicht unter allen Bedingungen. Nicht unter den Bedingungen einer fortgesetzten Energie-Bulimie im Transportbereich oder einer aufgeblähten Kunststoffproduktion beispielsweise.

Angesichts ihrer gegenüber den fossilen Energieträgern höheren Preise und der Kürze der Zeit zur Umstellung wird der Übergang unter allen Umständen mit einem deutlichen Rückgang der Primärnachfrage in den entwickelten Ländern einhergehen (in der Größenordnung von 50%, und sogar noch mehr in den Ländern mit höherem Energieverbrauch); also mit einem Kampf gegen die Verschwendung und für eine Steigerung der Energieeffizienz. Doch dieser Kampf gegen Verschwendungen und für Effizienzsteigerung betrifft nicht nur einzelne Anlagen, Privatgeräte und persönliche Verhaltensänderungen, sondern auch und vor allem das globale Energiesystem, das alles determiniert. Vom Standpunkt der Vernunft aus müssten ganze Bereiche der Wirtschaft schlicht und einfach stillgelegt werden, weil sie nutzlos oder sogar schädlich sind (Waffenproduktion, Werbung usw.), während andere rationeller gestaltet werden könnten, um Dopplungen durch den Wettbewerb zu vermeiden. Der Kapitalismus kann dies nicht einmal in Betracht ziehen, weil es seiner Logik völlig zuwider laufen würde. Aber er kann trotzdem der Tatsache nicht entgehen, dass beträchtliche Änderungen auf verschiedenen Gebieten wie Raumordnung, Transport, Landwirtschaft, Unterkunft, Freizeit und Tourismus erforderlich sein werden. All diese Veränderungen in der erforderlichen Zeit vorzunehmen, würde eine starke Zentralisierung und demokratische Ausarbeitung eines gut durchdachten Plans erfordern. All diese Elemente sind kaum vereinbar mit dem neoliberalen Management einer hektischen Produktionsweise, in der Konkurrenz der Motor und politische Ausgrenzung der Bevölkerung ihre Folge ist.

Zweite Schwierigkeit: Das kapitalistische Energiesystem ist von großer Starrheit und starker Zentralisierung geprägt. Sie sind nicht nur Folge der Lebensdauer der Investitionen (30–40 Jahre für ein Elektrizitätswerk), sondern auch und vor allem der Tatsache, dass eine mächtige Lobby an der Gans hängt, die goldene Eier legt, … und ständig neue Bedürfnisse erzeugt, die die Tatsache „rechtfertigen“, dass die Gans in der Batterie bleiben muss, um noch mehr zu legen. Der weltweite Umsatz mit Raffinerieprodukten der Ölindustrie wird auf 2000 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt; die Summe aller Kosten, von der Lagerstättensuche über die Förderung bis zur Raffinierung, wird auf 500 Milliarden geschätzt. Die Differenz dieser beiden Zahlen (immerhin 1500 Milliarden Euro pro Jahr!) bildet den Profit, und vor allem den Superprofit in Form einer Rente aufgrund der privaten Aneignung der Ressourcen. [16]

Zu dieser kolossalen Macht muss jene der mit Öl verbundenen Bereiche addiert werden: Autos, Chemie, Petrochemie, Luftfahrt, Schiffbau usw.: All diese Branchen basieren auf einer ständigen Expansion des Weltmarkts und damit des materiellen Verbrauchs und Handels. Unter diesen Umständen könnten – auch schnelle – Investitionen in Wind- und Sonnenergie (wo die Renditeentwicklung noch gar nicht absehbar ist) die Umsetzung einer Lösung nur hinauszögern. Der weitgehend von Großkonzernen wie Shell, BP usw. kontrollierte Sektor der erneuerbaren Energien könnte die fossilen Brennstoffe nur ergänzen, statt sie zu ersetzen. Zusammen mit der des PKW-Verkehrs zeigt die Explosion des Lufttransports und der sich daraus ergebenden Verbrauchsgewohnheiten aufs Beste die Art, wie sich diese Zauberlehrling-Logik gegen die Bedürfnisse legitimiert, die sie schafft, und uns immer schneller gegen die Wand laufen lässt, während wir die Augen vor der Realität verschließen.

Dritte Schwierigkeit: die Konkurrenz, die sich in den Beziehungen zwischen den Staaten ausdrückt. Das CO2, das an irgendeinem Punkt der Erde produziert wird, trägt zur Erwärmung des Planeten bei. Angesichts des globalen Charakters dieser Bedrohung sollte auch die Antwort auf Weltebene gedacht, geplant und formuliert werden und dabei die langfristige Zusammenarbeit im Interesse aller im Mittelpunkt stehen. Ziel dieser Bemühungen muss es vor allem sein, eine gemeinsame Antwort auf die Kernfrage zu formulieren: Wie kann man die Ressourcen teilen, um sowohl den drastischen und schnellen Rückgang der Emissionen im Weltmaßstab als auch das Recht auf Entwicklung für die Länder des Südens, in denen allergrößte Mehrheit der Menschen lebt, zu ermöglichen? Trotz aller Bemühungen zahlloser Wissenschaftler haben Beherrschung und Wettbewerb immer noch Vorrang vor Zusammenarbeit und das Aneignen von Ressourcen (auch mit militärischen Mitteln) vor dem gerechten Teilen.

Die Haltung der wichtigsten imperialistischen Protagonisten (USA, Europäische Union, Japan) bei den Klimaverhandlungen ist deutlich bestimmt von den Interessen ihrer Unternehmen und den geostrategischen Interessen der verschiedenen Bourgeoisien auf dem Weltmarkt, vor allem dem Energiemarkt. Dasselbe gilt für Russland, für jeden EU-Mitgliedsstaat einzeln und für die großen Entwicklungsländer (ganz zu schweigen von den Ölmonarchien). Die grenzenlosen Schwierigkeiten, die Langsamkeit und die Rückschläge der Klimaverhandlungen sind daher Ausdruck dieses unter dem Kapitalismus unauflösbaren Widerspruchs zwischen dem zunehmend globalisierten Charakter der Ökonomie und dem Fortbestehen rivalisierender Staaten (oder Staatengruppen), die alle nur der Verteidigung der Interessen ihrer Bourgeoisie verpflichtet sind, von denen einige die anderen beherrschen. Dieser Wirrwarr, in dem das Schicksal der Opfer des Klimawandels keine Rolle spielt, könnte irreversible Konsequenzen haben. Beispielsweise wenn der Interessenkonflikt zwischen den imperialistischen Mächten und den herrschenden Klassen der großen Entwicklungsländer zu einer langfristigen Blockade der Verhandlungen über ein Kyoto-Folgeabkommen führt. Oder wenn, entgegen aller Erwartungen, die künftige US-Regierung an der Bush-Linie noch jahrelang festhalten würde.

Von Kyoto nach Nairobi und darüber hinaus: die kapitalistische Antwort

Aus all dem sollte nun aber nicht gefolgert werden, der kapitalistische Moloch werde einem Phänomen tatenlos zusehen, das, selbst wenn es in erster Linie die Ausgebeuteten betrifft, doch auch die Gefahr einer massiven Kapitalentwertung und wachsender Instabilität beinhaltet. Aber sein Kampf gegen den Klimawandel wird, seit vierzehn Jahren, [17] nach dem vom Kapital diktierten Rhythmus geführt, also zu langsam, und nach den Regeln des Neoliberalismus, was die sozialen Ungleichheiten, die Nord-Süd-Spannungen wie auch die Aneignung und Vergeudung von Naturressourcen steigert. Langsamkeit und perverse Effekte: Trotz einiger positiver Züge verkörpert Kyoto beide Charakteristika. So ist nicht nur das Emissionsminderungsziel von 5,2% für die entwickelten Länder sehr bescheiden und erst bis zum Jahre 2012 zu erfüllen, sondern das Protokoll enthält auch „flexiblen Mechanismen“, die negative soziale und ökologische Konsequenzen haben werden. Die Verhandlungen über die Zeit nach 2012 scheinen daran nichts ändern zu werden. Wenn George W. Bush das Weiße Haus geräumt hat, werden die USA und die EU wahrscheinlich schnell einen Kompromiss finden. Dies entspricht den immer drängenderen Forderungen zahlloser multinationaler Konzerne, die im Bewusstsein der Unvermeidlichkeit von Maßnahmen so schnell wie möglich ein einheitliches und stabiles Regelwerk auf Weltebene wollen. Aber diese Wiederannäherung der Klima-Erbfeinde könnte gut den neoliberalen Charakter des Kyoto-Protokolls verstärken, seine begrenzten Regulationskräfte (Quoten, Fristen, Sanktionen bei Nichteinhaltung) schwächen und die anderen positiven Aspekte gefährden.

Diese Tendenz ist deutlich erkennbar in der intensiven diplomatischen Aktivität von Tony Blair und seinem designierten Nachfolger, Gordon Brown. Auf dem von ihm geleiteten G8-Gipfel ließ der Bewohner von Downing Street 10 seine Ambitionen erkennbar werden: Großbritannien zum Dreh- und Angelpunkt eines neuen Klimaabkommens zu machen, was die Position seines Landes als Kandidat für die Führung einer vergrößerten Europäischen Union stärken würde. [18]

Der am 31.10.2006, unmittelbar vor der UN-Klimakonferenz in Nairobi (Kenia), veröffentlichte Stern-Report über die Ökonomie des Klimawandels, kann in diesem Zusammenhang gesehen werden. [19] Das Besondere an diesem Report ist, dass zum ersten Mal ein von einer Regierung eingesetztes Team von Ökonomen die Warnungen der Wissenschaft ernst nimmt und versucht, eine globale Antwort zu geben. Sir Nicholas Stern kommt zweifellos das Verdienst zu, den Klimawandel mit einer schockierenden Zahl auf die Titelseiten der Medien gebracht zu haben: Wenn nichts passiert, könnten die Folgen die Erwärmung so schlimm sein wie zwei Welkriege und die große Weltwirtschaftskrise zusammen, entsprechend einem Fall des BSP von bis zu 20%. „Es ist besser, sofort zu handeln und gemeinsam mit allen, das käme weniger teuer und würde den Unternehmen mehr Absatzmöglichkeiten öffnen.“ – das ist die Logik seines Berichts. Aber unter dem Deckmantel einer ehrgeizigen, langfristigen Strategie tendiert Stern dazu, die positiven Aspekte von Kyoto zugunsten einer 100% neoliberalen Politik auszuhöhlen. Paradoxerweise charakterisiert er zwar den Klimawandel als das „größte und breiteste Marktversagen aller Zeiten“, doch lässt die von ihm selbst vorgeschlagene Lösung in der abgedroschenen Formel zusammenfassen: mehr Markt, mehr Wachstum, mehr Kernenergie, mehr Handelsliberalisierung, weniger soziale Sicherung und Demokratie – kurz: noch mehr von dieser Politik, die die Umwelt zerstört und für die die Länder des Südens, die Armen und die Arbeiterinnen und Arbeiter die Kosten zahlen.

Die Nord-Süd-Frage ist entscheidend, wie wir gesehen haben. Indem er sich von dem engen Rahmen des Kyoto-Zeitplans löst, entgeht der Stern-Report dem Grabenkrieg zwischen den großen Entwicklungsländern und den imperialistischen Metropolen, wo die ersten zu den zweiten sagen: „Ihr seid verantwortlich, ihr müsst handeln!“ und die zweiten antworten: „Ihr werdet bald mehr Treibhausgase emittieren als wir, also handelt ihr auch!“ Aber das Kräfteverhältnis ist für die beherrschten Länder außerhalb der Schützengräben nicht wesentlich besser als in den Gräben… Zumindest für die nächsten Jahrzehnte beinhaltet der vom früheren Chefökonomen der Weltbank vorgelegte Plan, dass der Großteil der durch einen Kohlenstoff-Weltpreis erzwungenen Reduktionsbemühungen im Süden durch Investitionen des Nordens realisiert wird, über die Schaffung von Emissionsrechten für den Norden. [20] Also soll die, bislang noch als „ergänzend“ zu den sogenannten „innenpolitischen“ Maßnahmen bezeichnete, „Flexibilität“ von Kyoto total werden. Tatsächlich würde die Emissionsminderungen, sobald sie ihrer Ortsgebundenheit verliert, für die Unternehmen des Nordens von einem Kostenfaktor zu einem gigantischen Exportmarkt für Anlagen und Dienstleistungen. [21] Ein Markt unter den Bedingungen des ungleichen Tauschs, auf dem sich die Entwicklungsländer dazu „gedrängt“ sehen würden, sich zu CO2-Steuern oder zu Quoten zu verpflichten, und der die imperialistische Beherrschung ihrer Ökonomien verschärfen würde. Einige Entscheidungen der letzten UN-Klimakonferenz (Nairobi, November 2006) versteht man besser im Lichte dieser Analyse. In Nairobi akzeptierten die entwickelten Länder das Ziel einer Reduktion von „deutlich mehr als 50% bis zum Jahre 2050, aber sie präzisierten, dass sie den Weg „nicht ganz alleine“ gehen würden. Diese drei kleinen Worte sind eine offensichtliche Anspielung auf eine Erweiterung des „Clean Development Mechanism” (CDM, eine der flexiblen Vereinbarungen von Kyoto). [22] Andererseits wurde beschlossen, einen aus einer Investitionssteuer im Rahmen des CDM finanzierten Anpassungsfonds bereitzustellen. Kurz: Die Finanzierung der Schutzprojekte richtet sich nicht nach den Bedürfnissen der am meisten betroffenen Bevölkerungen, sondern nach den Erfolgen der multinationalen Konzerne im Wettlauf um den großen Markt der „kohlenstoffarmen“ Technologien.

Kann eine Politik, wie sie von Stern vorgeschlagen wird, das Klima retten? Zunächst würde es erforderlich sein, ein Reduktionsziel festzulegen, das mit den physikalischen Grenzen vereinbar ist. In dem Bericht, der der britischen Regierung vorgelegt wurde, ist dies nicht der Fall, und es wird immer zweifelhafter, ob ein solches Ziel künftig aufgenommen werden wird. Es wäre auch nötig, dass eine starke „Gouvernance“ [etwa: „Lenkungsstruktur“ – d.Üb.] auf Weltebene in der Lage ist, einen Weltpreis für Kohlenstoff festzulegen, der auf der Ermittlung der Schäden durch die langfristige Erwärmung und nicht durch die kurzfristigen Gesetze des Marktes bestimmt ist. Auch das ist nicht offensichtlich. Wie auch immer sich der post-Kyoto-Prozess entwickelt, so ist durchaus wahrscheinlich, dass die neoliberale Klimapolitik der nächsten 20 bis 30 Jahre in einer Niederlage enden wird. Was könnte dann geschehen? Die Antwort hat viel von politischer Spekulation.

Angesichts der Fristen, die doch sehr drängend geworden sind, ist es nicht ausgeschlossen, dass beispielsweise die herrschenden Mächte plötzlich den Kurs ändern, ihre Staatsapparate mobilisieren und alle Ressourcen zentralisieren bis hin zur Rationierung wie in Kriegszeiten. Dieser Vergleich ist gar nicht mal hergesucht: Der Wendepunkt könnte tatsächlich von imperialistischen Militärabenteuern begleitet sein, inner-imperialistischen Konfrontationen oder anderen Arten mörderischer Konflikte. Doch das ist spekulativ. Während Kriege für Energieressourcen heute schon Realität sind, deutet nichts auf ein Fallenlassen des Neoliberalismus zugunsten einer mehr staat-zentrierten Politik hin. Wie dem auch sei, eine solche Mobilisierung würde offensichtlich nicht das Ziel haben, das Klima für alle zu retten, sondern es soweit möglich zu retten, ohne die sozialen Privilegien der Ausbeuter zu gefährden. Das würde zu nicht absehbarem menschlichem Leid, zu einem Anwachsen der Ausbeutung, einer Zunahme der Ausplünderung der beherrschten Länder und einem Angriff auf die demokratischen Rechte führen.

Globale Rationalität oder Rationalität des Kapitals

Wegen des Fehlens einer glaubwürdigen Alternative zur neoliberalen Politik fühlen sich bestimmte Szenen und Personen gedrängt, Vorschläge zu entwickeln, um den Schutz des Klimas auf gerechte Weise zu beschleunigen, doch ohne mit den Marktmechanismen zu brechen, die sie als unbestrittenen Konsens betrachten. Auch wenn sie versuchen realistisch zu sein, setzen ihre Vorschläge die Erfüllung einer Reihe von Bedingung voraus, die bei genauerer Betrachtung höchst utopisch erscheinen. In den Augen des Systems haben sie den Fehler, auf die Kraft der Überzeugung einer übergeordneten Rationalität zu vertrauen. Doch das Kapital – eigentlich viele miteinander konkurrierende „Kapitale“ – ist durch den Widerspruch zwischen seinen zahllosen Teil-Rationalitäten und seine wachsende Irrationalität als System gekennzeichnet. Von einer globalen Rationalität lässt es sich nur zeitweise überzeugen, und nur im allerletzten Extremfall, wenn sein eigenes Überleben gefährdet ist (aber in dem Moment ist es im Allgemeinen schon zu spät für das Überleben vieler Mitglieder der weniger begünstigten Klassen und Schichten).

Dieses quid pro quo [etwa: Geben und Nehmen – d.Üb.] zwischen globaler Vernunft und der Vernunft des Kapitals charakterisiert vor allem den als „Contraction and Convergence” (C&C – „Verringerung und Angleichung“) bekannt gewordenen Vorschlag. Er wurde vom indischen Ökologen Anil Agarwal [23] formuliert, vom Global Commons Institute von Aubrey Meyer [24] aufgegriffen und von bedeutenden Wissenschaftlern wie Sir John Houghton [25] oder Jean-Pascal van Ypersele [26] verbreitet. Diesem Vorschlag kommt das Verdienst zu, das Dilemma der Entwicklungsländer zu deren Vorteil zu lösen.

Wir wollen uns mit dem Problem etwas genauer beschäftigen: Würden die Entwicklungsländer ihr Wachstum auf fossile Energieträger stützen, würden sie, selbst wenn der kombinierte Charakter der Entwicklung nicht exakt dem Weg entsprechen würde, den die imperialistischen Länder seit 1780 gegangen sind, den Klimawandel verschärfen, dessen Hauptopfer ihre eigenen Völker sein werden (und bereits sind!). Die Armen haben recht, dass sie nicht arm bleiben wollen, um das Klima zu retten, das die Reichen ruiniert haben. C&C will daher eine radikale Reduktion der globalen Emissionen („Contraction“) mit einer Angleichung der Emissionen pro Einwohner („Convergence“) und einem Aufholen der Entwicklung des Nordens durch den Süden dank sauberer Technologien kombinieren (Abb. 3). Wir teilen diese egalitäre Perspektive, aber wie soll sie in die Praxis umgesetzt werden?

Abbildung 3: Verteilung der Emissionsrechte auf die verschiedenen Ländergruppen
Das „Contraction and Convergence“-Modell sieht vor, die Gesamtemission fossiler Brennstoffe (auf 1 Milliarde Tonnen Kohlenstoff) zu reduzieren und nach Pro-Kopf-Quoten aufzuteilen. Damit soll der CO2-Gehalt bei450 ppmv im Jahre 2100 stabilisiert werden. Quelle: Global Commons Institute und J. Houghton.

Als Antwort wird vorgeschlagen, dass die handelbaren Emissionsrechte an die Entwicklungsländer in dem Maße ausgegeben werden, in dem sie unterhalb der [weltweiten] Pro-Kopf-Quote liegen. Die Länder des Nordens, die ihre Emissionen nicht reduzieren, müssten diese Rechte dann kaufen. Der entsprechende Verdienst würde es den Ländern des Südens erlauben, die für eine kohlenstofffreie Entwicklung erforderlichen Technologien zu erwerben. Doch dieses Szenario wirft mehrere praktische Fragen auf: An wen sollen die Rechte verteilt werden? Wer sollte garantieren, dass ihr Verkauf tatsächlich den Menschen zugute kommen würde (und nicht der Schuldentilgung oder der Mästung der Reichen)? Das sind entscheidende Fragen. Aber auch der Mechanismus selbst hat eine entscheidende Schwachstelle.

In seiner Darstellung des C&C-Szenarios schreibt der Klimatologe Jean-Pascal van Ypersele, dem niemand seine solidarische Perspektive zur Rettung des Klimas abspricht: „Wenn die ursprüngliche Aufteilung der [Emissions-] Rechte nach dem Prinzip der Gleichheit erfolgt, könnten diese Rechte unter bestimmten Bedingungen einen enormen Strom der Hilfe für die Entwicklungsländer bilden. Und unter der Voraussetzung, dass die Gesamtmenge der ausgestellten Erlaubnisse nur unter dem Gesichtspunkt bemessen wird, das Klima der kommenden Jahrhunderte zu schützen, könnte ein solches System erlauben, die erforderlichen Reduktionen zu geringsten Kosten zu bewirken.“ [27] Das Problem steckt ganz offensichtlich in dem kleinen Wörtchen „wenn“ und dem Ausdruck „unter der Voraussetzung, dass“. Der Kapitalismus ist historisch aus der Aneignung von Naturressourcen entstanden. Verfügungsrechte über Ressourcen jetzt einfach frei zu verteilen, widerspricht völlig seiner Natur (deshalb ist auch in der Praxis die Verteilung von Emissionsrechten weder gerecht noch ethisch, wie die Erfahrung mit dem europäischen Rechtehandel zeigt. Das allein wäre kein Grund, die Forderung zu verwerfen (ganz im Gegenteil). Aber die Frage, die gestellt werden muss, lautet: Wer soll die Anerkennung der Vorbedingungen hinsichtlich Gerechtigkeit und Menge an Emissionsberechtigungen durchsetzen? Die politischen Vertreter der großen Entwicklungsländer? Würden sie sich um Ethik und das Klima mehr sorgen als ihre imperialistischen Herren? Angenommen sie hätten tatsächlich den Willen zu einer solchen Lösung, so müssten sie sich auf eine sehr breite Volksbewegung stützen können.

Ist es realistisch zuglauben, dass die armen Massen des Südens sich für so esoterische Forderungen wie die Verteilung handelbarer Rechte für die Emission von Kohlendioxid in die Atomsphäre mobilisieren würden? Wenn sie so etwas aufgreifen würden, dann sicher nur im Rahmen allgemeinerer Forderungen, die viel einfacher und direkter wären: Schuldenstreichung, Bodenreform, Nationalisierung der Energieressourcen (wie in Venezuela und Bolivien), kommunale Rechte an Wasser und anderen Ressourcen und so weiter. Tatsächlich brechen die meisten dieser Forderungen mit dem Markt – also dem Rahmen, an dem C&C fern jeder Realität unbedingt festhalten will. Damit sind wir wieder am Ausgangspunkt angekommen.

Was diese Diskussion zeigt, ist, dass das Ziel und die subjektiven Schwierigkeiten bei der Rettung des Klimas unauflöslich miteinander verbunden sind: Wir können das eine nicht ohne das andere lösen. Um das Klima mit einer Weltbevölkerung von 6 Milliarden Menschen in sozialer Gerechtigkeit zu retten, müssen die durchschnittlichen Emissionen auf 0,4 bis 0,5 Tonnen Kohlenstoff pro Person und Jahr [entspricht 1,4 bis 1,8 Tonnen CO2 – d.Üb.] gesenkt werden. Auf einen Menschen in Amerika oder Australien kommen derzeit fast 6 Tonnen, in Belgien oder Dänemark 3 Tonnen, in Mexiko 1 Tonne, in China etwas weniger – und in Indien 0,4 Tonnen (siehe Abb. 4). [28] Die einzig „nachhaltige“ Logik, die ihren Namen wert wäre, würde bedeuten, die halbe Tonne Kohlenstoff pro Person und Jahr zu einem Ziel zu machen, das in jedem Land zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht sein muss. Eine rationale Strategie auf Weltebene müsste vier Aspekte miteinander verbinden:

1.) die Primärnachfrage nach fossilen Energiequellen in den entwickelten Ländern drastisch zu reduzieren (je nach Land auf ein Viertel, Sechstel oder Achtel),

2.) beginnend in diesen Ländern fossile Energiequellen systematisch durch erneuerbare Energiequellen zu ersetzen,

3.) einen Weltfonds für die Umsetzung einrichten, der ausschließlich zugunsten der am meisten bedrohten Länder finanziert wird.

4.) ein massiver Transfer von sauberen Technologien in die Länder des Südens, so dass deren Entwicklung nicht zu einer erneuten Destabilisierung des Klimas führt.

Wenn wir wollen, dass diese vier Aspekte in der nötigen Breite und erforderlichen Zeit in sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit umgesetzt werden, dann kann die Lösung nicht einfach Ergebnis von Marktmechanismen wie dem Handel mit Emissionsrechten oder der allmählichen Kostensenkung erneuerbarer Energien im Wettbewerb sein. [29]

Diese vier Aspekte müssen öffentliche Aufgaben sein, die an öffentliche Unternehmen vergeben und unabhängig von den Kosten realisiert werden. Gemäß Spezifikationen, die aus den realen Bedürfnissen abgeleitet werden und die die Naturressourcen als gemeinsamen Besitz der Menschheit betrachten. Eine radikale Vermögensumverteilung (Schuldenstreichung für die Länder des Südens, Vermögenssondersteuer auf Weltebene, Abschöpfung der Profite der Ölkonzerne, Verbot von Waffenkäufen) und eine Ausweitung demokratischer Rechte sind dann unerlässlich. Globale Rationalität erfordert eine antikapitalistische Perspektive.

Abbildung 4: CO2-Emissionen aufgrund der Verbrennung fossiler Energieträger (in Tonnen Kohlenstoff) pro Person und Land (sonstige Treibhausgase nicht berücksichtigt) und die Stabilisierungsgrenze bei einer Erdbevölkerung von 6 Milliarden Menschen (0,5 Tonnen Kohlenstoff pro Person and Jahr). Quelle: A. Berger, 2005.

Für eine Weltbewegung zur Rettung des Klimas

Nun wird der Einwand kommen, dass eine solche Perspektive nicht realistisch sei, schon gar nicht in der gegenwärtigen Konjunktur. Die Entwicklung einer antikapitalistischen Strategie für das Klima wird durch die historische Krise der Legitimität des sozialistischen Projekts behindert. Vorschläge wie Planung für die Befriedigung von Bedürfnissen, Industriebetriebe in öffentlicher Hand und die Nationalisierung des Energiesektors (oder irgendeine andere Form der öffentlichen Kontrolle auf globaler Ebene) sind diskreditiert. Diese Antworten werden weitgehend zusammengeworfen mit dem Schlamassel einer ineffizienten, verschwenderischen, produktivistischen und ultrazentralisierten Kommandowirtschaft [30] wie auch mit den materiellen Privilegien der Bürokratie und ihrem politischen Alleinentscheidungsanspruch. Revolutionäre Marxistinnen und Marxisten können sicher erklären, dass man dies nicht gleichsetzen darf, aber ihre Erklärungen werden nur dann Gehör finden, wenn sie ihren Bruch mit dem Produktivismus deutlich machen und die Flagge des „Ökosozialismus“ erheben, wo Ressourcen – und namentlich die Energieressourcen – von einem flexiblen Netzwerk lokaler Gemeinschaften selbstverwaltet werden in Verbindung mit einer „Planung auf lokaler, nationaler, regionaler und weltweiter Ebene“. [31] Doch auch unter dieser Fahne werden diese Erklärungen nur begrenztes Gehör finden.

Trügerische Marktlösungen auf der einen, diskreditierte antikapitalistische Lösungen auf der anderen Seite – wo ist der Ausweg? In der sozialen Mobilisierung. Statt das Gewicht auf Lobbyarbeit zu legen (wie es viele Umweltorganisationen tun, die sich im Regierungsapparat verfangen haben), geht es darum, das Kräfteverhältnis aufzubauen.

Statt Mühe darauf zu verschwenden, Unternehmer und Regierungen überzeugen zu wollen, sollten wir unsere Energie lieber in die Hebung des Basisbewusstseins stecken. Statt vergebens nach fantastischen Rezepten zur Klimarettung wie dem Handel mit Emissionsrechten und anderen komplizieren Marktmechanismen zu suchen, bedeutet das nur die einfache Idee zu verbreiten, dass das Klima in Gleichheit und Gerechtigkeit gerettet werden sollte, unabhängig von den Kosten, und dass das Geld dort geholt werden sollte, wo es ist. Anstatt jede und jeden auf die individuelle Verantwortung zu verweisen, geht es darum, in Aktionen soziale emanzipatorische Bindungen zu schaffen, die allein eine neue individuelle und kollektive Verantwortlichkeit für die Menschheit und ihren Austausch mit der Natur schaffen können.

Als größeres globales Problem (wie die Bedrohung durch einen vernichtenden Atomkrieg) kann die Klimafrage Millionen Menschen auf die Straße bringen. Wie wir schon auf diesen Seiten sehen können, ist die Liste der aufgeworfenen sozialen Probleme lang: Zugang zu Ressourcen, Recht auf Arbeit, Rechte von Frauen, Ablehnung des Rassismus, Kampf gegen die Deregulierung öffentlicher Dienste, Verteidigung von Flüchtlingen, Unterstützung der bäuerlichen Landwirtschaft, Förderung des öffentliches Verkehrs, Rechte der indigenen Völker, Stadtentwicklung, Ablehnung von gentechnisch veränderten Organismen, Kampf gegen Flexibilisierung und „just in time“, Verteidigung der Biovielfalt, Erhaltung der sozialen Sicherungssysteme und nicht zu vergessen der Krieg gegen den Krieg und die Streichung der Schulden der Dritten Welt. Diese Vielfalt ist eine Stärke. Ziel muss es sein, all diese Widerstandsbewegungen zu gemeinsamen Aktionen zusammenzuschließen, konkretisiert in weltweiten Aktionstagen und Demonstrationen. Die spezifische Mobilisierung der Jugend dafür, dass dieser Planet bewohnbar und schön für alle bleibt, könnte als Katalysator für eine Artikulation der sozialen Bewegungen auf Weltebene wirken. Die Initiativen des Climate Action Network können ein Ausgangspunkt sein. Die Demonstration, die in London am 4. November auf Initiative der Campaign against Climate Change stattfand, ist ein Beispiel, dem die ganze Linke folgen sollte. [32]

Diese Strategie hat ihre Forderungen. In einem System, das auf dem individuellen Kampf Jede und Jeder gegen Jede und Jeden basiert, wird der legitime Wunsch der Ausgebeuteten, ihre unmittelbaren Lebensbedingungen und die ihrer Kinder zu verbessern, wichtiger als die Gefahren von morgen und übermorgen sein – selbst wenn deren Eintreten wissenschaftlich bewiesen ist. Aus diesem Grund müssen die Mobilisierungen für das Klima mit der Befriedigung der Grundbedürfnisse der sozialen Mehrheit verknüpft werden. Beschäftigung, Boden, Unterkunft, menschenwürdiges Einkommen, Wärme, Trinkwasser, Arbeitsbedingungen, Existenzsicherheit, … Die Breite der Klimabedrohungen schafft viele Möglichkeiten, hier organische Verbindungen zu schaffen, ausgehend von den elementaren Kämpfen. Unter einer Bedingung: Man muss aufhören, Aktionen einer Strategie zur Begleitung des kapitalistischen Wachstums zu unterstützen, wie es die traditionellen Führungen der Parteien und Gewerkschaften der Arbeiterbewegung machen. Wir sollten im Gegenteil unsere Augen für die Tatsache öffnen, dass dieses Wachstum, das keine Arbeitsplätze schafft und Ausgrenzung verursacht, uns direkt in die ökologische Katastrophe führt, deren Hauptopfer die Arbeiterinnen und Arbeiter und die Armen sein werden. Daraus folgt, dass die Linke im Allgemeinen und die revolutionären Marxisten im Besonderen versuchen sollten, die Arbeiterbewegung für Klimafragen zu interessieren. Das ist nicht leicht, aber es ist möglich, wie es insbesondere die Kampagne der Quebecer Gewerkschafter für die Nationalisierung der Windenergie gezeigt hat. Andere Wege sind begehbar: Arbeiterkontrolle als Mittel gegen die kapitalistische Misswirtschaft auf der einen und die Forderung, dass öffentliche Unternehmen Arbeitsplätze in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien schaffen sollen, auf der anderen Seite. [33] Angesichts der gigantischen Interessenkoalition, die die Menschheit in die Katastrophe führt und bestimmte Schichten der Bevölkerung mit den illusionären Wonnen einer nachgeahmten kleinbürgerlichen Glückseligkeit korrumpiert, kann die Mobilisierung für das Klima dazu beitragen, wieder eine Brücke zum Antikapitalismus zu schlagen. Stattdessen geht es darum, den Wunsch nach einer konkreten Utopie wiederzubeleben und zu zeigen, wie ein besseres Leben für alle sehr schnell erreicht werden kann, wenn man die kapitalistische Energiesackgasse verlässt.

Klima oder Entwicklung? Klima oder gutes Leben? Es ist nicht das erste Mal, dass der Kapitalismus vor die Wahl zwischen Pest und Cholera stellt. Aber der Wahnsinn der Akkumulation hebt dieses Dilemma auf ein beispielloses globales Niveau. Es drohen barbarische Lösungen von schrecklicher Tragweite, die Dutzende wenn nicht Hunderte Millionen Menschen berühren. „Il diavolo fa le pentole ma no i coperchi” – „Der Teufel macht die Pfannen, aber nicht die Deckel“ sagt ein italienisches Sprichwort. Es wird Zeit, das Höllenfeuer der Akkumulation auszulöschen: Der Kapitalismus hat keinen Deckel und die Menschheit droht zu verbrennen.

Daniel Tanuro ist Agraringenieur, Umweltschützer und Ökosozialist. Er ist Ökologie-Redakteur von La Gauche, der Monatszeitung der belgischen Sektion der Vierten Internationale.

Übersetzung: Björn Mertens

[1] Einige Studien in letzter Zeit sagen, dass der maximale Anstieg sogar niedriger als 2°C bleiben sollte. James Hansen, Chef-Klimatologe der NASA, meint, dass der Temperaturanstieg nicht höher als 1°C gegenüber heute sein dürfe, was einen Anstieg von 1,6°C gegenüber 1780 bedeutet.

[2] Das IPCC will seinen vierten Untersuchungsbericht Anfang 2007 veröffentlichen (http://www.ipcc.ch/).

[3] Außer Wasserdampf, dessen Menge in der Atmospäre kaum von menschlicher Aktivität beeinflusst ist, sind die wichtigsten Treibhausgase Kohendioxid (CO2), Methan (CH4), Stickdioxid (Lachgas, N2O) und verschiedene fluorierte Gase. „Parts per million, in volume (ppmv)“ ist ein Maß der Konzentration (Volumenteile auf 1 Million) ,450 ppmv CO2 bedeutet, dass von 1 Million Atmosphärenteilen 450 CO2-Moleküle sind. Zur Vereinfachung werden Treibhausgasemissionen in CO2-Äquivalenten angegeben (ppmvCO2eq), was bedeutet, dass die Menge jeden Gases in die Menge CO2 umgerechnet wird, die den selben Effekt auf
das Einfangen von Infrarotstrahlung hätte.

[4] 2000–2001: +1,5 ppmvCO2; 2001–2002: +2 ppmvCO2; 2002–2003: + 2,5 ppmvCO2;
2003–2004: +3 ppmvCO2.

[5] Da die Erwärmung der großen Wassermasse der Ozeane sehr langsam erfolgt, wird die derzeitige Erwärmung auf jeden Fall Auswirkungen in den nächsten tausend Jahren haben.

[6] Stern-Review „The Economics of Climate Change“
(http://www.hmtreasury.gov.uk/independent_reviews/stern_review_economics_climate_change/sternreview_index.cfm).

[7] Schwefeloxide waren verantwortlich für den sauren Regen.

[8] „Rente“ im wirtschaftswissenschaftlichen Sinne als „Zahlung ohne Gegenleistung“,
z.B. Monopolrente – d.Üb.

[9] „Comprendre le capitalisme actuel”. Text für das Seminar „ Marx au XXIème siècle – http://hussonet.free.fr/mhsorbon.pdf.

[10] Hans Jonas: Das Prinzip Verantwortung: Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation.
Frankfurt/M., 1979. Neuauflage als Suhrkamp Taschenbuch, 1984 [u.ö.], ISBN 3-518-39992-6

[11] Es ist nicht unwichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser Ansatz zu äußerst reaktionären Schlussfolgerungen führt: einem Lobgesang auf die „Mystifikation der Massen“ und damit die Berechtigung der Eliten, „mit einem Maximum an Disziplin“ die zur Klimarettung erforderlichen „unpopulären Maßnahmen“ „politisch durchzusetzen“. Und Jonas betont, dass diese Maßnahmen sich aus dem „Gesetz der Ökologie ergeben, das Malthus als erster erkannt hat“.

[12] Karl Marx, Theorien über den Mehrwert, MEW 26.1.

[13] Die These von einem unmittelbar bevorstehenden Gipfelpunkt der Produktion vor der Erschöpfung der Öl- und Gasvorräte wird vor allem von ASPO (http://www.peakoil.net/) vertreten. In Wirklichkeit ist es falsch, diese Frage in die Klimadebatte einzuführen; denn 1.) ist der Gipfelpunkt ein ökonomischer, kein physikalischer Begriff, 2.) reicht das ausbeutbare Öl völlig aus, das Klima aus dem Ruder laufen zu lassen,. 3.) reichen die bekannten Kohlevorräte noch für mindestens 300 Jahre und 4.) stecken noch
erhebliche Vorräte in den Ölschiefern, deren Ausbeutung sehr umweltgefährdend ist.

[14] ITER ist das Akronym für „International Thermonuclear Experimental Reactor“ in Cadarache (Frankreich).
Dieses gemeinsame Forschungsprojekt soll zu einem Prototypen für die Stromerzeugung aus kontrollierter Kernfusion führen – „Wie die Sonne“ wurde das in den Medien genannt. Der Vergleich ist jedoch nicht ganz exakt, denn die Fusion au der Sonne arbeitet sehr langsam und recycelt ihren Abfall. Siehe insbesondere: Sylvie Vauclair, „La naissance des éléments. Du big bang à la terre”, Odile Jacob 2006.

[15] Jean-Claude Debeir, Jean-Paul Deleage and Daniel Hemery, „Les servitudes de la puissance.
Une histoire de l’énergie”. Flammarion, Paris, 1986.

[16] Jean-Marie Chevalier, „Les grandes batailles de l’énergie”, Gallimard 2004.

[17] Das UN-Rahmenabkommen zum Klimawandel wurde auf dem Erdgipfel in Rio 1992 beschlossen.

[18] Der G8-Beschluss „Climate Clean Energy and Sustainable Development“ ist online verfügbar unter http://www.fco.gov.uk/Files/kfile/PostG8_Gleneagles_CCChapeau.pdf.

[19] Stern Review, op. cit.

[20] Das Tempo würde von den Kosten bestimmt: Der Markt würde sich erst auf die Maßnahmen orientieren, die die geringsten Investitionen erfordern, wie Verbesserung der Energieeffizienz in den Entwicklungsländern, Ende der Abholzungen, Entwicklung von Bio-Treibstoffen und dann Wind- und Solarenergie.

[21] Der Weltmarkt der Ökoindustrie wird auf 550 Mrd. Euro geschätzt. Die Experten erwaten in den nächsten fünf Jahren, vor allem in den Enzwicklungsländern, Wachstumsraten von 5 bis 8%. Quelle: Analysis of the EU ecoindustries, their employment and export potential. http//www.europa.eu.int/comm/environment/enveco/industry_employment/ ecotec_exec_sum.pdf

[22] Die flexiblen Mechanismen von Kyoto sind in unserem Artikel „Petit pas compromis, effets pervers garantis” beschrieben (http://www.europe-solidaire.org/spip.php?article648).

[23] Anil Agarwal & Sunita Nairin, „The Atmospheric Rights of All People on Earth”, http://www.cseindia.org/.

[24] Siehe: http://www.gci.org.uk/; C&C-Erklärung auf deutsch unter http://www.gci.org.uk/translations/CandC_Statement(German).pdf

[25] John Houghton, „Overview of the Climate Change Issue”, http://www.jri.org.uk/resource/climatechangeoverview.htm#carbon.

[26] Jean-Pascal van Ypersele, „L’injustice fondamentale des changements climatiques”,
in Alternatives Sud, Bd. 13,-2006

[27] J. P van Ypersele, op. cit.

[28] Für eine umfassende Übersicht –jetzt wieder für Tonnen CO2 –siehe http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_carbon_dioxide_emissions_per_capita - d.Üb.

[29] Der Stern-Report relativiert die Idee, die erneuerbaren Energien könnten sich spontan durchsetzen, wenn ihre Kosten äquivalent zu denen des Öls werden. Dem Bericht zufolge könnten in dem Fall die Ölpreise fallen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Existenz einer ernormen Rente, zusätzlich zu den Profiten, macht dieses Szenario möglich.

[30] Ein besonders schlimmer Schlamassel gerade beim Klimawandel, hatten diese Ökonomien doch einen extrem hohen Verbrauch an Energie und Kohlenstoff.

[31] Michaël Löwy, „Qu’est-ce que ‘l’écosocialisme?”(http://www.iire.org/lowyeco.html). [Auf deutsch siehe auch: „Überleben statt Profit“ in SoZ, Januar 2003, Seite 19,
http://vsp-vernetzt.de/soz/030119.htm – d.Üb.]

[32] Die Campaign against Climate Change (http://www.campaigncc.org/) ist eine britische Klimaschutzorganisation, die sich 2001 aus Anlass der Ablehnung des Kyoto-Protokolls durch Präsident Bush gegründet hat. Ihre Demonstration in London am 4.11.2006 mit 25 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war die bislang größte Klimaschutzdemonstration des Landes.
Das Climate Action Network (http://www.climatenetwork.org/) ist ein weltweiter Zusammenschluss von 365 Klimaschutzorganisationen. Mitglied in Deutschland sind beispielsweise BUND, Nabu, WWF, und Öko-Institut.

[33] Eine solche Forderung wurde Anfang der 80-er Jahre von entlassungsbedrohten Arbeitrinnen und Arbeitern des Glaverbel-Konzerns in der belgischen Region Charleroi aufgestellt. Eine öffentliche Gesellschaft für die Wärmedämmung und Renovierung von Gebäuden war sogar gegründet worden, aber die Regierung hat das Projekt dann versenkt.