Vermintes Gelände 
                                  Rechts 
                                    stellen sich der kollegiale Bundesrat, das 
                                    Parlament in seiner grosser Mehrheit und die 
                                    Arbeitgeberverbände auf. Sie prangern 
                                    die angeblichen Profiteure der Invalidenversicherung, 
                                    der Arbeitslosen-versicherung, der „Sozialhilfe“ 
                                    an und liefern sie dem Volkszorn aus; MigrantInnen 
                                    sind hier die bevorzugte Zielgruppe. Damit 
                                    kann gleich auf zwei Ebenen gepunktet werden: 
                                    Die Verschlechterung der Sozialversicherungen 
                                    für alle wird mit der angeblichen „Missbrauchsbekämpfung“ 
                                    kaschiert, und ein Teil der AusländerInnen 
                                    wird besonders ins Visier genommen (Menschen 
                                    aus Kosovo, Ex-Jugoslawien, Türkei...). 
                                    
                                  Sie 
                                    verschärfen die Überwachung aller 
                                    Lohnabhängigen (Erwerbslosigkeit, IV, 
                                    Absentismus usw.) und die polizeilichen Massnahmen 
                                    gegen die prekärsten Beschäftigten 
                                    (Asylsuchende, Papierlose), ganz zu schweigen 
                                    von den BettlerInnen (Repression gegen Roma). 
                                    Diese Politik von Law and Order greift auf 
                                    verschiedene Bereiche des sozialen Lebens 
                                    über: Fernüberwachung und Kontrolle 
                                    am Arbeitsplatz bis zum neuen Gesetz über 
                                    Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit 
                                    (BWIS). Damit wird eine alte Polizeitechnik 
                                    neu erfunden: Man spaltet die Leute in solche, 
                                    die „sich nichts vorzuwerfen haben“ 
                                    und in solche, die „sich allenfalls 
                                    etwas vorzuwerfen haben“. 
                                  Bewusst 
                                    werden zwei untrennbare Grundrechte auseinander 
                                    dividiert: Einerseits der freie Personenverkehr 
                                    und anderseits griffige Rechte zum Schutz 
                                    der Lohnabhängigen (Gewerkschaftsrechte 
                                    am Arbeitsplatz, gleicher Lohn für gleichwertige 
                                    Arbeit, Schutz gegen Lohnund Sozialdumping, 
                                    Recht auf Bildung und auf Schutz gegen Erwerbslosig-keit, 
                                    Rechte auf eine anständige Rente). Die 
                                    Untrennbarkeit dieser zwei Grundrechte wurde 
                                    mit den Bilateralen Verträgen mit der 
                                    EU mit Füssen getreten. Als Folge davon 
                                    wurde ein Konkurrenzverhältnis zwischen 
                                    den Lohnabhängigen geschaffen, das Verunsicherung 
                                    und ein Gefühl der Machtlosigkeit mit 
                                    sich bringt. Beides führt zu einer misstrauischen 
                                    Haltung im Stil „Alle gegen alle“ 
                                    und zu Fremdenfeindlichkeit. Heute zeigt sich 
                                    die Fremdenfeindlichkeit als Islamfeindlichkeit 
                                    und richtet sich speziell gegen aussereuropäische 
                                    MigrantInnen, während die „westlichen 
                                    Werte“ in der Form der „schweizerischen 
                                    Werte“ hochgehalten werden. 
                                  Gleichzeitig 
                                    werden die Eigentümer von Sklavenstaaten 
                                    wie Saudi-Arabien, den Arabischen Emiraten 
                                    oder bis vor kurzem der libyschen Diktatur 
                                    (welche bald auch wieder ein gern gesehener 
                                    Gast sein wird) empfangen, entweder ganz diskret 
                                    („Goldkoffer“ und Verträge) 
                                    oder mit grossem Pomp (Einladungen an schweizerische 
                                    Festivitäten wie im Fall der Stadt Genf 
                                    mit linker Regierungsmehrheit). 
                                  Grosskapitalisten 
                                    aus der ganzen Welt werden mit offenen Armen 
                                    begrüsst oder sogar abgeholt, damit Schweizer 
                                    Banken ihnen Schutz bieten können, während 
                                    man sich gleichzeitig im Zeichen von Schengen 
                                    am alltäglichen Krieg gegen aussereuropäische 
                                    Lohnabhängige an den Toren Europas beteiligt 
                                    (Teilnahme an der Schaffung von Lagern für 
                                    Flüchtlinge-Gefangene an den EUGrenzen, 
                                    von der Ukraine bis Libyen). 
                                  Realitätsverlust 
                                    
                                  Die 
                                    offizielle Linke ist in allen Exekutiven des 
                                    Landes vertreten. Grundsätzlich beteiligt 
                                    sie sich also, meist zusammen mit den Grünen, 
                                    an dieser Politik, in Zusammenarbeit mit der 
                                    Rechten auf kommunaler, kantonaler und Bundesebene. 
                                    Sie trägt Sparprogramme zulasten der 
                                    sozialen Ausgaben mit, welche die schwächeren 
                                    Teile der Bevölkerung treffen, und sie 
                                    steht zu den repressiven Massnahmen, die mehr 
                                    und mehr umgesetzt werden. 
                                  Die 
                                    Gewerkschaftsapparate verwalten gewissenhaft 
                                    die Bilateralen Verträge, die Zweite 
                                    Säule, die IV, die SUVA, die Arbeitslosenver-sicherung 
                                    usw., zusammen mit der „Wirtschaft“ 
                                    (d.h. mit den Patrons). Für diese Rolle 
                                    werden sie bezahlt (unter anderem über 
                                    die sogenannten „Solidaritätsbeiträge). 
                                    Die Gewerkschaftspresse erweckt den falschen 
                                    Eindruck, dass Sicherheitsmassnahmen am Arbeitsplatz 
                                    wirksam kontrolliert und Löhne überwacht 
                                    werden und dass Gesamt-arbeitsverträge 
                                    nicht systematisch verletzt werden. Faktisch 
                                    akzeptieren sie, dass die Rechte die letzten 
                                    Elemente von Kündigungsschutz aus dem 
                                    Gesetz streicht. Beispielsweise tun sie nichts 
                                    gegen die laufende Revision des Bundesgesetzes 
                                    über Schuldbetreibung und Konkurs, welche 
                                    die Entlassungsmöglichkeiten erweitert. 
                                    Entlassungen, die derzeit massenweise stattfinden, 
                                    werden bestenfalls im Rahmen von Sozialplänen 
                                    mitgestaltet. 
                                  Diese 
                                    Linke hat es schon lange aufgegeben, den tatsächlichen 
                                    Gegensatz in der Gesellschaft zu benennen, 
                                    nämlich den Widerspruch zwischen Kapital 
                                    und Arbeit. Damit verzichtet sie darauf, die 
                                    sozioökonomische Realität adäquat 
                                    abzubilden und den Lohnabhängigen Instrumente 
                                    in die Hand zu geben, um ihr Denken, ihre 
                                    Projekte und ihre Vorstellungen zu schärfen. 
                                    Diese Leere führt dazu, dass „manche 
                                    Leute, die durch die Krise mehrfach traumatisiert 
                                    sind, sich bei der Abstimmung von Protest 
                                    und Misstrauen, mehr noch als von Hass, haben 
                                    leiten lassen“ (Editorial Tribune 
                                    de Genève, 30.11.2009). 
                                  Die 
                                    Karte der Islamophobie 
                                  Diverse 
                                    Bestandteile der Politik der Rechten werden 
                                    entweder in Abstimmung mit der SVP oder unter 
                                    dem Druck dieser Partei entworfen und umgesetzt. 
                                    In diesem Fall werden die Massnahmen der Regierung 
                                    stets als das „kleinere Übel“ 
                                    dargestellt, um die - passive oder aktive 
                                    - Unterstützung der Vorlagen durch die 
                                    Sozialdemokratische Partei zu rechtfertigen, 
                                    welche an ihren beiden Bundesratssitzen klebt. 
                                    
                                  Selbst 
                                    die Kampagne der Regierungsparteien gegen 
                                    die Antiminarettinitiative liess die Grundzüge 
                                    dieser politischen Konstellation erkennen. 
                                    Über den Zusammenhang zwischen der Initiative 
                                    und der Gesamtpolitik der Regierung gegen 
                                    die MigrantInnen hat die offizielle Linke 
                                    geschwiegen. Wie Fremdfeindlichkeit die offizielle 
                                    „Handhabung von Migration“ untermauert, 
                                    was sich unter anderem in Form der Islamophobie 
                                    ausdrückt, auch darüber wurde geschwiegen. 
                                    Hingegen wurde lang und breit über die 
                                    Auslese zwischen „guten“ und „schlechten“ 
                                    Muslimen, „Integrierten“ und „Nicht- 
                                    Integrierten“, „Fundamentalisten“ 
                                    und „Gemässigten“ und natürlich 
                                    über die Terroristen gesprochen. All 
                                    dies war eine grosse Hilfe für die Initianten, 
                                    hinzu kam noch die Zensur ihrer Plakate. 
                                  Sobald 
                                    die Ergebnisse bekannt waren, bedankten sich 
                                    Freysinger & Co bei ihren Kontrahenten, 
                                    die sie absichtlich „politische Eliten“ 
                                    nennen. Diese „Eliten“ hatten 
                                    nichts Besseres zu tun als zu erklären, 
                                    die Stimmberechtigten hätten eben die 
                                    Abstimmungsfrage nicht verstanden. Die gleichen, 
                                    angeblich so dummen Wähler_ innen gelten 
                                    aber plötzlich als klug, wann immer sie 
                                    die Vorlagen der Regierung annehmen. 
                                  Was 
                                    die SVP angeht, so sammelt sie in der Tradition 
                                    der „patriotischen schweizerischen Rechten“ 
                                    Kräfte, die von der neoliberalen Wirtschaftsrechten 
                                    bis zu offen rechtsextremen Kreisen geht. 
                                    Beziehungen zu faschistischen Organisationen 
                                    gehören ebenfalls dazu. Mit einem so 
                                    breiten Spektrum kann die SVP immer mehrere 
                                    Karten spielen, damit sie eine Wählerschaft 
                                    konsolidieren kann, die dann als Trumpf in 
                                    den Verhandlungen innerhalb der Regierungskreise 
                                    dient. Die Antiminarettinitiative war eine 
                                    dieser Karten. In Krisenzeiten wird die SVP 
                                    anderen solchen Karten einsetzen. 
                                  In 
                                    Zeiten von Arbeitslosigkeit und Sozialabbau 
                                    gilt: Solange nicht klar gezeigt wird, wer 
                                    gegen wen und für wessen Interessen kämpft, 
                                    wird die SVP Wind in ihren Segel haben. Dafür 
                                    entwickelt sich die grösste Schweizer 
                                    Partei zum Profi in Sachen Plakatieren von 
                                    Sündenbockbildern. Die SVP wird anderen 
                                    Gesichtszügen einer rassistisch geprägten 
                                    Islamophobie ausnutzen. 
                                  Der 
                                    Fremdfeindlichkeit und der Islamophobie entgegenwirken