Während
europäische Regierungen und die Troika
(EU, IWF und EZB) den GriechInnen weismachen
wollen, dass sie sich nur (mehr) anstrengen
müssen und dass es keinen anderen Weg gibt,
glauben die Menschen in Griechenland nicht an
das Ende der Geschichte. Sie glauben nicht an
eine solidarische Hilfe durch Banken und Multis,
von deren Gewinne sie auch nie etwas hatten.
Schliesslich sind die Banken selbst die Mitverursacher
der Krise: Die weltweiten Bankrettungspakete
betrugen 20.000 Mrd. $. Die Staatschulden der
Industrieländer betragen 35.000 Mrd. $.
Wer rettet hier eigentlich wen? Die Troika die
GriechenInnen oder die GriechenInnen die Banken
und die Banken sich selbst? Von den 130 Mrd.
Euro, die Griechenland im zweiten „Hilfspaket“
erhalten soll, sind 75,5 Mrd. Euro für
die Bankrettung und die Abwicklung des Schuldentausches
vorgesehen. D.h.: Mehr als die Hälfte der
insgesamt 164,3 Mrd. Euro „Hilfszu- sagen“
(erstes und zweites Paket zusammen) fliesst
an Banken und private Investoren zurück.
Kein Wunder sagen die Menschen „Hört
auf, uns zu retten!“, denn gerettet
werden die Banken und Reichen…
Der
Zitronenfalter faltet ja auch keine Zitronen
und genauso
wenig retten Rettungspakete. Während die
griechische Regierung die Reichen in Ruhe lässt
und die Bevölkerung dafür bluten muss,
gerät das Land immer mehr in Abhängigkeit.
In den Händen der Troika und privater Investoren
ist dies ein altbekanntes und immer wiederkehrendes
Spiel, das wir aus etlichen Beispielen in der
Geschichte kennen. Sowohl in Lateinamerika also
auch in Afrika der 80er Jahre - das Spektakel
ist immer das Gleiche: Wir geben euch Geld zu
3-4 %, erhöhen die Zinsen unter dem Risikovorwand
auf 12-15 % und nach einigen Jahren und trotz
der braven Rückzahlungen, stehen die Länder
vor einem noch viel höheren Schuldenberg
als zuvor. Aber während unsere Regierungen
und mit ihnen die Multis einen Schleier der
Unsichtbarkeit über ihre Verbrechen legen,
sinken die Spitzensteuersätze der Industrieländer
um 10 % und die Unternehmenssteuer um bis zu
12% in den letzten 15 Jahren. Und fleissig horten
die griechischen Superreichen mehrere Hundert
Milliarden Euro auf Schweizer Bankkonten –
und fleissig schweigt die Schweiz…
Wie
die Griechen ausgebeutet werden
Die materielle
Situation der griechischen Bevölkerung
spitz sich zu, denn die EU und die griechische
Regierung wollen einzig und allein die Mittelschichten
und die einfachen Menschen aussaugen. Grösste
Teile der Bevölkerung können nicht
mal mehr ihre normalen Rechnungen begleichen.
Längst geht es nicht mehr darum sich beim
Urlaub, Auto, Genuss oder irgendeiner anderen
Form von Luxus einzuschränken. Miete, Strom,
Heizung und Lebensmittel sind kaum noch bezahlbar.
Allein im Jahr 2012 sind die Strompreise um
12,7 % gestiegen, das Heizöl ist im Vergleich
zu 2010 um 34-37 % teurer geworden, die Fahrpreise
der griechischen Eisenbahn sollen um mindestens
25 Prozent steigen… Dies ist nur ein kleiner
Teil des perversen Spektakels.
Innert
zwei Jahren mussten die Griechen fünf Abbaupakete
über sich ergehen lassen.
Erstes
Sparpaket – März 2010 •
Mehrwertsteuererhöhung von 19 auf 21 %.
• Kürzung der Beamtengehälter.
Verwaltungsausgaben von – 1,8 Mrd. €
sollen jährlich eingespart werden.
Zweites
Sparpaket – Mai 2010 •
Einsparungen von ca. 30 Mrd. € durch •
Einfrieren der Beamtengehälter über
2000 € • Abschaffung aller Steuerbefreiungen•
Streichung des 13. & 14. Monatsgehalts im
öffentlichen Dienst • Einstellungsstopp
im öffentlichen Dienst • Anhebung
des durchschnittlichen Rentenalters von 61,3
auf 63,4 Jahre • nochmalige Mehrwertsteuererhöhung
auf 23%
Drittes
Sparpaket – Juni 2011 •
Einsparungen von rund 78 Mrd. € durch weitere
Leistungskürzungen und Steuererhöhungen,
Privatisierungen zahlreicher Staatsbetriebe
und Verkauf staatlicher Immobilien • weitere
Einsparungen von 1,43 Mrd. € bis 2015 –
etwa durch eine Absenkung der staatlich festgesetzten
Preise für Medikamente
Viertes
Sparpaket – Oktober 2011 •
Weitere Entlassungen im öffentlichen Dienst
• Lohnkürzungen von Staatsbediensteten
und Renten um 20 % • Verbindlichkeit der
Branchentarifverträge wird abgeschafft
• Eine neue Sonderimmobiliensteuer, die
mit der Stromrechnung eingetrieben wird .
Das
Fünfte Sparpaket vom Februar 2012
setzt das dramatische Abbauprogramm fort: In
der Gesundheitsversorgung werden 1.1 Mrd. Euro
weggespart; Privatisierungsprogramme im Umfang
von 50 Mrd. Euro werden umgesetzt; Entlassungen
von 150‘000 Angestellten des öffentlichen
Dienstes, weitere 15‘000 Angestellte werden
ohne Gehalt in „Arbeits-reserve“
versetzt; Alle Mindestlöhne, die über
einen Gesamtarbeitsvertrag geregelt sind, werden
um weitere 22 % gekürzt; Jungen Menschen
unter 25 Jahren werden die Löhne ausnahmslos
um 32 % gekürzt; Rentenkürzungen;
Erhöhung der Mehrwertsteuer auf den Höchstsatz,
Schließung oder Zusammenlegung von 1967
Schulen...
Fünf
Jahre Rezession und drei Jahre Sparprogramme
haben die griechische Wirtschaft zerrüttet
und den Lebensstandard der Menschen zerstört.
Die Arbeitslosigkeit liegt bei rund 21 %, die
Jugendarbeitslosigkeit nähert sich der
50 % Marke. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung
lebt offiziell in Armut.
Der Widerstand
der Massen nimmt zu und führt zum Aufbrechen
der bestehenden politischen Strukturen und Parteien.
Die parlamentarische Demokratie ist eine Fiktion.
Premierminister Lukas Papademos ist von niemandem
gewählt, die Sparmassnahmen sind im Parlament
von Parteien verabschiedet worden, die immer
weniger von der Bevölkerung unterstützt
werden, Parlamentsabgeordnete, die gegen das
Sparpaket stimmten oder sich der Stimme enthielten
wurden aus den Parteien ausgeschlossen. Das
Diktat der Troika wird durchgepeitscht.
Rund 100‘000
Menschen haben sich Mitte Februar zu Protesten
gegen die neue Runde von Arbeitsplatzabbau,
Lohn- und Rentenkürzungen eingefunden.
Jugendliche und Polizisten lieferten sich Strassenschlachten,
Gebäude, darunter etliche Banken, wurden
in Brand gesetzt.
Die sozialen
Kämpfe in Griechenland machen Mut, zeigen
aber auch gleichzeitig die Schwierigkeiten auf,
welche eine neue, klassenkämpferische Linke
zu überwinden hat. Am Freitag, 13. April
2012 diskutieren wir mit einer jungen Aktivistin
aus Griechenland, Mitglied der Internationalist
Worker’s Left/Internationalistischen Arbeiterlinken
(DEA) über die Situation in Griechenland
– insbesondere auch der Jugend –
und über Realitäten und Perspektiven
des Widerstandes und des Klassenkampfes.
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