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Nach dem Wahlsieg der MAS

Die Herausforderungen an eine aus sozialen
Kämpfen hervorgegangene Regierung

von Hervé do Alto* aus INPREKORR 414/415, Mai/Juni 2006

Hervé do Alto ist Doktorand der Politikwissenschaften und Inprekorr-Korrespondent in Bolivien. Der Autor möchte sich besonders bei Emre Öngün, Sylvain Pattieu und Pierre-Olivier Salles für ihre geduldige Durchsicht des Textes und ihre Ratschläge danken.

 

Am 18. Dezember 2005 gab es keine Freudendemonstration in den Straßen von La Paz, auch nicht in dem rebellischen Vorort El Alto, vom dem die Volkserhebungen ausgingen, die binnen zwei Jahren der Amtszeit von zwei Präsidenten ein Ende setzten. Trotzdem erlebten die Bolivianer und Bolivianerinnen einen historischen Abend. Denn dank ihrer massiven Stimmangabe wurde Evo Morales zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Der Führer der Kokabauern und -bäuerinnen der Region Chapare (der „illegalen“ Anbauzone nördlich von Cochabamba in den Anden) und erklärter Gegner der USA, die ihn jahrelang als „Drogenhändler“ und „Feind der Demokratie“ apostrophiert haben, und der in der Vergangenheit als Maurer, Bäcker, Trompeter, Fußballspieler und Lamazüchter gearbeitet hat, ist nunmehr Präsident des Staates Bolivien. Dieser Aymara, der auf Quechua-Land lebt, ist der erste indigene Bauer, der je zum Präsidenten Boliviens gewählt worden ist. 1

Unbestreitbar stellt der Sieg des Führers der Bewegung für den Sozialismus (MAS) eine Quelle der Hoffnung für alle sozialen Bewegungen der ärmeren Menschen dar, die sich mittlerweile seit fünf Jahren an einer langen Reihe heftiger Kämpfe sowohl gegen das neoliberale Modell, welches in der Wirtschaft vorherrschte, beteiligt haben wie auch gegen die Diskriminierungen, denen die indigenen Völker weiterhin ausgesetzt sind, wiewohl sie in diesem Land die Mehrheit stellen. 3

DER ÜBERWÄLTIGENDE WAHLSIEG VON MORALES:
EINE ABSTIMMUNG FÜR DEN WECHSEL

Das von Evo Morales erreichte Wahlergebnis, nämlich 53,7% oder über 1,5 Mio. Stimmen, ist ganz einfach ohne historisches Vorbild.4 So kann der Kandidat der MAS verhindern, für seine Wahl im Kongress Verhandlungen führen zu müssen, eine Übung, der sich bislang jeder Bewerber fürs Präsidentenamt unterziehen musste, weil das bolivianische Wahlsystem im Fall einer relativen Mehrheit eine endgültige Wahl durch den Kongress vorsieht; daher spricht man vom bolivianischen politischen System auch als einer „Pakt-Demokratie“. Für die einen begünstigt dieses System den Konsens und die Stabilität und für die anderen verunmöglicht es, dass eine Partei allein regieren und ein klares Programm umsetzen kann; jedenfalls hatte es seit 1985 zur Folge, dass an der Spitze des Staates eine homogene Gruppe der konservativen Parteien stand, die alle Anhänger des Neoliberalismus sind.

Obwohl sich die Wahlbündnisse je nach politischer Konjunktur geändert haben, war der Zeitraum 1985-2002 deutlich durch eine Kontinuität in der Politik des Staates gekennzeichnet, insbesondere in der Wirtschaftspolitik (dort wurde das neoliberale Modell des Rückzugs des
Staates aus dem produktiven Bereichs umgesetzt) und in der Außenpolitik (Unterordnung unter die Wünsche der USA, was zu einem Konsens in der Koka-Frage führte).
5 Es ergab sich auch eine Kontinuität des politischen Personals in den verschiedenen Kabinetten. Dieses Parteiensystem, das um die drei Parteien National-Revolutionäre Bewegung (MNR) von Gonzalo Sánchez de Lozada, Bewegung der Revolutionären Linken (MIR) von Jaime Paz Zamora und der National-Demokratischen Aktion des früheren Diktators Hugo Bánzer und von Jorge Quiroga strukturiert wurde 6, hatte bislang eine Reihe von „Pakten“ zu Wege gebracht, die durch wechselnde „Bündnisse“ gekennzeichnet waren, und die die geringen ideologischen Unterschiede zwischen diesen Strömungen aufzeigten. Es gab eine beinahe vollständige Übereinstimmung bei den Themen Wirtschaftspolitik, Ausfuhr von Öl und Gas oder der Notwendigkeit, die Koka-Kulturen auszurotten, was bei den beiden letzten Regierungen zu einem Abkommen führte, an dem fast das ganze Parteienspektrum beteiligt war. Dies galt auch für die „Mega-Koalition“, die es Hugo Bánzer Suárez ermöglichte, mit der Unterstützung von über 70% der Abgeordneten aus sieben Parteien (darunter ADN und MIR) von 1997 bis 2002 7 Präsident zu sein. Dies galt für das so genannte „Bündnis der nationalen Verantwortung“, das um die MNR von Sánchez de Lozada und den MIR von Jaime Paz herum gebildet wurde und hinter dem ebenfalls etwa 70% der Abgeordneten standen.

Die hohen Popularitätswerte, die Carlos Mesa (der frühere Mitkämpfer von Goni
8 ) genoss, der nach Gonis Amtsaufgabe am 17. Oktober 2003 Präsident wurde, waren bereits Ausdruck der Ablehnung jener Parteien durch die Bevölkerungsmehrheit. Diese Unterstützung hielt lange an, weil sich Mesa als Präsident darstellte, der ohne den Kongress, also ohne die Zustimmung jener Parteien regierte, als wäre das an sich schon ein Ausweis von Ehrlichkeit. Nach den Massakern vom Oktober 2003 wurde der Ausdruck „traditionelle Partei“ für die genannten Parteien allgemein üblich, die mit der Regierung von Sánchez de Lozada zusammengearbeitet haben, was soweit ging, dass sich dies als Unterscheidungsmerkmal zwischen den Parteien MAS oder MIP (indigene Bewegung Pachakuti) und den genannten Formationen, die als Pfeiler der „Pakt-Demokratie“ angesehen wurden, einbürgerte.

Mit Blick auf diese Entwicklung kann die Stimmangabe zugunsten der MAS als Zurückweisung der „rosca“ (Clique) verstanden werden, einer homogenen Gruppe, die zwanzig Jahre lang an der Macht war und mit wenigen Nuancen dieselbe Politik durchgezogen hat, die soweit ging, die sozialen Bewegungen zu kriminalisieren und sie notfalls wie im Oktober 2003 im Blut zu ertränken.
9

Diese „rosca“ war umso realer, als einige Tage vor der Wahl das Parlament die mehrheitliche Entscheidung traf, auf eine parlamentarische Untersuchung der Verantwortung von Gonzalo Sáchez de Lozada bei der Meuterei der Polizisten im Februar 2003 zu verzichten. Unter denjenigen, die eine solche Untersuchung ablehnten, war die Mehrheit der Abgeordneten der MNR, des MIR, der Neuen Republikanischen Kraft (NFR) und der ADN. Einige von ihnen waren sogar Kandidaten bei den Rechts- und Mitte-Rechts-Bündnissen für die Wahlen von 2005, und zwar bei PODEMOS (Sozial-Demokratische Kraft) oder UN (Nationale Einheit). Es gibt keinen Zweifel, dass die Erklärungen von Ivan Morales Nava, dem Abgeordneten der MAS von La Paz, der anlässlich dieser Gelegenheit die „Neugründung der Mega-Koalition“ anprangerte, bei Teilen der Bevölkerung ihr Echo gefunden haben.

Zwei wichtige Faktoren scheinen daher bestimmend zu sein, wenn wir bei der Stimmabgabe für die MAS von einer Abstimmung für den Wechsel sprechen: Zum einen die Ablehnung der bisherigen Wirtschafts- und Sozialpolitik und zum andern der Überdruss an einer politischen Klasse, die bei jenen Wahlen von PODEMOS und UN verkörpert wurde.

Präsident Evo Morales ist eine Quelle der Hoffnung für alle
sozialen Bewegungen in Bolivien.

EINE STÄRKER WERDENDE ABLEHNUNG DES NEOLIBERALISMUS DURCH DIE BEVÖLKERUNG

Das erste Element, um den Wahlsieg der MAS zu verstehen, ist ohne Zweifel der zunehmende Anklang, den die seit dem Jahr 2000 vorgebrachten Forderungen der sozialen Bewegungen fanden. Diese Forderungen sind vor allem durch eine Ablehnung des Neoliberalismus gekennzeichnet. Die Auswirkungen der seit 1985 durchgeführten Privatisierungen der Öffentlichen Dienste und der Ausbeutung der Rohstoffe, die bis dahin dem Staat gehörten, scheint von der Bevölkerungsmehrheit immer negativer beurteilt worden zu sein. Auf der Grundlage dieser Entwicklung scheinen die Auswirkungen der Privatisierungen auf das tagtägliche Leben als schlecht eingeschätzt zu werden.

Ein exemplarischer Fall ist der „Krieg ums Wasser“, der 2000 gegen die Übergabe der Wasserversorgung an die US-Gesellschaft Bechtel in Cochabamba stattfand. So war laut Pablo Solón, einem Koordinator der bolivianischen Bewegung des Kampfes gegen die amerikanische Freihandelszone (ALCA) einer der „wesentlichen Gründe für diese Mobilisierungen in der Erhöhung des Wasserpreises um 300% binnen weniger Wochen zu suchen“. Diesen Fall kann man mit den Mobilisierungen der FEJUVE (Verband der Stadtteilkomitees) von El Alto gegen die Aguas del Illimani (die zur französischen Suez-Lyonnaise des Eaux gehören) im Februar 2005 vergleichen, wobei die fehlende Versorgung von eher ländlichen Stadtteilen bedeutsam war, oder auch mit den spontanen Protesten der Einwohner von La Paz gegen den Mangel an Gas wenige Wochen vor den Wahlen.
10

Dies war eine ziemlich surreale Lage in einem Land, das weltweit zu den größten Gasexporteuren gehört, was gleichzeitig auch die fehlende Rationalität in der Leitung der Wirtschaft deutlich werden ließ, die vor allem auf den Export ausgerichtet ist, was zu Lasten der gesellschaftlichen Bedürfnisse geht. Klar ist, dass diese Unannehmlichkeiten immer mehr das tagtägliche Leben bestimmen und dazu geführt haben, der Gasfrage in den Augen der Bevölkerung eine große Bedeutung zu geben, sogar bei den reicheren Schichten.

Als Ende der 1990er Jahre in Bolivien Gasvorkommen entdeckt wurden, war der Ölsektor, der wie der ganze öffentliche Sektor bereits den neoliberalen Reformen unterworfen worden war, bereits weitgehend umstrukturiert worden: Das wichtigste Staatsunternehmen YPFB (Ölförderung von Bolivien) hatte in diesem Bereich infolge der Gesetze zur „Kapitalisierung“ und über die „Hydrokarburate“, die von der Regierung Sánchez de Lozada im Zeitraum 1994-1996 ausgearbeitet worden waren, keine Initiativfunktion mehr. Laut Mirko Orgáz García, einem auf Öl und Gas spezialisierten Journalisten, hat „die Kapitalisierung den Staat auf eine einfache Kolonie zum Export von Rohstoffen“ reduziert.
11

Die Entdeckung des Gases in der Zeit der Regierung Bánzer-Quiroga hat zur Unterzeichnung von Verträgen mit „geteiltem Risiko“
12 geführt, die für den Staat nur Abgaben in Höhe von 18% vorsehen, was weltweit zu den geringsten Sätzen gehört, wohingegen ein Konsortium namens Pacific LNG, zu dem die wichtigsten Konzerne dieses Bereichs gehören (Shell, Total, BP, Petrobras und Exxon) 82% einstecken dürfen.13

In der Zeit, in der Goni den neoliberalen Staat als „modernes“ Wirtschaftsmodell pries, weil eine starke Staatstätigkeit als „nicht mehr gangbar“ erschien, waren diejenigen, die dagegen ankämpften, nicht sehr zahlreich. Aber dieser Kampf gegen „die Hegemonie“ (um in den Worten Gramscis zu sprechen) fand nach und nach in der Bevölkerung eine immer stärkere Resonanz: Die Mobilisierungen von 2003 brachen vor allem wegen der verbreiteten Ablehnung aus, Gas via Chile in die USA zu exportieren
14 , und die Forderung nach der Verstaatlichung wurde zunächst nur von einer Minderheit um die bolivianische Gewerkschaftszentrale COB von Jaime Solares, vom MIP von Felipe Quispe und von der Koordination zur Verteidigung des Wassers und des Gases, die von Oscar Oliveira geführt wird, vertreten. Dann aber wurde sie von der gesamten Linken und den indigenen und Bauern-Bewegungen aufgegriffen, auch von der MAS, die ihr längere Zeit ablehnend gegenüberstand.15 Gemäß dem Zeitgeist haben alle Kandidaten für die Präsidentschaft die Forderung nach Verstaatlichung aufgegriffen, auch wenn diese Haltung bisweilen durch semantische Spitzfindigkeiten verdreht wurde.16 Dies zeigt, wie sehr die Verstaatlichung in den Augen der Bevölkerung heute als legitim angesehen wird. Sie nicht in der Wahlkampagne zu erwähnen, hätte ein großes Risiko bedeutet.

NIEDERLAGE EINER DISKREDITIERTEN POLITISCHEN KLASSE

Der zweite Faktor der Analyse der Stimmabgabe zugunsten von Evo Morales als Votum für den Wechsel liegt im Charakter der übrigen Opposition, die ihm bei den Wahlen zum Präsidentenamt und für die Präfekturen gegenüberstand. Obwohl sie für neue Parteinen antraten, hatten die Gegner der MAS alle eine gemeinsame Laufbahn hinter sich gebracht: Sie waren Mitglieder einer der drei „traditionellen Parteien“ und Minister in einer oder mehreren Regierungen im Zeitraum 1985 bis 2002 gewesen. Selbst wenn sie sich einige der Forderungen der Bevölkerung auf ihre Fahnen schrieben, wie sie seit Oktober 2003 vehement vertreten wurden, etwa die nach Verstaatlichung des Gases oder der Wahl einer konstituierenden Versammlung, oder obwohl sie versuchten, als Kandidaten des „Wechsels“ zu erscheinen, hatten Samuel Doria Medina oder Jorge „Tuto“ Quiroga einige Probleme, als glaubwürdige Vertreter der Forderungen der Gesellschaft zu erscheinen.17 Dies umso mehr, als zu Beginn des Wahlkampfes die MAS das beeindrukkende „Recycling“ von Mitgliedern der „traditionellen Parteien“ auf den Listen der UN von Doria Medina und vor allem von PODEMOS von Quiroga verdeutlichte. Darüber braucht man sich nicht zu wundern, wenn man die Ursprünge dieser beiden Organisationen kennt.

Nationale Einheit (UN), die von Doria Medina gegründete Partei, ist im Wesentlichen aus dem MIR hervorgegangen. Als früheres Mitglied des Kabinetts von Jaime Paz Zamora (1989-1993) hat Doria Medina, ein reicher Unternehmer vor allem der Zementindustrie, Anfang 2000 versucht, im Apparat des MIR die Macht an sich zu reißen. Er warf der Parteiführung von Jaime Paz vor, wenig demokratisch zu sein. Die Gründung der UN 2004 ging also sowohl auf eine persönliche Ambition von Doria als auch der Abschottung des MIR durch Jaime Paz zurück.

Das politische Projekt von Jorge Quiroga namens PODEMOS ist hingegen deutlich mit der früheren Partei von „Tuto“, der ADN, verbunden, weil es sich um ein politisches Bündnis von „Parteien und Bürgergruppen“ handelt, ein Bündnis, an dem auch die ADN teilhat. Aufgrund dieses Charakters stand PODEMOS bei der Aufstellung der Listen vor dem Problem, sehr heterogen zu sein, was umso offensichtlicher war, als sich die KandidatInnen im Verlauf des Wahlkampfes häufig eher um ihre eigene Wahl als um die Umsetzung eines nationalen politischen Projektes kümmerten.
18

Sowohl aufgrund ihrer Geschichte wie der Vertretung von Parteimitgliedern der Altparteien wurden UN und PODEMOS als Listen des „continuismo“ (der Kontinuität) des Neoliberalismus und einer pro-USA-Politik angesehen. Ihr Auftauchen auf der nationalen Wahlbühne erfolgte im Gleichklang mit dem Zusammenbruch des vorherigen „Dreiparteiensystems“. Die recycelten Parteien ADN und MIR fand man teilweise in UN und PODEMOS wieder, und so blieb nur noch die MNR. Eine MNR, die laut Erklärungen eines ihrer Führer, nämlich des gegenwärtigen Senatspräsidenten Sandro Giordano
19 , auch weiterhin von Sánchez de Lozada, nun aber von Washington aus, geführt wird. In einem Klima starker interner Kämpfe fiel die Entscheidung für die Präsidentschaftskandidatur schließlich auf Michiaki Nagatani, einem auf der politischen Bühne ziemlich unbekannten Sohn japanischer Immigranten, der gerade eben in die Partei eingetreten war. Das für Nagatani von der MNR ausgeguckte Ziel war ein doppeltes: Er sollte das Bild der Partei, die als wichtigste Verantwortliche für das Oktober-Massaker gilt, rein waschen und sie in juristischer Hinsicht retten, was nur durch eine Wahlbeteiligung geschehen kann, bei der man mehr als drei Prozent der Stimmen einfährt.

Der MAS ist es gelungen, die gesellschaftliche Unzufriedenheit und die weit reichende Verachtung der neoliberalen Eliten auszunutzen und die Stimmen
für einen „Wechsel“ für sich zu gewinnen.


ÜBERWÄLTIGENDER WAHLERFOLG DER MAS IM GANZEN LAND

Die MAS vermochte, die gesellschaftliche Unzufriedenheit und die weitreichende Verachtung der neoliberalen Eliten für sich auszunützen und die Stimmen, die für einen „Wechsel“ eintraten, für sich zu gewinnen. Dies gelang ihr umso mehr, als die Kampagne von Felipe Quispe (MIP) bedeutend schwächer war als 2002, während die radikalsten sozialen Bewegungen (FEJUVE, COB) durch die teilweise Übernahme ihrer Forderungen, so derjenigen nach einer Verstaatlichung des Gases, neutralisiert wurden. Diese Übernahme wurde in den Augen eines Teil der Mittelklasse, die laut Umfragen eher abgeneigt war, Evo Morales ihre Stimme zu geben, wahrscheinlich durch die Glaubwürdigkeit und das seriöse Auftreten von Alvaro García Linera als Kandidat für die Vizepräsidentschaft und durch die Intellektuellen und Techniker in seinem Umkreis, die das Kampagnenteam der MAS verstärkten, kompensiert.

Die Stimmabgabe für die MAS erfolgte massiv in allen Departements und in allen Schichten der einfachen Bevölkerung, was einige Vorurteile,nach denen das politische Panorama in Bolivien zwischen West und Ost oder Stadt und Land gespalten sei, schlecht aussehen lässt. Dies alles bestätigt unbestreitbar die Hypothese von einer Wahl, in der die „Mega(-Koalition der Altparteien) außerstande gesetzt werden sollte, noch weiteren Schaden anrichten“ zu können. „Das Ausmaß unseres Sieges hat uns selbst überrascht“, gab Evo Morales am Abend seines Triumphes zu. In der Tat hat die MAS in den Andengebieten des Landes die beeindruckendsten Resultate erzielt: über 60% in La Paz, Cochabamba und Oruro, über 50% in Potosí und Chuquisaca (wo die verfassungsmäßige Hauptstadt Sucre liegt), ein Sieg, der die Voraussagen von Morales während seiner Schlusskundgebungen in diesen Departement bestätigt: „Wir haben im Westen des Landes keine intensive Kampagne durchgeführt und wir entschuldigen uns dafür. Aber wir wissen, dass wir hier hochkant gewinnen werden und es daher vordringlich ist, im Osten Wahlkampf zu machen.“

Diese voluntaristische Strategie in den Regionen, die angeblich der MAS feindlich gesonnen sind, scheint sich ausgezahlt zu haben, da die Partei von Morales dort ganz und gar unerwartete Ergebnisse einfuhr. Sie kam mit über 30% in Santa Cruz und Tarija auf den zweiten Platz und mit geringem Abstand und über 20% in Pando auf den dritten. Nur die Ergebnisse in Beni, einer historischen Bastion der ADN und der MNR, wo die MAS mit 15% auf dem dritten Platz landete, führten zu einiger Enttäuschung in der Führung der Partei.

Die im Osten erzielten Wahlerfolge der MAS – wiewohl die MAS dort organisatorisch schwach vertreten ist – stellen grundlegend eine Sicht von Bolivien in Frage, das zwischen den „rückständigen und aufständischen“ Andengebieten und den Amazonasniederungen, die „arbeitsam und dem Fortschritt zugewandt“ seien. Dies ist eine Sicht, die vor allem vom Bürgerkomitee Pro-Santa-Cruz
20 und einem Teil der Rechten21 verkündet wird. Die in zahlreichen Zonen eingefahrenen Resultate bestätigen die Feststellung, dass es sich bei der Abstimmung zugunsten der MAS um eine landesweite Entwicklung gehandelt hat, besonders was die Anziehungskraft dieser Formation auf die Mittelklassen angeht. So hat die MAS im Departement von La Paz alle Stimmbezirke für sich entschieden, auch diejenigen im Süden des Regierungssitzes, wo auch die örtliche Bourgeoisie wohnt, eine Bourgeoisie, die sich im Oktober 2003 zu „Selbstverteidigungskomitees“ zusammengeschlossen hatte, um sich gegen die Möglichkeit zu wehren, dass „der Pöbel“ aus El Alto in die Stadtteile der Reichen eindringen könnte. In dieser historischen Bastion der Rechten war es der unbekannte Kandidat der MAS, Guillermo Beckar, der während der Kampagne verkündete, er wolle „für eine Verbindung von Bourgeoisie und sozialen Bewegungen“ sorgen, und der mit 35% der Stimmen den Wahlsieg davongetragen hat.

Für das „neoliberale Lager“ war die Niederlage gewaltig. Sicherlich erreichte Jorge Quiroga 28,6%, also deutlich mehr, als ihm die Meinungsumfragen zutrauten, aber er lag über 25% hinter Morales.
22 In seinem Fall kommt zur politischen Niederlage eine moralische hinzu, weil die Wahlkampagne von „Tuto“ durch sein Engagement für die „guerra sucia“, für den „schmutzigen Krieg“ gegen seine Rivalen gekennzeichnet war, die er fortwährend in den Dreck zog, gleich ob es sich um Evo Morales oder Samuel Doria Medina handelte.23 Letzterer erhielt eine deutliche Ohrfeige: 7,8%, wodurch die UN zu einer randständigen Kraft im politischen Leben Boliviens wurde. Beide Politiker haben, auch wenn ihre Zukunft ernstlich in Frage steht, versprochen, eine „konstruktive Opposition“ machen zu wollen, wobei sie wahrscheinlich wie viele andere Akteure des politischen Lebens in Bolivien, auf einen raschen Misserfolg der kommenden Regierung der MAS setzen. Nur die MNR hat allen Grund, sich über ihr Ergebnis von 6,5% zu freuen. Der Wahlkampf von Nagatani war erfolgreich, weil die Partei mit diesem Ergebnis ihren juristischen Status bewahren kann. Dies zeigt wiederum, dass diese historische Partei noch über einige Bastionen verfügt, auf die sie immer noch zählen kann, so in Beni, wo sie über 30% der Stimmen erhielt.

Trotz der sehr günstigen Wahlergebnisse ist die MAS nicht in der Lage, völlig unabhängig regieren zu können. Wenn die Partei von Evo Morales mit 72 von 130 Abgeordneten auch über die absolute Mehrheit in der Deputiertenkammer verfügt (bei 43 für PODEMOS, 8 für die UN und 7 für die MNR)
24, so ist sie im Senat mit 12 Mandaten in der Minderheit (13 für PODEMOS, 1 für UN und 1 für die MNR) und muss somit verhandeln, um ihre Gesetzesprojekte durchbringen zu können. Das gilt auch in den Sitzungen des Kongresses (wo die Abgeordneten und Senatoren zusammen sind), wo die Zustimmung zu einigen „besonderen“ Gesetzen, etwa dem Gesetz über die Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung, eine Zwei-Drittel-Mehrheit verlangt (also 105 Mandate von 157 insgesamt; die MAS verfügt nur über 84). Dies bedeutet, dass die MAS trotz überwältigender Mehrheit nicht nach ihrem Gusto regieren können wird und mit einer hinterhältigen Rechten, die wohl zu allem bereit ist, rechnen muss, besonders im Fall der PODEMOS, das versuchen wird, ihr Handeln zu behindern und noch aus dem kleinsten Fehler der Regierung Profit zu schlagen, um wieder in die Offensive zu gelangen.

Diese Lage wird noch durch die Ergebnisse der Wahlen der Präfekten verstärkt, wo die MAS nur drei der neun Präfekturen
25 (Oruro, Potosí und Chuquisaca) erobern konnte. Auch wenn PODEMOS ebenfalls drei Präfekturen erobern konnte (La Paz, Beni und Pando), waren diese Wahlen vor allem durch den „Rückzug ins Lokale“ von wichtigen Figuren des politischen Lebens Boliviens, die für die rosca stehen, geprägt, wahrscheinlich weil sie nicht nur vom Wahlsieg von Morales überzeugt waren, sondern auch die Möglichkeit sahen, der Regierung Verantwortlichkeiten zugunsten der Präfekten zu entziehen (die nun ja über die Legitimation von freien Wahlen verfügen).

Dabei geht es um eine wichtige Sache, besonders hinsichtlich der Regionen, die über die natürlichen Reichtümer des Landes, also Öl und Gas, verfügen, etwa Tarija oder Santa Cruz, wo einige nach Autonomie strebende Sektoren die Hoffnung hegen, allein von den Reichtümern profitieren zu können. Hierin liegt auch die Bedeutung des Sieges des früheren Vorsitzenden des Bürgerkomitees, Rubén Costas in Santa Cruz und des früheren Abgeordneten der MNR, Mario Cossio in Tari
ja .
26

Gleichzeitig zeigen diese Wahlen auch das Gewicht der Vetternwirtschaft auf lokaler Ebene. Es gibt das Paradox, dass der Sieg der MAS bei den allgemeinen Wahlen in bestimmter Hinsicht einerseits ein Sieg über die Praktiken der Vetternwirtschaft ist, die bei den „Altparteien“ üblich sind
27, wodurch die von Morales geforderte „Wahl des Gewissens“ befördert wurde, dass jedoch andererseits die Wahlen der Präfekten eine weiter bestehende Form lokaler Ergebenheiten und einer „entideologisierten“ Politik zugunsten einer Demonstration von Effizienz bei der Beschaffung öffentlicher Arbeiten zeigen. Das gilt z.B. für José Luis „Pepelucho“ Paredes, dessen Kampagne auf die Arbeiten konzentriert war, die er als Bürgermeister von El Alto und als Präfekt hatte durchführen lassen; dabei zögerte er nicht, sich von Jorge Quiroga abzusetzen, wiewohl er für dessen Parteiengruppierung kandidierte (vgl. FN 15). Ein anderes Beispiel ist Leopoldo Fernández, der als „Kazike“ von Pando bekannt ist, und von dem die politischen AnalystInnen in Bolivien sagen, dass „in Cobija [der Hauptstadt des Departements] ihm viele ihre Karriere verdanken“; dies gilt für Manfred Reyes Villa, den früheren Bürgermeister von Cochabamba, der der ADN nahe steht, aber mit Blick auf die Wahlen von 2002 eine eigene Partei, die NFR gegründet hatte, für die er zu den Präsidentschaftswahlen [2002] antrat und lange als Favorit galt, bis er schließlich auf dem dritten Platz landete.

DIE MAS IST GEFORDERT, REGIERUNGSHANDELN UND SOZIALE MOBILISIERUNG MITEINANDER ZU VERBINDEN

Auf den ersten Blick scheint es so, als wäre die Lage der MAS in Bolivien mit derjenigen der Arbeiterpartei in Brasilien nach dem Wahlsieg von Lula 2001 zu vergleichen: Ein riesiger Wahlsieg, der jedoch kein freies Handeln auf der Ebene der Regierung ermöglicht. Dennoch ist ein solcher Vergleich aus meh reren Gründen nur beschränkt zulässig. Zunächst im Hinblick auf die Legitimation der Regierung. Wenn Lula auch mit deutlicher Mehrheit über José Serra, seinen sozialdemokratischen Konkurrenten von der PSBD, gesiegt hat, so doch erst im zweiten Wahlgang, in dem es Absprachen und Bündnisse in letzter Minute gab.

Die sozialen Bewegungen in Bolivien haben in der Krise Mai/Juni 2005 gezeigt, dass sie Einfluss auf die politischen Entscheidungen der MAS nehmen können.


Der Sieg von Morales hingegen, der mit absoluter Mehrheit im ersten Wahlgang erfolgte, verschafft dem Führer der Koka-Bauern eine gesellschaftliche Legitimation, die nicht angezweifelt werden kann.

Sodann auf programmatischer Ebene: Wenn die Wahlergebnisse der MAS Morales wahrscheinlich zwingen werden, im Rahmen des Kongresses zugunsten kurzfristiger Verbündeter einige Zugeständnisse zu machen, so hat doch seine Partei ihren Wahlkampf auf der Grundlage klarer Versprechungen hinsichtlich der Verstaatlichung der fossilen Energieträger (Öl und Gas), der Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung und der Abschaffung der Bestrafung des Koka-Anbaus geführt. Auch hat sie ihre Unabhängigkeit gegenüber den Parteien der Rechten bewahrt, trotz einiger ausgestreckter Hände aus den Reihen der UN im Hinblick auf ein eventuelles Bündnis bei einem zweiten Wahlgang im Kongress. Dies hat mit dem Wahlkampf der Arbeiterpartei PT von 2001 wenig gemein, deren Motto „der ‚kleine’ Lula, Friede und Liebe“ war, eine PT, die im Voraus alles getan hatte, um den IWF hinsichtlich der makroökonomischen Politik günstig zu stimmen, und Wahlbündnisse mit Teilen des konservativen Lagers eingegangen war. Lula sorgte persönlich dafür, dass ein reicher neoliberaler Unternehmer zum Kandidaten für die Vizepräsidentschaft gemacht wurde.

Schließlich gab es noch einen Unterschied im Stand der Mobilisierungen der sozialen Bewegungen und dem Charakter der Beziehungen dieser Parteien zu ihnen. Offensichtlich kam Lula zu einem Zeitpunkt an die Macht, als die sozialen Bewegungen in Brasilien im Rückfluten waren und so konnte der Wahlsieg als eine „Beruhigungspille“ für gescheiterte oder sich im Niedergang befindende soziale Mobilisierungen dienen. Ein anderes Element, das man in Anrechnung stellen muss, ist die starke Institutionalisierung der PT, die seit über fünfzehn Jahren fortwährend auf der Ebene des Bundes, der Einzelstaaten und der Gemeinden im Staatsapparat vertreten war, was nicht ohne Auswirkungen auf die Partei, ihre politische Ausrichtung und ihre soziologische Zusammensetzung blieb.

Im Fall der MAS kann man schwerlich von einer Institutionalisierung reden, sowohl weil die Partei noch relativ jung ist, aber auch, weil sie als „politisches Instrument“ im Dienste der indigenen Bauernbewegungen gegründet wurde.
28 Dies führt zu deutlichen Konsequenzen im Hinblick auf das Verhältnis der Partei zu den Institutionen wie zu den sozialen Bewegungen. Denn im Fall der PT scheint die Beziehung zu den Bewegungen in eine relative „Instrumentalisierung“ abgeglitten zu sein, was zu einer Schwächung der Mobilisierungsfähigkeiten der ohnehin schon ziemlich „sprachlosen“ Bewegungen wie der Einheitszentrale der Arbeiter (CUT) geführt hat. Im Gegensatz dazu war das Wachstum der MAS von dem der kämpfenden sozialen Bewegungen begleitet, ob es nun in den letzten fast 20 Jahren um die Verteidigung des Koka-Anbaus oder der Rechte der indigenen Bevölkerung oder in den letzten fünf Jahren gegen das neoliberale Wirtschaftsmodell ging. Vor kurzem hat die MAS gezeigt, dass sie die ihr ergebenen sozialen Bewegungen (die Koka-Bauern oder den Teil der Bauernbewegung, den sie führt), ihren Interessen unterordnen und durchsetzen kann, dass sie nicht zu Mobilisierungen greifen, etwa während der Krise mit den Gasverkäufen nach Argentinien zu einem Solidaritätspreis durch die Regierung Mesa im April 2004. Aber im Gegensatz zur Lage in Brasilien haben die sozialen Bewegungen in Bolivien, vor allem in der Krise vom Mai/Juni 2005, in ihren Aktionen und Mobilisierungen auch eine relative Autonomie gegenüber der MAS gezeigt, sowie die Fähigkeit, auf die politischen Entscheidungen dieser Partei Einfluss zu nehmen.29

Wahrscheinlich wird die MAS-Regierung einer relativen „Kontrolle“ durch die gesellschaftlichen Organisationen unterworfen. Die Haltung eines Führungsmitglieds wie Ramón Loayza, Führer eines Teil der Bauernzentrale von Bolivien (CSUTCB), die die MAS unterstützt, zeigt die ganze Ambivalenz vieler MAS-Leute, die bisweilen zwischen ihrer Verantwortung als Parteiführer und der als Gewerkschafter, der seine Basis zu verteidigen sucht, hin und her schwanken: Als Loayza beschuldigt wurde, einen Staatsstreich anzustreben, weil er im Verlauf des Wahlkampfes erklärt hatte, eine Regierung Jorge Quiroga würde sich keine sechs Monate im Amt halten, erklärte er einige Tage später, er gebe einer von Morales geführten Regierung ganze drei Monate, ihre Verpflichtungen hinsichtlich einer Verstaatlichung von Erdgas und -öl und der Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung zu erfüllen. Die Führung der MAS zwang ihn, einen Rückzieher zu machen. Kurz nach dem Wahlsieg erklärte diese Schlüsselfigur der Partei, für die er bereits als Senator amtiert hatte, er fordere „mindestens vier von Mitgliedern der CSUTCB geführte Ministerien“!

Ohne jeden Zweifel ist diese offensichtliche Schizophrenie nur zu verstehen, wenn man die besondere Beziehung der MAS zu diesen Organisationen betrachtet. Diese Organisationen haben zwar ihre Loyalität gegenüber der Partei häufig bewiesen
30, doch stellen sie an ihre Führer klare Forderungen, setzen sie also erheblichem Druck aus. Man sollte sich aber vor jeder Idealisierung der MAS hüten, denn die Forderungen der „Basis“, die durchaus „politisch“ sein können, laufen häufig auf die Verteidigung rein korporatistischer Interessen hinaus, wie das am Fall Loayza zu sehen ist, bei dem auf besondere Weise die Praktiken reproduziert wurden, die man leicht als „Versorgung der Klientel“ bezeichnen könnte.31

Die am 21. Dezember 2005 in Cochabamba abgehaltene Vollversammlung der Führung der MAS, der Abgeordneten und neu gewählten Senatoren und der FührerInnen der sozialen Bewegungen hat auf symbolische Weise illustriert, welches in der Theorie das Verhältnis von Gewählten zu den Bewegungen zu sein hätte: eine Beziehung der Unterordnung und des Respekts. Die Führer der wichtigsten Bauern- und Idigena-Organisationen, sowie (was neu war) auch solche von Arbeiter- und städtischen (die VertreterInnen der KleinhändlerInnen und der Bergarbeiter der Kooperativen zum Beispiel) Organisationen saßen auf der Bühne neben Morales und Alvaro García Linera und hörten dem neuen Vizepräsidenten zu, der ihnen erklärte: „Ihr seid die Soldaten der sozialen Bewegungen, ihr müsst euch immer diesen Organisationen zur Verfügung stellen, die dieses politische Instrument der Unterdrückten erst geschaffen haben“. Evo Morales hat auf die kritischen Fragen zahlreicher Basismitglieder hinsichtlich der „Invasion“ von Arbeitskommissionen, die mit der Ausarbeitung des Programms befasst sind und zu denen Ingenieure, Techniker und andere Menschen freier Berufe zählen, die bisher nicht Parteimitglieder waren, erklärt: „Die MAS braucht kompetente Leute und diejenigen, die sich in den Dienst der Regierung stellen möchten, werden genügend Platz haben. Aber die Posten der Minister und stellvertretenden Minister werden nur an Leute gegeben, die außer ihrer Kompetenz bereits den Beweis erbracht haben, dass sie über ein soziales Gewissen verfügen und für das Volk arbeiten.“

Die Gefahren einer Unterordnung der sozialen Bewegungen unter die Regierung sind jedoch ganz real. Denn die FührerInnen, die im Spagat zwischen unbedingter Unterordnung und Drohung mit radikalen Mobilisierungen eine nuancierte Position zur MAS vertreten, sind wenig zahlreich. Auf der einen Seite haben viele Führungsmitglieder die Divergenzen von früher vergessen, die ihr hartnäckiges Verhalten Morales gegenüber rechtfertigten. So hat Abel Mamani, der Führer der FEJUVE von El Alto, der vor den Wahlen mit den Vorstellungen der KandidatInnen der MAS zugunsten seiner Organisation unzufrieden war und der sich im Verlauf des Wahlkampfes als unabhängig dargestellt hat, am 22. Dezember mit Morales ein Abkommen geschlossen, in dem betont wird, dass die FEJUVE gegenüber der kommenden Regierung nicht zu einem Ultimatum greifen wird. Und Alberto Aguilar, der Führer der Bergarbeiter der Staatsbetriebe, hat zugestimmt, die Kommissionen in die

MAS zu überführen, unter der einzigen Bedingung, dass das Ministerium für Bergbau keinem Menschen aus dem Bereich der Kooperativen übergeben wird, denn diese werden von seinen Mitgliedern als „Verräter“ angesehen. Schließlich hat am 24. Dezember Edgar Patana, ein Führer der regionalen Arbeiterzentrale (COR) von El Alto, erklärt, die MAS stelle „das Land des Wechsels“ dar. Vor den Wahlen hatte er aber angekündigt, er werde Morales nicht unterstützen; denn sowohl „er wie ›Tuto‹ müssen erst zeigen, dass sie es ernst meinen“.
32

Andere Führer wie Felipe Quispe und Jaime Solares (COB) bewahren jedoch eine unnachgiebige Haltung gegenüber dem Führer der MAS. Ist dies das Ergebnis einer starken Abneigung hinsichtlich des Sieges eines Mannes, auf den sie oft mit dem Finger gezeigt und den sie als „Volksfeind“ bezeichnet haben? Jedenfalls haben sie große Schwierigkeiten, nicht als die „Verlierer der anderen Seite“ des 18. Dezember zu erscheinen.

Felipe Quispe hat einen harten Schlag abbekommen: Seine Partei, die MIP, bekam nicht einmal zwei Prozent der Stimmen und verliert damit ihre juristische Zulassung, was sie im Übrigen daran hindert, ihr Parlamentsmandat einzunehmen, das ihr nach dem Wahlergebnis eigentlich zustünde. Sogar seine Bastion Achacachi, ein Dorf im Aymara-Altiplano, das so häufig das Zentrum von Mobilisierungen von Indigenas war, hat „Evo“ ihm vorgezogen; die MAS siegte dort mit über 55% der Stimmen gegenüber 28,5% für die MIP. Man darf wohl glauben, dass für Quispe dieser Wahlkampf der letzte gewesen ist, denn er ist bereits 62 Jahre alt.

Was nun Jaime Solares angeht, so hat er seine Basis bereits zu Mobilisierungen in drei Monaten aufgerufen, wenn es bei der Regierung keine Fortschritte in den Bereichen Verstaatlichung des Gases und Erhöhung der Gehälter im Öffentlichen Dienst, so wie sie auf dem nationalen und Volksgruppen-Gipfel von El Alto Anfang Dezember 2005 eingefordert worden sind, geben sollte.

Wenn die Autonomie der Gewerkschaftsbewegung im Hinblick auf die Führung der MAS an sich auch ein positives Zeichen ist, so überrascht doch die Radikalität der Stellungnahme. Sie erinnert an die unerbittliche Haltung der COB zu Beginn der achtziger Jahre, die den Sturz der UDP-Regierung beschleunigt hat, weil die COB den Dialog mit ihr abbrach. Auch heute wurde der Dialog zwischen Solares und Morales, der seit Juni 2005 wegen des Bruchs des revolutionären Einheitspaktes unterbrochen ist, nicht wieder aufgenommen, ein Pakt, der es ihnen doch ermöglicht hatte, gemeinsame Mobilisierungen gegen die Regierung Mesa durchzuführen. Daher läuft Solares Gefahr, sich zu isolieren, wo doch seine Organisation nicht mehr über das Prestige und die Repräsentativität verfügt, die sie vor gut dreißig Jahren noch hatte.

Die MAS hat ihren Wahlkampf auf der Grundlage klarer Versprechungen
geführt: Verstaatlichung der Öl- und Gasförderung, Legalisierung des Koka-Anbaus und Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung.

ZAHLREICHE ERWARTUNGEN RICHTEN SICH AUF DIE
MAS-REGIERUNG

Die bolivianischen sozialen Bewegungen, die zwischen korporatistischer Treue und unerbittlicher Radikalität schwanken, scheinen die Modalitäten ihrer Beziehung zur Regierung erst noch klären zu müssen, was man zu diesem Zeitpunkt durchaus verstehen kann. Trotzdem ist es wichtig, dass sich diese Bewegungen rasch in die Lage versetzen, eine adäquate Haltung einzunehmen, in der einerseits eine „Kontrolle“ der Regierung erfolgt, sie aber wenn nötig gegen die politische Rechte unterstützt wird. Dies wird natürlich teilweise auch vom realen Platz abhängen, den diese Bewegungen im Rahmen der Regierung besetzen können, sowie den Mechanismen, die eingerichtet werden, ihn sich zu erobern. Die Dialektik, die sich zwischen dem Regierungshandeln und den sozialen Bewegungen herausbilden wird, wird von entscheidender Bedeutung für die Umsetzung des im Wahlkampf verbreiteten Programms als auch die Machtausübung in Bolivien in Richtung einer Form partizipativer Demokratie, die auf die Selbstorganisation ausgerichtet ist, sein. Wahrscheinlich können die sozialen Bewegungen nur unter dieser Bedingung wirklich zu den besten Verteidigerinnen der MAS-Regierung werden.

Ein erster entscheidender Programmpunkt wird die Verstaatlichung der Kohlenwasserstoffe (Öl und Gas) werden. Evo Morales hat klargestellt, dass dies eine der ersten Handlungen der neuen Regierung sein würde. Die MAS trat lange für eine Verteilung der Profite zwischen dem Staat und den Ölgesellschaften im Verhältnis 50:50 ein und ist erst in der Krise vom Mai/Juni 2005 zur Forderung der Verstaatlichung umgeschwenkt. Doch die von Evo Morales vorgesehene Verstaatlichung vermag nicht alle sozialen Bewegungen zu überzeugen, denn die radikalsten Führer wie Quispe oder Solares verdächtigen den neuen Präsidenten, mit den Multis ein abgekartetes Spiel zu betreiben. Denn während die MIP im Verlauf des Wahlkampfes eine Verstaatlichung ohne Entschädigung vertrat, verlangte die MAS eine „Nationalisierung der Hydrokarburate ohne Enteignung“.

Diese auf den ersten Blick ambivalente Formel, die von Morales gerechtfertigt wurde, indem er sagte, es ginge darum, „die Hydrokarburate zu verstaatlichen, aber nicht die Güter der Ölgesellschaften“, verfügt aber über eine solide juristische Grundlage und politisch praktische Rechtfertigung. Denn auf juristischer Ebene sind die zwischen dem bolivianischen Staat und den Ölgesellschaften zu Beginn des neuen Jahrtausends abgeschlossenen Verträge in der Tat verfassungswidrig (vgl. Anm. 9), wiewohl diese Interpretation von den Ölgesellschaften angefochten wird, die auf die internationalen Geflogenheiten verweisen, um den Status quo aufrecht erhalten zu können. Was nun den Willen angeht, nicht auf die Güter dieser Gesellschaften zuzugreifen, entsteht er aus einer konkreten Schwierigkeit, die sich daraus ergibt, sagen zu müssen, wie sich der Staat die fossilen Brennstoffe wieder aneignen soll, ohne das Know how für den Export dieser Ressourcen zu verlieren. Zumal die staatliche Gesellschaft in diesem Bereich, die YPFB, durch die „Kapitalisierung“ Mitte der neunziger Jahre fast völlig entkernt wurde.

Die Vorschläge der MAS würden also zur Errichtung eines gemischt öffentlich-privaten Konsortiums zur Ausbeutung des Gases führen, in dem das Staatsunternehmen (also die YPFB, die „neugegründet“ würde) Mehrheitsaktionär wäre. Somit würde

aus der YPFB das Gegenstück zur brasilianischen Petrobras werden, wenn man den Platz, den dort der Staat im Ölbereich einnimmt, betrachtet. Der Vorschlag der MAS läuft auf ein Gleichgewichtsmodell hinaus, weil er die Souveränität des Staates bei den Rohstoffen durchsetzen und gleichzeitig eine Industrialisierung der Gasförderung voranbringen möchte; dabei sollen juristische Repressalien, aber auch der Verlust an technischem Know how, über das die multinationalen Konzerne verfügen, vermieden werden. Bei Umsetzung dieses Vorschlages, der von einigen als sehr begrenzt eingeschätzt wird, weil darin die Multis immer noch einen bedeutenden Platz einnehmen, würden diese aber die Grundlage ihrer enormen Profite in Bolivien verlieren: Eine Industrialisierung der Gasförderung würde den Verlust der Ölrente zur Folge haben, der bislang durch den Direktexport dieser Ressource und seine Verarbeitung im Ausland garantiert wurde.
34 Dies lässt trotz der Glückwünsche, die am Tag nach dem Wahlsieg Morales persönlich übermittelt wurden, erwarten, dass es zu Drohungen der multinationalen Konzerne gegen die Regierung kommt, deren Handeln in einem solchen Fall durch die Mobilisierung der Gesellschaft legitimiert werden könnte.

Das andere zentrale Thema in diesen ersten Tagen der MAS-Regierung wird die Einberufung einer konstituierenden Versammlung sein. Diese Forderung wird seit langen Jahren von der Gesamtheit der bolivianischen sozialen Bewegungen, besonders aber der indigenen Bauernbewegung vorgetragen; sie soll gewährleisten, dass der postkoloniale Staat, der durch den Mythos der vereinigten Republik zusammengehalten wird, beseitigt wird. Alvaro García zögerte nicht, als Soziologe von dieser Republik als von einem „monoethnischen und monokulturellen Staat zu sprechen, von dem man sagen kann, dass er in diesem Sinne ausschließend und rassistisch ist“
35.

So bleibt zu erkunden, unter welchen Bedingungen diese Versammlung vorbereitet werden wird. Die möglichen Szenarien sind heute sehr zahlreich. Schließlich könnte sich die Konstituante sehr leicht auf eine institutionelle Übung beschränken, deren einziges Ziel es wäre, die Präsenz der MAS an der Spitze des Staates durch eine einfache Abänderung der „Spielregeln“ zu konsolidieren. Oder aber diese Konstituante führt zu einem Prozess demokratischer Selbstorganisation und ermöglicht es den Organisationen der Indigenas, der Bauern und der einfachen Bevölkerung, dort ihr ganzes Gewicht einzubringen. Wenn es auch Unsicherheiten darüber gibt, welchen Weg die MAS einschlagen wird, dann u.a. wegen der Befürchtungen, dass sich die Rechte im Verlauf eines „offenen“ Prozesses der Konstituante wieder aufrappeln könnte, wenn die ersten Monate der Regierung durch ein chaotisches Szenario geprägt wären; denn dann könnten die Wahlen zur Konstituante zu einer Abstrafung führen. Daraus ergibt sich noch einmal die Bedeutung der Fähigkeit der sozialen Bewegungen, ihr Gewicht ins politische Leben einzubringen, sowohl um die Regierung zu verteidigen als auch von ihr zu verlangen, ihre Wahlversprechungen zu erfüllen.

Der Bruch mit den neoliberalen Politikansätzen ist bis zur Stunde nur ein
Wahlversprechen. Morales ist dem Druck der sozialen Bewegungen
ausgesetzt.


EINE AUSSENPOLITIK ZWISCHEN BOLIVIANISCHER RADIKALITÄT UND INTERNATIONALER REALPOLITIK

Ein Schlüssel hinsichtlich der Fähigkeit der MAS-Regierung, positiv auf die in sie gesetzten Erwartungen zu reagieren, liegt auch in der Haltung, die sie auf internationaler Ebene einnehmen wird, und in den Verbündeten, die sie für sich gewinnen kann. Momentan haben die MAS und Evo Morales persönlich gegenüber den USA eine unbedingt antiimperialistische Haltung eingenommen. Am Abend nach seinem Wahlsieg hat der neue Präsident Boliviens seine Rede mit dem berühmten, radikalen Slogan der Bewegung der Cocaleros geendet, „Kausachun coca, Wañuchun yankis!“ (Es lebe das Koka, Amis raus!) Das war eine kleine Überraschung im Hinblick auf den im Verlauf des Wahlkampfes der MAS wachsenden Druck, sich „zu mäßigen“. Danach hielt er zahlreiche Reden für die Medien, in denen er beteuerte, er wolle die diplomatischen Beziehungen zum

Nachbarn in Nordamerika nicht abbrechen, er würde jedoch nicht zögern, solches zu tun, falls die USA nicht aufhörten, Bolivien wie eine Kolonie zu behandeln. Juan Ramón Quintana, der in der MAS auf die Frage der nationalen Verteidigung spezialisiert ist, erklärte, „die Regierung ist bereit, auf die Finanzhilfe der USA zu verzichten, wenn diese an irgendwelche Bedingungen geknüpft wird“.

Im Einklang mit diesem Verhalten hat Evo Morales starke Zeichen für seinen Willen abgegeben, die Beziehungen zwischen Bolivien und der Achse Kuba-Venezuela zu vertiefen. Seine erste Auslandsreise führte den neuen Präsidenten am 30. Dezember 2005 nach Havanna. Bei dieser Gelegenheit unterzeichnete er mit Fidel Castro ein Abkommen, das die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern verstärken soll. Am 4. Januar traf Morales in Carácas ein, um sich dort mit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez zu treffen. Dies war ein Zeichen dafür, dass sich Bolivien in der „Bolivarischen Alternative für die Amerikas“ (ALBA) engagieren möchte, und dies umso mehr, als die beiden Führer die Hoffnung geäußert haben, diese „Achse des Guten“ zwischen La Paz, Carácas und Havanna zu konsolidieren. Auch hier wurde ein Abkommen unterzeichnet, das Bolivien mit Venezuela verbindet, ein Abkommen, das eine ganz besondere Bedeutung hat, weil zuletzt in den persönlichen Beziehungen zwischen Chávez und Morales Spannungen aufgetreten waren. Denn Morales sah ungern, wie Chávez in der OAS (Organisation amerikanischer Staaten) den Chilenen Insulza unterstützte, eine Kandidatur, die von der gesamten politischen Klasse Boliviens abgelehnt wurde; außerdem hatte Chávez die Soja-Importe aus Bolivien durch solche aus den USA ersetzt. Wahrscheinlich war es dieser Grund, weshalb Boliviens neuer Präsident auf seiner internationalen Rundreise zunächst nicht in Carácas Station machen wollte. Hugo Chávez vergab für 2006 30 Mio. Dollar nicht an Bedingungen geknüpfte Hilfsgelder an Bolivien und hoffte damit auf Vergebung seiner „Irrungen“ bei seinem neuen Partner.

Wahrscheinlich wird eine Herausforderung an die neue bolivianische Regierung darin liegen, diese antiimperialistische Haltung in Amerika aufrecht zu erhalten. Wenn Morales auch mit Kommentaren über die Profite der europäischen Ölgesellschaften wie die spanische Repsol oder die französische Total nicht gegeizt hat, so hat er hinsichtlich der europäischen Staatschefs doch eine erheblich mildere Haltung eingenommen. Der Fall des französischen Präsidenten Jacques Chirac ist bezeichnend. Chirac ist in zahlreichen Ländern Südamerikas wegen seiner ablehnenden Haltung zum Irakkrieg populär. In Bolivien war er es bereits vorher, weil er in einem nicht besonders politischen Konflikt, als es darum ging, ob die bolivianische Nationalmannschaft trotz der Höhenlage weiterhin in La Paz spielen konnte, den bolivianischen Nationalismus gestreichelt hatte.
36 Das ermöglichte ihm, ein Image als Freund Boliviens aufzubauen. Dies erklärt teilweise das Prestige, dessen er sich in La Paz erfreuen kann, auch bei Führungsmitgliedern der MAS.

Eine solche Haltung ist natürlich nicht nur von der Liebe zum Fußball oder einem Nationalismus ohne Grenzen bestimmt. Denn die Führung der MAS sieht in Europa einen Partner, der die USA ersetzen könnte, falls es zu einer schnellen Verschlechterung der Beziehungen zum Weißen Haus kommen sollte. Wenn auch die europäischen Länder keineswegs ohne Vertretung in Bolivien sind, und handle es sich nur um Kooperationsprojekte, so gibt es
keinen Zweifel daran, dass sie gerne einen wichtigeren Platz einnehmen würden, vor allem im wirtschaftlichen Bereich.

Es besteht somit die Gefahr, dass die neue bolivianische Regierung eine diplomatische Haltung einnimmt, die darin besteht, keine nennenswerte Kritik an den neuen Partnern zu üben. Eine solche „Realpolitik“ kann bisweilen zu schweren politischen Fehleinschätzungen verleiten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Freundschaft zwischen Chávez und Castro und dem französischen Präsidenten eine erhebliche Rolle bei der undifferenzierten Verurteilung des Aufruhrs von jungen Leuten in den französischen Vorstädten im November 2005 gespielt hat. Wie wird Morales in dieser Hinsicht handeln?

DEMOKRATISCHE REVOLUTION … ODER EIN PROZESS, DER ERST NOCH DEFINIERT WERDEN MUSS?

Der Wahlsieg von Morales hat sowohl bei den indigenen Völkern Boliviens und Lateinamerikas, wie auch bei der

internationalen Linken, eine unglaubliche Begeisterung ausgelöst. Die Linke sieht darin ein Zeichen der Bestätigung einer grundsätzlichen Bewegung gegen den Neoliberalismus auf planetarischer Ebene. Davon ausgehend in dem in Bolivien ablaufenden Prozess bereits einen „Bruch mit dem alten Regime“ zu sehen, war nur ein Schritt, den einige Analysten und Kommentatoren umstandslos gemacht haben. Zu ihnen zählt der argentinische Historiker Adolfo Gilly, der im Wahlsieg nichts weniger sah als „die erste Revolution des 21. Jahrhunderts“
37, eine Revolution, die viele etwas voreilig als „demokratisch“38 bezeichnet haben. Der Begriff „demokratische Revolution“ ist an sich schon problematisch, denn er führt dazu, nur den Weg über Wahlen als Methode der gesellschaftlichen Transformation zu legitimieren. Indirekt tendiert er dazu, jede andere Form von Aktionen zu diskreditieren, die durch die im Ausdruck selbst liegende Zweigleisigkeit unerbittlich als „antidemokratisch“ verurteilt wird, und dies unabhängig von den politischen und gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen diejenigen Männer und Frauen vorangehen, die solche Aktionen vollführen.

Auch die Benutzung des Begriffs „Revolution“ eröffnet eine Diskussion über die Realität der gesellschaftlichen Transformationen, zu denen der Sieg der MAS bei den Wahlen führen könnte. Bei Adolfo Gilly zum Beispiel gibt es den Willen, den Begriff „Revolution“ zu rechtfertigen, der bei anderen Autoren nur in literarischer Weise gebraucht zu werden scheint. Eine solche Analyse verdient es, nach mehreren Richtungen hin diskutiert zu werden. Man kann mit Gilly nur übereinstimmen, wenn er betont, der Sieg von Morales sei der Ausdruck „einer gewaltigen und anhaltenden Welle gegen die neoliberale Herrschaft in einem rassistischen Staat mit kolonialen Grundlinien, so wie es der bolivianische Staat immer gewesen ist“. Indem er aber den Wahlsieg als „Revolution“ bezeichnet, lässt Gilly glauben, dieser Sieg genüge sich selbst. Darin liegt im Übrigen der Sinn der Schlussfolgerung seines Textes, wenn er sagt, dass, was „nach dem Sieg kommt, danach kommt“. Könnte man nicht die Meinung vertreten, dass das, „was danach kommt“, einen durch den Wahlsieg vom 18. Dezember eröffneten offenen Prozess charakterisiert, der später vielleicht als „revolutionär“ eingeschätzt werden kann?

Sicherlich schreibt Gilly, „Revolutionen sind gewaltsame Verschiebungen der – dominierenden und subalternen – Kräfteverhältnisse in einer bestimmten Gesellschaft. Diese Verschiebungen führen die politische Form der bestehenden Herrschaft in die Krise“. In diesem Sinne gibt es keinen Zweifel, dass der 2000 in Bolivien eröffnete Prozess der Mobilisierungen ein potenziell revolutionärer Prozess ist, der es ermöglicht hat, die Existenz des bolivianischen kolonialen Staates in Frage zu stellen. Man muss aber einschätzen, ob „die Verschiebung des Kräfteverhältnisses“ am 18. Dezember „wirklich konkrete Gestalt angenommen hat, oder ob sie noch durchgeführt werden muss. Diese Einschätzung kann man treffen, wenn man sich mit der Frage der ›Staatsmacht‹ beschäftigt“. Diese Aussage von Morales ermöglicht es, sich die Frage nach dem Charakter der Staatsmacht zu stellen. Man kann sie sicherlich wegzaubern, indem man glaubt, sie sei erobert, wenn der Präsidentenplast in Besitz genommen wird. Aber die Herausforderungen und die Spannungen, denen die MASRegierung ausgesetzt ist, zeigen bereits recht gut, dass die (Staats-)Macht, verstanden als gesellschaftliche Beziehung zwischen zwei oder mehreren Individuen, oder in diesem Fall zwischen dem Staat und der Gesellschaft, nicht erworben, sondern aufgebaut wird. Denn eben nach dem Aufbau eines Kräfteverhältnisses gegenüber der USBotschaft, gegenüber den Bürgerkomitees von Santa Cruz oder der Armee, ja in bestimmtem Grade auch denjenigen, die heute als Verbündete erscheinen wie die kubanische oder venezolanische Regierung, wird man einschätzen können, wie real die Macht wirklich ist, über die die MAS-Regierung verfügt. Eben erst dann. Dies gilt auch für die Art und Weise der Machtausübung, die von dieser Regierung bewerkstelligt wird, besonders im Hinblick auf den Platz, der den sozialen Bewegungen eingeräumt wird. Erst wenn dies klar ist, wird man die Wirklichkeit „des Umsturzes des Kräfteverhältnisses zwischen den Klassen“ einschätzen und den Prozess als „revolutionär“ bezeichnen können … oder aber nicht.

Die gegenwärtige „Macht“ von Evo Morales erscheint als in dem Maße eingeschränkt, wie sein Wahlsieg, auch wenn dieser dazu führen wird, das bolivianische politische Personal zu erneuern, bislang nur auf die politische Sphäre konkrete Auswirkungen hat. Aber die Macht beschränkt sich nicht auf die politische Sphäre, woran uns Gilly so schön erinnert, indem er den Fall der mexikanischen Mandatsträger schildert, die gezwungen werden, sich dem Diktat der nationalen Finanzmärkte zu fügen, weil sie den Pakt von Chapultepec respektieren, den er als ein „kapitalistisches Manifest“ versteht. Sie bestimmt sich auch über die Beziehungen, die die politische Sphäre zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen aufweist.

Was nun den Bruch mit den früheren neoliberalen Politikansätzen angeht, so stellt sie bis zur Stunde nur ein Wahlversprechen dar und wird es so lange bleiben, wie die MAS-Regierung nicht Gesetze zur Abschaffung des Dekretes 21 060 verabschiedet (das den gesetzlichen Rahmen für die Privatisierungen darstellte). Der Fall Gutiérrez in Ecuador zeigt, dass Positionsänderungen trotz schöner Reden und Wahlversprechen möglich sind.

Dem enormen Druck, dem Morales vor Ort wie auf internationaler Ebene ausgesetzt sein wird, stand zu halten, wird die Aufgabe seiner Regierung ziemlich delikat machen, trotz einer relativ gesunden Wirtschaft und einem eher günstigen internationalen Umfeld, seit dem letzten Gipfel der OAS in Mar del Plata (vom 3.-5. November 2005 in Argentinien) besonders auch auf der kontinentalen Ebene. In diesem Sinn werden die ersten Monate der MAS an der Spitze des Staates, wenn die ersten Entscheidungen getroffen werden, entscheidend sein. Dies zeigt nur, dass die größte Bedeutung auf dem liegt, „was danach kommt“.


Aus dem Französischen von Paul B. Kleiser

1 Im Allgemeinen zählt man mehr als 30 verschiedene Ethnien, die auf dem bolivianischen Staatsgebiet leben. Die wichtigsten sind die Aymara, die vor allem im Altiplano leben, sodann die Quechuas, die in den Andentälern von Cochabamba und Tarija wohnen, und die Guaranis, die man im Chaco und den Ebenen des Amazonas, in der Grenzregion zu Brasilien und Paraguay findet.

3 Laut Volkszählung von 2001 definieren sich über 60% der BolivianerInnen als „Indigene“. In El Alto liegt diese Zahl bei über 80%.

4 In der Vergangenheit sind nur zwei Präsidenten über 30% gekommen: 1980 Hernán Siles Zuazo, der Kandidat der Linkskoalition UDP (demokratische Volksunion) und Gonzalo Sánchez de Lozada von der National-Revolutionären Bewegung (MNR) 1993, die jeweils 34% bekommen haben.

5 Diese Einschätzung gilt für alle Regierungen mit Ausnahme derjenigen, die von Jaime Paz Zamora (MIR) im Rahmen des „patriotischen Abkommens“ mit der ADN von 1989 bis 1993 geführt wurde. Jaime Paz unterschied sich in der Koka-Frage von den andern, weil er mit der Parole „coca no es cocaïna“ (Koka ist kein Kokain) für den Abbau der Strafbestimmungen eintrat. Das trug ihm die Feindschaft der USA ein, aber der MIR wurde bei den Gewerkschaftern der Koka-Bauern eine Zeit lang zu einer populären Partei. (Zu diesem Theme vgl. Kevin Healy, „Political Ascent of Bolivia’s Peasant Coca Leaf Producers“, in: Journal of Interamerican Studies, Jahrgang 33, Nr. 1,1991).

6 Die MNR wurde in den 1940er Jahren als Oppositionspartei gegen die Oligarchie gegründet, die vom Export von Zinn und Kupfer lebte. Sie war entscheidend an der Revolution von 1952 beteiligt, in der die Bergwerke verstaatlicht wurden und eine Landreform durchgeführt wurde. Unter dem Einfluss ihres Führers Victor Paz, danach unter dem von Sánchez de Lozada, konvertierte sie zum Neoliberalismus. Der MIR wurde in den siebziger Jahren von einer Gruppe von chilenischen ExilantInnen gegründet, die sich den chilenischen MIR zum Vorbild nahmen. Der MIR bekämpfte die Bánzer-Diktatur, aber seine Führung verbündete sich Ende der neunziger Jahre mit ihm. Die Namenskürzel dieser beiden Parteien, die zunächst für sozialen Wandel standen, verweisen heute eher auf die Überreste der Vergangenheit als auf die heutige Ideologie. Bei der ADN handelt es sich um die Partei des früheren Diktators Bánzer, die er gründete, um an den Wahlen teilnehmen zu können.

7 Hugo Bánzer musste wegen starker gesundheitlicher Probleme 2001 sein Amt aufgeben. Er wurde von seinem Vizepräsidenten Jorge Quiroga abgelöst, der bis 2002 amtierte.

8 Goni ist der Spitzname des früheren Präsidenten Gonzalo Sánchez de Lozada.

9 Die Menschenrechtsverletzungen waren nicht die einzige Missetat der Regierung Sánchez de Lozada. Wenn das Ausmaß der Massaker vom Oktober 2003 in der Geschichte der bolivianischen Demokratie auch ohne Beispiel ist, wobei man auch die blutige Unterdrückung des Aufstandes von Polizisten im Februar 2003 hinzufügen muss, so hat die Regierung Bánzer-Quiroga laut der Volksversammlung für Menschenrechte in Bolivien (APDHB) die Verantwortung am Mord an über dreißig Koka-Bauern zu übernehmen, die zwischen 1997 und 2002 ermordet wurden Vgl. Donna Lee van Gott, „From Exclusion to Inclusion: Bolivia’s 2002 Elections“, in: Journal of Latin American Studies, Jahrg. 35, Teil 4, 2003.

10 Einige Wochen vor den Wahlen hat es im Departement von La Paz einen Mangel an Gas gegeben, dessen Hintergründe bis heute unklar sind. Wahrscheinlich hat eine Rolle gespielt, dass viele Gasflaschen nach Peru verkauft worden sind, weil dort der Gaspreis deutlich höher ist, doch der Verdacht richtet sich auch gegen die Ölgesellschaften, die man beschuldigte, die Regierung erpressen zu wollen, um sich gegen die Neuverhandlungen der Kontrakte mit dem bolivianischen Staat zu wenden. Der Gasmangel führte zu Mobilisierungen der BewohnerInnen, die mit leeren Gasflaschen die Straßen nach La Paz und El Alto blockierten.

11 Vgl. dazu Mirko Orgáz García, La guerra del Gas: Nación versus Estado transnacional, La Paz (Ofavin) 2002; sowie La Nacionalización del Gas, La Paz, C&C Editores, 2005.

12 Laut dem Spezialisten für diese Fragen in der MAS, Manuel Morales Oliveira, „sind diese Verträge null und nichtig, weil sie illegal sind, denn sie respektieren die Vorgaben der Verfassung nicht“. In der Tat sieht die Verfassung vor, dass solche Verträge vom Kongress abgesegnet werden müssen, was nie geschehen ist.

13 Das im Juni 2005 beschlossenen Gesetz über Öl und Gas sieht die Besteuerung der Gewinne der Konzerne in Höhe von 32% vor, was den Anteil der Staates Bolivien an den Profiten aus dem Gas auf 50% anheben würde. Vgl. dazu Pablo Stefanoni, „Polarisation électorale et crise de l’Etat, in: Inprecor Nr. 511/512, Nov./ Dez. 2005.

14 Seit dem Pazifik-Krieg von 1879, als sich Chile die zu Bolivien gehörende Pazifikküste unter den Nagel riss, gibt es in Bolivien ein starkes gegen Chile gerichtetes Vorurteil, das durch jede neue Diskussion über einen Zugang zum Meer verstärkt wird.

15 Über die Veränderung der Haltung der MAS zugunsten der Verstaatlichung vgl. Thierry Vermorel, „Der zweite Krieg ums Gas“, in: Inprekorr 406/407, September/Oktober 2005.

16 So hat der wichtigste Kandidat der Rechten, Jorge Quiroga, eine Nationalisierung „der Ressourcen an Hydrokarburaten“ vorgeschlagen, was auf den ersten Blick Unsinn ist, weil es die Nationalisierung von Ressourcen bedeutete, die sowieso dem Staat gehören! Hinter dem Begriff „Nationalisierung “ versteckte sich die Idee einer Transparenz der Umverteilung der Mittel, die aus dem Gas in den Staatssäckel fließen. Dies hat natürlich wenig mit einer wirklichen Verstaatlichung des Gases zu tun.

17 Jorge Quiroga verkündete eine „Revolution mittels der Demokratie, gegen die Streikenden und diejenigen, die die Straßen blockieren“ (was die sozialen Bewegungen häufig machen), ohne dass er erklärte, um welche Revolution es sich denn handle, denn sein Programm plädierte für die Fortsetzung des neoliberalen Modells. Seine Phrasen schmückte er mit revolutionären Bildern, denn PODEMOS trat mit dem Logo eines weißen Sterns auf rotem Grund auf. Laut dem Pressesprecher dieser Gruppierung, Hernán Terrazas, verwandte man das Logo aufgrund einer Umfrage durch eine Werbeagentur. Doria Medina stellte sich als Vertreter einer vernünftigen linken Mitte dar und stellte Morales und Quiroga als Vertreter von zwei radikalen Gesellschaftsprojekten hin; er entwickelte einen moderaten anti-neoliberalen Diskurs, dessen Glaubwürdigkeit durch seine Vergangenheit nicht gerade befördert wurde, war er doch früher Minister in einer neoliberalen Regierung!

18 José Luis Paredes, der frühere MIR-Bürgermeister von El Alto, der jetzt zum Präfekten des Departements La Paz gewählt wurde, stellt dafür eine hervorragende Illustration dar: Zunächst ging es ihm darum, als Kandidat auf irgendeiner Liste zu erscheinen und so verhandelte er bis zur letzten Minute gleichzeitig mit UN und PODEMOS und versuchte sogar, mit der MAS Kontakt aufzunehmen. Gegen Ende der Kampagne, als er von der Niederlage von „Tuto“ überzeugt war, erklärte er ins Mikro des nationalen Rundfunks, es sei kein Problem für ihn und störe ihn ganz und gar nicht, die Präfektur unter einem Präsidenten Morales zu führen. (Vgl. La Prensa, 30. November 2005) Er scheint von Quiroga zur Ordnung gerufen worden zu sein, der ihn anscheinend gezwungen hat, in einem Fernsehspot aufzutreten, in dem zu seiner Wahl als Präfekt von La Paz und zur Wahl von “Tuto” bei den Präsidentschaftswahlen aufgerufen wurde.

19 Vgl La Prensa, „Giordano: “En el MNR manda Goni y se erró con Nagatani”, 18. September 2005.

20 Das Bürgerkomitee der Region von Santa Cruz umfasst die gewerkschaftlichen und die Unternehmerorganisationen (die darin über die Mehrheit verfügen) und wird von einigen Mitgliedsorganisationen als „moralische“ und legitime Regierung der Cruceños (Bewohner von Santa Cruz) bezeichnet.

21 Einige Tage vor der Wahl erschien in den Fernsehkanälen von Santa Cruz ein Werbespot, dessen Herkunft bislang ungeklärt ist und dessen wichtigster Slogan war: „Nur Santa Cruz kann Evo aufhalten!“ In Trinidad meinte der Kandidat von PODEMOS für die Präfektur von Beni, Ernesto Suárez, zu seinem Wahlsieg: „Die Leute meinten, sie wollten nicht mehr, dass über das Budget in 3 600 m Höhe bestimmt wird“. (Das bezieht sich auf La Paz!) Laut La Razón, 19. Dezember 2005.

22 Anfang Dezember kam die für Morales günstigste Meinungsumfrage auf gerade mal 36%!

23 Nur ein Beispiel: PODEMOS verbreitete einen Spot mit einem Textilarbeiter, der meinte, er habe Angst, seine Arbeit zu verlieren, wenn Morales an die Regierung käme. Auf diesen Spot antwortete die MAS, indem sie bewies, dass der fragliche Arbeiter nicht nur seinen Namen falsch angegeben hatte, sondern dass es sich in Wahrheit um den persönlichen Chauffeur von Jorge Quiroga handelte!

24 Die Zahlen stammen vom nationalen Wahlge
richt (CNE) Boliviens, 28. Dezember 2005.

25 Die Präfekten leiten die neun Departements, aus denen Bolivien besteht. Dank eines Dekretes von Präsident Carlos Mesa vom Januar 2005, das unter dem Druck der Autonomie-Forderungen aus Santa Cruz erlassen wurde, wurden die Präfekten im Verlauf dieser Wahlen erstmals gewählt. Bis jetzt wurden sie einfach vom Präsidenten ernannt.

26 Mario Cossío war Vorsitzender der Abgeordnetenkammer während der Krise vom Mai/Juni 2005. Als sich Hormando Vaca Diez schließlich entschied, das Mandat der Präsidentschaft nicht anzunehmen, stand ihm das Recht zu, Präsident zu werden. Er musste schließlich verzichten, weil ihm die sozialen Bewegungen vorwarfen, ein Vertrauensmann von „Goni“ zu sein. Zur Krise vom Mai/Juni 2005 vgl. den zit. Artikel von Thierry Vermorel in Inprekorr.

27 Nehmen wir Doria Medina als Beispiel: Eines seiner Unternehmen, Viacha, ist nationaler Marktführer in der Zementproduktion; außerdem gehören ihm die Filialen von Burger King in Bolivien. Er hat im Verlauf der Kampagne in den Dörfern des Departements Potosí Säcke mit Zement verteilt und bei allen seinen Besuchen gab es freies Essen mit Hamburgern und Pommes frites für die Leute!

28 Zu diesem Thema vgl. den Artikel von Hervé do Alto, „Zwischen Indigena-Utopie und Wirtschaftspragmatismus: Die MAS erobert die Macht“, in: Inprekorr Nr. 410/411, Januar/Februar 2006.

29 Vgl. den Artikel von Thierry Vermorel, op. cit.

30 Das zeigen die in Chapare, der Region, wo Koka produziert wird und Morales seine ersten Schritte als Gewerkschaftsführer tat, erzielten Resultate; in einigen Ergebnissen lag die MAS bei klar über 90%.

31 Zu diesem Gesichtspunkt vgl. Pablo Stefanoni, „Hegemonia, discurso y poder: la emergencia del MAS-IPSP“, in: Temas sociales, Revista de Sociologia de la UMSA, Nr. 24, 2003, S. 23.

32 Vgl. dazu den bereits zitierten Artikel von Hervé do Alto.

33 Vgl. Remberto Arias, «Du pacte pour la dignité et la souverainité au 1er Sommet National Ouvrier » , in : Inprecor Nr. 511/512, November/Dezember 2005.

34 Mirko Orgáz García, La nacionalización del Gas, op. cit., S. 143f.

35 Alvaro Garía Linera, „La lucha por el poder en Bolivia“, in: Horizontes y limites del estado y el poder, La Paz, (Muela del Diablo) 2005, S. 11-74.

36 Als die internationale Fußballförderation (FIFA) 1996 Bolivien gedroht hatte, seine Fußball-Nationalmannschaft dürfe nicht mehr international in la Paz spielen, weil sich die gegnerischen Mannschaften über die dünne Höhenluft beklagten, entfaltete Chirac unglaubliche diplomatische Bemühungen, um in den Instanzen der FIFA eine Lobby-Arbeit durchzuführen mit dem Ziel, Bolivien zu unterstützen und jenes Verbot zu unterlaufen. Laut einem Bericht der Satirezeitschrift Canard enchaîné erhielt der französische Präsident dafür den Ehrentitel „Kondor der Anden“!

37 Adolfo Gilly, „La violenta, prolongada y clara revolución boliviana”, in: La Jornada, 24. Dezember 2005.

38 Als Beispiel möchten wir die argentinischen und bolivianischen Ausgaben von Le Monde diplomatique nehmen, die in ihrer Ausgabe vom Januar 2006 schrieben: „Demokratische Revolution in Bolivien“.