Profite
privatisieren –Verluste sozialisieren
Die
amerikanische und europäische Finanzoligarchie
und ihre politischen Vertreter in den Regierungen,
Parteien und der Wirtschaft wollen einen ökonomischen
Plan durchsetzen: Die Ressourcen der Gesellschaft,
die von der Arbeit von Millionen erzeugt werden,
sollen dafür mobilisiert werden, den Wohlstand
der Reichen und Superreichen zu erhalten. Mittlerweile
hat die gesamte Summe an öffentlichen Geldern,
welche die USamerikanische und die europäischen
Regierungen in den letzten Tagen und Wochen
zur Sicherung der Banken bereitgestellt haben,
den gigantischen Umfang von etwa 6 Billionen
Dollar (knapp 7’000 Milliarden Franken)
angenommen.
Dabei
haben die globalen Konzerne, auch und insbesondere
die Finanzund Versicherungsinstitute in den
letzten Jahren Tausende Milliarden an Profiten
gescheffelt. Die UBS hat in der Zeitspanne von
2002 bis 2006 jedes Jahr einen neuen Rekordgewinn
verkündet (2006 über 14 Milliarden
Franken) und in diesen vier Jahren die Dividende
an ihre Aktionäre mehr als verdoppelt.
Gleichzeitig
haben die Reallöhne eines grossen Teils
der Lohnabhängigen - in der Schweiz und
überall – stagniert oder sind gesunken.
Infolge der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten
und durch den massiven Abbau von staatlichen
Leistungen (Gesundheitsversorgung, Altersvorsorge,
Bildung, Arbeitslosenversicherung, Service Public
etc.) haben die Lohnabhängigen empfindliche
Einbussen in ihrer Kaufkraft erlitten. In der
‚neuen’, post-industriellen Dienstleistungs-Gesellschaft
waren angeblich die Bankdirektoren, Hedge- Fonds-Manager
und andere Finanzspekulanten die neuen „Innovatoren“.
Sie verdienten zusammen mit den Kapitaleignern
Millionen und Milliarden. Von den Dutzenden
Millionen Menschen, die in den Fabriken Waren
herstellten, auf dem Bau schufteten, in Krankenhäusern
oder an einer Verkaufskasse arbeiteten, hiess
es plötzlich, sie seien zu unproduktiv,
zu langsam, zu träge und zu hoch bezahlt,
wenn nicht überhaupt überflüssig.
Nicht
die Lohnabhängigen sollten die Krise bezahlen
Eine
der grundlegenden Ursachen, die zur derzeitigen
Krise geführt hat, ist die Tatsache, dass
ein zunehmender Teil des Reichtums in die Profite
geflossen ist und dass er im Laufe der letzten
25 Jahre zum grössten Teil als Aktiengewinn
an die Kapitaleigner ausgeschüttet worden
ist. Die Einkommensverteilung hat sich in diesen
Jahren drastisch zu ungunsten der Lohnabhängigen
verändert. Grosse Teile der Bevölkerung
haben sich zunehmend verschuldet. Um eine Wohnung
zu finden, ein Studium zu machen, sich pflegen
zu lassen, zu essen und Kleider zu kaufen, bleibt
immer öfter nur eine Lösung: Geld
leihen und Schulden machen.
Um
die Lohnempfängerinnen gegen die Folgen
der Krise zu schützen, müssen die
Antworten in die Beziehungen zwischen Kapital
und Arbeit eingreifen. Sofortige Schutzmassnahmen
sind nötig, insbesondere was die Löhne
der ArbeitnehmerInnen respektive deren Erhöhung
betrifft. Dasselbe gilt für die Leistungen,
die einem indirekten Lohn gleichkommen, für
die Altersvorsorge, die IV, Arbeitslosenversicherung
und die Sozialdienste. StudentInnen und Lehrlinge
brauchen Stipendien – keine Kredite. Die
Kaufkraft der Menschen jenseits vom Reichtum
muss erhöht werden.
Über
diese dringenden Massnahmen hinaus erfordern
soziale Schutzmassnahmen eine Gegenoffensive
- insbesondere in den Bereichen der Gesundheitsversorgung,
der Altersrenten und zum Thema der Privatisierungen.
Vorgestern Dienstag hat der Bundesrat den Mindestsatz
zur Verzinsung der Altersguthaben in der zweiten
Säule von 2,75 auf 2 Prozent gesenkt. Bis
2002 lag er noch bei 4 Prozent. Damit bekommen
die Lohnabhängigen eine erste Auswirkung
der Kreditkrise zu spüren. Auch der Umwandlungssatz,
nach dem das angesparte Alterguthaben in die
jährliche BVG-Rente umgerechnet wird, gerät
unter Druck.
Die
obligatorische Zweite Säule ist nicht nur
abhängig von den Schwankungen der Finanzmärkte;
sie trägt selbst durch das Zwangssparen
der Versicherten mit gigantischen Summen dazu
bei, dass sich der Finanzsektor aufgebläht
hat und die Hedge- Fonds und Finanzinvestoren
mit Riesensummen ihre Spielchen treiben können.
Das
schweizerische 3-Säulen-Modell der Altersvorsorge
muß umgestaltet werden — die obligatorische
Zweite Säule und die Steuervergünstigungen
für das individuelle Sparen (3. Säule)
müssen abgeschafft und die Rechtsansprüche
und finanziellen Mittel auf die Erste Säule
überführt werden. Siese gilt es als
"Super- AHV" auszubauen mit dem Ziel
existenzsichernder Renten für alle.
Gehandelt
werden muss auch im Gesundheitswesen, indem
alle Massnahmen wieder rückgängig
gemacht werden, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung
immer kostspieliger gemacht haben (Selbstbehalt
an Medikamentenund Behandlungskosten, Umlagerungen
von obligatorischen Leistungen der Krankenkassen
zu den Privatversicherungen etc.)
Bei
der Debatte um die Einführung der „Liberalisierung
des Strommarktes“ wurde von den Privatisierungsbefürwortern
mit billigeren Stromtarifen geworben. Noch vor
der Umsetzung der Liberalisierung ist das Gegenteil
klar geworden – die Strompreise werden
massiv steigen.
Die
Privatisierungen seit den 1980er-Jahren waren
ein Schmiermittel eben dieser Aufblähung
der Finanzgeschäfte. Sie gilt es rückgängig
zu machen. Insbesondere in den Bereichen Soziales,
Bildung, Gesundheit, Kommunikation und Verkehr
sollte der Staat seine Dienstleistungen massiv
ausbauen und besser auf die tatsächlichen
sozialen Bedürfnisse zuschneiden.
Die
Rentensicherung, der freie Zugang zum Gesundheitssystem,
zu Bildung und bedarfsgerechten Leistungen der
öffentlichen Hand (Service Public) sind
nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit,
sondern auch ein Mittel, die Krise zu bewältigen.
Die
Rolle des Staates
Die
Interessenvertreter des Finanzkapitals in Politik,
Staat und Wirtschaft versuchen den Anschein
zu erwecken, nur zähneknirschend den 60
Milliarden öffentlicher Gelder für
die Sanierung der privaten UBS zuzustimmen.
Es sind dieselben Leute, die seit Jahren predigen,
die Kassen wären leer - für Löhne,
Bildung, Alters- und Gesundheitsversorgung,
Kultur etc. sei kein Geld vorhanden - und die
jetzt die Milliarden bereitstellen, weil die
Finanzaristokratie danach verlangt.
Der
Staat hatte immer schon vor allem den Zweck,
die Akkumulation des Kapitals zu fördern.
Er wird versuchen, den Wirtschaftsstandort Schweiz
möglichst attraktiv zu halten –für
die Unternehmer. Ziel war es immer, die Profitrate
oder Kapitalrentabilität zu erhöhen
– durch den Druck auf die Löhne (Bilaterale
II: Personenfreizügigkeit mit den ungenügenden
flankierenden Massnahmen), durch Abbau indirekter
Löhne (weniger Krankenkassenzuschüsse,
Rentenkürzungen und Erhöhung des Rentenalters,
Kürzungen bei staatlichen Arbeitslosenleistungen
etc.), durch Verlängerung der Arbeitszeit
und grössere Arbeitsintensität und
nicht zuletzt durch die ungenügenden Rechte
der Lohnabhängigen am Arbeitsplatz.
Die
Steuern für die Reichen und Superreichen,
für Unternehmer und Finanzjongleure wurden
mit den Argumenten des internationalen und kantonalen
Standort- und Steuerwettbewerbs massiv gesenkt.
Die Erbschaftssteuer auf die Vermögen der
Reichen wurde vielerorts abgeschafft. Mit einer
Reform der Mehrwertsteuer und einem neuen Einheitssatz
von 6.1 Prozent will der Bundesrat den „täglichen
Bedarf“ (Lebensmittel etc.) der Lohnabhängigen
von jetzt 2.4 Prozent auf den Einheitssatz von
6.1 Prozent anheben und z.B. den Gesundheits
-und Sozialbereich neu der Mehrwertsteuerpflicht
unterstellen. „Der Bundesrat wagt
den grossen Wurf“ titelte die NZZ
dazu am 26.06.08.
Die
Steuern haben sich ganz Allgemein in den letzten
Jahren weg von Einkommen und Vermögen hin
zu Konsum und indirekten Steuern und Abgaben
hin bewegt.
Eine
andere Welt ist nötig
Eine
Ära des Kapitalismus scheint zu Ende. Das
Finanzsystem ist angeschlagen. All dies passiert
zu einer Zeit, in der die materielle Grundlage
brüchig wird, die Wirtschafts- Konjunktur
nicht nur an Dynamik verliert, sondern abzustürzen
droht.
Die
Frage drängt sich unmittelbar auf: In wessen
Interesse wird die ökonomische Reorganisation
der Gesellschaft durchgeführt werden? Weshalb
sollten die Ressourcen der Gesellschaft verwendet
werden, um die winzige Minderheit der sagenhaft
Reichen zu retten, die vom Finanzsystem profitieren?
Wenn
die Verluste sozialisiert, die Kosten also von
der ganzen Gesellschaft getragen werden sollen,
weshalb sollten dann nicht auch die Profite
sozialisiert werden? Anders ausgedrückt;
die privaten Grossbanken müssen enteignet
werden; ein öffentlicher Bankensektor -
im Interesse der ganzen Gesellschaft entwickelt
werden.
Wie
lange können und wollen wir uns die gegenwärtige
Wirtschaftsordnung noch leisten? Es ist höchste
Zeit, mit dem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem
Schluss zu machen, dessen ureigenste Funktionsweise
sich auf den kapitalistischen Markt und die
unablässige Jagd nach Profit stützt
und damit die Bevölkerung der ganzen Welt
mit einer wirtschaftlichen Katastrophe bedroht.
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