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Gesetzestexte… und die Realität!
Inhalt:
Kaufkraft im freien Fall
Lohnabhängige als Wegwerfartikel
Der produzierte Reichtum wird immer mehr
zu Gunsten der Reichen umverteilt
Seine Gesundheit ruinieren und noch dafür bezahlen
Sie reden von Reformen und machen Gegenreformen
Die Gewerkschaftsbosse verschliessen die Augen vor der Macht der Unternehmer und reichen ihnen die Hand
Verschlechterung der Beschäftigungsverhältnisse…im Namen der Schaffung neuer Arbeitsplätze!
„Objektive Verbündete“ der Fremdenfeinde? Ein alt bekannter stalinistischer Vorwurf

Kann man sich einverstanden erklären mit einem von Parlament, Behörden und Bossen gewollten Gesetz – das Paket über den freien Personenverkehr und die Begleitmassnahmen – ohne das Umfeld zu bedenken, in dem es entstanden ist?

Kann man die Kluft zwischen den Reden des Bundesrats und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Realität ausser Acht lassen?

Kann man die massiven Angriffe gegen alle Lohnabhängigen übergehen ? Die Liste ist lang: Erhöhung der Kranken-kassenprämien, eingefrorene Löhne, Entlassung von älteren Beschäftigten unter verschiedenen Vorwänden, Angriff gegen die öffentlichen Dienste im Namen der Sparpolitik, steigende Repression gegen AusländerInnen und AsylbewerberInnen usw. ?

Unsere Antwort auf diese Fragen kann nur NEIN lauten. Lohndumping und Prekarisierung der Arbeit sind seit 1991- 1992 mit der steigenden und dauerhaften Erwerbslosigkeit explodiert.

Es gilt, in Erinnerung zu rufen, dass zwischen dem 1. Januar 1993 und dem 31. Dezember 2002 1’204’403 Personen zeitweise von den Taggeldern der Arbeitslosenversicherung leben mussten. Während dieser Zeit war jede vierte Person in der Schweiz mindestens ein Mal arbeitslos (Sozialalmanach 2005, Caritas). Unter diesen Umständen sind die Ängste unter den Lohnabhängigen gross. Die Bosse nutzen diese Situation, um ihr Diktat im Nahmen der „zukünftigen Verbesserung der Beschäftigung“ durchzusetzen! In den anderen Ländern Europas handeln die Unternehmer genau gleich, mit Unterstützung einer EU-Kommission, die von der harten Rechten unter der Leitung des ehemaligen Maoisten José Manuel Barroso (Portugal) beherrscht wird.

Es ist nützlich, das Umfeld näher zu betrachten, in dem die Kombination „freier Personenverkehr“ und wirkungslose „flankierenden Massnahmen“ als Geschenk für die Beschäftigten aller Nationalitäten in der Schweiz präsentiert wird – in Tat und Wahrheit handelt es sich um eine Zeitbombe !

 

 

 




 


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Die Schweizer Tageszeitung Blick titelt: „42 % arbeiten für einen Hungerlohn“ (3. November 2004). Der Artikel zeigt auf, welch tiefe Löhne die Maler und Gipser hinnehmen müssen, und zieht den Schluss: „Die Baubranche ist nur die Spitze des Eisbergs. Im Gast- und Reinigungsgewerbe, in der Landwirtschaft und teilweise im Detailhandel vermuten Gewerkschaften ähnliche Zustände.“

Die Kaufkraft eines grossen Teils der Lohnabhängigen in der Schweiz entspricht – unabhängig von ihrer Nationalität, nicht den Vorstellung gewisser Schreiberlinge im Dienste des neoliberalen Konformismus.

Die jüngste Untersuchung des BFS (Bundesamt für Statistik, 23. November 2004) zeigt, dass die Hälfte der Haushalte ein verfügbares Äquivalenzeinkommen3 hat, das unter 3737 Franken im Monat beträgt. Zwanzig Prozent der Haushalte hatten 2002 ein Äquivalenzeinkommen von höchstens 2452 Franken im Monat!

Zwischen 2002 und 2003 hat die Zahl der armen ArbeiterInnen (die sogenannten Working Poor, die eine Vollzeitstelle oder eine gleichwertige Arbeitsstelle haben) um mehr als 15% zugenommen.

Im SonntagsBlick (5. Dezember 2004) zeigt Werner Vontobel, dass die Reallöhne seit 1993 gleich geblieben sind oder sogar abgenommen haben. Dies gilt umso mehr, wenn man die Erhöhung der Krankenkassenprämien, die veränderten Beiträge der Lohnabhängigen an die Pensionskassen (2. Säule) und die Mieterhöhungen berücksichtigt. Eine Studie des Schweizerischen Nationalfonds hat kürzlich gezeigt, dass in der Schweiz 553’000 Menschen in Armut leben, unter ihnen 232’000 Kinder.

Ein weiteres Beispiel: „Die rund 300‘000 Beschäftigen des Verkehrsund Transportgewerbes sind dem globalen Lohndruck besonders ausgesetzt. In den letzen Jahren sanken die realen Löhne in dieser Branche um drei Prozent.“ (SonntagsBlick, 26.September 2004) Gewisse Gewerk-schaftsführer sollten die Artikel dieser populären Zeitung lesen, statt selbstzufrieden nach ihrem Portrait darin zu suchen…

Le Temps, tonangebende Tageszeitung in der Westschweiz, spricht Klartext: „Für die Wirtschaftskreise ist der freie Personenverkehr ein zentraler Bestandteil der zukünftigen Wirtschaftspolitik.“ (4. Januar 2005)

Und das ist auch folgerichtig, denn es handelt sich um ein Mittel, die „Lohnkosten“ zu senken“. Der Begriff täuscht insofern, als er glauben macht, dass die Beschäftigten kosten, während sie in Wirklichkeit einen Mehrwert produzieren, den sich die Eigner des Grosskapitals immer mehr aneignen. Denn diese sind keine Menschenfreunde…

Die Schlussfolgerung ist einfach: Das „Paket“, das von den Bossen und diversen Gewerkschaftsspitzen verteidigt wird, erfüllt eine präzise Funktion. Unabhängig von den Absichten der aktuellen Gewerkschaftsleitung wird es mittelfristig zur beschleunigten Senkung der Kaufkraft (Lohnkosten) führen – und zwar im Namen der Verteidigung des Strandorts Schweiz, der „Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft“.
Kaufkraft im freien Fall

 

 

 




3. Das Äquivalenzeinkommen berücksich-tigt die Grösse der Haushalte und wird nach Abzug von Steuern, Beiträge an Sozial-versicherungen und anderer obligatorischer Abzüge berechnet. Es vermittelt also eine Vorstellung der Kaufkraft.

 

 


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Die Prekarisierung der Arbeitsbedingungen wird immer massiver. Die Schweizer Wirtscha ftszeitung Cash sagt dazu folgendes: „Und viel schneller sind die Unternehmen heute bereit, jene Mitarbeiter ziehen zu lassen, die ihren Erwartungen nicht mehr genügen.“ (23. Dezember 2004)

Die jährliche Studie von Credit Suisse bestätigt die Auswirkungen dieser Politik, die bezeichnend für die Funktionsweise des aktuellen wirtscha ftlichen Systems ist: „Auch die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes ist nach wie vor berechtigt. Arbeitslosigkeit ist immer noch an der Spitze der Sorgenbarometers von Herrn und Frau Schweizer… 69 Prozent bangen um ihren Job, das ist seit 1995 der höchste Wert.“ (Cash, 23. Dezember 2004)

Ein Vertreter des SAH (Schweizerisches Arbeiterhilfswerk) beleuchtet im Wallis einen anderen Aspekt der Politik zur Prekarisierung der Arbeitsbedingungen: „Es ist eine starke Zunahme von prekären Arbeitsplätzen zu beobachten. Dies hängt damit zusammen, dass die Arbeitgeber immer ö fter einen Kern von festen Stellen behalten und gleichzeitig eine Anzahl von ArbeiterInnen nach Bedarf einsetzen“. (Le Courrier, 23. Dezember 2004)

Die weitgehende Freiheit, die sich die Bosse vorbehalten, Lohnabhängige „à la carte“ zu beanspruchen, ist offensichtlich. Insbesondere wenn sie über eine erweiterte Reserve von Arbeitskräften verfügen, um in ihrer Sprache zu sprechen. Für die Lohnabhängigen werden hingegen keine Rechte und Grenzen gegenüber den Bossen festgelegt und verteidigt.

Das „Geschenk“ an die Bosse muss klar abgelehnt werden – durch ein Referendum und durch Mobilisierungen, so bescheiden sie auch sein mögen, damit die Lohnabhängigen Bedürfnisse zu ihrem Schutz in verstärkte Rechte (das heisst Gesetze) umsetzen können. Solche Gesetze sind Ausdruck eines Kräfteverhältnisses. Dieses gilt es aufzubauen. Die Gesetze des Pakets „freier Personenverkehr und Begleitmassnahmen“ bedeuten hingegen ein „Kompromiss“, der in die Sackgasse führt.
Lohnabhängige als Wegwerfartikel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

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Wir müssen mehr und schneller arbeiten, während die Löhne stagnieren. Das Resultat ist klar: einen grösseren Teil des produzierten Mehrwerts eignen sich jene an, die das Produktionssystem kontrollieren. Sie benutzen immer häufiger Subunternehmer und Zulieferer, die sie miserabel bezahlen. Somit sind die Zuliefererbetriebe gezwungen, die Beschäftigten knapper zu halten und sie noch mehr auszubeuten. Am Ende der Kette fliessen die Gewinne in die Tasche der Auftraggeber, im Bau, in den Fabriken, in den Einkaufszentren oder im Informatikdienst der Banken und Versicherung…

Einige Zahlen zeigen die Situation deutlich.
1. Die reale Kauf-kraft der Lohnabhängigen ist 2004 nicht gestiegen, und wird es auch 2005 nicht tun. Hingen explodieren die Dividenden. Dividenden sind der Anteil am Unternehmensgewinn, der den Aktionären ausgeschüttet wird. Die Zunahme seit 2003 wird von Analysten folgendermassen geschätzt: Swatch: 10,43 %; Swisscom: 24 %; Nestlé: 13,88 %; Serono: 8,68 %; Givaudan: 5,31 %; Novartis: 9,67 %;Adecco: 30,44 %; Bâloise: 24,44 %; Clariant: 15,62 %; Syngenta: 17,98 %. Nun besitzen weniger als 5% der Schweizer Haushalte grosse Aktienpakete (nur gerade 17,5 % besitzen überhaupt Aktien).

Diese Konzerne zögern nicht, Beschäftigte zu entlassen, um ihre Profite zu steigern, den Kurs ihrer Aktien in die Höhe zu treiben und höhere Dividenden auszuschütten. Swisscom (62,7 % ihrer Akten gehören dem Bund) hat zwischen September 2003 und September 2004, 570 Stellen abgebaut. Clariant streicht in Basel 280 Arbeitsplätze; Givaudan (weltweit führend bei den Aromaproduktion, von Nestlé kontrolliert) baut 300 Stellen ab, um 67 Millionen pro Jahr zu „sparen“. So sieht die Politik der Bosse aus, die das „Paket“ des Bundesrats unterstützen !

2. Seit 1990 hat die Schweizer Industrie 220’000 Stellen verloren. Jedoch ist der Wert der Produktion um 38 % gestiegen ! Somit ist der Anteil der Löhne an jedem produzierten Gut stärker gesunken, als in vergleichbaren Ländern. Die zufriedenen Aktionäre haben sich einen grösseren Teil des produzierten Reichtums angeeignet.

Zwei Ökonomen aus dem Umfeld der französischen Sozialdemokraten beschreiben, was in Frankreich, Deutschland wie auch in der Schweiz praktiziert wird: „Die Strategie der Unternehmen zielt in erster Linie darau f ab, die Aktionäre zu schützen… Das Risiko wird zunächst durch aggressive Umstrukturierungen und Massenentlassungen au f die Lohnabhängigen abgewälzt… Das Risiko wird aber auch durch ständige Senkung der Steuerlast für das Kapital auf die Öffentlichkeit verschoben.“ (Michel Aglietta und Antoine Rebérioux, Dérives du capitalisme financier, 2004)

Das „Paket“, das uns dieser „Rütlischwur“ des 21. Jh. – unter Beteiligung der Bosse, des Bundesrats und der Gewerkschaftsspitzen – vorschlägt, soll das Vermögen der grössten Aktionäre noch weiter steigern. Es sind dieselben, die bereits in Genuss der Steuergeschenke von Bundesrat Hans-Rudolf Merz kommen. Eine neuere Studie besagt, dass 3 Promille der Haushalte (d.h. 12’119 aller Haushalte) 24 % des Reichtums in ihren Händen konzentrieren. Auf der anderen Seite besitzen 60 % der Haushalte ein Vermögen von maximal 50’000 Franken (Cash, 18. November 2004). Ist diese unheimliche Konzentration des Reichtums wirklich nur „Sparguthaben für ihre alten Tage“?

Der Klub der gefrässigen Aktionäre stellt nicht „die Schweiz“ dar, auch wenn er sie teilweise kontrolliert. Der Reichtum der Schweiz ist das Produkt der Arbeit der Lohnabhängigen aller Nationalitäten, die in der Schweiz arbeiten.

Das offerierte „Paket“ zielt darauf ab, unter den Beschäftigten eine aggressive Konkurrenz zu entfachen. Folge davon ist, dass die Beschäftigten noch mehr getrennt und gespalten werden. Damit werden die wenigen kollektiven Rechte vernichtet, die mit Hilfe einer kämpferischen Gewerkschaftspolitik die Einheit der Lohnabhängigen erleichtern könnten, damit diese den organisierten Bossen und dem Diktat der grossen Aktionäre etwas entgegen setzen können.

Der produzierte Reichtum wird immer mehr
zu Gunsten der Reichen umverteilt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




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Einige arbeiten zu viel, während andere arbeitslos sind. Prekarisierungder Beschäftigung, Erwerbslosigkeit und Stress zahlen die Lohnabhängigen mir ihrer Gesundheit: Immer mehr Menschen sind physisch und psychisch belastet. Das Bundesamt für Statistik (BFS) schätzt, dass mehr als vier von zehn Beschäftigten leiden: „eine grosse Anspannung an der Arbeit, so gross, dass Rückenschmerzen, Migräne, Schlaf-losigkeit das Leben belasten… Die Arbeitsbedingungen haben sich seit 1997 merklich verschärft.“ (Tribune de Genève, 1./2. November 2003). Diese Studie aus dem Jahr 2003 wird von einer neueren Untersuchung bestätigt, deren Ergebnisse noch alarmierender sind.

Dieser Stress führt zu Krankheiten. Die Kosten dafür betragen 4,3 Milliarden Franken. Nun ist aber die Beteiligung der Haushalte (das sind grossmehrheitlich Lohnabhängige) an der Finanzierung der „Gesundheitskosten“ von 57,3 % im Jahr 1975 auf 66 % im Jahr 2003 gestiegen. Die Lohnabhängigen ruinieren ihre Gesundheit bei der Arbeit und zahlen die gleichen Krankenkassenprämien wie die Aktionäre, die von deren Arbeit leben! Letztlich sind es die Lohnabhängigen, welche die Krankenkassen zum grössten Teil finanzieren.

Warum stellt die offizielle Linke keinen klaren Zusammenhang her zwischen den Arbeitsbedingungen und den sogenannten Gesundheitskosten ? Die Westschweizer Organisation Mouvement Populaire des Familles zeigt diesen Zusammenhang auf in ihrer Antwort an den Bundesrat über die Revision der Krankenversicherungsgesetzes (KVG) (Monde du travail, Oktober 2004).

Dieses Zögern über den Zusammenhang zwischen Arbeit und Gesundheit zu sprechen kommt nicht von ungefähr.Würden die Verantwortlichen von SPS und SGB diese lebenswichtige Frage anschneiden, so müssten sie eine durchdachte und entschlossene Gegenoffensive gegen die Regierung (Couchepin und Konsorten) und gegen die Politik der Bosse starten. Diese Gegenoffensive müsste sich im sozialen und politischen Bereich wie auch am Arbeitsplatz zeigen. Das wollen die betreffenden Verantwortlichen nicht, denn sie nehmen an zu vielen offiziellen Gala-Dinners teil.

Die Initiative der SVP zur KVG-Revision ist in diesen Kontext zu stellen: Sie sollte eigentlich folgenden Titel tragen: „Für die Leistungssenkung und Abbau der Solidarität in der Grundversicherung“.

Wird das „Paket“ an der Abstimmung im September an den Absender zurück geschickt, so kann endlich ein Problem aufgeworfen werden, das für alle Lohnabhängigen zentral ist: Die gewollte, verschärfte Konkurrenz zwischen den Arbeitenden nagt tagtäglich an ihrer Gesundheit. Menschen über 40 spüren die Belastung zunehmend, selbst wenn sie die Empfehlungen befolgen und Jogging und andere Sportarten betreiben.

Seine Gesundheit ruinieren und noch dafür bezahlen

 

 

 


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Gesine Schwan, Präsidentin der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt an der Oder), hält fest: „Heute verbirgt sich hinter dem Begriff Reform für die meisten ein Abbau von Mitbestimmung, sozialer Sicherung und Lebensstandard". (Tages-Anzeiger, 3 1. Dezember 2004)

Hinzuzufügen bleibt, dass die Rechte ihre Interessen und ihren Wortschatz den institutionellen Linken aufgezwungen hat. Dies ist in der aktuellen Debatte über das Paket „freier Personenverkehr und Begleitmassnahmen“ wichtig.

Beispiel: Hans-Jürg Fehr, Präsident der Sozialdemokratischen Partei Schweiz (SPS), behauptet in Finanz und Wirtschaft, der Zeitung der Zürcher Finanzkreise: „Wir stehen auf dem Boden einer marktwirtschaftlichen Ordnung, was nicht das Gleiche ist wie Kapitalismus.“ ( 15. Dezember 2004) Hören wir das Urteil des bedeutenden amerikanischen Ökonomen John Kenneth Galbraith über solche Klischees: „Wird 'Kapitalismus‘ beschönigend 'Marktwirtschaft‘ genannt, so wird damit nur ein absurde Täuschung über die Realität in den Unternehmen verbreitet… Ein solcher Ausdruck verschleiert die wirtscha ftliche Macht… Es gibt nur den unpersönlichen Markt. Dies ist ein Schwindel. Ein nicht ganz unschuldiger.“ (The Economics of Innocent Fraud.Truth for Our Time, Boston 2004)

Diese Bemerkung trifft den Kern einer laufenden Debatte. Die Spitzen von SPS und SGB verneinen die Konfrontation zwischen den Interessen der Kreise, die den Lohnabhängigen ihren Willen aufzwingen – weil sie die grossen Industrie- und Finanzkonzerne besitzen – und den Bedürfnissen der Mehrheit der Menschen, die den Reichtum produzieren. Aber die Beschäftigten kontrollieren weder die Nutzung (Investitionen, damit verbundene Arbeitsplätze,Art der Produkte), noch die Verteilung dieses Reichtums.

Während die Krise des Systems und die neoliberale Politik den sozialen Rückschritt durchsetzen, verschärft sich heute die Konfrontation zwischen den gesellschaftlichen Klassen. Diese neue Qualität der Auseinandersetzung zeigt sich auch in den offenen Angriffen, die unter der Leitung von Couchepin, Merz, Blocher, des Arbeitgeberverbands und von economiesuisse lanciert werden, bei denen immer die Dringlichkeit von „Reformen“ im Zentrum steht.

Angesichts dieses unausgesprochenen sozialen Krieges will die „offizielle“ politische und gewerkschaftliche Linke die Gegenreformen reformieren. Sie will „runde Tische“ mit „den Partnern“, um den „Arbeitsfrieden“ weiterzuführen, während die sich die Bosse und die Behörden arrogant über diesen „Arbeitsfrieden“ hinwegsetzen.

Auf ihre eigene Art reitet die offizielle Linke auf der Welle der – verständlichen – Angst der Lohnabhängigen vor Arbeitslosigkeit und Spaltung. Sie sagt ihnen:„Wir haben in einer schlechten Situation noch das Beste herausgeholt“. Auf Grund dieser Logik hat sie auch das Paket „freier Personenverkehr und Begleitmassnahmen“ akzeptiert. Aber sie geht noch weiter, indem sie das Paket aktiv „verkauft“, zusammen mit den Kreisen, die den Angriff auf die Beschäftigten vorantreiben.

Erwin Jutzet, SP-Nationalrat (Fribourg), Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, erklärt: „Es wird eine umfassende Informationsarbeit [sic!] nötig sein. Und eine gute Koordination zwischen den befürwortenden Kreisen. Diese sind zahlreich, von der Linken bis zur Rechten, Gewerkschaften, economiesuisse, Gewerbeverband, Tourismusbranche, Banken, Nahrungsmittelindustrie und Polizeikorps.“ (L’Agefi/ L’Impartial, 20. Dezember 2004) Jutzet hat offenbar die Ohrfeigen vergessen, die diese scheinbaren, momentanen Verbündeten der SP verpasst haben. Für den grössten Teil der SPS ist die einzige soziale und politische Perspektive „Die EU über alles!“ 4

Eine andere – politische, gewerkschaftliche und ethische – Perspektive versucht die Bedingungen dafür zu schaffen, dass morgen möglich wird, was heute unmöglich ist. Dafür treten wir ein. Dies ist die Perspektive, in der sich die GewerkschafterInnen und sozialen und politischen AktivistInnen engagieren, die es ablehnen, zu verschweigen, was inakzeptabel ist (sei es am Arbeitsplatz oder die vielfältigen Diskriminierungen und Ungleichheiten in der Gesellschaft) und einen absurden Schleier über die Realität zu werfen, wie Galbraith sagt.

Wie Tausende von Lohnabhängigen verstehen sie, dass das vorgeschlagene „Paket“ ein Instrument ist, das die Unternehmer gegen alle Lohnabhängigen einsetzen werden, die heute oder morgen in der Schweiz arbeiten. Gemeinsam müssen sie auf vielfältige Weise ihre Ablehnung zum Ausdruck bringen.

Sie reden von Reformen und machen Gegenreformen

 

 

 

















































4. Die Entwicklung der Europäischen Union ist in doppelter Hinsicht negativ. Einerseits ist die EU zu einem kontinentalen Labor für neokonservative Gegenreformen geworden. Die neue EUKommission verkörpert diese Orientierung. Anderseits führen die Frustrationen, die durch die wirtschaftliche und soziale Krise verursacht werden, zu chauvinistischen und reaktionären Haltungen, die sich in allen Ländern Europas unter der Leitung der Regierungschefs verbreiten, wie in Italien, Holland und anderswo. Hinzu kommt ein Wiederaufstieg des Militarismus im Namen eines starken Europas, das sich in Lateinamerika (durch die Beteiligung an Privatisierungen),Asien oder Afrika bereichert. Oft ist es die Sozialdemokratie, wie in Deutschland oder Grossbritannien, die Aufrüstung und Sparpolitik durchsetzt. Die EU ist nicht der grosse Austausch der Kulturen, den uns gewisse Kreise weismachen wollen. Heute besteht die EU und die Politik der Regierungen der EU-Länder vor allem in sozialem Rückschritt, was nur zu einem kulturellen Rückschritt führen kann. Diese EU ist nicht jene der Lohnabhängigen, sondern die EU des Aristokraten Giscard d’Estaing und des von Schröder beauftragten Zerstörers sozialer Errungenschaften, Peter Hartz..
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Die Sonntagspresse titelt: „Ein neuer Import-Schlager: Arbeiter zum halben Preis!“ (SonntagsBlick, 24. Oktober 2004). Und UNIA-Präsident Vasco Pedrina musste Seite an Seite mit Renzo Ambrosetti bei einer Pressekonferenz am 21. Oktober 2004 zugeben : Die Lage habe sich seit Juni 2004 verschlechtert… Es werde für 18 Franken gearbeitet, obwohl der GAV (Gesamtarbeitsvertrag) einen Lohn von 28 Franken vorsehe.

Angesichts dieser Verhältnisse – die es schon seit langer Zeit gibt, vor allem in ausgelagerten Bereichen – flehen die Gewerkschaftsbonzen die Unternehmer an: „Der SGB ruft eher mit zitternder Stimme die Unternehmerverbände in den Kantonen dazu auf, nicht das Spiel der nationalistischen Rechten zu spielen.“ (L’Agéfi, 22. Dezember 2004)

Damit beruhigen sie also die durch diese Unternehmer beschäftigten Arbeiter! Dafür servieren sie genauso dieser nationalistischen Rechten gewissermassen auf einem Tablett aus Aluminium reihenweise verunsicherte Lohnabhängige, die keinen Pol des Widerstands und der Alternativen zu erkennen vermögen, der ebenso entschlossen handeln würde wie „die da oben“!

Weil die Gewerkschaften die Lohnabhängigen im Stich lassen, kann die nationalistische Rechte mit Erfolg eine Kampagne „gegen die Politiker“ führen. Sie stützt sich auf das teilweise richtige Gefühl, dass „die sowieso nur das tun, was sie wollen.“

Dieses abgekartete Spiel zwischen Unternehmern und Gewerkschaftsverantwortlichen bringt – genau wie die Verwendung des Begriffs „Marktwirtschaft“ statt Kapitalismus – den Willen zum Ausdruck, die Augen zu verschliessen vor der Funktionsweise der grossen Firmen, die die Gesetze in diesem Land letztlich machen. Doch ein grosser Spezialist des Arbeitsrechts, Gérard Lyon-Caen, hat einmal geschrieben: „Das ist eine Täuschung. Das Unternehmen wollte nie eine demokratische Gesellschaft sein. Sein Gesetz ist der Profit.“ Und Jean-Michel Servais von der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) fügt hinzu: „Wir müssen daran erinnern, dass das Arbeitsverhältnis ein Verhältnis von Macht und Unterwerfung ist, mit allen Risiken des Missbrauchs, wie irrational diese auch immer erscheinen mögen.“5

In der Praxis bedeutet dies genau das, was der Wirtschaftsjournalist Vontobel, ein ehemaliger Berater von Vasco Pedrina, schreibt: „Für den Arbeitgeber ist es so leicht wie noch nie, teure Arbeitskräfte durch günstigere zu ersetzen.“ (SonntagsBlick, 24. Oktober 2004) Diese Allmacht der Unternehmer erfasst sowohl den Bau als auch die Banken. Eine aktuelle Studie des Gesundheitsökonomen Gianfranco Domenighetti über die Bankangestellten zeigt auf, dass der verbreitete Konsum von Medikamenten (Beruhigungsmittel, Antidepressiva) stark mit dem Stress verknüpft ist, den die „Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und die mangelnde Solidarität unter den Mitarbeitern“ erzeugen (Le Temps, 30. Dezember 2004).

Allzu oft spielt die Gewerkschaftspolitik in einer Tonlage des SGB-Chefökonomen Serge Gaillard, der sich in den folgenden Worten an die Unternehmer wendet: „Sie haben es in der Hand, weiterhin Schweizer zu anständigen Löhnen zu beschä ftigen – dann steigt die Arbeitslosigkeit nicht“ (Blick, 28. Dezember 2004)

Diese Haltung wirkt sich in dreifacher Hinsicht negativ auf die Gewerkschaftsarbeit (die nicht mit gewissen Gewerk-schaftsapparaten verwechselt werden sollte) aus.

1. Die faktische oder bewusste Komplizenschaft mit den Unternehmern treibt die Chefs der kümmerlichen Gewerkschaftsapparate dazu, innerhalb der Gewerkschaft keine wirkliche Kritik zuzulassen. Langsam aber sicher eignen sie sich die harte Haltung der Unternehmer in dieser Hinsicht an. Sie stellen sich gegen die gewerkschaftliche Demokratie, im gleichen Ausmass wie sie den Schwindel von den demokratischen, an den „Bürgern“ und an der „sozialen Verantwortung“ orientierten Unternehmen in der Öffentlichkeit verbreiten helfen. Doch im kapitalistischen System kann dies nicht die Aufgabe eines Unternehmens sein, um so weniger, als es in einer scharfen Konkurrenz zu anderen Unternehmen steht.

2. In seinem Stossgebet an die Unternehmer schreckt Serge Gaillard – der denjenigen, die das „Paket ablehnen, vorwirft, das Spiel der fremdenfeindlichen Kräfte zu spielen – nicht davor zurück, eine nationale Bevorzugung zu betonen: Es geht ihm um die Löhne der Schweizer!

Das ist ein schönes Beispiel für diese Gewerkschaftspolitik, die – schon seit langer Zeit – den zugewanderten ArbeiterInnen Positionen in den hintersten Reihen zuweist und sie lange warten lässt, bevor man sie wirklich anerkennt – genau wie auf der Einwohnerkontrolle.

3. Die gesamte Argumentation der Gewerkschaftsdynastien wird sich – je näher die Abstimmung kommt – auf die Notwendigkeit konzentrieren, dieses für die Lohnabhängigen vergiftete „Paket“ zu akzeptieren, weil es die schweizerische Wirtschaft begünstigt. Ein alt bekanntes Argument, dessen Wahrheitsgehalt die ArbeiterInnen überprüfen können, indem sie die Profite der Unternehmen und das Einkommen der grossen Bosse mit ihrem Lohnausweis und der Entwicklung ihrer Arbeitsbedingungen vergleichen.

In dieser Hinsicht dürfen wir die Goldmedaille dem SP-Nationalrat Jean-Noël Rey (Wallis) verleihen, dem Chef des (von der französischen Post kontrollierten) Privatunternehmens DPD. Er freut sich über die bilateralen Verträge, denn dadurch „sind die Interessen des Finanzplatzes gerettet und auf vertraglicher Ebene dauerhaft abgesichert.“ (Le Peuple Valaisan, 3. Dezember 2004) In seinen Augen wirken sich die Abkommen von Schengen und Dublin in erster Linie positiv auf die helvetischen Banken aus.Wir können sicher sein, dass dieser protzige ehemalige PTT-Chef im September 2005 auf die „fremdenfeindliche Gefahr“ hinweisen wird, welche durch das linke Referendum verstärkt werde.

Wenn es die Bedingungen für eine demokratische Diskussion gibt, werden sicherlich zahlreiche Lohnabhängige dieses „Paket“ nicht in Empfang nehmen. Sie werden es ablehnen, im Namen der Verteidigung ihrer Würde,weil sie sich nicht so offensichtlich täuschen lassen, und auch im Namen einer anderen Politik mit konkreten Forderungen.

Die Gewerkschaftsbosse verschliessen die Augen vor der Macht der Unternehmer und reichen ihnen die Hand

 

 

 

























5. Beide Zitate in Mélanges en l’honneur de Jean-Marie Verdier. Droit syndical et droits de l’homme à l’aube du XXIe siècle. Dalloz, 2001.


 
























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Die Arbeitslosigkeit verharrt seit 1993 konstant auf hohem Niveau. Das wissen wir bereits. In den Jahren 2005-2006 wird sie nicht verschwinden. Es würde ein Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) von ca. 2.5 % brauchen, damit die Beschäftigung wirklich ansteigt. Davon sind wir weit entfernt. Die Credit Suisse hat für 2005 nur 1.6% vorausgesagt, die KOF/ ETH nur 1.8 %, die UBS ebenfalls 1.8%. Und in der Regel sind diese ökonomischen Wetterfrösche allzu optimistisch…

Vor diesem Hintergrund tiefer Wachstumsraten haben die Unternehmer entschieden, einen Motor mit drei Zylindern zu fahren: „zuviel Arbeit“ für viele Menschen; „keine Arbeit“ für 158’416 Personen im Dezember 2004; „ungesicherte Arbeit“ für immer mehr Lohnabhängige, egal welchen Pass sie haben.

Mit dem „freien Personenverkehr“ ohne in ganz Europa verbesserte soziale Rechte und ohne den Ausbau der sozialen Rechte in der Schweiz, wird dieser Motor wie geschmiert und noch schneller laufen. Denn der Benzinpreis (der Preis der Arbeitskraft) sinkt.

Das Schema ist einfach zu verstehen. Hunderttausende von Lohnabhängigen erfahren es am eigenen Leib (siehe Kasten in der rechten Spalte).

Dieser Rückschritt wird im Namen der Beschäftigungspolitik gemacht. Gemeint ist aber keineswegs die Vollbeschäftigung. Das Ziel der Unternehmer besteht darin, den Beschäftigungsgrad gewisser Bevölkerungsschichten (Frauen, Junge, usw.) zu erhöhen, um über mehr Lohnabhängige zu verfügen, die zu einem tieferen Preis (Lohn) mehr arbeiten. Und dies auch nach der Pensionierung, denn die Renten der AHV und der 2. Säule erlauben es immer weniger, die bestehenden Bedürfnisse zu befriedigen.

Das „Paket“ enthält zusätzliches Benzin, um diesen Motor des sozialen Rückschritts am Laufen zu halten. Um diese verrückte Maschinerie zu stoppen, müssen wir Schritt für Schritt die Bedingungen dafür schaffen, dass sich in Zukunft andere, gerechtere soziale Verhältnisse entwickeln können. Ein NEIN im September 2005 ist ein Schritt auf diesem langen, schwierigen Weg. Es ist moralisch besser, aufrecht zu gehen, statt vor den „Wirtschaftskapitänen“ und ihren politischen Verwaltern auf die Knie zu gehen.

Verschlechterung der Beschäftigungsverhältnisse
im Namen der Schaffung
neuer Arbeitsplätze!

Ein einfaches und bekanntes Schema

Flexibilisierung der Arbeit
(Jahresarbeitszeit, Überstunden, die durch Ferien ausgeglichen werden, wenn überhaupt)



Schwächung des Arbeitsrechts
(Revision des Arbeitsgesetzes 1998)



anhaltende Arbeitslosigkeit bei schwachem Wirtschaftswachstum, weil die Stagnation der Löhne die Binnennachfrage zum Erlahmen bringt (trotz der Kleinkredite, welche die Haushalte immer öfters aufnehmen müssen)

stärkere Steigerung der Produktivität
(Produktion pro Stunde und Arbeiter) als des Wirtschaftswachstums,weshalb die Beschäftigung nicht ansteigt

Massenentlassungen und Restrukturier-ungen der Grossunternehmen

Senkung des Arbeitslosengeldes und Pflicht, eine „zumutbare Stelle“ mit deutlich tieferem Lohn anzunehmen

allgemeine Ausbreitung von stagnierenden
Löhnen

zunehmender Druck am Arbeitsplatz und Verallgemeinerung des outsourcing als ganz normale Funktionsweise, mit sehr kurzen Fristen und einem riesigen Stress

Einsatz von Temporärarbeit und verunsicherten ArbeiterInnen, um diesen sozialen Rückschritt noch zuzuspitzen

Kürzung der öffentlichen Haushalte und Sozialausgaben, mit einem entsprechen-den Abbau von Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor und in den
staatlich subventionierten Bereichen…

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Denken wir einerseits an die Situation, in der die bilateralen Verträge vom Bundesrat ausgehandelt und vom Parlament – das Session für Session wieder neue Gegenreformen gut heisst – verabschiedet wurden, und andererseits an die wenigen zahnlosen flankierenden Massnahmen, dann wird klar: Dieses „Paket“ aus freiem Personenverkehr und flankierenden Massnahmen lässt sich kaum rechtfertigen.

1. Der Begriff der „objektiven Verbündeten“ – also von Verbündeten, die das nicht sein wollen, es in Wirklichkeit aber sind – dient dazu, das Referendum ins Abseits stellen. zu ohne darüber wirklich diskutieren zu müssen.

Diese Methode ist nur zu gut bekannt. Sie wurde von den stalinistischen und sozialdemokratischen Bürokratien eingesetzt, in den Gewerkschaften und im so genannten „politischen Leben.“ Eingeweiht hat man sie mit viel Aufwand bei den Moskauer Prozessen in den 1930er Jahren. Dieser „Begriff“ wurde zu einer der „juristischen Spezialitäten“ des Völkermordregimes von Pol Pot in Kambodscha (1975-1978).

Natürlich sind Vergleiche nicht immer richtig. Dennoch zeigt die Verwendung dieses Ausdrucks durch einige Führungskräfte des SGB, wie verlegen sie eigentlich sind. Stellen wird uns vor, dass François Hollande, der Sekretär der französischen Sozialistischen Partei, Laurent Fabius oder Henri Emmanuelli (oder Olivier Besancenot von der Ligue Communiste Révolutionnaire) als objektive Verbündete von Le Pen darstellen würde, weil sie ein Nein bei der französischen Abstimmung über die EU-Verfassung vom Juni 2005 vorschlagen? Undenkbar!

Wenn ernsthafte Argumente dargelegt werden sollen und die politische Diskussion einen Teil der Demokratie darstellen soll, darf diese Methode nicht zur Anwendung kommen. Dass die Chefs von SGB und UNIA sich dieser Methode dennoch bedienen, sagt leider Einiges aus über die Vorstellung, die sie von Diskussionen und Demokratie in den Gewerkschaften und in der Linken haben.

Um das „Paket“ zu verkaufen, marschieren sie gemeinsam mit den Unternehmern und den bürgerlichen Parteien, obwohl diese selbst die bescheidensten Forderungen, die im Parlament oder bei Verhandlungen über GAV und Löhne an sie gestellt werden, systematisch zurückweisen.

Würden wir so weit gehen zu behaupten, sie seien die subjektiven Verbündeten der neoliberalen Rechten und der Unternehmer? Natürlich nicht.

Denn ihre Haltung ist das Ergebnis einer langen Entwicklung, die sie selbst nicht kontrollieren. In ihren Augen erscheinen die heutigen gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungen wie ein riesiger Fels, den man nicht bewegen kann. Aber die Unternehmer, die grossen Konzerne sowie die Verbände und Parteien, die diese vertreten, bearbeiten und verschieben diesen Fels Tag für Tag ein bisschen. Das Gewerkschaftsbosse und die offizielle Linke hingegen sehen diesen Fels nur noch als etwas, das ihnen die Aussicht verstellt. Sie haben keinen Horizont mehr.

2. Diese linken Führungskräfte stellen sich hinter die bilateralen Verträge. Sie behaupten sogar, wie Serge Gaillard es am 5. Januar 2005 getan hat: „Die Schweiz ist auf den Zugang zu den europäischen Märkten angewiesen. Deshalb dürften die bilateralen Verträge mit der Europäischen Union (EU) nicht ge fährdet werden.… Deshalb ist die Abstimmung über die Personen freizügigkeit in diesem Jahr die wichtigste wirtschaftspolitische Auseinandersetzung.“

Die Verteidigung der Rechte aller Lohnabhängigen stellt für sie keine konkrete Perspektive mehr dar. Sie setzen auf eine „gute Geldpolitik“ der Nationalbank und auf die Förderung der Exportindustrie: „Ob es zu einer zusätzlichen Einwanderung kommt, entscheiden also die schweizerischen Unternehmungen, beziehungsweise die Wirtscha ftsentwicklung in der Schweiz. Nur bei guter Konjunkturlage wird massiv im Ausland rekrutiert werden.“
(http://www.sgb.ch/d-download/050105sergegaillard.doc)
Besser kann man nicht eingestehen, was man vom freien Personenverkehr der Lohnabhängigen erwartet und wie man deren Interessen scheinbar verteidigen will.

Vergessen geht dabei vor allem eines: Die SVP ist es, die wie keine andere Partei auf die Karte der bilateralen Verträge setzte und weiterhin setzt. SVP-Präsident und Nationalrat Ueli Maurer hat dies in La Chaux-de-Fonds am 8. Januar noch einmal in Erinnerung gerufen: „Was die SVP angeht, so verfolgen wir seit 15 Jahren unbeirrt denselben Weg: Wir wollen bilaterale Verhandlungen…“

Zur Rechten ist man sich in einem Punkt grundsätzlich einig: Es ist möglich, diese grosse Menge von Arbeitskräften rentabel auszubeuten, die tatsächlich nur über ganz wenige Rechte verfügen wird, und noch über viel weniger Rechte, die auch durchgesetzt werden.

Durch ihren Schulterschluss mit den Unternehmern überlässt die offizielle Linke der nationalistischen Rechten das Feld.

Es war notwendig, in dieser Situation zu reagieren. Das haben GewerkschafterInnen, AktivistInnen aus der globalisierungskritischen Bewegung und aus der Bewegung der Papierlosen sowie sozialistische AktivistInnen getan. Sie betrachten dieses Referendum gegen die kosten- und wirkungslosen flankierenden Massnahmen als ein Element für den Aufbau einer neuen Bewegung der Lohnabhängigen. Eine solche Bewegung kann nur aus vielfältigen Kräften entstehen, die nicht immer derselben Meinung sein müssen, sich aber dennoch gegenseitig respektieren können und es verstehen, ernsthaft miteinander zu diskutieren.

„Objektive Verbündete“
der Fremdenfeinde?
Ein alt bekannter stalinistischer Vorwurf

 

 

 



 


 

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