Die Angriffe
auf die ArbeiterInnenklasse am Beispiel Griechenlands
Die Angriffe der herrschenden
Klasse auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen
der Lohnabhängigen Griechenlands sind
von unglaublicher Härte und Brutalität
und einzigartig seit dem 2. Weltkrieg. Das
Spardiktat der Troika hat Millionen von GriechInnen
ins soziale Elend gestürzt. Gegenüber
2010 sank die Summe aller realen Arbeitnehmerentgelte
(Gesamtbruttosumme aller Löhne und Gehälter
der ArbeitnehmerInnen) um 31,05 Prozent. Die
Arbeitslosigkeit liegt bei über 25 Prozent,
bei den Jugendlichen ArbeiterInnen ist sie
auf mittlerweile 58 Prozent gestiegen, wobei
der Anteil der arbeitslosen jungen Frauen
zwischen 15 und 24 Jahren bei über 65
Prozent liegt. Auf gegen 40 Prozent beläuft
sich die Arbeitslosenquote bei den 25 bis
29 Jährigen. Bei denen, die noch Arbeit
haben, wurden die Löhne um bis zu 50
Prozent gesenkt. Der Mindestlohn wurde von
750 auf 590 Euro reduziert. Gleichzeitig stiegen
Lohn- und Verbrauchssteuern massiv. Gegen
500‘000 der insgesamt zwei Millionen
Festangestellten von privaten Unternehmen
haben nach Angaben der griechischen Arbeitsmarktaufsicht
seit drei und mehr Monaten gar keine Löhne
mehr bekommen. Weil die Arbeitslosenhilfe
an den Mindestlohn gekoppelt ist, sinkt sie
von 461 auf 360 Euro. Sie wird maximal ein
Jahr lang gezahlt. Danach ist Schluss. Nach
und nach werden deshalb im Laufe dieses Jahres
jene mehr als 250‘000 Griechinnen und
Griechen, die im vergangenen Jahr ihre Jobs
verloren, aus der Arbeitslosenhilfe herausfallen.
Zur Durchsetzung des Spardiktats von Europäischer
Union, Europäischer Zentralbank, und
Internationalem Währungsfond wurden die
Rechte der griechischen Bevölkerung ausgehebelt
und die Tarifautonomie beseitigt. Den Gewerkschaften
wurde verboten, Lohnerhöhungen zu vereinbaren,
solange die Arbeitslosigkeit nicht auf unter
10 Prozent gesunken ist.
Hunger
und Not
In Griechenland
ist der Hunger zurückgekehrt. Nach Berechnungen
der EU-Statistikbehörde „Eurostat“
leben in Griechenland bereits knapp 28 Prozent
der 18- bis 64-Jährigen an oder unter der
Armutsgrenze. Was das bedeutet, ist auf den
Straßen Athens zu besichtigen. Immer häufiger
begegnet man Menschen, die in Mülltonnen
nach Verwertbarem wühlen oder Abends, wenn
die Supermärkte schließen, die Abfallbehälter
vor den Geschäften nach weggeworfenen Nahrungsmitteln
durchsuchen. Alleine in Athen sind 250‘000
Menschen Tag für Tag auf die Armenspeisung
der Kirche angewiesen, um überhaupt nur
überleben zu können. Die realen Einzelhandelsumsätze
von Lebensmittel und Getränken sind laut
dem Griechischen Amt für Statistik „ELSTAT“
von 2007, also dem Beginn der Krise, bis im
Juli 2012 um 35,39 Prozent zusammengebrochen.
So äussern sich Hunger und Not in der Statistik.
"Die Rezepte des Hungers"
- so heisst ein Buch, das sich in Griechenland
zum Bestseller entwickelt. Die Autorin, die
Historikerin Eleni Nikolaidou, hat dafür
18 Monate lang in den Archiven griechische Zeitungen
aus den Jahren 1941-44, der Zeit der deutschen
Besatzung, nach Kochrezepten durchforstet.
In den
Städten Griechenlands riecht es wieder
nach Feuer, Ruß, verbranntem Holz. Viele
Menschen haben kleine Öfen gekauft, weil
sie sich Öl- oder Stromheizung nicht mehr
leisten können. Die Forstvereinigung schlägt
Alarm, dem Land drohe der Kahlschlag. Der Heizölpreis
stieg seit dem Vorkrisenherbst 2009 bis Herbst
2011 um 75 Prozent. Also wird weniger geheizt,
oder man setzt eben auf Brennholz. Im April
2012 sank die Stromerzeugung zum Juli 2007 um
50%. Die Steuern werden mit der Stromrechnung
eingezogen. Wer nicht zahlt, dem lässt
der Finanzminister den Strom abdrehen.
Gesundheitssystem
am Abgrund
"Wir
stellen fest, dass immer mehr Personen aus Griechenland,
Spanien, Portugal, aber auch England in der
Schweiz Medikamente kaufen", sagt Lorenz
Schmid, Präsident des Zürcher Apothekerverbandes.
Die Touristen kaufen ihre Medikamente in der
Schweiz, weil die Pharmaunternehmen wegen Zahlungsproblemen
die Lieferung in diese Länder stoppen.
Einige Ausländer deckten sich für
mehrere Tausend Franken mit Präparaten
ein, sagen Apotheker, die anonym bleiben wollten.
(Tages-Anzeiger 2. Dezember 2012)
Die reichen
Schichten Griechenlands wenden sich für
ihre medizinische Versorgung zunehmend dem Ausland
zu. Die Spitäler Nordeuropas melden vermehrt
Operationen von Patienten aus Griechenland.
Die Schweiz hat das Angebot an medizinischen
Leistungen auf die zahlungskräftige Klientel
Griechenlands beschränkt. Harald Sohns,
Sprecher des Bundesamts für Sozialversicherungen
(BSV) "Die Schweizer Spitäler
wurden angewiesen, bei geplanten Behandlungen
eine Vorauszahlung durch die griechische Krankenversicherung
oder durch die Patienten zu verlangen."
Im Klartext heisst das laut Gregor Lüthy,
Sprecher des Universitätsspitals Zürich:
"Patienten aus Griechenland werden
nur noch nach Errichtung eines Depots aufgenommen."
Damit werden Griechenlands Bonzen kaum Mühe
haben.
Gleichzeitig
ist die übrige, nicht privilegierte Bevölkerung
Griechenlands schutzlos den unmenschlichen Bedingungen
des kollabierenden griechischen Gesundheitssystems
ausgesetzt. Fünf Sparpakete innerhalb der
letzten zweieinhalb Jahre haben das griechische
Gesundheitssystem auf das Niveau eines Entwicklungslandes
zurück geworfen. Die Krankenkassen sind
pleite. Sie können ihre Rechnungen bei
Ärzten und Apotheken nicht mehr zahlen.
Immer öfter müssen Patienten für
Medikamente und ärztliche Behandlung selber
aufkommen. Wer dazu nicht in der Lage ist, wie
Hunderttausende, bleibt von der medizinischen
Versorgung ausgeschlossen. 30 Prozent der Griechen
haben gar keine Krankenversicherung mehr. Den
Krankenhäusern wurde das Budget um 40 Prozent
gekürzt. Selbst das Flaggschiff der deutschen
Bourgeoisie, die Frankfurter Allgemeine Zeitung
FAZ spricht von einer drohenden humanitären
Katastrophe (FAZ 29.11.2012). "Viele Apotheken
geben Medikamente nur noch gegen Bargeld ab.
Deshalb können sich viele Griechen gar
keine Medizin mehr leisten." heisst es
im selben Artikel und besorgt konstatiert die
FAZ: "Dort, wo Hilfsorganisationen
noch kostenlos behandeln, bilden sich lange
Schlangen von Hilfesuchenden, die immer öfter
aus der Mitte der griechischen Gesellschaft
kommen."
Trotz
bevorstehendem Winter und obwohl die bisherigen
Kürzungen vielfach lebensbedrohliche und
tödliche Folgen hatten, besteht die Troika
auf weiteren Einschnitten im griechischen Gesundheitssystem.
Um ganze 1.75 Milliarden Euro wurde bisher die
Selbstbeteiligung bei Medikamenten im Zuge der
Sparmassnahmen erhöht. Ab Januar wird der
Selbstbehalt beim Kauf von Medikamenten ein
weiteres Mal erhöht und in den Spitälern
wird zur zusätzlichen Kostenreduktion noch
mehr Personal entlassen werden. Ab 2014 wird
eine neue Gebühr auf ausgestellte ärztliche
Rezepte und eine Verzweieinhalbfachung der Gebühr
für Spitaleinweisungen auf 25 Euro die
Menschen belasten. Betroffen davon werden vor
allem Arbeitslose, RentnerInnen, Arme, Obdachlose
und kinderreiche Familien sein. Ihnen wird damit
eine stationäre Behandlung in Notfällen
massiv erschwert.
Für
das nächste halbe Jahr sind fünfzig
Spitäler von der Schliessung bedroht. Zwei
haben bereits wegen ausbleibender Überweisungen
der Krankenkassen den Betrieb einstellen müssen,
nachdem ihr Personal zuvor vier bis sechs Monate
lang keine Löhne mehr erhalten hatte. Die
Verschuldung der Spitäler bei den Pharmakonzernen
liegt bei über 1. 3 Milliarden Euro. Wegen
ausstehender Zahlungen hat der deutsche Pharma-
und Chemiekonzern Merck die Lieferung des Krebsmedikaments
„Erbitux“ an griechische Krankenhäuser
Anfang November eingestellt – vierzehn
Tage, bevor das Unternehmen für das dritte
Quartal einen Gewinnsprung um 16 Prozent auf
754 Mio. Euro bekannt gab. Die Schweizer Pharmakonzerne
Novartis und Roche haben ihre Lieferungen -
darunter auch überlebenswichtige Krebsmedikamente
- nach Griechenland schon im Sommer 2011 entweder
ganz eingestellt oder liefern Medikamente nur
noch gegen Barzahlung. Der Lieferstopp könnte
auch auf Spanien, Portugal und Italien ausgeweitet
werden, so Roche Konzernchef Severin Schwan
(Der Spiegel 17.09.2011).
"Griechische
Krebspatienten leben in der Hölle"
titelte die Zeitung "Die Welt" am
24.09.2012. Und weiter heisst es im besagten
Artikel der "Welt": "Längst
besiegte Krankheiten wie Malaria und Tuberkulose
sind wieder aufgetaucht. Zudem könnten
sich viele Eltern die Impfung ihrer Kinder nicht
mehr leisten" Das Europäische
Zentrum für Krankheitsverhinderung und
Kontrolle (ECDE) warnte vor kurzem vor der Gefahr
der Ausbreitung von Infektionskrankheiten in
Griechenland, das sich im Kampf gegen die resistenten
Infektionen bei “fünf vor zwölf”
befinde. "Nachdem die Krankenhäuser
in Griechenland mit einem Mangel an Grundbedarfsartikeln
wie sogar Handschuhen konfrontiert sind, ist
das Niveau der krankenhäuslichen Versorgung
erheblich gesunken und das Land mit der ernsthaften
Gefahr der Ausbreitung von Krankheiten konfrontiert",
erklärte nach seinem Besuch in Athen Mark
Sprenger, Leiter des ECDC. “Ich sah
Orte wo die wirtschaftliche Situation nicht
einmal den Kauf sogar grundlegender Artikel
wie Handschuhe, Schürzen und Sterilisationstücher
gestattet“, äusserte Mark Sprenger
gegenüber Reuters. Die Ursache: Viele Menschen
greifen schon bei leichten Erkrankungen aus
Angst um ihren Arbeitsplatz zu Breitband-Antibiotika
und setzen so ungewollt ihre Resistenz herab.
in Griechenland ist der Anteil multiresistenter
Keime unter den Blutstrominfektionen seit 2010
von 49 auf 68 Prozent gestiegen.
Einige
Tage zuvor hatte das ECDC schon vor einer "Verschlimmerung
der HIV-Epidemie in Griechenland" gewarnt.
Die Zahl der drogensüchtigen PatientInnen
hat sich in den letzten fünf Jahren verzwanzigfacht.
Aufgrund der Sparmassnahmen erhalten sie nur
noch 15 Nadeln pro Jahr – ein Zehntel
dessen, was ihnen in anderen Ländern der
Eurozone zugestanden wird. In Athen müssen
Heroinabhängige eine Wartezeit von 44 Monaten
in Kauf nehmen, bevor sie an einem Methadon-Programm
teilnehmen können.
„Wir
haben Kinder, die hungern müssen, dehydrierte
Säuglinge“, klagt Nikitas Kanakis,
Präsident des Netzwerks „Ärzte
der Welt“. Nicht einmal mehr die Verpflegung
der PatientInnen ist in den Spitälern sichergestellt.
"Verwandte kochen zu Hause was ihnen
die Ärzte sagen und bringen es hierher",
so ein Krankenpfleger von der Insel Leros.
Kinder
werden nur noch gegen Barzahlung geimpft. Ärmere
Frauen müssen zu Hause entbinden, da sie
sich eine Geburt im Spital, welche zwischen
700 Euro und 1'500 Euro kostet, nicht leisten
können. Viele Frauen können sich die
Schwangerschaftsuntersuchungen nicht mehr leisten.
“Inzwischen sind es nicht mehr wenige
Frauen, die nicht den erforderlichen Untersuchungen
unterzogen werden. Die Gefahr des Anstiegs der
Geburtensterblichkeit ist existent“,
erklärt der Direktor der Entbindungs- und
Gynäkologie-Klinik des Krankenhauses “Elena
Venizelou”, Giorgos Farmakidis.
„Griechenland
ist auf einem guten Weg“, so Eurogruppenchef
Jean-Claude Juncker bei der Verabschiedung des
letzten „Rettungspaketes“ in Brüssel,
das 13,5 Mrd. Euro umfasst. Von dieser Summe
geht nicht ein einziger Cent in das griechische
Gesundheitssystem, dafür aber mehr als
80 Prozent zur Zinstilgung in die Tresore internationaler
Banken.
Das
Kapital der griechischen Reichen – steuerbefreit
oder auf der Flucht…
Während
die griechische Bevölkerung mit den Sparmassnahmen
ins soziale Elend gedrängt wird, wissen
sich Griechenlands Reiche und Superreiche erfolgreich
der Besteuerung durch den Staat zu entziehen.
Sie verlagern ihre Milliardenvermögen ins
Ausland oder bezahlen wie die griechischen Reeder
gar keine Steuern – nicht einen Euro oder
Cent. Unternehmensgewinne von Schifffahrtsgesellschaften
sind in Griechenland per Verfassung vollständig
von Steuern befreit. Ebenfalls vollständig
befreit sind Dividenden oder Gewinnbeteiligungen,
die Reedereien ausbezahlen, sowie Kapitalgewinne
aus ihren Aktien. Dasselbe gilt für in
Griechenland domizilierte Tochtergesellschaften
ausländischer Reedereien. Die Schifffahrtsbranche
ist für Griechenland von überragender
Bedeutung. Griechische Reeder kontrollieren
knapp die Hälfte der gesamteuropäischen
Schifffahrtskapazität. Noch immer ist die
griechische Handelsflotte die bedeutendste der
Welt. Etwa 6 Prozent des griechischen Bruttoinlandprodukts
(BIP) werden von der Handelsschifffahrt erwirtschaftet.
Es ist, als würde in der Schweiz beschlossen,
den gesamten Bankensektor vollständig von
Steuern zu befreien.
…mit Schweizer Hilfe
Im März
2011 schrieb das deutsche Handelsblatt: "Wer
eine Maschine der Swiss von Athen nach Zürich
oder Genf besteigt, trifft nicht nur Touristen
an. In der Business Class sitzen meist einige
Herren, die offensichtlich geschäftlich
unterwegs sind: bekannte Athener Anwälte
ebenso wie Schweizer Banker, die gerade vom
Kundenbesuch an der Akropolis kommen".
Die Hauspostille der europäischen Wirtschafts-
und Finanzelite muss es ja wissen. Auf 200 Milliarden
Euro wird die Summe der Schwarzgelder geschätzt
welche die griechischen Bonzen unversteuert
auf Konten der Schweizer Banken horten. Natürlich
bestreiten die hiesigen Banken und offiziellen
Stellen die Höhe dieser Summe, wie sie
es schon bei den Schätzungen der italienischen
Schwarzgelder auf Schweizer Konten getan haben.
Die beiden Fluchtgeldamnestien (Strafnachlass
für die Rückführung von Fluchtkapital)
der italienischen Regierung von 2001 und 2003
spülten dann 90 Milliarden Euro zurück
nach Italien.
Auf satte
725 Milliarden Franken hat Anfang 2010 das auf
Finanzrecherchen spezialisierte Genfer Unternehmen
Helvea die Höhe der unversteuerten Gelder
aus europäischen Staaten berechnet –
dies alleine auf Konten der Schweizer Banken.
Und wie wir unsere Banker kennen dürfte
die Summe in den letzten knappen drei Jahren
beträchtlich gestiegen sein.
Anfang
Oktober 2012 gab Coca Cola Griechenland bekannt,
seinen Hauptsitz in die Schweiz verlagern zu
wollen. Zuvor hatte sich die Firma über
die zu hohen griechischen Unternehmenssteuern
beklagt. In der Schweiz hingegen wird sie in
den Genuss kantonaler Steuerprivilegien für
Domizil- und Holdingunternehmen kommen. Wie
eine Studie des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes
kürzlich wieder einmal verdeutlicht hat,
sind solche Unternehmen in der Schweiz so gut
wie steuerbefreit. Coca Cola Griechenland ist
immerhin der zweitgrößte Getränkeabfüller
weltweit und das größte Unternehmen
Griechenlands. Gemäss der Handelszeitung
vom 14.10.2012 „wollen weitere griechische
Unternehmen in der Schweiz Unterschlupf finden.
Das Schweizer Asyl vor griechischen Steuern
rufe allerdings die EU auf den Plan“.
Das kürzlich revidierte Doppelbesteuerungsabkommen
zwischen der Schweiz und Griechenland leistet
solchen Praktiken Vorschub. Die Quellensteuer,
welche Griechenland noch auf unternehmensinterne
Zinszahlungen in die Schweiz erheben darf, wurde
von 7 % auf nur noch 5% abgesenkt. Ebenso der
maximale Quellensteuersatz für Dividendenzahlungen
(von 35%).
Die griechischen
Superreichen fühlen sich seit jeher von
der Schweiz, beziehungsweise ihrem milden Steuerklima,
magisch angezogen. Ob Aristoteles Onassis und
seine Nachkommenschaft, Stavros Niarchos der
seinerzeit ebenfalls zu den Reichsten der Welt
zählte, Yiannis Latsis, auch Milliardenschwer,
der Livanos-Clan (800 Millionen), George Koukis,
Gründer der Software-Entwicklerin Temenos
(200 Millionen) oder die Schnulzensängerin
Nana Mouskouri. Sie alle „schätzen
die Pauschalbesteuerung, das Bankgeheimnis und
die Rechtssicherheit", sagt Spyros
Arvanitis, griechischer Ökonom an der Konjunkturforschungsstelle
der ETH. Parteifreund von Nana Mouskouri (1994
bis 1999 Europa-Abgeordnete für Nea Dimokratia)
ist der griechische Ministerpräsident und
oberster „Sparer“ Antonis Samaras.
Die Söhne Niarchos sind die grössten
Grundbesitzer im Engadin. Ihnen gehören
dort Luxushotels und Bergbahnen. Der Reederclan
Martinos kaufte 2006 für 110 Millionen
Franken die einstige St. Moritzer Villa des
Schah von Persien und die gegenüberliegende
Villa Mira Margna. Am 2. Juni 2012 schrieb der
Tages-Anzeiger: „Anfang Woche war
in Griechenland wieder einmal Zahltag. 18 Milliarden
Euro flossen aus dem Euro-Rettungsschirm in
das griechische Bankensystem. Die National Bank
erhielt 6,9 Milliarden Euro, die Piraeus Bank
5 Milliarden, die EFG Eurobank Ergasias 4,2
Milliarden und die Alpha Bank 1,9 Milliarden.
Einer der grössten Profiteure der Rettungsaktion
sitzt in Genf: Spiros Latsis, der reichste Mann
Griechenlands, mit Wohnsitz in Bellevue bei
Genf.“ Spiros Latsis ist der Sohn
von Yiannis Latsis. Ihm gehört die EFG
Eurobank Ergasias, die zweitgrößte
Bank Griechenlands und die EFG International,
eine global tätige Schweizer Privatbankengruppe
mit Sitz an der Bahnhofstrasse in Zürich.
Daneben nennt er noch eine Reederei sein Eigen,
eine Immobiliengesellschaft, 30 Prozent an Hellenic
Petroleum und die Privatjetfirma Private Air.
Ihm gehört eine exklusive Jachtagentur
sowie die Superjacht "Alexander" mit
einer 57-köpfigen Mannschaft, eigenem Kino,
Hubschrauberlandedeck, Disco und 40 Kabinen.
Latsis hat natürlich auch Grundbesitz –
weltweit. Darunter alleine im kleinen Kanton
Genf 50 000 m2 Land und 250 Wohnungen.
Die brutalen
Sparauflagen sind Bestandteil der Kreditabkommen
zwischen der griechischen Regierung und der
Troika (Europäische Union, Europäische
Zentralbank, Internationaler Währungsfond).
Medial verkauft werden diese Spar- und Abbauprogramme
in der Schweiz und europaweit als „Griechenland-Hilfe“
oder „Rettungspaket“. Der griechischen
Bevölkerung wurde und wird damit nicht
im Geringsten geholfen. Gerettet wurden griechische,
französische, deutsche und mit der Schweiz
verbandelte Banken. Die Kredite dienen ausschließlich
dazu, Schulden und Zinsen bei den internationalen
Finanzkonzernen zu begleichen.
Die Gefahr des Faschismus
Die brutale
Sparpolitik mit der Beseitigung sozialer Absicherungen
und demokratischer Rechte hat zum Aufstieg der
faschistischen Partei „Chrysi Avgi“
(Goldene Morgenröte) beigetragen. Bei der
letzten Parlamentswahl im Juni 2012 erreichte
„Chrysi Avghi“, die sich offen mit
dem Nationalsozialismus identifiziert, sieben
Prozent der Stimmen und zog mit 21 Sitzen erstmals
ins Griechische Parlament ein. Anlässlich
der Europawahlen vom Frühjahr 2009 waren
es noch 0.46%. In den Umfragen vom letzten Oktober
erreichte sie sogar Werte von 14%.
Immer
offener greift die herrschende Elite zu Gewalt
und undemokratischen Methoden, um den Widerstand
gegen ihr Spardiktat zu unterdrücken. Dabei
schreckt sie auch nicht davor zurück, dazu
die reaktionärsten Elemente zu mobilisieren.
Mit der staatlichen Unterstützung der faschistischen
Banden von „Chrysi Avghi“ erreicht
dies eine neue und bedrohliche Qualität.
Auf Druck
der EU-Grenzschutzagentur „Frontex“
jagten im August letzten Jahres 4‘500
Polizisten Tausende Menschen durch Athens Strassen
und nahmen sie auf Grundlage ihrer Hautfarbe
und ihres Aussehens fest. Unterstützt wurden
sie dabei durch die Nazibanden von „Chrysi
Avghi“. Während die Faschisten MigrantInnen
bedrohten und misshandelten, wurden sie von
Polizisten ermutigt und gedeckt. Umfragen unter
Polizisten und Berufssoldaten zeigten auf, dass
bis zu 60% der beiden Berufsgruppen des staatlichen
Repressionsapparat die Faschisten gewählt
haben. Dank der Unterstützung der Polizei,
können sie ihre menschenverachtenden Angriffe
weitgehend unbehelligt durchführen. Oft
werden sie dabei direkt von Polizeibeamten unterstützt.
Darüber hinaus sind mehrere Fälle
bekannt geworden, in denen Polizisten politische
Gegner der „Chrysi Avgi“ inhaftiert
und in Gefängniszellen gefoltert haben.
Vermehrt
werden in Griechenland von antifaschistischen
Aktivistinnen besetzte Häuser durch harte
Polizeieinsätze geräumt. „Chrysi
Avghi“ denunziert die im antifaschistischen
Kampf eine wichtige Rolle spielenden BesetzerInnen
und lenkt so direkt die Polizeieinsätze
gegen die verhassten AntifaschistInnen.
Ein Ziel
von „Chrysi Avghi“ ist den Anteil
der MigrantInnen in Griechenland auf 0% zu reduzieren.
Mit Slogans wie „Griechenland den Griechen“
wollen die Faschisten der Bevölkerung klar
machen, dass alle ihre Probleme gelöst
sind, wenn erst einmal die Ausländer weg
wären. Unternehmer werden dazu gedrängt,
MigrantInnen zu entlassen und stattdessen GriechInnen
einzustellen – zu Dumpinglöhnen.
Erst vor
wenigen Tagen, am 17. Januar wurde der 27-jährige
pakistanischen Arbeiter Shehzad Luqman von zwei
Mitgliedern von „Chrysi Avghi“ brutal
erstochen. Im Gegensatz zu vielen anderen Verbrechen
gegen MigrantInnen, die aus Angst vor den Faschisten
nicht gemeldet werden, haben der Nachbar und
ein Taxifahrer den Übergriff angezeigt.
Bei der Verhaftung hatte einer der beiden Täter
das blutige Messer noch in seiner Tasche. Obwohl
der rassistische Hintergrund der Tat offensichtlich
ist, weigert sich die griechische Polizei dies
als Motiv anzuerkennen. Die Staatsanwaltschaft
erwähnte den rassistischen Bezug in ihrem
Bericht erst gar nicht. Auf Morde mit einem
rassistischen Hintergrund würde in Griechenland
eine deutlich höhere Strafe stehen. Amnesty
International liess daraufhin in einer Presseerklärung
verlauten: „dieser Angriff zeigt einmal
mehr, dass griechische Behörden weiterhin
keine Maßnahmen ergreifen wollen, um rassistischer
Gewalt ein Ende zu bereiten“.
Die Hatz
auf MigrantInnen dient der Spaltung der Arbeiterklasse.
Die Methode ist ebenso alt wie niederträchtig.
Um von der Verantwortung der Banken, Unternehmer
und der Regierungen für die soziale Krise
abzulenken, werden Fremdenfeindlichkeit und
Rassismus geschürt und wehrlose MigrantInnen
zum Sündenbock gestempelt.
Ihren
Hauptfeind sehen die Faschisten in der griechischen
Arbeiterbewegung, ihren Organisationen und Kampfformen.
So schreibt „Chrysi Avgi“ zu den
Streiks der ArbeiterInnen: „Die Streiks
verstärken den Hass zwischen den Griechen
und das dient der Spaltung, die die Parteien
des Systems der Korruption und der Kleptokratie
bezwecken.“ Oder: „Keinen
werden die Streiks schmerzen, nur wird der eine
Grieche den anderen niederstechen, indem er
ihm das bereits erdrückende alltägliche
Leben erschwert. Wir sagen deshalb nein zu den
Streiks, die nur die Arbeitnehmer selbst treffen.“
Für die Faschisten sind Streiks und andere
Kampfformen der ArbeiterInnen „antinational“
weil sie den „Hass zwischen Angehörigen
derselben Nation und derselben Rasse schüren“.
Die massiven Lohnkürzungen der Unternehmer
verteidigt „Chrysi Avgi“ als „vernünftig
unter den schwierigen Verhältnissen, die
sich auf dem Markt herausgebildet haben“.
Die Partei betont „die absolute Notwendigkeit
der Entwicklung einer nationalistischen Gewerkschaftsbewegung,
die die Rechte der Arbeitnehmer verantwortungsvoll
und nicht hysterisch verteidigt und den Kompromiss
der verschiedenen Interessen zum Nutzen von
Arbeitgebern und Arbeitnehmern anstrebt.“
Die von den Hitler-Nazis in Deutschland propagierte
„Volksgemeinschaft“ lässt grüssen.
Solidarität ist dringend notwendig
Zwischen
die Lohnabhängigen in den europäischen
Ländern soll ein Keil getrieben werden.
Damit will die Troika vorbeugen: Gegenseitige
Unterstützung und internationale Solidarität
gegen die verordneten Spardiktate sollen verhindert
werden. Denn Griechenland ist das europäische
Versuchslabor für die Abwälzung der
Krisenlasten auf die Bevölkerung. Ähnliche
Sparprogramme wurden den Menschen in Portugal,
Spanien und Italien auferlegt.
Die griechische
Bevölkerung führt einen verzweifelten
aber auch beispielhaften Abwehrkampf gegen die
Spardiktate und den Abbau demokratischer Rechte:
mit der Schaffung sozialer Selbsthilfeorganisationen,
durch Betriebsbesetzungen, Streiks und Generalstreiks,
durch Massendemonstrationen und der Belagerung
des Parlaments. Dieser Widerstand brachte zwei
Regierungen zu Fall – die Sparmaßnahmen
aber bisher nicht. Die eiserne Faust der Troika,
das Spardiktat, hält die griechische Bevölkerung
weiter im Griff.
Auch wenn
unsere Möglichkeiten - angesichts der Dimension
der sozialen Verelendung und der Klassenkämpfe
- bescheiden sind, der Widerstand der griechischen
Bevölkerung braucht unsere Unterstützung
und Solidarität. Die Solidarität mit
dem Widerstand in Griechenland ist auch für
die gesamte europäische ArbeiterInnenklasse,
einschliesslich der Schweizerischen, von grosser
Bedeutung. Denn es ist klar, dass auch hierzulande
eher früher als später der Druck auf
Löhne, soziale Rechte und Lebensstandard
massiv erhöht werden wird, wenn es keinen
organisierten Widerstand dagegen gibt.
Aufgaben
des Solidaritätskomitees:
- Gegeninformation:
Der Hetze der europäischen Regierungen,
der EU und Weltbank sowie der bürgerlichen
Medien gegen „die faulen Griechen“,
aber auch den Vorurteilen in der Arbeiterklasse
selbst entgegentreten. Das bedeutet, klar
über die wirklichen Ursachen der Krise
in Griechenland, und Europa zu informieren
und die Profiteure - die großen Kapitalisten
und Banken - benennen. Die Pläne der
imperialistischen Regierungen, insbesondere
der Schweizerischen, aufzuzeigen, welche die
Situation zum Ausbau ihrer Vormachtstellung
nutzen. Informationsveranstaltungen mit z.B.
AktivistInnen aus Griechenland etc. Solidaritätsaktionen,
Kundgebungen und Demonstrationen zur Unterstützung
der Kämpfe in Griechenland.
- Aufbau
eines breiten Bündnis für eine politische
Solidaritätskampagne auf Basis eines
Forderungskataloges wie: Rücknahme aller
Sparprogramme und Lohnkürzungen - Streichung
der Staatsschulden - Gegen Schuldenbremsen
- Progressive Besteuerung der Einkommen, der
Gewinne und Vermögen, Schluss mit dem
internationalen Steuer(dumping)Wettbewerb
der Schweiz - Entschädigungslose Enteignung
der Banken und privaten Finanzinstitutionen
- Rückführung der Fluchtgelder auf
den Schweizer Banken - Unternehmen und Betriebe
unter ArbeiterInnenkontrolle - Uneingeschränktes
Aufenthaltsrecht für MigrantInnen. -
Bekämpfung von Faschismus und Rassismus
– Schluss mit dem Medikamentenboykott
der Schweizer Pharmamultis - etc.
- Materielle
Hilfe für kämpfende ArbeiterInnen,
Jugendliche, MigrantInnen etc.
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