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Vor siebzig Jahren

Anfang und Ende der spanischen Revolution

von Reiner Tosstorff - aus SoZ Nr. 7/8 - Juli/August 2006

Am 17. Juli 1936 begann In Spanien der Putsch der Militärs unter General Franclsco Franco gegen eine bei den Wahlen Im Februar zustande gekommene Mehrheit aus Sozialisten, Kommunisten und bürgerlichen Republikanern.

 

Zwar scheiterte der Putsch zunächst in vielen Teilen des Landes, doch dank der Hilfe durch Hitler und Mussolini konnten die Militärs nach einem dreijährigen Bürgerkrieg schließlich siegen. Dagegen blieb die sowjetische Unterstützung für die Republik letztlich unzureichend. Zudem kam es in ihrem Gefolge zu Kämpfen innerhalb der Linken. Die revolutionären Kräfte, zum einen die millionenstarke anarchistische Bewegung, zum anderen die antistalinistischen Kommunisten der POUM (Partido Obrero de Unificacion Marxista - Arbeiterpartei der marxistischen Einigung), wurden zurückgedrängt und Ziel republikanischer Repression.



Das Scheitern der neuen Republik

Im Jahre 1931 wurde die jahrhundertealte Monarchie in Spanien gestürzt. Doch die neue Republik, getragen von einer Koalition aus bürgerlichen Republikanern und Sozialisten, scheiterte sehr schnell bei der Durchführung ihrer geplanten Reformen, da die Republikaner Eingriffe in das Privateigentum, z. B. beim Großgrundbesitz, ablehnten.
Ende 1933 siegten die Rechtsparteien, und gegen den Regierungseintritt einer klerikalfaschistischen Partei kam es im Oktober 1934 zum bewaffneten Aufstand, der jedoch niedergeschlagen wurde. Tausende wurden verhaftet oder entlassen, viele Reformen wurden rückgängig gemacht, doch die Arbeiterbewegung war noch nicht gänzlich ausgeschaltet.
Als Teile der Regierung Ende 1935 in einer Reihe von Skandalen versanken, wurden Neuwahlen angesetzt. Es kam zu einer Neuauflage des linken WahIbündnisses.

Bis dahin hatte die Kommunistische Partei keine größere Rolle gespielt. Dies lag nicht zuletzt daran, dass Ende der 20er Jahre deren Gründergeneration ausgeschlossen worden war. Aus dieser bildete sich nun im Jahre 1935 die POUM, die vor allem in Katalonien präsent war.

Insbesondere die KP drängte nun aber darauf, aus dem Wahl- ein Regierungsbündnis zu machen, das sich auch nur auf einige Reformen beschränken und von den bürgerlichen Republikanern bestimmt sein sollte. Dahinter stand die von der Sowjetunion seit 1934/35 vertretene Volksfrontstrategie, die auf ein Bündnis der Sowjetunion mit den Westmächten, vor allem mit Frankreich, abzielte.

Doch zunächst konnte die KP sich mit dieser Vorstellung nicht durchsetzen. Die nach dem Wahlerfolg gebildete Regierung bestand nur aus Parteien der bürgerlichen Republikaner.
Doch die Rechte gab sich nicht geschlagen, sondern bereitete einen Militärputsch vor. Obwohl sich die Anzeigen dafür vonTag zuTag mehrten, verhielt sich die Regierung zögerlich. Die Arbeiterorganisationen antworteten dagegen, ohne auf die Beschwichtiungsversuche der Regierung zu vertrauen. In einer Reihe von Grossstädten vurden die Kasernen gestürmt und die Militärs entwaffnet.

Allen voran ging Barcelona, weil dort die mehrheitlich anarchistisch eingestellten Arbeiter, ebenso wie die POUM, nicht auf Beschwichtigungen durch die Regierung vertraut hatten. Auf die Niederlage des Putsches in Barcelona folgten dann Madrid, Valencia und einige andere grosse Zentren. Nur in Randgebieten konnten sich die Militärs zunächst halten.

Die Betriebe wurden von den Arbeitern übernommen, die Landgüter kollektiviert, an die Stelle der Armee traten von den Arbeiterorganisationen gebildete Milizen, revolutionäre Komitees übten die Macht aus. Doch die Putschisten fanden in Hitler und Mussolini Bündnispartner und Waffenlieferungen setzten ein. Aus dem nur zum Teil
niedergeschlagenen Putsch entwickelte sich ein langwieriger Bürgerkrieg, bei dem es darauf ankam, aus den spontanen, unkoordinierten Milizen eine revolutionäre Armee zu formen und entsprechend die Wirtschaft des Landes zu organisieren.

Erst Krieg, dann Revolution?

In dieser Situation standen sich, vereinfacht ausgedrückt, zwei politische Haltungen konträr gegenüber: Anarchisten und POUM verstanden die Kriegsführung als Teil der Revolution. Die Arbeiter und Bauern kämpften für ihre sozialen Eroberungen.
Das gäbe ihrem Kampf den Sinn. Dagegen standen zunächst die bürgerlichen Republikaner. Sie wollten die soziale Revolution wieder zurücktreiben und an ihre Stelle einige gemässigte Sozialreformen setzen. Die Sozialisten waren gespalten zwischen einem rechten, klassisch-sozialdemokratischen Flügel, der schon in den Jahren nach 1931 eng mit den Republikanern zusammengearbeitet hatte, und einem linken Flügel unter dem Gewerkschaftsführer Largo Caballero. Er hatte sich aus Enttäuschung über die geringen Ergebnisse dieser Zusammenarbeit entwickelt, aber schwankte stark.

Für die Kommunisten konnten allerdings allzu radikale Entwicklungen das Volksfrontbündnis nur gefährden. Schon bald nach Ausbruch des Bürgerkriegs begann deshalb die KP mit der Propaganda für die Wiederherstellung eines starken Staatsapparats, und damit für die Beseitigung der revolutionären Komitees und für die Einschränkung der sozialen Revolution. Ihr kam dabei zur Hilfe, dass die Anarchisten in der revolutionären Stimmung der ersten Wochen auch manche unbedachten Experimente, wie die sofortige Einführung des «freiheitlichen Kommunismus» in manchen Ortschaften, initiierten und Schwierigkeiten hatten, die Arbeitermilizen zu einer geschlossen vorgehenden Armee zusammenzuschweissen.

Die Kommunisten forderten dagegen die Schaffung einer zentralisierten, von festen Hierarchien und starken sozialen Unterschieden zwischen Mannschaften und Offizierskorps gekennzeichneten "Volksarmee". So fand die KP, die bis 1935 eher am Rande der spanischen Arbeiterbewegung gestanden hatte und nun einen phänomenalen Aufstieg erlebte, nach Ausbruch des Bürgerkriegs auch Zulauf aus, die in
ihr einen Faktor zur Eindämmung der Revolution, zur Wiederherstellung der "Ordnung", sahen (z.B. Kleinbesitzer, Berufsoffiziere).

In Katalonien bildeten die Kommunisten aufgrund der nationalen Besonderheiten sogar mit sozialdemokratischen und nationalistischen Gruppen die "Sozialistische Einheitspartei Kataloniens" (PSUC - Partit Socialista Unificat de Catalunya), die das Modell für ähnliche Entwicklungen nach 1945 in Osteuropa abgeben sollte.

Vor allem aber kam der KP das Prestige der Sowjetunion zugute, die ab Herbst 1936 als (neben Mexiko) einziges Land die spanische Republik mit Waffen belieferte. Bis September/Oktober 1936 hatte Stalin ganz offiziell die "Nichteinmischungspolitik" Frankreichs und Großbritanniens unterstützt, wonach keine ausländische Macht einer der beiden Seiten zur Hilfe eilen sollte. Daran hatten sich aber vom ersten Tag an weder Deutschland noch Italien gehalten, trotz ihrer offiziellen Anerkennung der Nichteinmischungspolitik.

In dieser Situation, die das internationale Prestige der UdSSR, aber vor allem auch ihre internationale Machtstellung bedroht hätte, entschied sich Stalin zur Hilfe, nicht ohne dafür einen hohen Preis zu verlangen. Dieser bestand nicht nur in der Lieferung der spanischen Goldreserven. Ebenso ging es um die Erfüllung politischer Bedingungen: keine soziale Revolution, stattdessen ein bürgerlich-demokratisches Regime «neuen Typs».

Gegen den Einfluss der unabhängigen linken Kräfte sollte vorgegangen werden. Vorrangig wurden die KP-kontrollierten Einheiten an der Front mit den neuesten Waffen ausgerüstet, selbst wenn dadurch ganze Frontabschnitte, wie z. B. die von Anarchisten und POUM dominierte Aragon-Front, unterversorgt waren und militärisch eigentlich notwendige Offensiven nicht durchgeführt werden konnten. Dies stellte die Sowjetunion nicht nur durch die Kontrolle der Waffenlieferungen und durch das entsandte militärische Fachpersonal sicher - auch der sowjetische Geheimdienst wurde in Spanien aktiv.

Barcelona im Mai

Im Winter 1936/37 gelang es, die faschistische Offensive vor den Toren der Stadt Madrid zu stoppen. Doch in Katalonien spitzten sich in den folgenden Monaten die Konflikte zwischen den beiden politischen Lagern auf der Linken zu.

Am 3. Mai 1937 besetzten Truppen der katalanischen Regierung unter Befehl des kommunistischen Polizeichefs handstreichartig die Telefonzentrale Barcelonas, die unter Kontrolle der Gewerkschaften stand. Sofort wurden überall Barrikaden errichtet, auf denen sich die Einheitsfront der Anarchisten und der POUM verwirklichte. Doch die Führung der Anarchisten, die im November der zwei Monate zuvor von dem Führer der Sozialisten, Largo Caballero, gebildeten Volksfrontregierung beigetreten waren, schreckte davor zurück, die katalanische Regionalregierung zu stürzen und rief zum Abbruch der Kämpfe auf. Die Stadt wurde von Truppen der Zentralregierung besetzt, die katalanische Autonomie weitgehend eingeschränkt.

Diese Kämpfe wurden von der KP sofort als Vorwand genommen, um mit
der POUM und der revolutionären Situation als ganzer abzurechnen. Bereits in den Monaten zuvor war sie als Agentur des «Trotzkismus» angegriffen worden. Dies deswegen, weil sie aus zwei verschiedenen Oppositionsgruppen gebildet worden war, darunter den ehemaligen spanischen Trotzkisten, die jedoch nach Bildung dieser vereinigten Partei in Konflikt mit Trotzki geraten war.

Die «Hauptsünde» der POUM in den Augen der KP war zweifellos, dass sie unmittelbar gegen die im August 1936 einsetzenden Moskauer Schauorozesse - in denen Stalin die alte bolschewistische Garde umbringen liess - protestierte und sie als Verbrechen an der russischen Revolution bezeichnete.

Als sich der sozialistische Largo Caballero weigerte, gegen die POUM vorzugehen, wurde er gestürzt und durch einen Vertreter des rechten Flügels, Negrin, ersetzt. Einen Monat später setzte die Verfolgung der POUM ein. Ihre Führung wurde, ohne Wissen der republikanischen Behörden, vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet. Ihr Sekretär Andres Nin wurde in einem Geheimgefängnis gefoltert, um von ihm nach dem Vorbild der Schauprozesse das «Geständnis» zu erpressen, Agent des Faschismus zu sein. Da er sich weigerte, wurde er umgebracht und sein Leichnam beseitigt. Der (überlebenden) Führung der POUM wurde im Oktober 1938 der Prozess gemacht, doch mussten sie immerhin von dem Vorwurf des Agententums freigesprochen werden.

Das Ende

Die neue Regierung unter Negrin hoffte, mit ihrem Vorgehen gegen die revolutionäre Linke endlich die Zustimmung und Hilfe der westlichen Mächte zu erreichen, die jedoch nie kam. Diese sahen ihre Interessen bei Franco besser aufgehoben.

Zwar war es in der Zwischenzeit gelungen, die Volksarmee aufzubauen. Mit ihren begrenzten Waffen gelangen ihnen auch einige Überraschungsangriffe. Doch konnte dies nicht das Ausmaß der Hilfe ausgleichen, die Franco von Hitler und Mussolini erhielt. Im Winter 1938 setzten die Franco-Truppen zur Offensive auf das im Januar 1939 besetzte Katalonien an.

In den beiden folgenden Monaten wurde das von der Republik noch gehaltene Territorium vom Zentrum um Madrid bis an die Mittelmeerküste besetzt. Hunderttausende mussten fliehen, zumeist nach Frankreich. Von dort gelangten viele weiter nach Lateinamerika, während die Zurückgebliebenen ein Jahr darauf Gefangene der Wehrmacht wurden.

In Spanien selbst setzte die neue Regierung auch nach ihrem Sieg die blutige Unterdrückung fort. Noch bis 1942 wurden Tausende in Pseudo-gerichtsverfahren zum Tode verurteilt. Ein Widerstand setzte erst zögerlich ein. Franco gelang es, seine Diktatur über das Jahr 1945 zu retten. Er diente sehr schnell dem «freien Westen» an - als verlässliche Stütze im Kampf gegen den Kommunismus. Es sollte einer neuen Generation bedürfen und ihres jahrzehntelangen Kampfs, bis die Diktatur, nachdem ihr Führer friedlich im Bett verstorben war, endlich beseitigt werden konnte.



Bei dem Text handelt es sich um Auszüge aus dem Einleitungskapitel der Neuerscheinung: Reiner Tosstorff, Die POUM in der spanischen Revolution, Köln: Neuer ISP Verlag, 2006, 180 Seiten, 17 ,80 Euro.