Am
8. März 2010, am hundertsten Tag der Frauen,
hat die Marche mondiale des femmes ihre dritte
internationale Aktion gestartet. Frauen aus
allen Ländern marschieren für eine
andereWelt im Zeichen von Gleichheit, Freiheit,
Solidarität, Gerechtigkeit und Frieden.
Diesmal stehen vier Kernthemen im Zentrum der
Kampagne der Marche mondiale des femmes : Gemeingut
und öffentliche Dienste ; wirtschaftliche
Autonomie für Frauen ; Frieden und Entmilitarisierung;
Abschaffung der Gewalt gegen Frauen. Diese vier
Kernanfragen zeichnen bereits die Konturen einer
anderen Welt und brechen mit dem kapitalistischen
System, das vom Zugang zu Trinkwasser bis Gesundheit
und Bildung alles zur käuflichenWare macht,
die sich nur kaufkräftige Schichten leisten
können. |
Gleichheit
braucht starke öffentliche Dienste
Frauen
sind auf der ganzen Welt in erster Linie zuständig
für Nahrung, Pflege und Erziehung der Kinder.
Die laufende Privatisierung der öffentlichen
Dienste seit den 1980er Jahren trifft daher
die Frauen massiv. Frauen zahlen die Rechnung,
wenn der Service public ungenügend oder
nicht vorhanden ist. Im Süden müssen
sie kilometerweit gehen, um Wasser oder Brennholz
zu beschaffen. Hierzulande springen sie in die
Bresche, wenn Betreuungsstrukturen für
Kinder, aber auch für ältere oder
kranke Menschen fehlen. Die Mehrheit der pflegenden
Angehörigen sind Frauen. Immer häufiger
werden auch Frauen aus anderen Ländern
für die Pflege von alten Eltern angestellt.
Diese Frauen bekommen meist keine Aufenthaltsbewilligung,
haben belastende Arbeitsbedingungen ohne Absicherung
und verdienen schlecht. Damit Frauen und Männer
wirklich gleichberechtigt leben können,
müssen zwingend gute öffentliche Dienste
entwickelt werden.
Arbeit
zwischen Emanzipation und Ausbeutung
Frauen
haben für Emanzipation und für Erwerbsarbeit
gekämpft, damit sie über Einkommen
und Unabhängigkeit verfügen. In den
westlichen Ländern ist heute die Mehrheit
der Frauen erwerbstätig. Aber die Arbeits-
und Lohnbedingungen sind immer noch nicht gleich
wie bei den Männern. Wie kann Gleichstellung
durchgesetzt werden, wenn in dieser globalisierten
kapitalistischen Wirtschaft der Profit das Wichtigste
ist, die Löhne gedrückt werden, soziale
Rechte und Schutzmechanismen abgebaut werden
? Wenn Lohnabhängige zur Konkurrenz untereinander
gedrängt werden, Männer gegen Frauen,
Einheimische gegen Ausländische, Junge
gegen Alte ? Frauen sind die schwächste
Gruppe innerhalb der Lohnabhängigen und
werden meist schlechter bezahlt, haben häufiger
unsichere Arbeitsverträge und flexibilisierte
Arbeitszeiten. “Um Lohnkosten zu senken
und Jobs flexibler zu machen, werben Unternehmen
zunehmend Frauen an, die weniger kosten und
als fügsamer gelten.” Prekäre,
also ungesicherte und flexible Verhältnisse
haben sich zunächst in Sektoren verbreitet,
in denen viele Frauen arbeiten. Nun greift diese
Entwicklung auf andere Bereiche über und
wird immer mehr zum Regelfall. So wird Gleichstellung
mittels Angleichung nach unten betrieben. Damit
verschlechtern sich die Lebensbedingungen für
alle Lohnabhängigen.
Krieg
tötet Gleichstellung
Innerhalb von zehn Jahren haben die weltweiten
Militärausgaben real um 45% zugenommen,
Tendenz weiter steigend. Krieg ist rentabel
für die Industrie. Oft geht es dabei um
die Aneignung von Rohstoffen wie Erdöl.
Und die Kriegsgewalt trifft Frauen: Vergewaltigung
zur Demütigung, Zerstörung der Ehre
und Demoralisierung des Feindes. Im Umfeld von
Militärbasen floriert die Prostitution.
Durch die Zerstörung von zivilen Infrastrukturen
wird das Leben der verbleibenden Frauen, Kinder
und älteren Leute massiv erschwert. Auch
leiden alle schwer unter dem Tod von Angehörigen,
den bekanntlich sind die meisten Kriegsopfer
unter der Zivilbevölkerung zu beklagen.
Gegen
Gewalt an Frauen
“Gewalt gegen Frauen ist strukturell
bedingt. Gewalt ist ein Kernmerkmal des Patriarchats,
sie dient Männern, Gruppen von Männern,
patriarchalischen Institutionen und Staaten
zur Kontrolle von Leben, Körper und Sexualität
von Frauen.”1 Gemäss
der Weltgesundheitsorganisation WHO erlebt jede
fünfte Frau Gewalt in der Privatsphäre.
Gewalt nimmt auch andere Formen an: Sexuelle
Belästigung am Arbeitsplatz, Sextourismus,
Frauen- und Kinderhandel. Gewalt gegen Frauen
ist zudem eine Folge verschlechterter Lebensbedingungen
aufgrund der wirtschaftlichen Globalisierung.
Wie in Mexiko, wo viele Frauen beim Versuch
umgebracht werden, die Grenze zu den USA zu
überschreiten.
“Die
Marche mondiale des femmes benennt das Patriarchat
als System zur Unterdrückung der Frauen,
und den Kapitalismus als System zur Ausbeutung
der grossen Mehrheit von Frauen und Männern
durch eine Minderheit. Diese Systeme stärken
sich gegenseitig. […] Wir lehnen diese
Welt ab! Wir wollen eine andere Welt schaffen,
eineWelt ohne Ausbeutung, Unterdrückung,
Intoleranz und Ausschluss. Eine Welt der Unversehrtheit,
der Vielfältigkeit, der Rechte und Freiheiten
für alle”.2
1.
www.marchemondialedesfemmes.org/themes/fr/
2. Charte mondiale des femmes pour
l’humanité
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