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Fukushima beweist:
keine Atomenergie ohne Katastrophe

Daniel Tanuro - 14. März 2011


Es ist eingetreten, was eintreten musste: ein weiterer schwerer atomarer „Unfall“. Zu dem Zeitpunkt, an dem diese Zeilen geschrieben werden, steht noch nicht fest, dass er die Dimensionen einer Katastrophe ähnlich wie der in Tschernobyl annehmen wird, aber die Dinge scheinen sich leider in diese Richtung zu entwickeln. Ob es nun eine Katastrophe von großem Umfang gibt oder nicht, es hat sich einmal mehr erwiesen, dass diese Technik nicht hundertprozentig sicher sein kann. Die Risiken sind dermaßen entsetzlich, dass die Schlussfolgerung auf der Hand liegt: Ein Ausstieg aus der Atomenergie ist dringend geboten, und zwar so schnell wie möglich. Das ist die erste Lehre, die aus Fukushima zu ziehen ist, deren Umsetzung wirft aber absolut fundamentale soziale und politische Fragen auf, die eine ernsthafte gesellschaftliche Debatte und eine Alternative zur kapitalistischen Zivilisation mit unbegrenztem Wachstum notwendig machen.


Die beschädigten Reaktoren 3 und 4 des AKW Fukushima I

Eine gefährliche Technik

Windscale 1957, Three Mile Island 1979, Tschernobyl 1986, Tokai Mura 2000 und jetzt Fukushima. Die Liste der Unfälle in den Atomkraftwerken wird ständig länger. Es geht einfach nicht anders. Man muss keinen Doktorgrad in Physik haben, um das zu verstehen. Ein Atomkraftwerk funktioniert in etwa wie ein elektrischer Wasserkocher. Der Widerstand in dem Kocher entspricht den Brennstäben in dem Kraftwerk.

Wenn in dem Kocher kein Wasser gibt und der Widerstand heiß wird, tritt ein Problem auf. Das gleiche passiert in dem Kraftwerk: Die Brennstäbe müssen ständig in das Wasser, das sie zum Erhitzen bringen, eingetaucht sein. Der so erzeugte Dampf bewegt Turbinen, die Elektrizität erzeugen. Das Kraftwerk verbraucht also große Mengen Wasser, für deren Umlauf Pumpen sorgen.

Wenn die Pumpen versagen, gibt es nach einer gewissen Zeit nicht genug Wasser, und die überhitzten Stäbe werden beschädigt. Wird nicht rasch Wasser nachgefüllt, wird die Hitze durch die Reaktionen innerhalb der Brennstäbe so hoch, dass diese schmelzen und auf den Boden der Wanne (die dem Behälter des Kochers entsprechen) fallen. Diese Wanne ist von einem doppelten Schutzmantel umschlossen: dem Reaktor, dessen charakteristische äußere Silhouette aller Welt bekannt ist. Wenn der Mantel der intensiven Hitze der schmelzenden Brennstäbe nicht standhält und Risse bekommt, wird Radioaktivität freigesetzt, mit allen tödlichen Folgen.

Eine anfällige Technik

Die Reaktion, die in einem Atomkraftwerk stattfindet, ist eine Kettenreaktion: Urankerne werden mit Neutronen beschossen; durch Absorbieren eines Neutrons spaltet sich ein Urankern in zwei Teile, und dabei wird eine große Menge Energie freigesetzt (dies ist die Kernspaltung); zugleich setzt er weitere Neutronen frei, und jedes kann die Spaltung eines weiteren Urankerns bewirken. Ist die Reaktion erst einmal in Gang gesetzt, kann sie von alleine weitergehen. Das einzige Mittel, um sie (und die Temperatur) zu kontrollieren, besteht darin, zwischen die Stäbe mit Brennstoff Stäbe mit Legierungen zu schieben, die Neutronen auffangen können, ohne dass eine Spaltung der Materie in Gang kommt. Damit kann der Reaktorkern wieder abgekühlt werden. Doch erfordert dieses Abkühlen eine gewisse Zeit. Die Brennstäbe müssen während dieser Zeit von Wasser umschlossen sein, ansonsten droht deren Überhitzung.

Die Atomkraftbefürworter wiederholen unablässig, dass die Vorkehrungen ausgesprochen sicher sind, vor allem weil die Pumpen in dem Fall, dass das Stromnetz ausfällt, mit Notfallstromaggregaten betrieben werden können. Der Unfall in Fukushima zeigt, dass diese beruhigenden Äußerungen nicht viel taugen: Wegen des Erdbebens haben die Kraftwerke automatisch eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, wie sie unter solchen Umständen vorgesehen ist. Also gab es keinen Strom für den Betrieb der Pumpen mehr. Die Aggregate hätten in Gang kommen sollen, aber leider waren sie außer Betrieb, da sie durch den Tsunami unter Wasser gesetzt worden waren. Es gab nicht mehr genug Kühlwasser, die Brennstäbe lagen auf einer Höhe von 1,40 bis über 3 Metern (bei einer Gesamtlänge von 3,71 m) frei. Die Überhitzung führte zu einem Überdruck und zu einer chemischen Reaktion, der Elektrolyse des Kühlwassers, so dass Wasserstoff freigesetzt wurde. Die Techniker haben dann Dampf abgelassen, um eine Explosion des Behälters zu verhindern. Doch ist der Wasserstoff anscheinend in dem Reaktor explodiert, was zum Einsturz der Kuppel des Gebäudes führte, der Dampf verbreitete sich in der Umgebung. Dieses Szenario hat sich offenbar in einem weiteren Reaktor wiederholt.

Wie in Tschernobyl

Die Zufuhr von Süßwasser war wegen des Tsunami unterbrochen, die Techniker nutzten Wasser aus dem ganz nahe gelegenen Meer. Mehrere US-amerikanische Spezialisten äußerten, es handelte sich um einen „Verzweiflungsakt“. Sie erinnere das an die vergeblichen Versuche, das Schmelzen des Reaktors in Tschernobyl dadurch zu verhindern, dass Angestellte des Kraftwerks und heroische Freiwillige Sand und Beton auf den Reaktor warfen, wofür sie mit dem Leben bezahlen mussten. Die Radioaktivität, die in einer Entfernung von 80 Kilometern des Fukushima gemessen worden ist, liegt bereits über 400 Mal höher als die zugelassenen Werte. Sechs mutige japanische JournalistInnen haben sich mit Geigerzählern in das Rathaus von Futaba begeben, das 2 km von dem Kraftwerk entfernt ist: Dort war die Radioaktivität höher, als mit manchen Apparaten zu messen war! Es wird zur Zeit geschätzt, dass die BewohnerInnen von Japan in einer Stunde die Dosis Radioaktivität abbekommen, die für ein Jahr als hinnehmbar betrachtet wird.

In einem Kommuniqué des französischen Netzwerks „Sortir du nucléaire“ heißt es: „Solche Informationen sprechen für ein dramatisch erhöhtes Niveau von Radioaktivität in einem ausgedehnten Umkreis um das Kraftwerk, die gesundheitlichen Folgen sind mit Sicherheit sehr schwerwiegend.“ Wir sollten nicht glauben, dass wir vor den Niederschlägen geschützt sind: Der Präzedenzfall Tschernobyl hat gezeigt, dass eine radioaktive Wolke sehr weite Gebiete kontaminieren kann. Alles hängt davon ab, mit welcher Gewalt die Partikel in die Atmosphäre gelangen. Im Fall einer sehr starken Explosion können die radioaktiven Elemente bis in die Höhe der „jet-streams“ geschleudert werden, der in großer Höhe wehenden kräftigen Winde. In diesem Fall können sehr weit von Fukushima entfernte Gebiete von den Niederschlägen betroffen sein.

Zwei beunruhigende Fragen

Die Radioaktivität ergibt sich im wesentlichen aus zwei Elementen: dem Jod 131 und dem Cäsium 137. Beide sind extrem krebserregend, doch hat das erste eine Lebensdauer von etwa 24 Tagen in der Atmosphäre, während das zweite 300 Jahre lang radioaktiv bleibt. Am Sonntag, den 13. März, wurden über 200 000 Menschen evakuiert. Die Behörden ordneten eine Räumungszone mit einem Umkreis von 20 km um Fukushima I und von 10 km um Fukushima II an. Das Auftreten von Cäsium 137 ist ganz besonders besorgniserregend.

Es mangelt an präzisen Informationen: Dass die Firma Tokyo Electric Power (Tepco) und die japanischen Behörden einen Teil der Wahrheit verheimlichen, ist mehr als wahrscheinlich. Die beiden Fragen, die am meisten Angst machen, sind zum einen, ob das Schmelzen der Brennstäbe beherrscht wird oder ob es weitergeht, und zum anderen, ob die Sicherheitsstruktur, in der sich der Behälter befindet, halten wird. Ken Bergson, ein Atomphysiker, der zu Unfallsimulationen in Kraftwerken arbeitet, ist der Auffassung, dass diese Struktur „mit Sicherheit solider ist als die in Tschernobyl, doch durchaus weniger als die in Three Mile Island“. Die Fachleute verhehlen nicht ihre Beunruhigung: „Wenn sie das alles nicht wieder in den Griff bekommen, geht es von einer teilweisen Schmelze zu einer vollständigen Schmelze weiter, das wird das totale Desaster“, wie einer von ihnen erklärt hat (Le Monde, 13.3.2011).

Am schlimmsten wäre jedoch die Schmelze des Kerns des zweiten Reaktors, der am 13. März explodiert ist. Der dort verwendete Brennstoff ist Mox, eine Mischung von abgereichertem Uranoxyd und Plutonium 239. Dieses Plutonium 239 ist ein wieder verwendeter Abfall aus dem Betrieb von klassischen Urankraftwerken. Dessen Radioaktivität ist extrem hoch, und seine „Halbwertzeit“ (die Jahre, die für eine Verminderung der Radioaktivität um die Hälfte nötig sind) wird auf 24 000 Jahre geschätzt. Die JapanerInnen kennen dieses Element und dessen fürchterliche Folgen gut: Die thermonukleare Bombe, die am Ende des Zweiten Weltkriegs auf Nagasaki abgeworfen wurde, enthielt Plutonium 239.

Ein nicht akzeptables Risiko

Nach der Katastrophe von Tschernobyl erklärten die BefürworterInnen der Atomkraft, der Unfall gehe auf die schlechte sowjetische Technik, unzureichende Sicherheitsbestimmungen und den bürokratischen Charakter des Systems zurück. Würde man ihnen glauben, kann bei den Kraftwerken, die mit der guten kapitalistischen Technik laufen, nichts dergleichen passieren, vor allem nicht in unseren „demokratischern“ Ländern, in denen der Gesetzgeber auf allen Ebenen alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen trifft. Jetzt sieht man, dass dieser Diskurs rein gar nichts taugt.

Japan ist ein Land mit sehr hoch entwickelter Technik. Die Behörden wissen durchaus um das Erdbebenrisiko und haben für den Bau von Kraftwerken sehr strenge Bestimmungen erlassen. Der Reaktor 1 von Fukushima I war sogar mit doppelten Sicherheitsvorrichtungen versehen, mit dieselbetriebenen Aggregaten einerseits und batteriebetriebenen andererseits. Es hat nichts genutzt, weil auch die ausgefeilteste Technik und die strengsten Sicherheitsbestimmungen niemals eine absolute Garantie geben werden, weder im Fall von Naturkatastrophen noch im Fall von möglichen kriminellen Akten von irrsinnigen Terroristen (einmal abgesehen von immer möglichen menschlichen Fehlern). Man kann das Risiko der Atomkraftwerke vermindern, es aber nicht vollständig ausräumen. Wenn man es relativ gesehen vermindert, die Zahl der Kraftwerke jedoch zunimmt, wie das zur Zeit der Fall ist, kann das absolute Risiko ansteigen.

Es ist wichtig festzustellen, dass dieses Risiko nicht akzeptabel ist, da es menschlichen Ursprungs, vermeidbar und das Ergebnis von Entscheidungen über Investitionen ist, die von engen Zirkeln im Zusammenhang mit ihren Profiten getroffen werden, ohne wirkliche demokratische Konsultation der Bevölkerung. Zu schreiben, dass die „Atomunfälle (sic) in Japan bei weitem nicht so viele Opfer gefordert haben wie der Tsunami“, wie es zum Beispiel im Leitartikel von [der belgischen Tageszeitung] Le Soir (14. März) heißt, läuft darauf hinaus, den qualitativen Unterschied zwischen einer unvermeidlichen Naturkatastrophe und einer technisch ohne weiteres vermeidbaren Katastrophe wegzuwischen. Wenn es weiter heißt, „wie bei jedem komplexen industriellen Prozess enthält die Energieproduktion auf der Grundlage des Atoms einen beträchtlichen Anteil von Risiken“ (an gleicher Stelle), so läuft dies zudem darauf hinaus, die Besonderheit des atomaren Risikos wegzuwischen, das vor allem darin besteht, dass diese Technik das Potential enthält, die menschliche Gattung auf der Erde auszuradieren. Solche Äußerungen gilt es unermüdlich aufzuspießen, sie sind Ausdruck des enormen Drucks, den die Atomlobby auf allen Ebenen ausübt.

Das Risiko auch bei uns

Während die Fachleute ihre Besorgnis nicht verbergen, stellen die Politiker ihre Dummheit zur Schau. Als der französische Industrieminister Eric Besson am 12. März befragt wurde, behauptete er, was in Fukushima geschieht, stelle einen „schweren Unfall, keine Katastrophe“ dar. Um seine Pro-Atom-Politik zu rechtfertigen, fand der britische Staatssekretär für Energie Chris Huhne kein besseres Argument als zu betonen, wie gering die Erdbebengefahr im Vereinigten Königsreich ist, und er fügte hinzu, man werde die Lehren aus dem, was im Land der aufgehenden Sonne geschieht, ziehen, so dass die Sicherheit am Ende noch größer sein werde… Diese armseligen Argumente werden mit Varianten von allen Regierungen angebracht, die entweder beschlossen haben, weiter auf Atomkraft zu setzen (in erster Linie Frankreich), auf sie umzuschwenken (Italien) oder aber die Entscheidungen zum Atomausstieg in Frage zu stellen, die unter dem Druck der öffentlichen Meinung nach Tschernobyl getroffen worden waren (Belgien, Deutschland). Die Ziele bestehen darin, Panik zu vermeiden und zu verhindern, dass eine neue Mobilisierung des Bewusstseins die ehrgeizigen Pläne zum Ausbau des Atoms auf internationaler Ebene torpediert.

Es ist schon untertrieben zu sagen, dass diese Argumente nicht überzeugend sind. Vor allem in Westeuropa ist die Angst mehr als legitim. In Frankreich, dem führenden Land im Bereich der Nuklearenergie werden die seismischen Normen von den Reaktoren nicht eingehalten. Laut „Sortir du nucléaire“ ist [der französische Stromkonzern] EDF so weit gegangen, dass seismologische Angaben gefälscht wurden, damit man nicht zugeben muss, dass mindestens 1,9 Milliarden Euro investiert werden müssen, um die Reaktoren an die Normen anzupassen. Erst vor kurzem hat die Justiz die Schließung des Atomkraftwerks Fessenheim (Elsass) verlangt, des ältesten französischen AKW, das in einem Gebiet mit hohem seismischem Risiko liegt. Die Kraftwerke von Doel und Tihange in Belgien sind so ausgelegt, dass sie Erdbeben einer Stärke von 5,7 bis 5,9 auf der Richterskala standhalten. Doch hat es seit dem 14. Jahrhundert in unseren Regionen drei Erdbeben mit einer Stärke über 6 gegeben.

Es ist auch festzuhalten, dass es nicht mehr genügend IngenieurInnen gibt, die über eine hochqualifizierte Ausbildung für den Betrieb von Atomkraftwerken verfügen, und dass der Plan für den atomaren Notfall nur ein Gebiet im Umkreis von 10 km um die Anlagen vorsieht, was völlig unzureichend ist. Eine weitere Quelle für Besorgnis ist die Verlängerung der Betriebsdauer. Es wird auf 50 Jahre gesetzt, während sich die Vorfälle ab 20 Jahren Laufzeit häufen. So weisen 19 französische Reaktoren wegen ihres Alterns nicht gelöste Anomalien bei den Sicherheitskühlsystemen auf… eben denen, die in Japan versagt haben. Usw. usf.

Was für eine Gesellschaft wollen wir?

Ein Atomausstieg ist nötig, vollständig und so schnell wie möglich. Technisch ist dies durchaus möglich, und es ist angebracht, daran zu erinnern, dass die Effizienz der Atomenergie sehr mittelmäßig ist (Zweidrittel der Energie gehen in Form von Hitze verloren). Es ist vor allem eine politische Debatte, eine Debatte über welche Art von Gesellschaft, bei der letzten Endes eine Entscheidung über die Zivilisation aufgeworfen ist. Denn das Problem besteht darin: Der Atomausstieg ist nötig, und zugleich muss man die Nutzung der fossilen Brennstoffe aufgeben, die Hauptursache für das Umkippen des Klimas. In kaum zwei Generationen müssen die Erneuerbaren unsere einzige Energiequelle werden.

Für den Übergang zu den erneuerbaren Energien sind jedoch gigantische Investitionen notwendig, die Energie fressen, also Quellen für zusätzliche Treibhausgase sind. Die Energieumstellung ist praktisch nur dann möglich, wenn die Letztnachfrage nach Energie radikal zurückgeht, mindestens in den entwickelten kapitalistischen Ländern. In Europa muss es eine Verminderung in der Größenordnung von 50 % von jetzt bis zum Jahr 2050 geben. Eine Verminderung in solch einem Umfang ist nicht ohne eine beträchtliche Senkung der materiellen Produktion und der Transporte zu verwirklichen. Es muss weniger produziert und transportiert werden, ohne das ist die Gleichung unlösbar. Das heißt, sie ist für das kapitalistische System unlösbar, denn das Rennen nach Profit unter der Peitsche der Konkurrenz hat unvermeidlich Wachstum zur Folge, anders gesagt die Akkumulation von Kapital, das sich unvermeidlich in einer wachsenden Masse von Waren ausdrückt, also in einem wachsenden Druck auf die Ressourcen.

Von daher nehmen alle kapitalistischen Antworten auf die Klimaherausforderung Zuflucht zu Zauberlehrlingstechniken, mit dem Atom vorneweg. Das Energieszenario „Bluemap“ der Internationalen Energieagentur ist in dieser Hinsicht aufschlussreich: Darin wird ein Ausbau der Atomkraftanlagen von jetzt bis 2050 auf das Dreifache vorgeschlagen, was auf den Bau eines Kraftwerks von einem Gigawatt pro Woche hinausläuft. Dies ist schlicht und einfach Irrsinn.

Eine Alternative zu diesem höllischen System ist dringender denn je. Sie schließt die radikale Verkürzung der Arbeitszeit ohne Lohneinbußen ein, mit proportionalen Neueinstellungen und Herabsetzung der Arbeitsdichte: um weniger zu produzieren, muss man weniger arbeiten, und dies bei Umverteilung des Reichtums. Sie schließt auch das kollektive Eigentum der Energie- und Finanzsektoren ein, denn die erneuerbaren Energien sind teurer als die anderen Quellen, und dies wird noch mindestens zwanzig Jahre lang so bleiben. Sie schließt außerdem eine Planung auf allen Ebenen ein, von der lokalen bis zur globalen, damit das Recht des Südens auf Entwicklung mit dem Erhalt der ökologischen Gleichgewichte versöhnt werden kann. Letztlich impliziert sie das ökosozialistische Projekt einer Gesellschaft, die für die Befriedigung der demokratisch festegestellten realen menschlichen Bedürfnisse produziert, unter Rücksichtnahme auf die Rhythmen und die Funktionsweise der Ökosysteme.

Gibt es solch eine Alternative nicht, wird das kapitalistische Wachstum immer mehr Katastrophen hervorrufen, ohne dass die gesellschaftlichen Bedürfnisse befriedigt werden. Letzten Endes ist dies die schreckliche Lehre aus Fukushima.