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Anti-WEF-Demo vom 22. Januar 2005:
Bericht zur Verhaftung
von der comedia-Website:

Polizei zum Presseausweis: «Das interessiert uns einen Scheissdreck»

Ein Presseausweis interessiere sie einen Scheissdreck, meinten Polizisten am letzten Samstag in Bern zur einem Journalisten, einem comedia-Mitglied, das sie grundlos mehrere Stunden unter entwürdigenden Umständen festgehalten hatten. comedia fordert die staatlichen Behörden auf, die verfassungsrechtliche Medienfreiheit auf allen Ebenen zu respektieren. 26.1.2005

Presse-Communiqué der comedia

Anti-WEF-Demo vom 22. Januar 2005: Bericht zur Verhaftung

Ich wollte von 13 Uhr bis 16 Uhr über die verschiedenen Aktivitäten in der Stadt Bern für Radio Bern berichten. Dazu hatte ich eine Ausrüstung mit Minidisc und Mikrofon dabei. In einer Vorbesprechung wurden alle wichtigen Angelegenheiten dazu besprochen – dabei erhielt ich auch eine schriftliche Bestätigung von Radio Rabe, welche ich zusammen mit dem Presseausweis auf mir trug.

Ich war mit B. zusammen unterwegs – zuerst wollten wir um 13.00 Uhr über die Aktion «Poesie des Widerstands», welche M. K. sowie zwei weitere Aktivistinnen durchführen wollte, berichten. Dabei handelte es sich um eine mobile öffentliche Lesung von literarischen Texten (Dürrenmatt, Kästner, Kurt Marti usw.). Dank einem Megafon sollte die Lesung trotz Stadtlärm wahrgenommen werden können.

Ich wollte diese Sache aufnehmen, und da ich mit allen drei gut bekannt bin, half ich zu Beginn der Aktion kurz mit, indem ich ihnen das Megafon vom Bahnhof zur Spitalgasse getragen habe. Nach einer kurzen Lesung am «Loeb-Egge» hielten uns in der Spitalgasse bereits mehrere Polizisten auf und verlangten den Ausweis. Diesen behielten sie vorerst. Nach einem kurzen Wortwechsel hiess es dann gleich, wir müssten auf den Polizeiposten mit. M. K. wies darauf hin, dass sie ihnen das Megafon abgeben würde, falls dieses das Problem sei. Die Polizei ging aber nicht darauf ein. Ich habe darauf hingewiesen, dass ich als Journalist unterwegs bin und wollte meinen Ausweis vorlegen (hatte ihn an der Jacke befestigt) – keine Reaktion. Wir fragten auch nach, weshalb sie uns mitnehmen wollten. Darauf erhielten wir auch keine Antwort, sondern lediglich die Aufforderung, die Handschellen anzuziehen und mitzukommen. Wir wurden sonst weder durchsucht noch wurden die Gepäckstücke angeschaut. Wir widersetzten uns auch auf keine Art und Weise der Ausweiskontrolle o. ä. sondern stellten lediglich Fragen nach dem Warum.

Dank gutem Zureden liessen sie uns aber ohne Handschellen einsteigen. 3 Polizisten waren im Auto – unterwegs luden sie noch eine weitere Frau ein, die verhaftet wurde. Mit einem etwas älteren Berner Polizisten – der uns gegenüber sass – konnten wir diskutieren und dieser war auch sehr korrekt.

Doch nach der Ankunft im Neufeld wurden wir einzeln ausgeladen und sofort einzeln in eiserne Handschellen gelegt. Wir mussten uns an die Wand stellen und wurden fotografiert. Alle Gegenstände und Taschen wurden abgenommen. Anschliessend ging's in einen etwa 10 x 10 m grossen Käfig, der in der Einstellhalle provisorisch installiert wurde, wo bereits vielleicht etwa 30 bis 40 Personen anwesend waren – alle auf dem Rücken gefesselt. Die Käfige wurden von mehreren Polizisten bewacht.
Telefonieren war nicht erlaubt (einer Person wurde dabei das Handy weggenommen). Mit M. K. zusammen schaffte ich es trotz Handschellen unbemerkt, einige wichtige Stellen draussen telefonisch zu informieren über unsere Festnahme.
Ich wollte wissen, warum ich hier sei und erhielt keine Antwort. Ebenso wurde die Bitte nach Wasser nicht beachtet.

Nach einiger Zeit schaffte ich es, trotz Handschellen die Hände nach vorne zu nehmen. Dies wurde von einem Polizisten gesehen – sofort öffnete er den Käfig und riss mich an der Handschellen nach draussen, wobei er mir das Handgelenk verrenkte und kleinere äussere Verletzungen am Handgelenk zufügte. Die Handschellen wurden geöffnet und mir wieder auf dem Rücken gebunden.

Wir konnten nicht absitzen, da die Käfige auf dem Betonboden aufgebaut waren und diese eiskalt waren. Wir froren in dieser Kälte ohne Möglichkeit, sich besser/wärmer anzuziehen (obwohl ich beim Gepäck, das mir abgenommen wurde, weitere Socken gehabt hätte).

Nach etwas über 3 Std. (Schätzung) tauchten im Eingang der Einstellhalle plötzlich meine Eltern auf – ich konnte ihnen kurz zurufen, bevor sie wieder von der Polizei rabiat zurückgedrängt wurden. Wie ich später am Abend erfuhr, kamen meine Eltern aus Basel zum Neufeld-Parking, als sie über Kollegen von meiner Verhaftung informiert wurden. Sie konnten zuerst unbemerkt bis zur Einstellhalle vordringen und erst dort wurden sie scharf aufgefordert, das Gelände zu verlassen. Es schien aber, dass die Polizei dadurch trotzdem nervös wurde.

Nach etwa 3,5 Std. (keine genauen Zeitangaben möglich) wurde ich herausgeholt. Ich wurde in ein Zimmer geführt, zu einem Polizisten hinter einem Bildschirm. Dieser wies auf meinen Presseausweis, der noch immer an meine Jacke hing, und sagte zu seinen Kollegen: «Nehmt ihm dieses Ding weg. Dies interessiert uns einen Scheissdreck!» und warf den Ausweis auf die Seite. Alle meine Utensilien wurde bis aufs Kleinste untersucht. Dazu wurde ich schikaniert, lächerlich gemacht und mehrere Polizisten (und Polizistinnen) im Raum lachten mit. Ich erlebte es als bewusste und gezielte Demütigung. Die ganze Stimmung war enorm aggressiv, feindlich und es folgten diverse Drohungen.

Anschliessend ging es in eine kleine Kabine, die Tür wurde nicht geschlossen. Ein Polizist blieb dabei vor der Tür stehen. Ich musste mich abziehen. Ich frage ihn, ob ich mich vollständig entkleiden müsse. Die Antwort war ein knappes «Ja». Ich zog meine Hosen und meine Unterhosen aufs Mal ab, bedeckte mich aber dann sogleich wieder mit der Unterhose. Der Polizist untersuchte jedes Kleidungsstück ganz genau und ausführlich, dann durfte ich mich wieder anziehen.

Ich wurde dann in den zweiten Käfig geführt, diesmal ohne Handschellen. Es waren vielleicht noch etwa 10 Leute dort. Im ersten Käfig aber waren inzwischen neue Leute eingetroffen, sicherlich etwa 20. Etliche davon kamen aus Deutschland, soviel ich von ihnen erfahren habe.

Nach wiederum einer halben Stunde kam ich dann zum Verhör. Doch dieses wurde gar nicht durchgeführt wie angekündigt. Stattdessen lagen meine Utensilien auf einem Haufen und ich musste unterschreiben, dass ich diese wieder zurück habe. Auch die Bestätigung, dass ich für Radio Bern unterwegs war, lag wie zuvor im Plastikumschlag dabei.

Trotz nachfragen meinerseits, warum ich überhaupt eingesperrt wurde, erhielt ich keine Antwort dazu. Keinerlei Fragen zur Person. Nach meiner Frage nach dem Einsatzleiter wurde mir auch kein Name genannt, sowenig mir auch sonst den ganzen Nachmittag auf Nachfrage kein einziger Polizist seinen Namen nannte. Und als ich ankündigte, ich würde gegen sie klagen, kam eine spöttische Antwort: «Alle Schadenersatzforderungen und sonstigen Wünsche einfach an Einsatzleiter Polizei, 3000 Bern» zu senden.

Dann wurde ich vor die Tür gestellt, wo meine Eltern auf mich warteten. Es war etwa 17.15 Uhr. Nachdem ich noch mehrmals intervenierte, erhielt ich auf Drängen das Foto, welches von mir erstellt wurde.

Erst beim Einräumen meiner Habseligkeiten bemerkte ich, dass der Presseausweis aus dem Plastik-Umschlag entfernt wurde und nicht mehr bei den Gegenständen zu finden war. Anscheinend wurde er bewusst oder unbewussst zurückbehalten oder fortgeschmissen, was auch zu der oben erwähnten Bemerkung der Polizisten passen würde. Mir wurden bis zuletzt keinerlei Gründe genannt, weshalb ich überhaupt so lange festgehalten wurde.

Wir warteten vor dem Eingang auf M. K. – doch nach etwa einer Stunde kam ein Polizist und sagte uns: «Wir müssten hier nicht mehr warten auf M. K., sie würde ins Gefängnis in die Stadt verlegt.» Ich ging mit mehreren Leute dorthin, wurde aber ohne Informationen aus dem Haus geworfen und schikaniert. Erst nach längerer Zeit nahm ein etwas älterer Polizist unsere Angaben ernst und fragte intern nach. Dort erfuhren wir, dass M. K. im Gegensatz zu den ersten Aussagen immer noch im Neufeld sei und in ca. 1,5 Std. am Bahnhof freigelassen werde. Etwas nach 20 Uhr war es dann soweit, sie wurde im Neufeld vor die Tür gestellt.

Fazit:
Von 13 Uhr bis 17 Uhr ohne Angabe von Gründen mit Handschellen, ohne Wasser und ohne Sitzgelegenheit frierend in der Kälte festgehalten. Ich wurde leicht verletzt (Verstauchung und Schürfung), als ich an den Handschellen gerissen wurde (Arztzeugnis folgt), mir wurde der Presseausweis nicht zurückgegeben. Offiziell keine Möglichkeit, Angehörige zu informieren. Untersuchung mit Ausziehen. Diverse Verhöhnungen.


Bericht zur Verhaftung, P.B., 23. Januar 2005