Zwar
scheiterte der Putsch zunächst in vielen
Teilen des Landes, doch dank der Hilfe durch
Hitler und Mussolini konnten die Militärs
nach einem dreijährigen Bürgerkrieg
schließlich siegen. Dagegen blieb die
sowjetische Unterstützung für die
Republik letztlich unzureichend. Zudem kam
es in ihrem Gefolge zu Kämpfen innerhalb
der Linken. Die revolutionären Kräfte,
zum einen die millionenstarke anarchistische
Bewegung, zum anderen die antistalinistischen
Kommunisten der POUM (Partido Obrero de
Unificacion Marxista - Arbeiterpartei der
marxistischen Einigung), wurden zurückgedrängt
und Ziel republikanischer Repression.
Das Scheitern der neuen Republik
Im
Jahre 1931 wurde die jahrhundertealte Monarchie
in Spanien gestürzt. Doch die neue Republik,
getragen von einer Koalition aus bürgerlichen
Republikanern und Sozialisten, scheiterte sehr
schnell bei der Durchführung ihrer geplanten
Reformen, da die Republikaner Eingriffe in das
Privateigentum, z. B. beim Großgrundbesitz,
ablehnten.
Ende 1933 siegten die Rechtsparteien, und gegen
den Regierungseintritt einer klerikalfaschistischen
Partei kam es im Oktober 1934 zum bewaffneten
Aufstand, der jedoch niedergeschlagen wurde.
Tausende wurden verhaftet oder entlassen, viele
Reformen wurden rückgängig gemacht,
doch die Arbeiterbewegung war noch nicht gänzlich
ausgeschaltet. Als
Teile der Regierung Ende 1935 in einer Reihe
von Skandalen versanken, wurden Neuwahlen angesetzt.
Es kam zu einer Neuauflage des linken WahIbündnisses.
Bis dahin hatte die Kommunistische Partei keine
größere Rolle gespielt. Dies lag
nicht zuletzt daran, dass Ende der 20er Jahre
deren Gründergeneration ausgeschlossen
worden war. Aus dieser bildete sich nun im Jahre
1935 die POUM, die vor allem in Katalonien präsent
war.
Insbesondere die KP drängte nun aber darauf,
aus dem Wahl- ein Regierungsbündnis zu
machen, das sich auch nur auf einige Reformen
beschränken und von den bürgerlichen
Republikanern bestimmt sein sollte. Dahinter
stand die von der Sowjetunion seit 1934/35 vertretene
Volksfrontstrategie, die auf ein Bündnis
der Sowjetunion mit den Westmächten, vor
allem mit Frankreich, abzielte.
Doch zunächst konnte die KP sich mit dieser
Vorstellung nicht durchsetzen. Die nach dem
Wahlerfolg gebildete Regierung bestand nur aus
Parteien der bürgerlichen Republikaner.
Doch die Rechte gab sich nicht geschlagen, sondern
bereitete einen Militärputsch vor. Obwohl
sich die Anzeigen dafür vonTag zuTag mehrten,
verhielt sich die Regierung zögerlich.
Die Arbeiterorganisationen antworteten dagegen,
ohne auf die Beschwichtiungsversuche der Regierung
zu vertrauen. In einer Reihe von Grossstädten
vurden die Kasernen gestürmt und die Militärs
entwaffnet.
Allen voran ging Barcelona, weil dort die mehrheitlich
anarchistisch eingestellten Arbeiter, ebenso
wie die POUM, nicht auf Beschwichtigungen durch
die Regierung vertraut hatten. Auf die Niederlage
des Putsches in Barcelona folgten dann Madrid,
Valencia und einige andere grosse Zentren. Nur
in Randgebieten konnten sich die Militärs
zunächst halten.
Die Betriebe wurden von den Arbeitern übernommen,
die Landgüter kollektiviert, an die Stelle
der Armee traten von den Arbeiterorganisationen
gebildete Milizen, revolutionäre Komitees
übten die Macht aus. Doch die Putschisten
fanden in Hitler und Mussolini Bündnispartner
und Waffenlieferungen setzten ein. Aus dem nur
zum Teil
niedergeschlagenen Putsch entwickelte sich ein
langwieriger Bürgerkrieg, bei dem es darauf
ankam, aus den spontanen, unkoordinierten Milizen
eine revolutionäre Armee zu formen und
entsprechend die Wirtschaft des Landes zu organisieren.
Erst
Krieg, dann Revolution?
In dieser Situation standen sich, vereinfacht
ausgedrückt, zwei politische Haltungen
konträr gegenüber: Anarchisten und
POUM verstanden die Kriegsführung als Teil
der Revolution. Die Arbeiter und Bauern kämpften
für ihre sozialen Eroberungen.
Das gäbe ihrem Kampf den Sinn. Dagegen
standen zunächst die bürgerlichen
Republikaner. Sie wollten die soziale Revolution
wieder zurücktreiben und an ihre Stelle
einige gemässigte Sozialreformen setzen.
Die Sozialisten waren gespalten zwischen einem
rechten, klassisch-sozialdemokratischen Flügel,
der schon in den Jahren nach 1931 eng mit den
Republikanern zusammengearbeitet hatte, und
einem linken Flügel unter dem Gewerkschaftsführer
Largo Caballero. Er hatte sich aus Enttäuschung
über die geringen Ergebnisse dieser Zusammenarbeit
entwickelt, aber schwankte stark.
Für die Kommunisten konnten allerdings
allzu radikale Entwicklungen das Volksfrontbündnis
nur gefährden. Schon bald nach Ausbruch
des Bürgerkriegs begann deshalb die KP
mit der Propaganda für die Wiederherstellung
eines starken Staatsapparats, und damit für
die Beseitigung der revolutionären Komitees
und für die Einschränkung der sozialen
Revolution. Ihr kam dabei zur Hilfe, dass die
Anarchisten in der revolutionären Stimmung
der ersten Wochen auch manche unbedachten Experimente,
wie die sofortige Einführung des «freiheitlichen
Kommunismus» in manchen Ortschaften, initiierten
und Schwierigkeiten hatten, die Arbeitermilizen
zu einer geschlossen vorgehenden Armee zusammenzuschweissen.
Die Kommunisten forderten dagegen die Schaffung
einer zentralisierten, von festen Hierarchien
und starken sozialen Unterschieden zwischen
Mannschaften und Offizierskorps gekennzeichneten
"Volksarmee". So fand die KP, die
bis 1935 eher am Rande der spanischen Arbeiterbewegung
gestanden hatte und nun einen phänomenalen
Aufstieg erlebte, nach Ausbruch des Bürgerkriegs
auch Zulauf aus, die in
ihr einen Faktor zur Eindämmung der Revolution,
zur Wiederherstellung der "Ordnung",
sahen (z.B. Kleinbesitzer, Berufsoffiziere).
In Katalonien bildeten die Kommunisten aufgrund
der nationalen Besonderheiten sogar mit sozialdemokratischen
und nationalistischen Gruppen die "Sozialistische
Einheitspartei Kataloniens" (PSUC - Partit
Socialista Unificat de Catalunya), die
das Modell für ähnliche Entwicklungen
nach 1945 in Osteuropa abgeben sollte.
Vor allem aber kam der KP das Prestige der Sowjetunion
zugute, die ab Herbst 1936 als (neben Mexiko)
einziges Land die spanische Republik mit Waffen
belieferte. Bis September/Oktober 1936 hatte
Stalin ganz offiziell die "Nichteinmischungspolitik"
Frankreichs und Großbritanniens unterstützt,
wonach keine ausländische Macht einer der
beiden Seiten zur Hilfe eilen sollte. Daran
hatten sich aber vom ersten Tag an weder Deutschland
noch Italien gehalten, trotz ihrer offiziellen
Anerkennung der Nichteinmischungspolitik.
In dieser Situation, die das internationale
Prestige der UdSSR, aber vor allem auch ihre
internationale Machtstellung bedroht hätte,
entschied sich Stalin zur Hilfe, nicht ohne
dafür einen hohen Preis zu verlangen. Dieser
bestand nicht nur in der Lieferung der spanischen
Goldreserven. Ebenso ging es um die Erfüllung
politischer Bedingungen: keine soziale Revolution,
stattdessen ein bürgerlich-demokratisches
Regime «neuen Typs».
Gegen den Einfluss der unabhängigen linken
Kräfte sollte vorgegangen werden. Vorrangig
wurden die KP-kontrollierten Einheiten an der
Front mit den neuesten Waffen ausgerüstet,
selbst wenn dadurch ganze Frontabschnitte, wie
z. B. die von Anarchisten und POUM dominierte
Aragon-Front, unterversorgt waren und militärisch
eigentlich notwendige Offensiven nicht durchgeführt
werden konnten. Dies stellte die Sowjetunion
nicht nur durch die Kontrolle der Waffenlieferungen
und durch das entsandte militärische Fachpersonal
sicher - auch der sowjetische Geheimdienst wurde
in Spanien aktiv.
Barcelona
im Mai
Im
Winter 1936/37 gelang es, die faschistische
Offensive vor den Toren der Stadt Madrid zu
stoppen. Doch in Katalonien spitzten sich in
den folgenden Monaten die Konflikte zwischen
den beiden politischen Lagern auf der Linken
zu.
Am 3. Mai 1937 besetzten Truppen der katalanischen
Regierung unter Befehl des kommunistischen Polizeichefs
handstreichartig die Telefonzentrale Barcelonas,
die unter Kontrolle der Gewerkschaften stand.
Sofort wurden überall Barrikaden errichtet,
auf denen sich die Einheitsfront der Anarchisten
und der POUM verwirklichte. Doch die Führung
der Anarchisten, die im November der zwei Monate
zuvor von dem Führer der Sozialisten, Largo
Caballero, gebildeten Volksfrontregierung beigetreten
waren, schreckte davor zurück, die katalanische
Regionalregierung zu stürzen und rief zum
Abbruch der Kämpfe auf. Die Stadt wurde
von Truppen der Zentralregierung besetzt, die
katalanische Autonomie weitgehend eingeschränkt.
Diese Kämpfe wurden von der KP sofort als
Vorwand genommen, um mit
der POUM und der revolutionären Situation
als ganzer abzurechnen. Bereits in den Monaten
zuvor war sie als Agentur des «Trotzkismus»
angegriffen worden. Dies deswegen, weil sie
aus zwei verschiedenen Oppositionsgruppen gebildet
worden war, darunter den ehemaligen spanischen
Trotzkisten, die jedoch nach Bildung dieser
vereinigten Partei in Konflikt mit Trotzki geraten
war.
Die «Hauptsünde» der POUM in
den Augen der KP war zweifellos, dass sie unmittelbar
gegen die im August 1936 einsetzenden Moskauer
Schauorozesse - in denen Stalin die alte bolschewistische
Garde umbringen liess - protestierte und sie
als Verbrechen an der russischen Revolution
bezeichnete.
Als sich der sozialistische Largo Caballero
weigerte, gegen die POUM vorzugehen, wurde er
gestürzt und durch einen Vertreter des
rechten Flügels, Negrin, ersetzt. Einen
Monat später setzte die Verfolgung der
POUM ein. Ihre Führung wurde, ohne Wissen
der republikanischen Behörden, vom sowjetischen
Geheimdienst verhaftet. Ihr Sekretär Andres
Nin wurde in einem Geheimgefängnis gefoltert,
um von ihm nach dem Vorbild der Schauprozesse
das «Geständnis» zu erpressen,
Agent des Faschismus zu sein. Da er sich weigerte,
wurde er umgebracht und sein Leichnam beseitigt.
Der (überlebenden) Führung der POUM
wurde im Oktober 1938 der Prozess gemacht, doch
mussten sie immerhin von dem Vorwurf des Agententums
freigesprochen werden.
Das
Ende
Die
neue Regierung unter Negrin hoffte, mit ihrem
Vorgehen gegen die revolutionäre Linke
endlich die Zustimmung und Hilfe der westlichen
Mächte zu erreichen, die jedoch nie kam.
Diese sahen ihre Interessen bei Franco besser
aufgehoben.
Zwar war es in der Zwischenzeit gelungen, die
Volksarmee aufzubauen. Mit ihren begrenzten
Waffen gelangen ihnen auch einige Überraschungsangriffe.
Doch konnte dies nicht das Ausmaß der
Hilfe ausgleichen, die Franco von Hitler und
Mussolini erhielt. Im Winter 1938 setzten die
Franco-Truppen zur Offensive auf das im Januar
1939 besetzte Katalonien an.
In den beiden folgenden Monaten wurde das von
der Republik noch gehaltene Territorium vom
Zentrum um Madrid bis an die Mittelmeerküste
besetzt. Hunderttausende mussten fliehen, zumeist
nach Frankreich. Von dort gelangten viele weiter
nach Lateinamerika, während die Zurückgebliebenen
ein Jahr darauf Gefangene der Wehrmacht wurden.
In Spanien selbst setzte die neue Regierung
auch nach ihrem Sieg die blutige Unterdrückung
fort. Noch bis 1942 wurden Tausende in Pseudo-gerichtsverfahren
zum Tode verurteilt. Ein Widerstand setzte erst
zögerlich ein. Franco gelang es, seine
Diktatur über das Jahr 1945 zu retten.
Er diente sehr schnell dem «freien Westen»
an - als verlässliche Stütze im Kampf
gegen den Kommunismus. Es sollte einer neuen
Generation bedürfen und ihres jahrzehntelangen
Kampfs, bis die Diktatur, nachdem ihr Führer
friedlich im Bett verstorben war, endlich beseitigt
werden konnte.
Bei dem Text handelt es sich um Auszüge
aus dem Einleitungskapitel der Neuerscheinung:
Reiner Tosstorff, Die POUM in der spanischen
Revolution, Köln: Neuer ISP Verlag,
2006, 180 Seiten, 17 ,80 Euro. |