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Zahnlose „flankierende Massnahmen“

Gewerkschaftsrechte und Personenfreizügigkeit

Der vom schweizerischen Recht gewährte Schutz der „ArbeitnehmerInnen“ vor Entlassungen kann füglich als miserabel bezeichnet werden. Insbesondere für Gewerkschaftsmitglieder und -aktivistInnen gibt es keinen wirksamen Kündigungsschutz. Die schweizerischen Grossunternehmer verletzen somit internationales Recht und missachten insbesondere die Vereinigungsfreiheit.

Romolo Molo *

1. Die Schweiz schützt die Gewerkschaftsrechte zu wenig und verletzt somit internationales Recht. So hat der Ausschuss für Vereinigungsfreiheit der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO/ILO) entschieden, in einem dem ILO-Verwaltungsrat vorgelegten Zwischenbericht [ 1 ]. Geklagt hatte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB).

Die Gewerkschaftsrechte gehören zu den Menschenrechten [ 2 ]! Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hatte elf Kündigungsfälle geltend gemacht, dessen mißbräuchlicher, antigewerkschaftlicher Charakter vor den Gerichten anerkannt worden war.

In offensichtlicher Abweisung des Antrags des Bundesrats hat der Ausschuss für Vereinigungsfreiheit die Schweizer Regierung aufgefordert, gemeinsam mit „Arbeitnehmenden und Arbeitgebern“ die Lage zu überprüfen und die nötigen "Maßnahmen zu ergreifen, damit ein derartiger Schutz in der Praxis auch wirklich gewährleistet wird" .

Nach den Grundsätzen der ILO schützt eine Rechtsordnung die Vereinigungsfreiheit nur dann, wenn eine antigewerkschaftliche Kündigung aufgehoben und eine Wiedereinstellung verfügt werden können . Die gegenwärtige schweizerische Gesetzgebung sieht für solche Fälle aber nur die Möglichkeit einer bescheidenen Entschädigung in der Höhe von maximal sechs Monatslöhnen vor, praktisch zudem meistens auf drei Monatslöhne begrenzt.


2. Im November 2003 forderte der Schweizerische Gewerkschaftsbund zu den flankierenden Maßnahmen im freien Personenverkehr: "Anpassungen im Arbeitsrecht : ...Zweitens muss der Kündigungsschutz für gewählte ArbeitnhmervertreterInnen verbessert werden. Denn die tripartiten Kommissionen werden auf Auskünfte der PersonalvertreterInnen angewiesen sein. Solange diese aber nur über einen sehr schwachen Kündigungsschutz verfügen, ist es unrealistisch, auf solche Auskünfte zu hoffen.“


3. Der Entscheid des Ausschusses für Vereinigungsfreiheit der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO/ILO) beweist einmal mehr, wie schlecht die Schweizerische Gesetzgebung die Grundrechte am Arbeitsplatz schützt. Wohlgemerkt: Gerade der Schutz und die Erweiterung der ArbeitnehmerInnenrechte wurden vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) in einem Positionspapier beschlossen, der am SGB-Kongreß im Oktober 2002 einstimmig angenommen wurde und dem man nur beipflichten kann.

Es kann nicht hingenommen werden, daß der Bundesrat diese bescheidene, aber wesentliche Erweiterung der Gewerkschaftsrechte weierhin ablehnt. ILO-Übereinkommen Nr 98, welches die Vereinigungsfreiheit schützt, zählt zu den „grundlegenden Prinzipien und Rechten bei der Arbeit“, den so genannten Kernarbeitsnormen, ebenso wie das Verbot der Kinder- und Zwangsarbeit und der Geschlechterdiskriminierung. So ist die Schweiz verpflichtet, diese Grundrechte zu beachten. Zwar könnte der Bundesrat dieses Ubereinkommen kündigen, wie es einige „Arbeitgeber“ verlangen; dies würde die Absichten eines Flügels des Unternehmertums bezüglich der Einschränkung der demokratischen Rechte offen legen.


4. Im Dezember 2004 mußten die ArbeiterInnen des Zürcher Unternehmens Printpark ARO AG in den Streik treten, um die Wiedereinstellung eines ihrer gewählten Vertreter zu erreichen. Eine demokratische Rechtsordnung sollte den Lohnabhängigen auch andere Mittel zur Verfügung stellen, um sich zu wehren, falls sie es wünschen!


5. SchweizerInnen oder AusländerInnen, mit oder ohne Aufenthaltsbewilligung, jetzige und künftige „ArbeitnehmerInnen“: Alle sollen die Grundrechte ausüben können, welche die IAO/ILO schützt.
Im Vergleich zu den Nachbarländern ist der Kündigungsschutz in der Schweiz geradezu lächerlich und dies nicht nur, was die Vereinigungsfreiheit betrifft. In letzterer Hinsicht ist das Fehlen jeglichen Schutzes jedoch besonders auffällig.

In Frankreich und in Italien kann die ungerechtfertigte Entlassung von ArbeitnehmerInnenvertretern strafrechtlich geahndet werden. In Deutschland und in Österreich dürfen Betriebsratsmitglieder nur mit gerichtlicher Zustimmung entlassen werden.

Im Zeitalter des freien Personenverkehrs darf die Schweiz nicht länger, und zwar für alle Lohnabhängigen, eine rechtlose Insel mitten in Europa bleiben!


6. Da die „Arbeitgeber“ und der Bundesrat es ablehnen, die Vereinigungsfreiheit gerade dort wo sie am notwendigsten ist - am Arbeitsplatz - zu schützen, sind flankierende Maßnahmen, die diesen rechtlichen „Sonderfall“ billigen, abzulehnen.

Alle den Lohnabhängigen zur Verfügung stehende Mittel müssen eingesetzt werden, um die unverzügliche Einhaltung von IAO/ILO-Übereinkommen Nr 98 zu erreichen. Die Eidgenössischen Räte – deren Mehrheit den Lohnabhängigen nicht wohl gesinnt ist - werden keinerlei Massnahmen ergreifen, um Übereinkommen Nr. 98 praktische Geltung zu verschaffen, ohne durch die Mobilisierung der Lohnabhängigen und einer breiten Oeffentlichkeit dazu gezwungen zu werden.


* Romolo Molo ist Jurist und UNIA-Mitglied. Dieser Artikel ist in der französischsprachigen Zeitung der BFS, La brèche, Nr. 8, Januar 2005 erschienen.

Übers.: CB/MF


1. Das IAO-Abkommen 98 «über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen» von 1949 hält fest :
Art. 1
1. Die Arbeitnehmer sind vor jeder gegen die Vereinigungsfreiheit gerichteten unterschiedlichen Behandlung, die im Zusammenhange mit ihrer Beschäftigung steht, angemessen zu schützen.
2. Dieser Schutz ist insbesondere gegenüber Handlungen zu gewähren, die darauf gerichtet sind
a. die Beschäftigung eines Arbeitnehmers davon abhängig zu machen, dass er keiner Gewerkschaft beitritt oder aus einer Gewerkschaft austritt,
b. einen Arbeitnehmer zu entlassen oder auf sonstige Weise zu benachteiligen, weil er einer Gewerkschaft angehört oder weil er sich ausserhalb der Arbeitszeit oder mit Zustimmung des Arbeitgebers während der Arbeitszeit gewerkschaftlich betätigt. (SR 0.822.719.9).


2. Artikel 23 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hält in Absatz 4 fest:
«Jeder Mensch hat das Recht, zum Schutze seiner Interessen Berufsvereinigungen zu bilden und solchen beizutreten.» Diese Bestimmung wird bestätigt durch Art. 8 des internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 16. Dezember 1966 (SR 0.103.1).