Uwe F.*
(35) kam Anfang 2004 aus Erfurt. Angelockt wurde der Ostdeutsche
von den hohen Löhnen. Im Mai 2004 unterschrieb er einen
Vertrag beim Vermittler Willmann Fleischverarbeitung AG in Amriswil
TG. Fortan arbeitete er im Stückakkord in der Bell-Metzgerei
in Lyss BE als Ausbeiner von Schweinebäuchen. Pro Schwein
brachte das 70 Rappen. F. schaffte locker 500 Schweine am Tag.
Machte 350 Franken. Und Ende Monat 7700 Franken.
Bloss: Die 7700 Franken wurden immer weniger.
Im Laufe der folgenden sieben Monate, die F. für Willmann
arbeitete, reduzierte sich der Stückpreis um 25 Prozent.
F. erfuhr Abschläge stets aus der nachfolgenden Monatsrechnung.
Gleich erging es Axel S.* (36). Der Westdeutsche arbeitete
bis letzten September bei Bell in Densingen SO. Für 14
000 bis 15 000 Franken Im Monat, wie er sagt. Dann
wurde er zusammen mit anderen Akkord-Metzgern an den Vermittler
Willmann ausgelagert. Einen Monat später bekam er noch
7500 Franken. Er hat darauf gekündigt. Seinen Job macht
jetzt ein anderer Deutscher. Für noch weniger, wie S. vermutet.
Gedrückt wurde auch Stefan M.* (29). Er arbeitete bei Bell
in Lyss. Vertraglich hatte er mit Vermittler Willmann ein Mindestsalär
von 5000 Franken ausgehandelt. Bekommen hat er am Schluss weniger
als 3000 Franken.
«Die Vermittler machen sich gegenseitig kaputt
und drücken dabei die Löhne», erklärt
Arthur Rossetti, Chef des Metzgerei-Personal-Verbandes (MPV).
Die Zahlen: Zwischen 2002 und 2005 sind Löhne für
Akkord-Metzger von über 10 000 Franken auf 6000 Franken
eingebrochen, teilweise wird heute weniger als 5000 Franken
bezahlt.
Dabei sind die höheren Löhne durchaus gerechtfertigt.
Denn ein Akkord-Metzger arbeitet doppelt so viel wie ein Festangestellter.
«Es sind vor allem Deutsche, die den Markt ruinieren»,
welss Rossetti. Und zwar bei Vermittlern und Metzgern. Grund:
In Deutschland ist das Reservoir an fähigen Metzgern beinahe
unerschöpflich.
Grossmetzgereien wie Bell und die Migros-Micarna wissen dies
zu nutzen und drücken mit. «Die Preise verändern
sich gegen unten», gibt Johannes Meister, Personal-chef
bei Bell, offen zu. Von den DumpingLöhnen, die Akkord¬Metzger
bei Bell bekommen, will er nichts wissen. «Das entspricht
nicht unseren Abmachungen», sagt er. Kontrolliert hat
Bell die Abrechnungen der Vermittler bis heute aber noch nie.
«Das war vielleicht etwas gutgläubig». sagt
Meister und verspricht Besserung. Er verweist auf einen neuen
Vertrag, der jetzt für mehr Transparenz bei den Löhnen
sorgt.
Doch auch Meister weiss: Am Druck auf die Löhne der 500
Metzger, die in der Schweiz im Akkord arbeiten ändert das
nichts. Jüngstes Beispiel ist die Migros-Tochter Micarna.
Ende April flatterte ihr ein Angebot des Vermittlers Heinen
aus Geuensee LU ins Haus. Seine Akkord-Metzger wollten
die gleiche Arbeit für 20 bis 30 Prozent weniger Lohn ausführen
als der bisherige Anbieter Delicarna aus Basel. BLICK liegt
die Offerte vor (siehe Tabelle). Micarna hat das Heinen-Angebot
zwar abgelehnt. Dafür bei Delicarna tiefere Tarife durchgesetzt.
Delicarna-Chef Werner Tschannen bestätigt gegenüber
BLICK den Abschlag.
Tschannen behauptet: «Das ist noch nicht das Ende. Mit
den Bilateralen haben wir eine neue Ausgangslage. Polen und
Rumänen kommen nach Deutschland. Die Deutschen gehen in
die Schweiz. Die arbeiten zu ganz anderen Preisen. Da gehen
die Löhne in jedem Fall nach unten.)
Nicht nur jene der Akkord-Metzger. «Auch die Löhne
der Festangestellten kommen unter Druck, befürchtet Tschannen.
Er kennt Grossbetriebe. die bereits die Löhne gesenkt haben.
Einer ist der Fleischverarbeiter Traitafina aus Lenzburg AG.
Er hat auf 1. April die Löhne der Angestellten um zwei
bis sechs Prozent gekürzt. Und die wöchentliche Arbeitszeit
um eine Stunde erhöht. Wer nicht unterschrieben
hat, wurde gekündigt.
Und Uwe F.? Der hatte vor drei Wochen seinen Letzten. Inzwischen
ist er wieder in Erfurt. Vom vermeintlichen Hochlohn-Land
Schweiz hat er die Nase gestrichen voll.
Weniger
Geld für die Metzgerarbeit
So viel verlangt Akkordmetzger
Eduard Heinen aus Geuensee LU für die Schlachterei |
Artikel |
Preis
ALT in Franken |
Preis
NEU in Franken |
Rindsvorderviertel
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12.60 |
10.00 |
Rindsstotzen
o. Huft |
4.80 |
3.80 |
Rindshuft |
0.60 |
0.40 |
Rindshohrücken/Hals |
4.50 |
3.60 |
Kuhvorderviertel |
12.00 |
9.00 |
Kuhstotzen
m. Schenkel |
5.40 |
3.80 |
Kuhhuft |
0.50 |
0.40 |
Kuhlaffen |
3.60 |
2.70 |
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